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Na ja … weil es eben der Russe ist

Wenn es nach unserem Verteidigungsminister Boris Pistorius geht – dem Dealer der Kriegss(t)üchtigkeit – dann greift der Russe ab 2029 ein. Oder an. Was genau, das weiß man nicht. Wo? Auch nicht. Und warum? Na ja … weil es eben der Russe ist. Wir Deutschen können uns endlich wieder gemütlich in unser Moralzimmer zurückziehen und uns dort ausruhen. Schließlich haben wir diesmal nicht angefangen. Eine Glosse von Rolf Krug. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Im Grunde genommen ist der Russe aber freundlich. Er weiß, dass wir jetzt schon alle möglichen Ecken auskratzen müssen, um der Ukraine überhaupt noch irgendeine Waffe liefern zu können – weil die eigenen Bestände aussehen, als hätte eine Horde Mäuse darin genächtigt, bewacht von einer arthritischen Katze. Und was macht er, der nette Russe? Er wartet. Bis 2029. Das ist doch wirklich ein entgegenkommender Zug: Er lässt dem Gegner Zeit, wieder zu Kräften zu kommen – damit der überhaupt noch eine Chance hat. Da soll noch einer behaupten, der Russe sei bösartig. Anscheinend ist er nur artig – oder blöd – was ihn aber nicht bösartiger, sondern höchstens blödartiger macht. Oder einfach ein fairer Kampfgenosse, der wartet, bis der Gegner auch wieder aufsteht. Nun – letztlich ist es egal. Eins ist jedenfalls sicher: **Der Russe steht vor der Tür!** Man braucht nur Carlo Masala in die Glaskugel schauen zu lassen – oder bei Agnes, der Besorgten und jetzt Entsorgten, nachzufragen – und schon ist nochmal klar: **Der Russe steht immer noch vor der Tür!** Gut, beide interessiert es wenig, dass der Amerikaner währenddessen den kompletten Kühlschrank leer frisst, es sich im Haus bequem gemacht hat und auch schon die Schmuckschatulle geleert hat – noch bevor es für Merz Herbst wird und einer fürs Sozialgebimbel einen silbernen Teelöffel opfert. Und wenn der Russe nicht kommt, liegt es nicht daran, dass er nicht gewollt hätte. Nein, wir haben ihn abgeschreckt. (Es lebe das Präventionsparadoxon.) Mit einem unlustigen Russen ist der Wahnsinn von 500 Milliarden Militärausgaben und 5 Prozent vom BIP für die NATO ja auch nicht zu verkaufen. Und für die Folgen unserer Klimaversauung – deren weitere Abwehr – ist dann erst recht kein Geld mehr übrig. Ob der Klimawandel uns tötet, ist ja unsicher. Dass der Iwan uns überrollen wird: Fest gesetzt! Da müssen die Klimakleber in 2029 aufpassen, dass sie schnell von der Straße kommen. Fürs Klima Kleben und durch Sergejs Panzer in den Asphalt Eingearbeitet Werden – nicht gerade ruhmvoll. Aber vielleicht hat der Russe ja auch gar keine Lust zu kommen. Das wäre fatal. Schon allein wegen all der Mühe – und dem großangelegten Abverkauf an Nebelkerzen, um dem Volk Verzicht als Tugend anzudrehen. Wenn der Russe lesen kann – und einige können es ja, wie man so behauptet –, dann schaut er sich einmal die Verspätungszeiten der Deutschen Bahn an, die vielen Löcher im Mobilfunknetz, den Zustand der Schulen, und dass es bei uns Rentner gibt, die nach 40 Jahren Arbeit in Mülltonnen herumwühlen. Manche Städte sehen aus, als wäre er schon dagewesen – und warum sollte er sich dann die Mühe machen, gleich nochmal zu kommen? Elend kennt das russische Volk ja selbst schon genug – da braucht es Deutschland nicht erst zu erobern. Aber jetzt genug gejammert. Von der Regierungskanzel wird gepredigt: „Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen“. Den hat man uns allerdings um den Hals gelegt … Titelbild: Shutterstock AI

Ayer - 4 min
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Auswärtiges Amt als Sturmspitze im Kampf gegen unliebsame Journalisten und deren Berichterstattung

