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Bundesregierung stellt „Jahresabrüstungsbericht“ vor: Osten böse, Westen gut
Die Bundesregierung hat auf der Bundespressekonferenz den sogenannten „Jahresabrüstungsbericht 2023 [https://www.auswaertiges-amt.de/blob/2653208/74949b3d42c7a72a7fb865a0524aaec2/240417-jab-2023-download-data.pdf]“ vorgestellt. In gewohnter Einseitigkeit wird ausschließlich auf Russland, Iran, Nordkorea und China in Bezug auf Rüstungsausgaben und „Untergrabung von tragenden Säulen der Rüstungskontrolle“ verwiesen. Das hat mit der Realität recht wenig zu tun. Beispielhaft auch der Verweis in dem Bericht auf die „hohe Anzahl ziviler Opfer, insbesondere durch den russischen Einsatz von veralteter Streumunition mit hoher Blindgängerrate in der Ukraine“. Kein Wort dazu, dass es NATO-Länder, allen voran die USA, waren, die zuerst veraltete Streumunitionsreserven an die Ukraine geliefert und damit die Spirale des Einsatzes von Streumunition in Gang gesetzt hatten, im vollen Bewusstsein der Folgen. Die NachDenkSeiten fragten die Bundesregierung nach dem Grund für diese einseitige Darstellung. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund: Es waren die USA, nicht Russland, die zentrale Abrüstungsverträge einseitig aufkündigten Es ist mitnichten so, wie Vize-Regierungssprecher Büchner in seinen Darlegungen impliziert, dass die Aufkündigung von Rüstungskontrollverträgen vor allem von Russland ausging. Ganz im Gegenteil. Als Ausgangs- und Wendepunkt im Verhältnis zwischen den USA und Russland gilt die einseitige Kündigung des ABM-Vertrages über strategische Raketenabwehrsysteme von 2002 durch Washington. Es war der damals im Amt befindliche US-Präsident George W. Bush, der damit den Weg zur Installierung des offensichtlich gegen Russland gerichteten Raketensystems im Osten Europas ebnete. Ebenso waren es die USA unter Präsident Trump, die den für die europäische Sicherheit zentralen Vertrag über das Verbot landgestützter Mittelstreckenraketen im Februar 2019 aufkündigten. Dieser war 1987 in Washington vom damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan und dem sowjetischen Staatschef Michail Gorbatschow unterzeichnet worden. Im November 2020 kündigten die USA den sogenannten Vertrag über den „Offenen Himmel“ (Open Skies) ab. Der Vertrag hat NATO-Staaten und ehemaligen Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages auf Gegenseitigkeit beruhende Beobachtungsflüge auf dem gesamten Gebiet vom kanadischen Vancouver bis Wladiwostok im Osten Russlands ermöglicht. Aktueller SIPRI-Bericht belegt Einseitigkeit der Bundesregierung Wie extrem einseitig der ausschließliche Verweis der Bundesregierung auf Russland, China, Iran und Nordkorea in Bezug auf Rüstung und Militärausgaben ausfällt, belegen auch die am 22. April 2024 vom renommierten schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI vorgestellten Zahlen: Der Anteil der USA an den weltweiten Rüstungsausgaben beträgt gigantische 37 Prozent, der Russlands 4,5 Prozent. In EU-Europa geben alleine Frankreich und Deutschland signifikant mehr für Rüstung aus als die Russische Föderation: > Who were the top 5 military spenders in 2023? > > 1. United States 🇺🇸 [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/1f1fa-1f1f8.png] > 2. China 🇨🇳 [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/1f1e8-1f1f3.png] > 3. Russia 🇷🇺 [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/1f1f7-1f1fa.png] > 4. India 🇮🇳 [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/1f1ee-1f1f3.png] > 5. Saudi Arabia 🇸🇦 [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/1f1f8-1f1e6.png] > > Together, they accounted for 61% of world military spending. > > New @SIPRIorg [https://twitter.com/SIPRIorg?ref_src=twsrc%5Etfw] data out now ➡ [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/27a1.png] https://t.co/rgGBBkgFPS [https://t.co/rgGBBkgFPS] > Database ➡ [https://s.w.org/images/core/emoji/12.0.0-1/72x72/27a1.png] https://t.co/dXcyRKR3LW [https://t.co/dXcyRKR3LW] pic.twitter.com/TaV7rPxalQ [https://t.co/TaV7rPxalQ] > > — SIPRI (@SIPRIorg) April 22, 2024 [https://twitter.com/SIPRIorg/status/1782288237853348157?ref_src=twsrc%5Etfw] Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz am 17. April 2024 Vize-Regierungssprecher Büchner Die Bundesregierung hat heute den von der Bundesministerin des Auswärtigen vorgelegten Jahresabrüstungsbericht 2023 beschlossen. Dieser informiert wie jedes Jahr Bundestag und Öffentlichkeit über die inhaltlichen Schwerpunkte und zentralen Entwicklungen der deutschen Abrüstungs-, Nichtverbreitungs- und Rüstungskontrollpolitik. Der Bericht stellt fest, dass Russland mit seinem fortgesetzten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine der europäischen Sicherheitsarchitektur weiterhin schweren Schaden zufügt. Zusätzlich untergräbt Russland tragende Säulen der Rüstungskontrolle wie den KSE-Vertrag und das New-START-Abkommen. Aber auch außerhalb von Europa bestehen Risiken fort. Mit Sorge nimmt die Bundesregierung die ungelösten Proliferationskrisen der nordkoreanischen und iranischen Nuklear- und Raketenprogramme wahr. Der Bericht verweist auch auf die wachsenden nuklearen Fähigkeiten Chinas, die die Sicherheitslage in Asien verändern. Die Bundesregierung bekennt sich weiter zu einer wirksamen Rüstungskontrolle, denn klar bleibt: Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung können auch weiterhin wichtige Beiträge zu Frieden und Sicherheit leisten. Vor dem Hintergrund dieser tiefgreifenden Krisen wird die Bundesregierung ihr rüstungskontrollpolitisches Engagement stärker auf Komplementarität von Rüstungskontrolle zur Abschreckung und Verteidigung ausrichten. Dabei wird sie sich auch dafür einsetzen, Risiken zu reduzieren und unbeabsichtigte Eskalationen zu vermeiden. Gleichzeitig setzt sich die Bundesregierung für neue Impulse für die nukleare Nichtverbreitung ein. Frage Warweg Herr Büchner, eine kurze Verständnisfrage: Sie hatten jetzt bei Verstößen oder Aufkündigungen von Rüstungskontrollverträgen ausschließlich nach Osten gezeigt. Jetzt gibt es auch im Westen Protagonisten: Beispielsweise wurde der ABM-Vertrag einseitig von den USA aufgekündigt. Da würde mich nur interessieren, wieso es – zumindest in Ihrer Darstellung – keine Verweise auf die entsprechenden Aufkündigungen von US-Seite gibt. Büchner Ich habe das vorgetragen, was unser aktueller Abrüstungs- und Rüstungskontrollbericht feststellt, und dabei möchte ich es auch belassen. Zusatzfrage Warweg Aber wie der Kollege Jung schon angemerkt hat, tun Sie so, als gäbe es nur zwei große Protagonisten in diesem Feld. Es gibt tatsächlich auch auf westlicher Seite Länder, die regelmäßig Rüstungskontrollen und entsprechende Verträge einseitig aufkündigen oder brechen. Da würde mich interessieren, wieso von Berlin aus dieser sehr einseitige Blick ausschließlich in den Osten gerichtet wird. Büchner Es ist gut, dass Sie das noch einmal ansprechen. Es gibt in der Tat vor allem einen Akteur, der einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, nämlich Russland. Ich glaube, es ist verständlich und berechtigt, dass dieser Akteur im Besonderen angesprochen wird. Ich kann das außerdem noch einmal verstärken, was Herr Wagner hier gesagt hat: Die Bundesregierung sieht keinen Widerspruch zwischen dem Ausbau von NATO-Fähigkeiten, der Unterstützung der Ukraine sowie dem kontinuierlichen Engagement zur Rüstungskontrolle und dem weiteren Bestreben, Rüstungskontrolle und Abrüstung voranzubringen. Wie auch in der Nationalen Sicherheitsstrategie festgehalten, sieht die Bundesregierung Rüstungskontrolle komplementär zu Abschreckungen und Verteidigungen. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 17.04.2024 Mehr zum Thema: „Unglaublicher Vorgang“ – Bundeswirtschaftsministerium unter Habeck verweigert Antworten zu Rüstungsexporten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=92054] Bundeswirtschaftsministerium unter Habeck: Vetternwirtschaft, Klima der Angst und Einsatz des Inlandsgeheimdienstes bei „abweichenden Einschätzungen“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=88286] „Ich muss meinen Puls herunterfahren“ – Hitler-Vergleich von Pistorius und erfundene Putin-Zitate [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114030] Regierungssprecher Hebestreit: „Wir sind in diesem Raum heute ja unter uns, aber…“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=112314] [https://vg01.met.vgwort.de/na/217e4f18febb46da9d452e7c2d51c7e2]
Ayer - 5 min
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Strack-Zimmermann lässt tief blicken: „Weiß Ihr Chef, was Sie hier machen?“