Ende Mai hatte die EU, initiiert von der Bundesregierung, den Chefredakteur des Portals Red Media, Hüseyin Doğru, mit Verweis auf dessen Berichterstattung zu Pro-Palästina-Protesten in Deutschland vollumfänglich sanktioniert. In Folge der Sanktionen stellte ab 1. Juli sogar die Krankenkasse die Leistungen für seine Familie zwischenzeitlich ein, obwohl die Ehefrau sich im 7. Monat einer Risikoschwangerschaft befindet. Auf der aktuellen BPK am 2. Juli ging das Auswärtige Amt proaktiv mit unbelegten Behauptungen erneut gegen das Medium und den Chefredakteur vor. Die NachDenkSeiten wollten in diesem Zusammenhang unter anderem wissen, auf welcher rechtlichen Grundlage die EU so massiv in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers und Journalisten eingreifen kann. Die Antworten und auch die (Nicht-)Reaktion der anwesenden Kollegen bezeugen wohl einen neuen Tiefpunkt in der Geschichte der BPK. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund In einem eher als ungewöhnlich zu bezeichnenden Schritt wandte sich der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Martin Giese, gleich nach Vorstellung der Kabinettsthemen in der Regierungspressekonferenz am 2. Juli proaktiv mit den folgenden Worten an die dort anwesenden Journalisten: > „Die Bundesregierung beobachtet schon seit mehreren Monaten die Aktivitäten der Medienplattform „red.“, die von einer in der Türkei registrierten Firma betrieben wird. „red.“ stellt sich als revolutionäre Plattform unabhängiger Journalistinnen und Journalisten dar. Es bestehen aber enge Verflechtungen mit dem russischen Staatsmedium „RT“. > > Wir können heute verbindlich sagen, dass „red.“ von Russland gezielt zur Informationsmanipulation eingesetzt wird. Dies konnten wir im Rahmen eines nationalen Attribuierungsverfahrens feststellen. Grundlage dafür ist eine umfassende Analyse der deutschen Sicherheitsbehörden. > > Das Ziel solcher Kampagnen ist klar: Russland nutzt Plattformen wie „red.“, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland und Europa zu schwächen, indem Debatten manipuliert und durch Falschinformationen künstlich angeheizt werden, indem Misstrauen in Fakten, in Medien und in demokratische Strukturen geschürt wird und indem staatliche Strukturen diskreditiert oder als nicht handlungsfähig dargestellt werden. > > Gemeinsam mit unseren EU-Partnern haben wir die Hintermänner von „red.“ mit Sanktionen belegt. Das bedeutet zum Beispiel konkret, dass Vermögenswerte innerhalb der EU eingefroren werden und je nach Einzelfall Reisebeschränkungen greifen. Wir teilen unsere Erkenntnisse auch mit internationalen Partnern, und wir stehen im Dialog mit den Betreibern von sozialen Medienplattformen, die gegen die Verbreitung von Desinformationen vorgehen müssen. > > Ich möchte hier ganz klar sagen: Es gibt Konsequenzen für diejenigen, die im Auftrag Russlands oder anderer Staaten gezielt Desinformationen verbreiten und Informationen manipulieren. So wie wir gemeinsam mit unseren Partnern gegen diejenigen vorgehen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wirtschaftlich begünstigen, so gehen wir auch gegen diejenigen vor, die im Netz systematisch Desinformationen verbreiten; denn auch das gefährdet unsere Sicherheit, und dagegen verteidigen wir uns.“ Die Darlegungen des Auswärtigen Amtes verwundern sowohl inhaltlich als auch was den Zeitpunkt betrifft. Die Sanktionierung von Red Media und des Chefredakteurs Doğru erfolgte bereits am 20. Mai im Zuge des letzten EU-Sanktionspakets gegen angeblich „destabilisierende Aktivitäten Russlands“, welches auch die derzeit in Russland lebenden deutschen Blogger und „Kriegskorrespondenten“ (so die Betitelung in der EU-Sanktionsliste) Alina Lipp und Thomas Röper wegen „Verbreitung russischer Propaganda-Narrative“ listete (die NachDenkSeiten berichteten hier [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133956] zur Causa Doğru und hier [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285] zu Lipp und Röper). Dabei führten die NDS bereits Anfang Juni aus, dass der Fall des Chefredakteurs von Red in vielen Aspekten noch gravierender und mit weitreichenderen Folgen verbunden ist als die Sanktionierung von Lipp und Röper – sowohl was dessen persönliches Schicksal angeht, er lebt mit mehreren Kindern und einer Frau mit fortgeschrittener Risikoschwangerschaft voll EU-sanktioniert (Kontosperrung, Aus- und Einreiseverbot in den EU-Raum, Anstellungsverbot) in Deutschland, als auch was die allgemeine Zukunft der Pressefreiheit in Deutschland und der gesamten EU angeht. Denn mit dem sich selbst als links verstehenden Medienportal sowie dessen Chefredakteur sanktionierte die EU erstmals auf Grundlage des „Beschlusses (GASP) 2024/2643 über restriktive Maßnahmen angesichts der destabilisierenden Aktivitäten Russlands“ [https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32025D0966] einen Journalisten nicht wegen dessen Berichterstattung zum Krieg in der Ukraine (Red hat diesbezüglich eine explizit russland-kritische Haltung), sondern weil Reds Berichterstattung über Pro-Palästina-Proteste in Deutschland angeblich „unter seinem überwiegend deutschen Zielpublikum ethnische, politische und religiöse Zwietracht“ säen und damit „die Stabilität und Sicherheit in der Union sowie mehrerer ihrer Mitgliedstaaten untergraben und bedrohen“ würde. Der Zirkelschluss der EU-Bürokraten lautet dann, maßgeblich nach aktuellem Wissensstand initiiert vom Auswärtigen Amt, der Chefredakteur von Red würde mit Berichterstattung über angeblich gewaltsame Pro-Palästina-Proteste „Handlungen der Regierung der Russischen Föderation“ unterstützen, „indem er gewaltsame Demonstrationen indirekt unterstützt und erleichtert und koordinierte Informationsmanipulation betreibt“. Mit dieser Art der Argumentation, Berichterstattung über der Bundesregierung nicht genehme Proteste in Deutschland würde per se „indirekt Handlungen der Regierung der Russischen Föderation“ unterstützen, ließe sich ab jetzt bei Bedarf jede Art von kritischer Berichterstattung sanktionieren und kriminalisieren. Wieso jetzt dieser Frontalangriff des Auswärtigen Amtes gegen Red Media in der BPK? Wie ausgeführt, erfolgte diese allein rechtlich schon höchst fragwürdige Sanktionierung am 20. Mai. Was bewegte dann aber das AA, ausgerechnet rund 40 Tage danach, am 2. Juli dieses Schauspiel in der BPK zu veranstalten? Zum einen fällt ins Auge, dass für den heutigen 3. Juli eine gemeinsame Diskussions- und Solidaritätsveranstaltung von NachDenkSeiten, junge Welt, Hintergrund und Overton Magazin zu den von der EU sanktionierten deutschen Journalisten geplant ist, die auch breit kommuniziert wurde (der entsprechende Veranstaltungshinweis der NDS mit Hintergrundinfos findet sich hier [https://www.nachdenkseiten.de/?p=135097]; der Livestream der Veranstaltung ist heute ab 19 Uhr hier einsehbar) [https://www.youtube.com/watch?v=Pd8pr4quVV4]. [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250703-Berichterstattung-Screen1.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250703-Berichterstattung-Screen1.jpg Zum anderen haben Doğru und seine Anwälte nach eigener Darstellung [https://www.jungewelt.de/artikel/502871.russland-sanktionen-der-feind-im-inneren.html] am 1. Juli von der EU nach einigem Hin und Her Akteneinsicht in die nichtöffentliche Beweisführung erhalten, die mutmaßlich das Auswärtige Amt der EU-Kommission vorgelegt hat, um die Sanktionierung zu begründen. Nach allem, was man hört, scheinen diese „Beweise“ nicht sehr überzeugend zu sein und würden einer gerichtlichen Überprüfung wohl kaum standhalten. Das Zusammenspiel aus zunehmender öffentlicher Aufmerksamkeit für den Fall und der fragwürdigen Beweisführung der Bundesregierung in Brüssel könnte wohl die überhastete und auch rhetorisch-inhaltlich eigenartig wirkende Argumentation des AA auf der BPK erklären. Agenturjournalisten als Stichwortgeber