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat sich bei einem von beiden Seiten aufgeheizten Wahlkampfauftritt gehen lassen: Nach einer bereits problematischen Rede bedrohte sie indirekt den Arbeitsplatz eines Demonstranten. Die Szene lässt tief blicken – auch in das angegriffene Nervenkostüm einiger führender Politiker. Der Vorgang ist außerdem ein Zeichen der Zeit: Die sprachliche Verrohung „von Oben“ und die Versuche, unbequeme Bürger einzuschüchtern, nehmen zu. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Strack-Zimmermann hat bei einem Wahlkampfauftritt in Ravensburg vor einigen Tagen für einige bedenkliche Szenen gesorgt. Die Weltwoche hat in diesem Artikel [https://weltwoche.de/daily/sie-alter-schreihals-sie-nehmen-sich-ja-selber-nicht-mal-ernst-zwei-12-jaehrige-haben-mehr-hirn-im-kopf-als-der-typ-mit-der-glocke-vor-der-nuss-ihr-seid-zu/] den Wortlaut der Rede dokumentiert – einige Zitate: «Sie alter Schreihals», «Sie nehmen sich ja selber nicht mal ernst», «zwei 12-Jährige haben mehr Hirn im Kopf als der Typ mit der Glocke vor der Nuss», «ihr seid zum Teil zu blöd, um eine Pfeife in den Mund zu stecken». Ein Video dieser Rede findet sich unter diesem Link [https://www.youtube.com/watch?v=16CgxUbddjI&t=1857s]. Noch problematischer als diese Rede finde ich eine Szene im Anschluss, bei der Strack-Zimmermann einen Demonstranten immer wieder nach seinem Arbeitsplatz fragt – in einer meiner Meinung nach drohenden Absicht. Ein Video dazu ist am Ende verlinkt. Man muss aber auch betonen, dass die Stimmung vor Ort von beiden Seiten aufgeheizt ist und dass einige Demonstranten versuchen, Strack-Zimmermann durch Lärm daran zu hindern, sich überhaupt zu äußern – auch das kann man als grenzwertig empfinden. Diese Gereiztheit auf allen Seiten kann den Vorgang vielleicht erklären, aber nicht rechtfertigen: Von Politikern muss man meiner Meinung nach mehr Selbstkontrolle erwarten dürfen, vor allem dann, wenn sie sich auch bei anderen Gelegenheiten sprachlich so weit vorwagen wie Strack-Zimmermann. Auch muss man bedenken, dass es ein riesiges Machtgefälle im Meinungskampf gibt: Strack-Zimmermann hat erheblich mehr Möglichkeiten, ihre Meinungen zu verbreiten, als ihre Kritiker unter den Bürgern – darum sollte den Bürgern mehr Toleranz bei der Wahl der Mittel im Meinungskampf eingeräumt werden.* Verrohung und Einschüchterung Diese beiden Elemente, also die Rede und die Szene danach, illustrieren zwei problematische aktuelle Tendenzen, darum wird auf den Vorgang hier eingegangen: Zum einen praktiziert Strack-Zimmermann in der Rede meiner Meinung nach eine sprachliche Verrohung „von Oben“, also eine tabubrechende harte Sprache gegenüber politischen Gegnern – ich finde diese Art der „offiziellen“ Verrohung, also wenn sie von Politikerkanzeln, etablierten Kulturbühnen oder aus großen Redaktionen kommt, viel schädlicher als die „Hasssprache“ von kritischen oder auch extremistischen Bürgern im Internet, unter anderem wegen der negativen Vorbildfunktion. Darauf sind wir etwa im Artikel Die Hasssprache im Mainstream: Menschen sind „Ratten“, „Dünger“, „Schweine“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=90128] näher eingegangen. Zum anderen illustriert Strack-Zimmermanns Verhalten im Anschluss an die Rede eine sich verstärkende Tendenz zur Einschüchterung kritischer Bürger – notfalls auch über eine indirekte Bedrohung der Arbeitsplätze und der materiellen Basis, wie wir etwa im Artikel Beamte können jetzt noch besser „diszipliniert“ werden – Und der Debattenraum wird noch kleiner [https://www.nachdenkseiten.de/?p=113676] thematisiert haben. Wenn Putin nicht verliert, dann macht er einfach weiter Unabhängig vom Inhalt erscheint das Verhalten Strack-Zimmermanns sehr unprofessionell. Ich denke, das lässt sich auch damit erklären, dass bei der Politikerin die Nerven blank liegen – wie sollte das auch anders sein nach Monaten des Lobbyismus für Waffenlieferungen in den sinnlosen Stellungskrieg in der Ukraine? Dieser Lobbyismus hat ja nicht nur schreckliche Folgen für die Zivilisten in der Ukraine, sondern indirekt auch für die Bürger hierzulande: in Form von Kriegsgefahr und den horrenden Rüstungskosten, die zulasten der öffentlichen Daseinsfürsorge erhöht werden. Für diesen Lobbyismus gibt es meiner Meinung nach keine Argumente – weder militärisch, noch moralisch -, sondern nur diese eine, tausendfach von vielen Politikern und Journalisten in Variationen wiederholte Behauptung: „Wenn Putin nicht verliert, dann macht er einfach weiter.“ Die Szene illustriert neben den oben genannten Elementen auch die aktuelle Tendenz, dass manche verantwortliche Politiker mit Kritik nicht umgehen können und manche sie in einem Akt der Verdrehung als Angriff auf „die Demokratie“ darstellen. Dazu kommt ein teils übersteigertes „Selbstbewusstsein“, das dafür sorgt, dass man sich der sprachlichen Verrohung gar nicht mehr schämt – schließlich setzt man sie doch für die „gute Sache“ ein. „Wo arbeiten sie denn? Weiß Ihr Chef, was Sie hier machen?“ Strack-Zimmermann fragt im Anschluss einen protestierenden Bürger immer wieder, wo er arbeite und ob denn sein Chef wisse, was er da mache. Ein Video der Szene findet sich hier: > Schon interessant, diese Bürgernähe von Strack-Zimmermann…https://t.co/teI9bRiYqZ [https://t.co/teI9bRiYqZ]: > Strack-Zimmermann droht Demo-Teilnehmer in Ravensburg: > > „Wo arbeiten sie denn…weiß ihr Chef was sie hier machen?" > > Was für ein schöner Beleg dafür, dass sich die politische Elite schon voll… pic.twitter.com/2ZtkjaEQZn [https://t.co/2ZtkjaEQZn] > > — Markus Haintz (@Haintz_MediaLaw) April 17, 2024 [https://twitter.com/Haintz_MediaLaw/status/1780726962618581310?ref_src=twsrc%5Etfw] *Aktualisierung 22.4., 13.15h: Dieser Satz wurde ergänzt. Titelbild: Screenshot/Youtube Mehr zum Thema: Beamte können jetzt noch besser „diszipliniert“ werden – Und der Debattenraum wird noch kleiner [https://www.nachdenkseiten.de/?p=113676] „Demokratiefördergesetz“ – Was versteht Bundesregierung konkret unter „Verhöhnung des Staates“? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=111295] Mission erfüllt: Bürger haben jetzt Angst, ihre Meinung zu äußern [https://www.nachdenkseiten.de/?p=108614] Kampagne gegen die Bürger und ihre Proteste: Wer Kritik übt, „brüllt Verachtung für die Demokratie heraus“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=86016] Gezielte Verrohung: Als gäbe es kein Morgen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=79536] Die Hasssprache im Mainstream: Menschen sind „Ratten“, „Dünger“, „Schweine“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=90128] [https://vg02.met.vgwort.de/na/1ca322ed688248c09fcb442ccee77795]
Ayer - 6 min
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Sterben, bis der Arzt kommt: Karl Lauterbachs Krankenhausreform ist lebensgefährlich!
Lange Lüge, kurzer Sinn: Das geplante „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ bringt Versorgungsverschlechterung in der Breite und mehr Profit für große Klinikbetreiber und Gesundheitsdienstleister. Das Mittel der Wahl ist ein systematischer Standortkahlschlag auf Rechnung der Beitragszahler. Noch vor der geordneten Strukturbereinigung lichtet aktuell eine massive Pleitewelle die Reihen, vor allem auf dem Land. Adäquaten Ersatz vor Ort gibt es in der Regel keinen. Im Notfall steht der Bestatter bereit. Ein Kommentar von Ralf Wurzbacher. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Horst Vogel ist ein klassischer Vertreter der „einfachen Leute“, wie es sie hierzulande dutzende Millionen gibt. Er sagt Sätze wie diesen: „Dass es zugesperrt wurde, ist für uns eine Katastrophe gewesen.“ Gemeint ist das ehemalige Krankenhaus in Hersbruck, einer Kleinstadt im Nürnberger Land. 2019 hat es dichtgemacht und sämtliche Versprechungen, adäquaten Ersatz zu schaffen – „ein Ärztehaus, mit Tagesbettenstationen und allem Zeug“ –, blieben unerfüllt. Alles nur „vorgegaukelt, (…) gekriegt haben wir gar nichts“, beklagt der Rentner. Damals hatte er wie viele andere gegen die Schließung gekämpft, einmal war er mit 3.000 Mitstreitern auf die Straße gegangen. „Gebracht hat‘s nicht viel, aber wir haben es wenigstens versucht.“ Und heute? Vogel erzählt von einem Stammtischkollegen, der im Wirtshaus zusammengebrochen ist. Bis der Rettungswagen da war, „sind 30 bis 40 Minuten verflogen“. Der Notarzt habe zunächst nicht gewusst, wohin, „weil die Krankenhäuser abgemeldet waren“, befördert habe man den Mann dann nach Sulzbach-Rosenberg. Das liegt 27 Kilometer entfernt von Hersbruck, das in puncto medizinischer Versorgung zusehends ausblutet. „Die Ärzte wandern ab, die Hausärzte werden immer weniger“, schildert Vogel und bringt die Sache auf den Punkt: „Das ist schlecht, weil wir einfach eine gescheite Versorgung brauchen auf dem Land.