der Bundesregierung Sowohl angesichts der vielen rechtlichen Fragezeichen, was die Begründung und Durchsetzung der Sanktionierung des Red-Chefredakteurs und deutschen Staatsbürgers durch die EU angeht, als aber auch in Bezug auf die massiven privaten Auswirkungen auf ihn und seine Familie hätte man (naiv) denken können, dass die anwesenden Hauptstadt-Journalisten die verantwortlichen Ministeriensprecher kritisch zu der Causa befragen würden. Doch dem war, wie man sich im Wortprotokoll überzeugen kann, mitnichten so. Im Gegenteil. Die bisherige Berichterstattung im Mainstream beruht fast ausschließlich auf Übernahmen der Deutschen Presseagentur (dpa), deren Vertreter auch auf der BPK anwesend war. In der beispielsweise von ntv, Welt & Co direkt per Copy/paste-Verfahren übernommenen dpa-Agenturmeldung [https://www.welt.de/politik/ausland/article256338556/Verbindungen-zu-Russland-Bundesregierung-wirft-Medienplattform-Desinformation-vor.html] gibt es nicht einen einzigen kritischen oder hinterfragenden Satz, weder zu der Sanktionierung eines Journalisten-Kollegen noch zu den Ausführungen des AA, denen scheinbar blindlings geglaubt wird. [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250703-Berichterstattung-Screen2.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250703-Berichterstattung-Screen2.jpg Die Verantwortlichen in den Berliner und Brüssler Behörden werden sich angesichts der ausbleibenden medialen Solidariät in ihrem eingeschlagenen Weg – Sanktionierung von nicht genehmer Berichterstattung mittels der vorgeschobenen Begründung, damit werde direkt oder indirekt das ‚Werk Moskaus‘ betrieben – bestätigt sehen. Man fühlt sich geneigt, vor diesem Hintergrund den wohlbekannten Ausspruch von Martin Niemöller zu paraphrasieren: > „(…) Als sie mich sanktionierten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“ Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 2. Juli 2025 Giese (AA) Die Bundesregierung beobachtet schon seit mehreren Monaten die Aktivitäten der Medienplattform „red.“, die von einer in der Türkei registrierten Firma betrieben wird. „red.“ stellt sich als revolutionäre Plattform unabhängiger Journalistinnen und Journalisten dar. Es bestehen aber enge Verflechtungen mit dem russischen Staatsmedium „RT“. Wir können heute verbindlich sagen, dass „red.“ von Russland gezielt zur Informationsmanipulation eingesetzt wird. Dies konnten wir im Rahmen eines nationalen Attribuierungsverfahrens feststellen. Grundlage dafür ist eine umfassende Analyse der deutschen Sicherheitsbehörden. Das Ziel solcher Kampagnen ist klar: Russland nutzt Plattformen wie „red.“, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland und Europa zu schwächen, indem Debatten manipuliert und durch Falschinformationen künstlich angeheizt werden, indem Misstrauen in Fakten, in Medien und in demokratische Strukturen geschürt wird und indem staatliche Strukturen diskreditiert oder als nicht handlungsfähig dargestellt werden. Gemeinsam mit unseren EU-Partnern haben wir die Hintermänner von „red.“ mit Sanktionen belegt. Das bedeutet zum Beispiel konkret, dass Vermögenswerte innerhalb der EU eingefroren werden und je nach Einzelfall Reisebeschränkungen greifen. Wir teilen unsere Erkenntnisse auch mit internationalen Partnern, und wir stehen im Dialog mit den Betreibern von sozialen Medienplattformen, die gegen die Verbreitung von Desinformationen vorgehen müssen. Ich möchte hier ganz klar sagen: Es gibt Konsequenzen für diejenigen, die im Auftrag Russlands oder anderer Staaten gezielt Desinformationen verbreiten und Informationen manipulieren. So wie wir gemeinsam mit unseren Partnern gegen diejenigen vorgehen, die den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wirtschaftlich begünstigen, so gehen wir auch gegen diejenigen vor, die im Netz systematisch Desinformationen verbreiten; denn auch das gefährdet unsere Sicherheit, und dagegen verteidigen wir uns. Frage Dr. Rinke (Chefreporter Reuters) Herr Giese, vielleicht können Sie noch erläutern, wie diese Attribuierung zustande kam. Denn sehr oft ist es ja nicht möglich, die Hintergründe genau zu checken. Warum war das in diesem Fall möglich? Giese (AA) Das fand durch die enge Zusammenarbeit fast aller deutschen Sicherheitsbehörden statt. Zusatzfrage Dr. Rinke Weil Sie die Türkei erwähnten, wo anscheinend der Sitz ist: Gibt es einen Austausch mit den türkischen Behörden? Gibt es die Aufforderung an sie, dass sie auch gegen diese Plattform vorgehen? Giese (AA) Es gibt einen Austausch mit den türkischen Behörden. Zusatzfrage Dr. Rinke Aber keine Forderung, dass die Türkei irgendwie aktiv wird? Giese (AA) Es gibt diesen Austausch. Ich habe ja gerade schon gesagt: Es gibt diese Sanktionierung durch die Europäische Union. Frage Warweg Wir hatten diesen Fall ja hier schon einmal vor einem Monat, dass der Chefredakteur von „Red Media“, Hüseyin Doğru, von der EU mit entsprechenden Kontosperrungen auch für seine Frau vollumfänglich sanktioniert wurde. Gestern ist bekannt geworden, dass die Krankenversicherung ihm und seiner Frau gesagt hat, dass keine Leistungen mehr erfolgen würden. Die Frau ist im siebten Monat schwanger und befindet sich in einer Risikoschwangerschaft. Er darf weder aus Deutschland ausreisen noch hier einreisen. Er ist deutscher Staatsbürger – im Gegensatz zur Darstellung des Auswärtigen Amtes; das ist nachgewiesen. Mich interessiert vor diesem Hintergrund: Das Auswärtige Amt hat ja bisher alles verneint und gesagt, es müsse sich dazu nicht äußern – was Sie jetzt getan haben -, weil dies eine gemeinsame EU-Sanktionierung sei. Dazu interessiert mich die Einschätzung des Justizministeriums. Bisher dachte ich Naivling immer, dass diese massiven Eingriffe in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers und Journalisten nur auf der Basis von entsprechenden deutschen Gesetzen durchführbar sind, abgesegnet vom Deutschen Bundestag. Hat die EU tatsächlich das Recht, wie es das AA impliziert, so massiv in die Grundrechte eines deutschen Staatsbürgers per Sanktion einzugreifen? Kirschner (BMJ) Zu dem konkreten Einzelfall kann ich mich hier nicht äußern. Das ist ein europäischer Rechtsrahmen für diese Sanktionierung. Für die ist das Auswärtige Amt innerhalb der Bundesregierung zuständig. Insofern habe ich dem nichts hinzuzufügen. Giese (AA) Wenn ich etwas ergänzen darf: Dagegen gibt es natürlich Rechtsmittel. Anders als in Russland gilt in der Europäischen Union Recht und Gesetz. Selbstverständlich kann man gegen diesen Rechtsakt vorgehen. Nach den Informationen, die ich habe, gibt es da auch eine anwaltliche Vertretung. Zusatzfrage Warweg Die Argumentation der EU-Kommission war ja bisher, wenn ich das richtig verstanden habe, Herr Doğru habe mit „Red Media“ indirekt die Handlungen der Russischen Föderation gestärkt, indem er kritisch über propalästinensische Proteste in Deutschland berichtet habe. Diese Argumentation des Indirekten hat ja irgendwie ein bisschen einen Orwellschen Klang. Können Sie sagen, dass es nach wie vor die Haltung der Bundesregierung ist, dass eine Berichterstattung über propalästinensische Konflikte von der Bundesregierung und von der EU als indirekte Unterstützung Russlands gewertet wird? Das wäre ja ein Ansatz, den man im Zweifel auf jede regierungskritische Berichterstattung anwenden könnte. Könnten Sie vielleicht noch einmal klarstellen, wie die Haltung der Bundesregierung dazu ist? Giese (AA) Das, was ich zu den Begründungen dieser Attribuierung sagen kann, habe ich schon gesagt. Im Übrigen ist die Listungsbegründung öffentlich. Die kann jeder einsehen. Das können Sie auch machen. Zusatz Warweg Aus der habe ich zitiert. Da wird ja mit dieser indirekten Form argumentiert. Giese (AA) Wie gesagt, das ist eine EU-Entscheidung. Aber die ist genau so, wie sie getroffen worden ist. Frage Dr. Kornmeier (ARD-Hauptstadtstudio) Inwieweit konnten Sie im Rahmen dieser Attribuierung auch verifizieren, ob oder dass „red.