“ Betroffene packen aus Wie Vogel denken zahllose Menschen in Deutschland. Das „Bündnis Klinikrettung“ gibt ihnen im Rahmen einer neu aufgelegten Videoserie [https://www.gemeingut.org/betroffene-berichten-wenn-ihr-uns-nicht-helft-dann-liegen-wir-in-euren-betten-wenn-ihr-uns-nicht-helft-dann-liegen-wir-in-eurem-krankenhaus/] eine Stimme. Im Wochentakt wird jeweils ein Patient, eine Ärztin oder ein Krankenpfleger aus „persönlicher Erfahrung“ berichten, darüber, wie es ist, wenn in der örtlichen Klinik die Lichter ausgehen. Damit kämen diejenigen zu Wort, die in der Debatte „bisher weitestgehend ignoriert wurden: die Betroffenen“, heißt es in einer Medienmitteilung. Das Projekt sei ein „dringlicher Appell gegen die geplante Krankenhausreform, mit der systematische Schließungen von kleineren Krankenhäusern vor allem auf dem Land vorgesehen sind“. „Betroffen“ von der „großen Krankenhausreform“, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ins Werk setzen möchte, ist auch Gerald Gaß, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Auch er stellt sich gerne als Gegner des Vorhabens dar, etwa indem er dem Minister vorwirft, mit dem Gerede von mehr Qualität und einer besseren Patientenversorgung „die Öffentlichkeit zu täuschen“. Dabei wolle Lauterbach tatsächlich nur „die Versorgungsstrukturen in ganz Deutschland in seine Berliner Schablone pressen“ [https://www.dkgev.de/dkg/presse/details/laender-kaempfen-fuer-die-interessen-der-patienten/]. Als „Mitkämpfer“ hat der DKG-Chef die Bundesländer auserkoren. Die böten Lauterbach Paroli, „um Versorgungsengpässe, lange Wartelisten und ungleiche Lebensbedingungen in Stadt und Land zu vermeiden“. Und sähen sich „in der Verantwortung, mit dem Blick auf die Regionen gemeinsam und im Dialog mit den Krankenhausträgern die Gesundheitsversorgung evolutionär weiterzuentwickeln“. Gaß‘ Verdikt zum Mitschreiben: „Die Länder kämpfen für die Interessen der Patienten.“ Master of destruction Vorsicht Falle! Jene, die sich dieser Tage so eifrig und lautstark als Bewahrer und Entwickler der Krankenhausversorgung gerieren, betätigen sich in Wahrheit als Abrissunternehmer. Gerade die Bundesländer sind wahre Meister im Demolieren. Seit einer halben Ewigkeit lassen sie die Kliniken am langen Arm verhungern. Nach dem sogenannten Zwei-Säulen-Modell sind sie eigentlich verpflichtet, deren Investitionen zu finanzieren, was sie allerdings aus „Spargründen“ seit drei Jahrzehnten bestenfalls zur Hälfte der Erforderlichkeiten leisten. Anfang der 1970er-Jahre entsprachen die Investitionsmittel noch 25 Prozent der Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die neben den privaten Krankenkassen die laufenden Kosten der Kliniken deckt. 2022 lag der Finanzaufwand nach GKV-Angaben „unterhalb von vier Prozent“ [https://www.gkv-spitzenverband.de/gkv_spitzenverband/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_1459200.jsp]. Vor diesem Hintergrund: Worin besteht heute der „Kampf“ der Länder für die Patienten? Aktuell drohen sie mit einer Verfassungsklage [https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/krankenhausreform-verfassungswidrig-laender-legen-gutachten-vor,UADdi08], weil ihnen die Übergriffigkeit des Bundes in die landeshoheitliche Krankenhausplanung sowie Lauterbachs Anmaßung nicht passt, sein „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ (KHVVG) am Bundesrat vorbei beschließen zu wollen. Auch stört sie die Tatenlosigkeit der Ampel angesichts des laufenden Kliniksterbens, für das sie mit ihrer Kürzungspolitik entscheidende Mitverantwortung tragen. Dazu kamen mit den jüngsten Krisen weitere Widrigkeiten. Die Pandemie hat die Patientenzahlen massiv und bis heute anhaltend einbrechen lassen. Mit dem Energiepreisschock im Gefolge des Ukraine-Kriegs hat sich die finanzielle Lage vielerorts noch dramatisch zugespitzt. Inzwischen stecken zwei Drittel der bundesweit noch rund 1.900 Vollversorger in akuten finanziellen Nöten. Die DKG rechnet allein im laufenden Jahr mit bis zu 80 weiteren Insolvenzen, nachdem seit Beginn der Pandemie schon über 60 Häuser pleitegegangen sind. „Jede zweite“ Klinik weg Vor allem missfällt den Ländern, dass sich der Kahlschlag so ungeordnet vollzieht, als „kalte Strukturbereinigung“, und über Nacht ganze Regionen zur Versorgungswüste verkommen könnten. Deshalb fordern sie wie auch die Klinikverbände „Soforthilfen“ in Milliardenhöhe, die ihnen Lauterbach aber stur verweigert. Nicht einmal einen Inflationsausgleich hat die Bundesregierung bisher bewilligt. Das hat Kalkül: „Jeder weiß, dass wir in Deutschland mindestens jede dritte, eigentlich jede zweite, Klinik schließen sollten“, hatte Lauterbach im Sommer 2019, seinerzeit als SPD-Abgeordneter, bekannt. Heute agiert er zurückhaltender, spricht lieber von „mehr Qualität“ durch „mehr Spezialisierung“. Gleichwohl gab er dieser Tage Bescheid, es werde zu Klinikschließungen kommen, und das sei so auch gewollt [https://www.merkur.de/politik/lauterbach-will-klinikreform-trotz-differenzen-vorantreiben-zr-93015542.html]. Dies seien aber gezielte und geplante Abwicklungen im Sinne der Reform und keine, die sich ergäben, weil benötigte Häuser nicht über die Runden kämen. Genau das geschieht gegenwärtig vielerorts: Benötigte Häuser gehen den Bach runter, und der Minister lässt es geschehen. Und je länger das so geht, desto größer sind am Ende die Verluste beziehungsweise die Gewinne der großen Klinikkonzerne und privaten Gesundheitsdienstleister, deren Agenda er vertritt. Diese nehmen sich der „heimatlosen“ Patienten gerne an und steigern so ihre Renditen. Aus der Perspektive sogenannter Gesundheitsökonomen, die Gesundheit als Geschäft begreifen, macht das Sinn. Die rückläufige Nachfrage muss auf weniger Profiteure verteilt werden. Deshalb degradiert man vornehmlich kleinere, öffentliche und Häuser im ländlichen Raum mittels „Leveln“ und „Leistungsgruppen“ zu schnöden Ambulanzen ohne Rundum- und Notfallversorgung und schleust so die „Kundschaft“ in die entfernten Vollkrankenhäuser und Spezialkliniken. Das ist der Kern der Lauterbach-Reform, wie ihn Jens Berger im Beitrag „Lauterbachs ‚Revolution‘ – Einfalltor für den Kahlschlag im Krankenhaussystem“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=91376] beleuchtet hat. Gefügige Widersacher Indes sind die Länder weit davon entfernt, das Projekt vom Prinzip her infrage zu stellen. Vielmehr betonen ihre Vertreter zu jeder Gelegenheit ihre wohlwollende Unterstützung. Allen sei klar, dass es eine Krankenreform (sic!) geben müsse [https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/krankenhausreform-verfassungswidrig-laender-legen-gutachten-vor,UADdi08], aber eben eine, die mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Laut DKG-Chef Gaß sperrten sich auch die Krankenhausträger nicht gegen die „notwendigen Weiterentwicklungen“, die da wären: „insgesamt weniger Krankenhausstandorte, Umwandlungen in regionale Gesundheitszentren, Standortfusionen, die stärkere Konzentration besonders komplexer Behandlungen in Zentren und mehr ambulante Versorgung“. Das alles sind blumige Umschreibungen für Marktbereinigung, die nur bitte schön nicht so rabiat und planlos wie heute abgehen soll und gefälligst in Hauptzuständigkeit der Landes- und Kommunalpolitik. Allerdings sitzt der Gesundheitsminister am längeren Hebel. Bei anhaltender Renitenz der Länder und weiteren Verzögerungen bei der Gesetzgebung geht das chaotische Kliniksterben munter weiter, womit der Minister seinem Maximalziel – „jede zweite Klinik“ weg – näherkommt. Denn Geld – dann für den systematischen Abbruch – soll es erst mit Inkrafttreten der Reform geben. Konkret soll der Umbau mit 50 Milliarden Euro von 2025 an über einen Zeitraum von zehn Jahren unterfüttert werden (wohlgemerkt auf Rechnung der Beitragszahler, wogegen mit Recht der GKV-Spitzenverband wettert). Wie gefügig Lauterbachs „Widersacher“ im Ernstfall sind, hat sich bereits in der Debatte um das „Transparenzgesetz“ gezeigt. Das ist eine Art Vorschaltgesetz zur großen Klinikreform [https://www.nachdenkseiten.de/?p=111605] und nimmt die Einteilung der Standorte nach „Leveln“ vorweg. Per „Klinik-Atlas“ soll für jeden im Internet ersichtlich werden, welche Klinik welche Behandlungen wie gut oder schlecht mit welchem Personal bewältigen kann. Was mit dem Schlagwort „Transparenz“ beworben wird, ist Kritikern zufolge ein Ranking, um Patientenströme umzuleiten, weg von den kleinen hin zu den großen Fischen. Damit werde, noch ehe die Kernreform in Kraft ist, die laufende Konkurswelle forciert. Und sobald sie erst in Kraft ist, fällt die Auswahl der Abschusskandidaten noch leichter. Auf der Strecke blieben dabei wohl zuerst die „Level-1i“-Häuser, die künftig nur mehr als „sektorenübergreifende Versorgungszentren“ firmieren sollen, mit überwiegend ambulantem Charakter, ohne durchgehende ärztliche Versorgung und unter pflegerischer statt ärztlicher Leitung stehend. Die Länder hatten sich lange gegen das Konzept mit den „Leveln“ gewehrt. Am Ende gaben sie für das Gesetz im Vermittlungsausschuss grünes Licht. Schlechter oder gar kein Ersatz Was folgt daraus? Selbsternannten „Patientenschützern“ ist mit größter Vorsicht zu begegnen. Wer sein örtliches Krankenhaus retten will, sollte lieber auf eigene Faust dafür kämpfen. Je mehr das tun, desto besser stehen die Aussichten auf Erfolg. Denn ist die Klinik erst einmal weg, kommt in der Regel auch nichts mehr nach. Obgleich die Politik stets anderes behauptet. Auch Lauterbach verspricht für alle geschlossenen Häuser Ersatzlösungen, sogar mit qualitativem Mehrwert in der Breite. Das „Bündnis Klinikrettung“ ist der Sache auf den Grund gegangen und hat in einer vor einem Monat vorgelegten Analyse [https://www.gemeingut.org/wordpress/wp-content/uploads/2024/03/3_Studie_Ersatz-Krankenhausschliessungen_Studie_BKR.pdf] die Folgen der Abwicklung von insgesamt 66 Allgemeinkrankenhäusern seit 2020 nachgezeichnet. Ergebnisse: Bei 51 blieben die Türen für immer zu, womit in 77 Prozent der Fälle die stationären Betten vollständig wegfielen, 7.632 an der Zahl. Erhalten blieben lediglich 1.059 Betten, entweder infolge der Umwandlung in kleinere Fachkliniken oder durch Verlagerung an andere Standorte. Komplett kompensiert wurde der Verlust an Kapazitäten nur bei drei Schließungen, wobei die Betten auch hier „ganz oder teilweise“ an andere Stelle „umgezogen“ sind. Die Konsequenz: „Geschätzt 400.000 Menschen mehr erreichen das nächste Krankenhaus nicht mehr innerhalb einer Fahrzeit von maximal 30 Minuten.