“ eine Nachfolge von „Redfish“ ist? Giese (AA) Das müsste ich meine Kollegen fragen, ob das Teil dieser Attribuierung ist. Die Attribuierung habe ich Ihnen gerade vorgetragen. Es geht um die Aktivitäten von „red.“, nicht um Nachfolgefragen. Aber wenn ich dazu noch etwas habe, kann ich es Ihnen sagen, wenn meine Kollegen mir dazu etwas schreiben. Frage Jäckels (taz) Ich würde mich auch freuen, wenn Sie das noch nachreichen könnten. – Russland ist ja bei Weitem nicht das einzige Land, das versucht, den deutschen Diskurs und spezifisch auch den Internetdiskurs zu beeinflussen. Letztes Jahr berichtete das ZDF etwa über gezielt eingesetzte israelische Chatbots, die versuchen, den Diskurs bezüglich des Gazakrieges zu beeinflussen. Gibt es auch Maßnahmen dagegen, wenn es sich nicht um unsere Feinde, sondern auch um unsere Freunde handelt? Giese (AA) Ganz generell: Informationsmanipulation, die Manipulation der öffentlichen Meinung, die sich in feindlicher Weise gegen Deutschland richtet, ruft natürlich die Sicherheitsbehörden in Deutschland auf den Plan. Ich weiß nicht, was Sie mit Ihrer Frage insinuieren. Das ist mir nicht bekannt. Das kann ich nicht sagen. Aber generell gilt: Die Sicherheitsbehörden in Deutschland schauen sich natürlich an, wer hier versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Zusatzfrage Jäckels Noch einmal konkret: Gab es in den vergangenen zwei Jahren einen Austausch mit der israelischen Regierung bezüglich dieser Informationsmanipulation im deutschen Diskurs? Hat man dort zumindest angemahnt, dass so etwas nicht stattfinden soll? Giese (AA) Ich habe mich nicht dazu geäußert, was Sie jetzt insinuieren. Mir ist das nicht bekannt. In Bezug auf die Sicherheitsbehörden in Deutschland insgesamt würde ich mich jetzt auch ungern äußern, weil ich hier nur für das Auswärtige Amt sitze. Frage Jung (jung & naiv) Verstehe ich es richtig, dass Sie sich nur für Desinformation von Feindesstaaten interessieren? Giese (AA) Wir wollen die philosophische Diskussion jetzt nicht komplett aufmachen. Zusatz Jung Das ist ja nichts Philosophisches. Giese (AA) „Desinformation“ unterstellt ja ein kleines bisschen auch eine negative Absicht, die damit einhergeht. Zusatzfrage Jung Sie haben ja gerade den Kontext bei der Frage der Kollegin Jäckels aufgemacht. Geht es für Sie um Desinformation von jeglichen ausländischen Staaten oder nur von verfeindeten Staaten wie Russland, Iran usw.? Es ist ja nachweislich so, dass Desinformationskampagnen auch von befreundeten Staaten in Deutschland stattfinden. Giese (AA) Wie gesagt, die Desinformationen, die wir überprüfen – das insinuiert, dass das in einer feindlichen Absicht geschieht. Das ist auch diesem Begriff inhärent. Zusatz Jung Desinformationen können hier ja auch von befreundeten Staaten stattfinden, damit diese Staaten hier weiterhin ein positives Bild haben. Es ergibt ja gar keinen Sinn, dass Desinformation ausschließlich von Feinden kommt! Giese (AA) Wie gesagt, das ist ein geordnetes Verfahren. Es würde jetzt ein bisschen weit führen, hier die Unterschiede zwischen Information und Desinformation aufzudröseln. Aber es geht um Sachen, die nicht wahr sind. Frage Warweg Noch einmal zum Verständnis dieser Einschätzung: Habe ich Sie richtig verstanden, dass die gerade von Ihnen formulierte Einschätzung zu „Red Media“ auf geheimdienstlichen Erkenntnissen beruht, die Sie vermutlich nicht zu veröffentlichen planen? Hintergrund meiner Frage ist, dass Herr Doğru sich mehrmals sehr explizit dazu geäußert und gesagt hat, dass es bei „Redfish“ eine Querfinanzierung von „Ruptly“ gab, dass er dann aber sozusagen mit Freunden diese Neugründung als