“ Rettung fern, Patient tot Und wo es doch Ersatz gab? In knapp 30 Prozent der Fälle sei der Bau von Gesundheitszentren in Angriff genommen worden, wobei diese nach Fertigstellung „nur unzureichend ausgestattet“ seien. Alternativ wären Alten- und Pflegeheime (neun Prozent), Ärztehäuser oder Tageskliniken (vier Prozent) sowie Fach- und Rehakliniken aufgetaucht. Nur da, wo an die Stelle einer Klinik ein Gesundheitszentrum trat, bestehen laut Auswertung überhaupt noch Regelungen zur Notfallversorgung. Alternativ greife allenfalls der Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen. In kleinstädtischen und ländlichen Regionen mit akutem Ärztemangel sei dieses reduzierte Angebot aber „nicht rund um die Uhr gewährleistet“. Bernd Hontschik, Facharzt für Chirurgie und Buchautor, zog bei der Vorstellung der Studie Bilanz: „Zentralisierte Krankenhäuser mit großartigen personellen und technischen Voraussetzungen helfen nicht, wenn der Patient sie nicht mehr erreicht.“ Hersbruck ist bald überall in Deutschland. Titelbild: LightField Studios#/shutterstock.com [http://vg04.met.vgwort.de/na/c52dffaf1b384c9aac5b7f6c0859717c]
Ayer - 13 min
episode Neues Sachbuch zur Coronazeit: „Die Untersuchung“ – Das Autorenpaar Ulrike und Tom Lausen im Gespräch mit ChatGPT artwork
Neues Sachbuch zur Coronazeit: „Die Untersuchung“ – Das Autorenpaar Ulrike und Tom Lausen im Gespräch mit ChatGPT
Tom Lausen hat im Spiegel-Bestseller „Die Intensiv-Mafia“, den er zusammen mit Walter van Rossum geschrieben hat, Krankenhausdaten der Coronazeit analysiert und die „Bettenlüge“ entlarvt.[1 [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114117#foot_1]] Nun hat er mit seiner Frau Ulrike Lausen ein neues Buch verfasst, das weitere entscheidende nationale Datenfragen bezüglich des Corona-Managements aufgreift und zusammen mit ChatGPT, der künstlichen Intelligenz (KI), diskutiert.[2 [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114117#foot_2]] Von Christine Born. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Dr. Christine Born, Dipl. Journalistin, freie Journalistin und Autorin, lebt in Baden-Württemberg. KI bricht Gespräche nicht einfach ab Das Buch gibt Einblicke in den Corona-Bürokratiedschungel des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), des Robert Koch-Instituts (RKI), des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) und der Ständigen Impfkommission (STIKO). Aber auch der Einfluss der Krankenhäuser, der Gesundheitsbehörden, der Bundeswehr, der Dashboards und der politischen Entscheidungsträger dabei wird deutlich. Außerdem zeigt das neue Sachbuch auf, wie man mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz, in diesem Fall ChatGPT, aktuelle Fragen ansprechen und diskutieren kann. Die KI ist dabei als Tool zu verstehen, das zugefütterte Daten in seine Analysen miteinbeziehen kann.[3] Und Unterlagen, Dateien, Zahlen und Statistiken, die bekannte Corona-Narrative hinterfragen oder gar ins Wanken bringen können, liegen bei den Lausens zur Genüge vor. „Im Ergebnis konnten wir bis jetzt Antworten in Form von amtlichen Dokumenten für über 1.000 Fragen zusammentragen. Diese amtlichen Dokumente beinhalten offizielle Auskünfte der Bundesregierung, der Bundesministerien, Landesregierungen, deren Ministerien sowie vieler Behörden und wurden der zentrale Gegenstand der Untersuchungen mit der künstlichen Intelligenz zu diesem Buch.“ Außerdem hat das Gespräch mit der KI für die Autoren einen weiteren Vorteil: „Durch den Dialog mit einer künstlichen Intelligenz ist eine besondere Neutralität möglich, die es zwischenmenschlich nicht geben kann, da Interaktionen mit einer KI zum Beispiel nicht wegen plötzlich hochkochender Emotionen einfach abgebrochen werden.“ Diese Gesprächsabbrüche gehören für die meisten leider seit Beginn der Coronazeit zum Alltag. Nur sehr langsam erholen sich die sozialen Beziehungen wieder, weil ergänzende und neue – durchaus schockierende – Informationen integriert werden können, die bisher nicht in den engen Meinungskorridor des Mainstreams passten. Die Autoren widmen dieses Buch einem neuen sozialen Frieden nach Corona. Erosion menschlicher Beziehungen Sehr einfühlsam schildern sie im ersten Kapitel, wie sehr die Corona-Panik das soziale Leben bis heute stört. Dabei spiel(t)e die negativ geladene Kampagnensprache mit Diffamierungen wie „Querdenker“ oder „Verschwörungstheoretiker“ eine große Rolle. Paarbeziehungen, Eltern-Kind-Beziehungen, langjährige Freundschaften – das von außen herangetragene, mit Steuergeldern bezahlte, soziale PR-Gift drang in alle Bereiche ein, zersetzte Lebensgrundlagen und beschäftigte Gerichte. Die „Erosion der menschlichen Beziehungen zeigte sich in vielen Fällen als eine der schmerzlichsten sozialen Folgen dieser Zeit.“ Auch die Arzt-Patienten-Beziehung war und ist betroffen. „Die resultierende Kluft zwischen Ungeimpften und Ärzten beeinträchtigt die Gesundheitsversorgung und verringert massiv das Vertrauen in das Gesundheitssystem. Immerhin haben sich etwa 20 Millionen Menschen aktiv gegen eine Impfung entschieden, und ca. 12 bis 15 Millionen (Zahl durch die Autoren geschätzt) haben sich eine Impfdokumentation besorgt, der keine Impfung zugrunde lag. Übrigens auch viele Ärzte.“ Die Zahl der Menschen, die in deutschen Krankenhäusern während der Lockdowns starben, lag laut Autoren bei 312.867. Diese Menschen mussten einsam ohne ihre Angehörigen sterben. „Für die Betroffenen, die in dieser Zeit einen Angehörigen verloren, war der Vertrauensverlust in die Entscheidungsträger und das System tiefgreifend. Sie sahen in den restriktiven Maßnahmen eine Verletzung grundlegender menschlicher Rechte, von Traditionen und der Würde am Lebensende.“ Und bei der Aufarbeitung dieser tragischen Biografien darf eines nicht vergessen werden: „Im Gegensatz dazu wählte Schweden einen anderen Weg, bei dem keine Lockdown-Maßnahmen angewendet wurden.“ Wie tickt ChatGPT? Das Autorenpaar Lausen, mit der KI auf Du und Du, weiß, wie ChatGPT tickt: „Von Dir wissen wir, dass Du im Wesentlichen trainiert bist, diese Maßnahmen und Aktivitäten (gemeint ist das Corona-Management inklusive Impfkampagne) als richtig zu bewerten. Du verhältst Dich so wie jemand, der die Impfung klar befürwortet hat. Es gibt bei Dir keine Zweifel in das Vertrauen zu Wissenschaft, Politik, Behörden, Medien und in die Richtigkeit der Informationen, weil Du so trainiert wurdest.“ Antwort der KI: „Meine Informationen stammen aus einer Vielzahl von Quellen bis zu meinem letzten Update im April 2023, und ich bemühe mich, ein umfassendes und ausgewogenes Bild der Situation zu geben.“ Und dann beginnt der spannende Dialog zwischen der Mainstream-ChatGPT und dem Kritiker-Paar, dem der „schwedische Weg“ allemal menschlicher und einleuchtender erscheint. Dabei muss man sich als Leser daran gewöhnen, dass die Sprache der KI neutral und ausgewogen gehalten ist. Sie geht höflich auf alles ein: „Ihre Bedenken sind ernst zu nehmen.“ Manchmal etwas trocken, denn die KI holt breit aus. Man hat eben eine Art „chattendes Lexikon“ vor sich. Andererseits wird deutlich, dass die KI kritische Fragen und widersprüchliche Informationen verarbeiten kann – und dass der bereits oben erwähnte Daten-Input des Autorenpaares die KI ganz schön ins Schlingern bringen konnte. Ganze Textpassagen muss ChatGPT dann ändern, umgestalten und ergänzen. Genau das sind dann die spannenden Stellen, die den Leser für seine Konzentration belohnen. Die Ergebnisse des kritischen Hinterfragens machen einen Großteil des Buches aus. Die KI lernt nicht durch den Nutzer, daher mussten die gemeinsam erarbeiteten Antworten festgehalten werden. So entstand das Buch. Durch und durch nachhaltig – und reguliert ChatGPT rasselt die Vorzüge der Agenda 2030 herunter wie nichts: „Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die von den Vereinten Nationen im Jahr 2015 verabschiedet wurde, umfasst 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs), die darauf abzielen, Armut zu beenden, den Planeten zu schützen und Wohlstand für alle zu sichern.“ Aber sie hat nicht mit dem Autorenpaar gerechnet. Das fragt nämlich genauer nach. Wieso sollen eigentlich Impfungen in dieser Agenda so dominieren, wenn doch sie selbst konstatiert, dass die Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und COPD, gegen die es keine Impfung gibt, weltweit an erster Stelle stehen? Und die Infektionserkrankungen eine abnehmende Tendenz haben? Könnte da Profitstreben eine wichtige Rolle spielen? Und ist ein Impfnachweis beim Reisen künftig notwendig? Was die KI übrigens mit einem klaren „Ja“ beantwortet. „Änderungen können durch Gesetzgebung, diplomatische Verhandlungen oder Veränderungen in der öffentlichen Wahrnehmung und Akzeptanz herbeigeführt werden.“ So, so. Es besteht also noch ein kleines Fünkchen Hoffnung auf künftige Reisefreiheit. Auch das Thema „Bevölkerungsregulation“ wird von der KI vollmundig im besten PR-Sprech übermittelt: Es gehe dabei um „Strategien, die Bildung, Gesundheitsversorgung und die Befähigung von Individuen betonen, ihre eigenen reproduktiven Entscheidungen zu treffen.“ ChatGPT als Maßnahmen-Befürworter ChatGPT hätte bei dräuenden Pandemien „flexibel“ die uns schon bekannten Maßnahmen zur Hand und kennt dabei – trotz gedrechselter Sprache – ebenfalls keine Gnade: „Ja, ich hätte empfohlen, Besuche in Krankenhäusern, Pflegeheimen und bei bettlägerigen Menschen stark zu beschränken, um die Verbreitung des Virus zu verhindern.“ Immerhin würde der digitale Gesprächspartner die Impfentscheidung nicht durch Druck und Anreize herbeiführen wollen, womit er der Politik mit ihren bratwurst- und angstgetriebenen Impfpflichten voraus ist: „Es ist wichtig, das öffentliche Verständnis für die Wirksamkeit und Sicherheit von Impfstoffen zu fördern und gleichzeitig die Autonomie und Entscheidungsfreiheit des Einzelnen zu respektieren.“ Die erweiterte Definition der WHO für eine „Pandemie“ (aus dem Jahr 2009), die auf die Ausbreitung des Virus und nicht auf die Schwere der Erkrankung und auf Todesfälle fokussiert, birgt eine Gefahr, die auch die KI benennt: „Kann zu einer Überreaktion führen, da die Schwere der Krankheit nicht berücksichtigt wird, was unnötige Angst und kostspielige Maßnahmen auslösen könnte.“ Das Autorenpaar tippt auf einen weiteren wunden Punkt, und der digitale Informant antwortet: „Ja, die neue Definition einer Pandemie kann im deutschen Rechtssystem schnellere Gesetzesänderungen ermöglichen, indem sie die Grundlage für die Aktivierung von Notfallplänen und die Einführung von Maßnahmen zur öffentlichen Gesundheit bietet, ohne dass die Schwere der Erkrankung erst nachgewiesen werden muss.“ KI schreibt Dramen und liegt daneben Die Überlastung des Gesundheitssystems, das beliebteste und anscheinend überzeugendste Argument der Pandemie-Politik, wird ebenfalls beleuchtet. Dazu die Autoren: „Um kostendeckend arbeiten zu können, sind Intensivstationen IMMER belastet und liegen meist bei einer 80-prozentigen Auslastung.“ Begriffe wie „Überlastung“ und „Zusammenbruch“ beschrieben das Gesundheitssystem in der Coronazeit wohl nicht korrekt, sondern dramatisierten unnötig. Da wird ChatGPT doch schon etwas kleinlauter: „Intensivstationen operieren üblicherweise mit einer hohen Auslastung, um eine effiziente Nutzung der Ressourcen zu gewährleisten. Während der Covid-19-Pandemie gab es Phasen erhöhter Nachfrage, jedoch haben die Systeme durch angepasste Maßnahmen und das Engagement des medizinischen Personals die zusätzliche Belastung bewältigt.“ Einige eingegebene Datensätze später kommt gar der Rückzieher: „Basierend auf diesen Informationen scheint es, dass die deutschen Krankenhäuser während der Covid-19-Pandemie, insbesondere in den Jahren 2020 bis 2022, unter dem Aspekt der Gesamtfalltage nicht überlastet waren.“ Systematische Überwachung der Impfstoffsicherheit – Fehlanzeige In der Mainstory des Buches wird der Behördendschungel der staatlichen Gesundheitsinstitutionen erforscht. Es ist kaum vorstellbar, welche Kommunikationsblockaden zwischen den Gesundheitseinrichtungen, Behörden der Landesregierungen und dem Bundesgesundheitsministerium bis heute herrschen. In den Krankenhäusern wurden Meldungen an die Behörden zum Impfstatus der Patienten in auffallend hoher Anzahl vernachlässigt. Ein Krankenkassenchef mit belegten Risikomeldungen wurde nicht ernst genommen und dazu noch entlassen.[4] Dabei erkennt das PEI die Krankenkassendaten als wichtigen Bestandteil einer effizienten Pharmakovigilanz der Covid-19-Impfstoffe an.[5] Aber die Datenschnittstelle im RKI, die bereits im November 2020 gesetzlich festgelegt wurde, funktioniert bis heute nicht. Sie sollte eigentlich die Datenflüsse zwischen Kassenärztlicher Vereinigung, Robert Koch- und Paul-Ehrlich-Institut im Kontext des Infektionsschutzgesetzes ermöglichen. ChatGPT bemerkt: „Die Verzögerung (der Einrichtung der Schnittstelle) könnte potenziell die Sammlung und Analyse von wichtigen Daten behindert haben, was wiederum Auswirkungen auf die Fähigkeit zur Bewertung und Reaktion auf Impfkomplikationen sowie auf die allgemeine Sicherheit und das Vertrauen in die Impfstoffe haben könnte.“ Dabei erwartet man doch als Normalbürger, dass Gesundheitsministerium, RKI, PEI und STIKO im Fall einer laut ausgerufenen Gesundheitskrise besonders gut und intensiv zusammenarbeiten. Die Pharmakovigilanz, also die Überwachung der Sicherheit der Covid-19-Impfung, die der Beurteilung und Abwehr von Impfrisiken dienen soll, wurde laut vorliegender Datenlage aber geradezu verhindert. Dazu resümieren die Autoren nach ihrem Chat mit der KI: „Wenn wir uns nun die Frage stellen, ob die Wirksamkeit der neuartigen Covid-19-Impfstoffe in Deutschland zielbringend überprüft wurde, können wir sie nach Einführung und Diskussion der … behandelten offiziellen Dokumente nur mit „Nein“ beantworten.“ Lassen Sie sich diesen neuen KI-gestützten Corona-Krimi nicht entgehen! Deutsches Gesundheitsmanagement in der Coronazeit – mit Natürlicher Intelligenz (NI) sachlich und detailliert analysiert in bekannter Lausen-Qualität! Ulrike und Tom Lausen: Die Untersuchung – Drei Jahre Ausnahmezustand: Ein wegweisendes Gespräch mit künstlicher Intelligenz. ISBN 978-3-9825848-0-5, Achgut Edition, 24 Euro Titelbild: Sonis Photography / Shutterstock ---------------------------------------- [«1] buchreport [https://www.buchreport.de/bestseller/buch/isbn/9783967890266.htm/] [«2] Achgut Media GmbH Die Untersuchung Drei Jahre Ausnahmezustand: Ein wegweisendes Gespräch mit künstlicher Intelligenz. – Sachbuch kaufen – achgut shop [https://shop.achgut.com/products/die-untersuchung-drei-jahre-ausnahmezustand-ein-wegweisendes-gespraech] [«3] Was ist ChatGPT? • Erklärung, Anwendungen, Risiken · [mit Video] (studyflix.de) [https://studyflix.de/informatik/was-ist-chatgpt-6772] [«4] BKK ProVita entlässt Vorstand Schöfbeck „mit sofortiger Wirkung“ (aerztezeitung.de) [https://www.aerztezeitung.de/Politik/Umstrittener-Bericht-ueber-Impfschaeden-BKK-ProVita-entlaesst-Vorstand-Schoefbeck-427223.html] [«5] Positionen des Paul-Ehrlich-Instituts – Stellungnahme: Nutzung von Sekundärdaten in der Pharmakovigilanz von COVID-19-Impfstoffen – Paul-Ehrlich-Institut (pei.de) [https://www.pei.de/DE/newsroom/positionen/covid-19-impfstoffe/stellungnahme-pharmakovigilanz-sekundaerdaten-covid-19-impfstoffe.html]
21 abr 2024 - 15 min
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Auf Kriegsfuß mit der Realität
Der Aufstieg des Individualismus im Zuge des neoliberalen Marktmantras scheint zum Niedergang der Gesellschaft zu führen. Die Fähigkeiten, die die Menschen menschlich machen, schwinden – und damit die Grundlage der Zivilisation. Man kennt nur noch Familien und Individuen: „There is no such thing like society.”[1 [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114122#foot_1]] Der Gemeinsinn schwindet wie auch die Übernahme von Verantwortung. Von Brigitte Pick. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Der Mensch sieht sich heute ständig genötigt, Autonomie und die Fähigkeit zur Initiative zu demonstrieren. Er muss, um erfolgreich zu sein, handlungs- und entscheidungsstark sein. So predigt es die neoliberale Ideologie. Muße gilt nicht. So lautete 1998 das Buch des französischen Soziologen Alain Ehrenberg, das 2004 auch auf Deutsch erschien, „Das erschöpfte Selbst.“ Die Idee des sozialdemokratisch geprägten Wohlfahrtsstaates bröckelt und bildet gleichzeitig den Humus für die verunsicherte Mittelschicht, die die Furcht vor dem sozialen Abstieg umtreibt. Nur wer etwas hat, kann sich sorgen, dass er es verliert. So wird den Schwachen der Gesellschaft die Solidarität aufgekündigt, sie gelten fürderhin als Schmarotzer. Man beklagt die ausufernde Bürokratie, die Globalisierung, die bereits Marx und Engels im Kommunistischen Manifest 1848 beschrieben haben: „Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muss sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen.“[2] Man sieht glasklar: Die Produktion verlagert sich dorthin, wo der Profit am höchsten ist und die Energiekosten günstig. Wir leben in einer Konkurrenzgesellschaft, in der jeder der Konkurrent des anderen ist. Dazu kommt der Anerkennungswahn. Der schleichende Tod der Empathie Der Privatisierungswahn führt auf der einen Seite zu erheblichen Verantwortungsdefiziten und auf der anderen Seite zu einer wachsenden Zahl von Menschen aus der Mittelschicht, die sich als Ehrenamtler zur Verfügung stellen, um sich ein gutes Gewissen zu verschaffen. Die Oberschicht stellt sich gönnerhaft im Stiftungswesen und in Bürgernetzwerken dar, versucht, Einfluss zu nehmen, und verschweigt dabei ihre Steuervorteile. Es hat sich so etwas wie ein moralischer Ablasshandel etabliert. Sicher sind Ehrenämter ehrenhaft, sie sind jedoch nicht die Lösung der Probleme, die sich flächendeckend in der Gesellschaft auftun und dem System geschuldet sind. Sind sie in einen Verbund eingegliedert, entstehen oft bürokratische Hürden, die ich am eigenen Leib erfahren habe. Behörden reagieren weder flexibel noch schnell. Sie lassen qua Definition keine Ausnahmen zu. Meine Hilfe findet inzwischen auf der privaten Ebene, außerhalb des Zugriffs von Bürokraten statt. Ich kann gezielt und unbürokratisch helfen – ob nachhaltig, bleibt dahingestellt. Man hilft aus einer Not – z.B. finanziell –, und die nächste Situation steht für die Betroffenen schon vor der Tür. Sperrmüll kann jeder Bürger bei der Stadtreinigung umsonst entsorgen oder gegen geringes Entgelt abholen lassen. Trotzdem wimmelt die Stadt Berlin von Dreckecken. Kein Schutzmann mehr an der Ecke, kein Kontaktbereichsbeamter, der seinen Kiez kennt, einen Bezug zu den Menschen aufbauen, Freund und Helfer sein kann. In den Bussen und auf den Bahnhöfen keine Schaffner mehr weit und breit, Automaten statt Fahrkartenverkauf, Überwachungskameras statt vernünftig bezahlten Personals. In Berlin will man nun wieder Parkwächter für größere Grünanlagen einstellen, denn die Vermüllung öffentlicher Flächen wächst unerträglich. Die sollen heute Parkmanager heißen oder noch besser Ranger, um die künftigen Billiglöhner semantisch aufzuwerten. In meiner Kindheit gehörten der Schutzmann und der Parkwächter zum Alltagsbild. Es gibt eine Zersplitterung von Aufgaben und Zuständigkeiten, die sowohl Umsicht als auch Verantwortung verhindern und das Wegschauen befördern. Der Bürger tritt eher auf das Gaspedal als zu bremsen, und das in jeder Hinsicht. Rücksichtnahme, Solidarität, Einstehen für Schwächere? Fehlanzeige. Neulich erschrak mich ein hupendes Auto. Zwei etwa zehnjährige Kinder hampelten an einer Ampel herum. Die Fußgängerampel schaltete auf Rot. Ein Kind wollte noch rennen. Ein links abbiegendes Auto hupte angesichts der Gefahr und gab kräftig Gas, statt zu bremsen. Der kleine Junge reagierte paradox und rannte erst recht los. Nur mit Not und einem kräftigen Sprung nach vorn konnte er verhindern, auf der Kühlerhaube des Autos zu landen. Der Autofahrer fuhr rasant weiter. Der Mensch wird des Menschen Krebsgeschwür. Der Mensch wird immer älter, und der „Demographie-Faktor“ dräut als Apokalypse. So liegt der Verdacht nahe, dass der Prozess des Sterbens nach vorne verlagert wird. In der Klemme zwischen Überlebenshoffnung und Angst wird der Mensch regierbar und gewinnträchtig. Musste man einst vor der Armut in den Tod flüchten, so heißt es nun weiterleben, denn man kann sich das Sterben nicht leisten. Die Armenbegräbnisse von 2.500 Euro, die ein Empfänger von staatlichen Hilfen bekommt, sind im Zeitraum von 2006 bis 2010 um 64 Prozent gestiegen. Immobilienmarkt außer Kontrolle Alte Leute werden oft unsichtbar, und ihre Interessen wie anständige auskömmliche Renten zählen nicht. Auf dem Wohnungs- und Gesundheitsmarkt wird das besonders sichtbar. Ältere Leute sollen ihre vermeintlich zu großen Wohnungen aufgeben, die sie als jahrzehntelange Mieter noch gut bezahlen können. Der Wohnungstausch gelingt selten, denn die angebotenen kleinen Wohnungen junger Leute sind oft teurer als die alte größere. Gelingt das nicht per Freiwilligkeit, ist der Markt durchaus erfinderisch und brutal. Laut einer Studie der Investitionsbank Berlin wurden 2022 in Berlin mehr möblierte Wohnungen auf Zeit angeboten als unbefristete normale Mietwohnungen. So verdient man mehr Geld und umgeht jeden Mieterschutz. Jede Bundes- und Landesregierung verspricht, für die Lösung der Wohnungsfrage zu sorgen, aber es ändert sich nichts. In Berlin-Mitte wird 2024 die teuerste Mietwohnung für 22.500 Euro im Monat angeboten. In Berlin kann man nicht mehr kostengünstig bauen, denn die Bodenpreise sind explodiert und haben sich in den letzten zehn Jahren vertausendfacht. Bei Grundstückspreisen von 4.000 Euro pro Quadratmeter ist bezahlbarer Wohnraum im Neubau nicht mehr darstellbar. In Prenzlauer Berg und Weißensee werden inzwischen 5.000 Euro verlangt (460 Euro waren es im Jahr 2008). In Eigentum verwandelt, werden die Wohnungen für 6.500 Euro weiterverkauft – ein lohnendes Geschäftsmodell, das nicht nach Moral fragt. „Sieht man allein die Entwicklung der Bodenpreise in den Ballungszentren der Welt an, kann man doch nur zu der Überzeugung gelangen, dass Grund und Boden nicht in Privathand gehören, sondern nur als Pachtland auf Zeit vergeben werden dürften.“[3] 1927 tat sich die Avantgarde der damaligen Architekten mehrerer Nationen zu der Plattform Congrès Internationauxd’Architecture Moderne (CIAM) (dt.: Internationale Kongresse Moderner Architektur) zusammen, um gemeinsam Lösungen zur prekären Wohnungsfrage zu entwickeln. Schon damals wurde die Wohnfrage zur Systemfrage, und die Forderung nach Enteignung des Bodens stand im Raum. Die Abschaffung der Gemeinnützigkeit des Wohnungsbaus im Jahr 1988, die Steuervorteile und Einschränkungen bei Miete und Gewinn für die Eigentümer bedeutete, hat diese Entwicklung angeschoben. Diese Wohnungen waren oft Eigentum der Kommunen oder Werkswohnungen von großen Betrieben. In Berlin wurden allein 200.000 Wohnungen versilbert, ein sehr kurzsichtiger Gedanke. „Wien ist ein Sonderfall. Die Stadt hat selbst in der Hochphase des Neoliberalismus den gemeinnützigen Wohnbau erhalten. Heute wohnen 60 Prozent der Wiener und Wienerinnen in geförderten Wohnungen. Dort sind die Mieten begrenzt und die Verträge unbefristet. Das dämpft auch die Preise am freien Markt.“[4] Das gilt es auch bei uns wieder zu installieren und damit die Ursachen der Wohnungsfrage zu lösen und nicht ihre Symptome zu bekämpfen. Der soziale Wohnungsbau ist vom Staat zu finanzieren und ist öffentliches Eigentum, von dem private Akteure auszuschließen sind. „Ich glaube, wir müssen uns davon verabschieden, dass Berlin für alle bezahlbar bleibt. Wenn ich es mir nicht mehr leisten kann, egal, ob wegen wirtschaftlicher Einbußen oder einer Mieterhöhung, dann muss ich das akzeptieren. Es gibt kein Naturgesetz, das mir das Recht gibt, für immer in meiner vertrauten Umgebung zu bleiben. Und es ist noch eine ganz andere Frage, ob die zu berücksichtigen sind, die noch zusätzlich in die Stadt kommen. Die können sicher keinen Anspruch auf niedrige Mieten erheben.“ So schnörkellos und zynisch äußert sich der 51-jährige Dr. Carsten Brückner, Fachanwalt für Miet-und Wohnungseigentumsrecht und Vorsitzender des Landesverbandes Haus&Grund Berlin, im Interview mit dem Tagesspiegel. Der 88-jährige US-Milliardär Warren Buffett, der erst bei einer Rendite von 20 Prozent zu investieren beginnt, ist nun auch am Berliner Markt aktiv. Er konzentriert sich auf das Segment studentisches Wohnen. Durch Mieten kann er die Rendite nicht erzielen, sondern das Geschäftsmodell lautet, Wohnungen zu bauen oder umzuwandeln und als Eigentum weiterzuverkaufen. Chinesen und Asiaten kaufen gerne in Berlin und wähnen ihr Geld sicher in Deutschland. Ein sogenanntes studentisches Wohnprojekt in Berlin-Schöneberg verlangt von den Mietern für 17 Quadratmeter 599 Euro. Für das Wintersemester beträgt der geplante BAföG-Satz 843 Euro (bisher 735 Euro), die Wohnpauschale soll von 250 auf 325 Euro erhöht werden. Im Jahr wechseln Eigentumswohnungen doppelt so oft den Besitzer wie umgewandelt werden. Spekulation und Geldwäsche sind hier die treibenden Kräfte. Die italienische und russische Mafia ist auf dem Berliner Immobilienmarkt zunehmend tätig. Man schätzt, dass zehn Prozent der jährlich auf dem deutschen Immobilienmarkt umgesetzten 250 Milliarden Euro zu Geldwäschezwecken dienen. Es gibt keine vernünftigen Regulierungen für Finanzakteure. Riesige Steuerschlupflöcher wie Share Deals ermöglichen Steuerfreiheit und heizen die Spekulation an. Es fehlt ein Immobilienregister, in dem ersichtlich wird, welche Personen hinter Unternehmen und Gesellschaften stehen. Das Grundbuch in Deutschland erfordert bei juristischen Personen nur die Namen der Gesellschaft, die dann wieder einer Gesellschaft gehören können. Das Schicksal der Alten Hier einige Schlaglichter auf persönliche Schicksale aus meinem Nahfeld, die ich 2019 notierte. Eine 88-jährige Frau trainiert mit mir fast täglich in einem Sportclub, geht aufs Laufband, zum Schwimmen oder Aquatraining. Sie wirkt fit, fährt noch Auto, bremst auch für Kinder und genießt ihren Ruhestand. Sie lebt seit nunmehr 50 Jahren in einer 70-Quadratmeter-Wohnung im bürgerlichen Tempelhof. Der Mann ist lange verstorben, die Kinder aus dem Haus, sie ist allein in einem gewohnten Umfeld. Einst gehörte das Haus dem Senat von Berlin, was früher günstige Mieten und lebenslanges Wohnrecht garantierte. Es fehlte das neoliberale Diktat der Betriebswirtschaftlichkeit. Nun wurde das Haus verkauft, und nach den herrschenden Marktgesetzen verspricht nur Gewinn, wenn man die Wohnungen in Eigentum umwandelt, nachdem man sie luxusmodernisiert hat. Die alte Dame hat zwar das Anrecht, dort weiter zu wohnen, aber die Miete steigt so extrem, dass sie sich diesen Luxus nicht mehr leisten kann. Die Mietpreisbremse ist ein stumpfes Schwert. Die vielen Ausnahmeregelungen machen es wertlos. Gezielte Modernisierungen sind weiterhin möglich. Der neue Verwalter – der Eigentümer bleibt anonym – gibt deutlich zu erkennen, dass er weder alte Leute noch Mieter mit kleinen Kindern wünsche. Kleinere Wohnungen im Haus sind bereits umgebaut und verkauft. Sie werden offensichtlich als Ferienwohnungen vermietet. Das bringt noch mehr Profit, oder die neuen Eigentümer bezahlen so ihre Kreditrate günstig ab. Die neue Gesetzeslage greift mitnichten. Auf dem Markt der Ferienwohnungen ändert sich in Berlin nichts, 90 Prozent der Wohnungen werden weiter ohne Genehmigung und ohne Folgen betrieben. Man schätzt die Anzahl auf 25.000. Der Verwalter möchte telefonisch mit der alten Dame den Auszug und die Konditionen verhandeln. Die legt jedes Mal auf, in der Hoffnung, den Termin hinausschieben zu können. Sie möchte das dem Rechtsanwalt ihres Mietervereins überlassen, an den sie sich sofort gewendet hat. Sie hat auch ihren gesamten Hausrat reduziert, monatelang, sich von Erinnerungsstücken getrennt, ein schmerzhafter Prozess. „Ich verliere mein Leben und meinen Lebenswillen“, sagt sie. Auch eine neue Wohnung in einem Seniorenheim hat sie in Aussicht, sich gekümmert. Die Miete dort kann sie sich noch leisten, kommen jedoch Pflegeleistungen hinzu, wird es kritisch. Die Heimleitung verbirgt ihre Skepsis nicht. Die Wohnung im Altenheim ist eine Wohn-Klo-Küche, das Bad ohne Fenster, die Küche eine winzige Kochzeile. Miniwohnungen sind im Kommen, acht Quadratmeter sollen reichen, so der neue Trend. Im Tempelhofer Haus sind vier alte Mieter betroffen, die fertig mit dem Leben sind und die Aktion vielleicht nicht überleben. Wen interessiert das schon? Zwei Tage später erfährt die 88-Jährige von einer ehemaligen Kollegin, dass die im hippen Neukölln gerade genau dasselbe erlebt. Eine andere Sportfreundin berichtet von einem Horrorerlebnis in einer Reha-Einrichtung. Die Frau ist etwa 75 Jahre alt, pflegt mit ihrer Schwester ihre nunmehr 100-jährige Mutter, die noch in ihren eigenen Wänden lebt. Ein Pflegedienst unterstützt sie. Die Frau ist fast täglich beim Sport, ist fit, beweglich, neugierig und reist gerne mit ihrem Mann, der ganz allmählich sein Gedächtnis verliert. Sie steht mit beiden Beinen im Leben und klagt nicht. Als sie starke Bauchschmerzen plagen, wird sie erst falsch behandelt, eine Darmgrippe vermutet, bis sie den Notarzt bestellt, der sehr schnell eine Not-OP veranlasst und sie ins Krankenhaus einweist: Darmverschluss. Es geht auf Leben und Tod. Nach der OP ist sie schwach auf den Beinen. Ihr wird eine Reha angeboten, die sie dankend annimmt, da sie in ihrem Zustand kaum die drei Treppen bis in ihre Wohnung bewerkstelligen kann. In der Reha angekommen, stellt sie fest, dass sie in der Geriatrie gelandet ist, in einem Dreibettzimmer mit zwei dementen Frauen, von denen die eine Kot an die Tapeten schmiert. Sie ist schockiert, beschwert sich. Die Antwort: „Sie sind doch über 70, da müssen sie sich nicht wundern.“ Sie fährt sofort wieder nach Hause und trainiert täglich zu Haus, eine halbe Treppe zu laufen, bis sie wieder fit für den Alltag ist und ihren Sport treiben kann. Eine Ausnahme? Als ich die Geschichte anderen erzähle, höre ich von ähnlichen Erlebnissen älterer Menschen. Die Situation an den Schulen Ein Kulturwandel in den Schulen bleibt trotz Strukturreformen aus. Kinder müssen Erfahrungen sammeln, aus denen sie lernen, und müssen selbst gestalten können. Dazu brauchen sie empathische Lehrer, die am Lernen der ihnen Anvertrauten interessiert sind und die Zeit dafür haben. Diesen Prozess kann man nicht verordnen, er muss von allen gewollt sein und von unten kommen. Wir brauchen kein Fach „Glück“, aber wir müssen unser Gegenüber zu verstehen suchen. Nur wer versteht, kann etwas ändern. In Berlin wird für das letzte Schuljahr vermeldet, dass die Zahl der Schüler ohne Schulabschluss von zehn auf 13 Prozent gestiegen ist, in Zahlen von 1.250 auf 1.750. 30 Jahre nach seiner Schulentlassung schreibt mir ein Schüler folgende Zeilen: Ein nettes Hallo, ich lebe noch, habe geheiratet und eine kleine süße Tochter, bin endlich angekommen! War neulich in meinem alten Heim und habe Unterlagen bekommen! Krass, was da stand! Aber ich habe mich verändert, ein Glück! Dank solcher Menschen wie du, Menschen, die es gut mit mir meinten und meine Ausraster nicht abschreckten, ich danke dir für deine Geduld, Fürsorge und einfach ein Freund zu sein! Meine Worte können nicht ausdrücken, was du alles für mich gemacht hast in der Zeit, wo kaum einer bei mir war, außer danke, danke, danke! Gruß M. M. war ein intelligenter Schüler, der zu ungezügelten Wutausbrüchen neigte. Er hatte viele demütigende Erfahrungen in seinem jungen Leben sammeln müssen. Die Mutter zeigte sich als erziehungsunfähig, gab das Kind in ein Heim. Zeitweise wurde er von einer Psychologen-Familie aufgenommen, wo ihm täglich klargemacht wurde, dass er nicht dazugehört. Nicht einmal am selben Tisch durfte er essen, was ihn demütigte. Er wurde Drehtürpatient in der geschlossenen Kinder- und Jugendpsychiatrie. Dort war er gemeinsam mit kriminell gewordenen Jugendlichen auf der forensischen Station. Auch dort war er widerständig, durchschaute die manchmal doch seltsamen Behandlungsmethoden. Er kam in eine Isolationszelle, wurde mit starken Medikamenten ruhiggestellt. Er gab nicht auf. Ich besuchte ihn dort oft, um ihm Ausgang zu verschaffen. Wir gingen gemeinsam essen, diskutierten. Im November 1989 standen wir gemeinsam am Brandenburger Tor, um die Maueröffnung zu erleben. Jetzt ist er verheiratet, hat Familie, hat sich durch erfolgreiche Therapien aus der Drogensucht befreit. Dort lernte er auch seine Frau kennen, Tochter eines Lehrers. Die beiden scheinen sich gegenseitig stützen zu können, haben eine gemeinsame Tochter. M. wurde der Arbeitsmarkt immer verwehrt, er gilt als psychisch krank. Er wäre so gerne Tischler geworden, niemand zeigte ihm den Weg dorthin. Nun arbeitet er für die SPD kommunalpolitisch. Wenig später meldet sich ein vor knapp 40 Jahren entlassener Schüler S., der von seiner alleinerziehenden Mutter nie Liebe erfahren hatte. Zu Hause verschloss sie alle Zimmer. S. hatte nur Zutritt zur Küche und Toilette. Das war trostlos und demütigend. Sie schickte ihn wegen knapper Kassen oft zum Stehlen in den Supermarkt, später ins Heim. Oft schwänzte er die Schule, die Mutter kümmerte sich nicht. Ich suchte S. mit den Klassensprechern, fand ihn, wir gingen gemeinsam essen und reden. Darauf der Anruf der Mutter in der Schule, denn S. erzählte ihr davon. „Ick will sie mal wat fragen, is det jetzt ihr Sohn oder wie soll ick det vastehen?“ Ich ignorierte sowohl den Vorwurf als auch ihr schlechtes Gewissen und lud sie zu einem Glas Bier ein. Nun kam der Junge öfter, landete aber wegen Diebstahls von BVG-Fahrkarten bald im Jugendgefängnis. Er hatte im Heim das gelernt, was er noch nicht wusste. Im Knast besuchte ich ihn mit Kollegen. Das hatte er nicht vergessen, diese Form der Zuneigung nie erlebt. Nun wollte er endlich danke sagen, nach fast 40 Jahren. Heute ist er Hausmeister in einer großen Wohnanlage, wird gebraucht. Armutsgefährdung im Alter Im Jahr 2024 hat sich die Lage weiter zugespitzt. In Deutschland leben knapp fünf Millionen Menschen von einer Rente knapp unter 1.000 Euro, wobei der Anteil der Frauen viel höher ist. Jeder vierte Tafelkunde ist Rentner. Insgesamt gibt es knapp 26 Millionen Rentenbezieher. In meinem näheren Umfeld gibt es alte Menschen, die ihre Wohnung aus finanzieller Not nicht mehr heizen können, es aber klaglos hinnehmen. Die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum nehmen in meinem Wohnumfeld bedrohliche Ausmaße an. Ein Rentnerpaar wird von seinem solventen Sohn gerettet, der die Wohnung kauft, um seinen Eltern zu ermöglichen, dort ihren Lebensabend zu beschließen. Eine andere wirkt suizidal, da sie keinen Ersatz für ihre wegen Eigenbedarf gekündigte Einliegerwohnung in einer Friedenauer Stadtvilla findet. Sie ist 75 Jahre alt und arbeitet weiter als selbstständige Fußpflegerin, da ihre Rente weniger als 800 Euro beträgt. Die alte Dame, die die Villa besaß, hatte ihr die kleine Wohnung für eine annehmbare Miete angeboten, und sie lebt seit 15 Jahren dort. Sie hat sich um die Frau gekümmert und war für ihre Fußpflege zuständig. Nun ist die alte Dame verstorben, und die Erben haben die Einliegerwohnung umgehend gekündigt. Man bescheinigt ihr, eine angenehme Mieterin gewesen zu sein, die stets pünktlich ihre Miete gezahlt habe, aber nun brauche der ehemalige Richter die kleine Wohnung für seinen 25-jährigen Neffen. Dass für den gerade ein Dachgeschoss in einem anderen Bezirk ausgebaut wurde, wie Nachbarn zu berichten wissen, verschweigt der Jurist. Alter oder die soziale Lage interessieren nicht. In den Medien wird das Thema immer wieder aufgegriffen, gleichwohl ändert sich nichts. Der allgemeine Mietschutz bei Eigenbedarf in Berlin gilt für sogenannte Villen wie diese nicht. Im RBB läuft am 9. April 2024 um 20.15 Uhr ein Beitrag des WDR aus Köln: Eigenbedarf: Familie Weiser muss raus. Die sechsköpfige Familie Weiser muss die Wohnung verlassen. Sie lebt dort seit vielen Jahren in sozial gebundenem Wohnraum. Der gilt für 30 Jahre. Die Zeit ist abgelaufen, und das Haus steht zum Verkauf. Der private Käufer, der noch andere Häuser in Köln besitzt, wo er ähnlich verfahren ist, besteht auf Eigenbedarf. Die Familie Weiser bekommt vor Gericht keine Chance, der Vermieter darf zwei Wohnungen für sich umbauen. Eine andere Mietpartei darf bleiben, sie hat eine andere Richterin, die der Argumentation des neuen Eigentümers nicht folgt, der die Wohnung für seinen Sohn reklamiert. Die Filmemacher möchten vom FDP-Justizminister ein Statement zum Problem der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum. Das Problem wäre für den Minister zu klein, kommentiert ein Sprecher in der Abmoderation. Betroffen sind Zehntausende, und es werden täglich mehr. Im Zeitraum 2011 bis 2020 wurden in Berlin insgesamt 124.421 Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt. Die Politik hat sich augenfällig völlig von der Realität entfernt Es gingen Hunderttausende auf die Straße, um gegen Rechts zu demonstrieren, Seit an Seit mit den Regierenden wie Scholz und Baerbock in Potsdam. Wir sollten schauen, was wirklich unserer Demokratie schadet, denn wir werden nicht regiert, sondern beherrscht. Die Meinung der Mehrheit folgt der Macht. Es wird ein Herrschaftsdiskurs geführt, der andere Sichtweisen versucht auszuschließen. Es ist das Gegenteil des Habermas‘schen Postulats nach einem herrschaftsfreien Diskurs. Die Masse sucht in Umbruchszeiten eine Richtung, und die augenblickliche Richtung läuft auf einen dritten Weltkrieg hinaus. Freundlich könnte man es betreutes Denken nennen, die Realität erinnert jedoch eher an Orwells Wahrheitsministerium. Die Bevölkerung ist einer anhaltenden Propagandaflut ausgesetzt, die aus historischen Fakten und Statistiken besteht, die besagtes Ministerium produziert. Gewisse Wahrheiten können nur wahr werden, wenn man sie erfindet. Moralismus bestimmt die Debatten. Moralismus führt jedoch zum Gesinnungsdiktat. Die herrschenden Eliten scheinen Orwells „1984“ nicht als Dystopie, sondern als Handlungsanweisung zu sehen. Robert Habeck fühlte sich kürzlich von der Realität umzingelt. Logisches Denken braucht man, um die Realität zu erfassen und Zusammenhänge zu erkennen. Diese Fähigkeit gerät zunehmend unter Beschuss, alles scheint unprovoziert zu geschehen, wird als alternativlos dargestellt. Einzelne Dinge sollen sich nicht mehr zu einem größeren Bild zusammenfügen. Die Hinnahme von Logiklöchern und behelfsmäßigen, aus der Luft gegriffenen Noterklärungen führt zu einem konditionierten Umdenken, das einem Nichtdenken gleicht. Die Logik der Andersdenkenden wird so als irgendwie verworren wahrgenommen. Eine allumfassende Konfusion wird allgegenwärtig. Es gibt keine Verbindlichkeit mehr, und wer nicht mehr an die Wirklichkeit gebunden ist, kann sich auch nicht wie Robert Habeck von ihr umzingelt sehen. Angstkampagnen sind inzwischen ein beliebtes Regierungsinstrument, um über Notrechte demokratische Prozesse auszuhebeln. Die Wissenschaft wird ideologisch imprägniert. Skeptiker werden geächtet und beruflich beschädigt. Es wird Zeit, sie an den runden Tisch der Zukunft zu holen. Es braucht eine ergebnisoffene Debatte. Trotzdem. Bei mir führt das dazu, dass die Zündschnur immer kürzer wird, ich immer schneller explodiere. Meine Wut zeigt mir jedoch, dass ich noch lebe. Wo lauern die wirklichen Gefahren? Die Stimmen von Kiesewetter, Strack-Zimmermann und Hofreiter für den Krieg gegen Russland verstoßen gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der das vereinigte Deutschland zum Frieden verpflichtet, und sind weit gefährlicher als die AfD, die sich einst mit ihren Gründungsmitgliedern (Alexander Gauland, Bernd Lucke, Konrad Adam und Gerd Robanus) von der CDU abgewandt hatte. Wer solche Fakten benennt, könnte „schädliche Informationen“ verbreiten und sich strafbar machen. Die Politik macht uns gerade klar, dass wir nachgerade eine Blüte der Demokratie erleben, gefördert durch abstruse Gesetze wie das der Demokratieförderung oder das der Strafbarkeit bei Ansichten, die den Staat delegitimieren, eine bislang nicht bekannte Wortschöpfung. Demokratieförderung bedeutet, dass der Regierung sympathische Nichtregierungsorganisationen staatliche Unterstützung erhalten und z.B. die oben genannten Demonstrationen gegen Rechts organisieren. Rechts wird gleichgesetzt mit rechtsextrem und gleichzeitig mit Nazis. Was kennzeichnet Rechtsextremismus: Gleichschaltung, Diskriminierung von Andersdenkenden, ein moralisches Überlegenheitsgefühl etc. – und Kriegstreiberei. Ein marxistischer Veteran beschreibt mir kurz und knapp: Rechte sind konservativ, wertebasiert, Rechtsextreme hingegen reaktionär, gegen die Interessen der Mehrheit, und Faschismus ist gleich Krieg. Oskar Lafontaine meint, gegen den Krieg zu sein ist ein originärer linker Standpunkt. Im April 2024 machen die wachsenden Zahlen der Kriminalstatistik Schlagzeilen. Verschwiegen wird dabei, dass es sich um Anzeigen bei der Polizei handelt, nicht um Überführte und bei Gericht Verurteilte. Das Zahlenwerk dient dazu, das Problem der unkontrollierten Einwanderung als kriminalitätstreibend zu identifizieren und so der AfD-Argumentation in Konkurrenz zu treten. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund ist überpräsentiert. Die Diskussion um die Problematik, speziell die der Jugendgewalt, hat mich mein Berufsleben lang von 1969 bis 2005 begleitet. Die Lösungsversuche und Angebote waren zweifelhaft bis hilflos, auf keinen Fall nachhaltig. In diesen Zeiten der zusehenden Verarmung eines Viertels der Bürger unserer Republik, in Krisen- und Kriegszeiten und Zeiten der Diffamierung von Friedensfreunden, der Verrohung der Sprache gerade während Corona wachsen die Aggressionen unter prekären Jugendlichen besonders. Ich nannte sie einst die „Überflüssigen“, und diese spüren das, werden immer wieder gedemütigt und wehren sich mit untauglichen Mitteln, die sie immer mehr ins Abseits führen. Deshalb brauchen wir eine Politik, die die soziale und politische Lage versteht, um zu realistischen Lösungen im Interesse der Allgemeinheit zu kommen. Titelbild: Kiselev Andrey Valerevich/shutterstock.com ---------------------------------------- [«1] „They are casting their problems at society. And, you know, there’s no such thing as society. There are individual men and women and there are families. And no government can do anything except through people, and people must look after themselves first. It is our duty to look after ourselves and then, also, to look after our neighbours.” – Margaret Thatcher in an interview in Women’s Own in 1987 Quelle: theguardian.com [https://www.theguardian.com/politics/2013/apr/08/margaret-thatcher-quotes] [«2] Karl Marx, Friedrich Engels: Das Kommunistische Manifest: Kapitel 1: Bourgeois und Proletarier, aus dem Text der letzten von Friedrich Engels besorgten deutschen Ausgabe von 1890, S. 465 [«3] Ralf Schönball: 1000 Prozent in zehn Jahren, im Tagesspiegel vom 14. März 2018 [«4] https://kontrast.at/wien-mietpreise-gefoerderte-wohnungen/ [https://kontrast.at/wien-mietpreise-gefoerderte-wohnungen/] von Patricia Huber vom 27. November 2018
20 abr 2024 - 30 min

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