linkes Medienportal vorgenommen hat und dass er zumindest selbst ausgeschlossen hat, dass es da eine Querfinanzierung durch russisches Geld gibt. Diesen Aussagen von ihm widersprechen Sie. Geht es um russisches Geld, oder um welche Art von Einflussnahme geht es? Hier wird immerhin ein deutscher Staatsbürger und Journalist ohne jedes Gerichtsurteil massiv sanktioniert. Dann müssten für die Öffentlichkeit schon ein bisschen mehr Infos kommen als der Verweis auf irgendwelche angeblichen nachrichtendienstlichen Erkenntnisse. Giese (AA) Ich habe das Wort „nachrichtendienstlich“ gar nicht benutzt. Das sind alle möglichen Erkenntnisse – auch ganz viele Erkenntnisse, die öffentlich einsehbar sind. Wie gesagt – ich kann mich nur noch einmal wiederholen -, es gibt einen Rechtsweg dagegen. Es ist ein geordnetes rechtliches Verfahren dagegen möglich. Zusatzfrage Warweg Es wurde ja von beiden Seiten erwähnt, dass seine gesamten Konten eingefroren seien. Können Sie mir bitte darstellen, wie man sich rechtlich wehren kann, wenn man keinerlei finanzielle Ressourcen mehr hat, außer regelmäßig bei der Bundesbank den Notgroschen einzufordern, wenn ich richtig informiert bin, um zumindest Lebensmittel und Medikamente kaufen zu können? Giese (AA) Eine der Rechtsfolgen, die mit dieser Sanktionierung einhergeht, ist ein „asset freeze“. Das ist die Folge der Handlungen. Zusatzfrage Warweg Meine Frage war: Wie soll man dann Anwälte bezahlen? Giese (AA) Ich habe das schon vorher geäußert. Ich will da jetzt nicht zu tief ins Detail gehen, aber nach meinen Informationen gibt es da eine anwaltliche Vertretung. Das scheint also möglich zu sein. Zusatzfrage Warweg Meine Frage war: Wie soll einer von Sanktionen Betroffener, bei dem die Konten – – – Vorsitzende Wefers Nein. Jetzt – – – Zuruf Warweg Entschuldigung! Dabei geht es um einen Kollegen. Ein bisschen Solidarität könnte man auch von Ihrer Seite her zeigen! Vorsitzende Wefers Herr Warweg, ich sehe jetzt hier aber nicht noch andere Kolleginnen und Kollegen, die sich vertieft dafür einsetzen wollen. Zusatz Warweg Das spricht auch für sich. Vorsitzende Wefers Das ist Ihre Meinung. Die lassen wir jetzt gerne einmal so stehen. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 02.07.2025 Mehr zum Thema: Bundesregierung instrumentalisiert Russland-Sanktionen, um gegen kritische Gaza-Berichterstattung vorzugehen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133956] Das Ende von red.media – Berichte über propalästinensische Proteste sind jetzt „russische Desinformation“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133340] Schwarz-Rot: Ein Koalitionsvertrag der Kontrolle und der Zensur [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131481] Versuch der Einflussnahme ausländischer Staaten auf Journalisten in Deutschland – Was sagt die Bundesregierung? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131587] Die EU-Sanktionen gegen Lipp und Röper sind ein Skandal [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285] [https://vg04.met.vgwort.de/na/45af09b50f0b4ad0874cdba042ed11eb]

Ayer - 15 min
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Chipabhängig und überwacht: Europas gefährliches Dilemma

Wir leben längst in US-Software- und unter US-Überwachung: In jedem Rathaus, in jeder Kommune läuft Microsoft Office. Unsere E-Mails gehen über Outlook, unsere Akten entstehen in Word oder Excel und all das geschieht auf amerikanischer Software. Doch was viele übersehen: Jedes dieser Programme ist Teil eines weitverzweigten Überwachungsapparats. Daten, die in Europa entstehen, landen über US-Cloudserver, über Hintertüren, über Unternehmensrichtlinien in den USA. Behörden wie NSA oder FBI haben, rechtlich abgesichert durch den CLOUD Act, Zugriff auf alles, was auf US-Servern liegt. Von Günther Burbach. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Was heißt das konkret? Wenn ein deutscher Abgeordneter ein vertrauliches Dokument über Outlook versendet oder eine Kommune ihr Sozialamt digitalisiert, kann dieses Wissen, technisch und rechtlich, auch in Washington landen. Europa liefert sich freiwillig aus. Wir sind längst kein Partner auf Augenhöhe mehr, sondern digitaler Außenposten. Die Quellen zu diesem Text finden sich unter dem Artikel. Von der Leyens Loblieder auf Intel – ein Bärendienst für Europas Souveränität Ursula von der Leyen jubelte noch im Mai 2025 öffentlich über den geplanten Intel-Standort in Magdeburg und sprach von einem „strategischen Meilenstein für Europas digitale Zukunft“. Doch was sie verschweigt: Europa hätte längst eigene Möglichkeiten, ein unabhängiges Chipprogramm aufzubauen. In den Niederlanden sitzt mit ASML der weltweit einzige Hersteller für sogenannte EUV-Belichtungsmaschinen, also die Hightech-Geräte, die man braucht, um moderne Mikrochips überhaupt fertigen zu können. Statt diese Schlüsselrolle strategisch zu nutzen und ein europäisches Ökosystem rund um ASML, Infineon und kleinere Forschungszentren aufzubauen, setzt Brüssel weiter auf US-Konzerne. Intel bekommt Subventionen in Milliardenhöhe und Europa bleibt Konsument statt Architekt seiner digitalen Infrastruktur. Man gewinnt den Eindruck: Wer in Washington gute Laune verbreitet, wird in Brüssel hofiert. Die europäische Chipproduktion – stark in der Technik, schwach in der Strategie Europa besitzt hervorragende Maschinenbaukompetenz. Unternehmen wie ASML (Niederlande), ASM (ebenfalls NL), Carl Zeiss SMT (Deutschland) oder EVG (Österreich) liefern das technische Rückgrat der globalen Chipfertigung. Doch das Problem liegt woanders: Wir entwerfen kaum eigene Chips. Aktuell liegt Europas Anteil an der weltweiten Chipproduktion bei rund 9 Prozent. In den 1990er-Jahren waren es noch über 40 Prozent. Das EU-Chips-Act-Programm will bis 2030 auf 20 Prozent kommen, eine ehrgeizige Zielmarke. Doch selbst Experten halten das für unrealistisch. Die Industrieorganisation SEMI spricht realistisch von 11 bis 13 Prozent. Der Grund: fehlende Koordination, zu wenig Forschung, zu viele politische Versprechungen ohne Durchsetzungskraft. Hoffnung Dresden? Nur auf dem Papier Ein Hoffnungsschimmer scheint das Werk von TSMC in Dresden zu sein, gemeinsam mit Bosch, Infineon und NXP. Rund 10 Milliarden Euro sollen dort investiert werden, die Hälfte davon aus Steuermitteln. Doch wer genauer hinschaut, erkennt: Die Fabrik wird von TSMC geleitet, einem taiwanesischen Konzern mit engen Verbindungen zu den USA. Europa bezahlt mit, bekommt aber keinen echten Zugriff auf Know-how oder strategische Mitbestimmung. Wir finanzieren also fremde Projekte, ohne daraus langfristige Unabhängigkeit zu gewinnen. Ein gefährliches Spiel. Und einer, der es offen anspricht, ist schwer zu finden. Friedrich Merz (CDU) soll nach seinem letzten Treffen mit Trump im Juni 2025 erleichtert gewesen sein, dass der US-Präsident „gut gelaunt“ war. Man muss sich das vorstellen: Die deutsche Politik zittert vor den Launen eines Mannes, der öffentlich über „Deals“ spricht, bei denen Europa nur Verlierer sein kann. Ohne eigene Chip-Entwürfe bleibt jede Fabrik wertlos Eine Chipfabrik zu bauen, klingt fortschrittlich, doch ohne eigene Entwürfe nützt sie wenig. Man stelle sich eine hochmoderne Druckerei vor, die keine eigenen Texte hat und nur Aufträge aus dem Ausland drucken darf. Genauso ist es mit einer Chipfabrik: Sie braucht Baupläne, technisch präzise Entwürfe, die genau festlegen, wie ein Mikroprozessor funktionieren soll. Doch genau das fehlt Europa. Moderne Chip-Designs, etwa für programmierbare Prozessoren (FPGA), freie Architekturen wie RISC-V oder Hochleistungsrechner (HPC), werden fast ausschließlich in den USA und Asien entwickelt. Europa kann zwar bauen, aber nur das, was andere ihm vorgeben. Wer keine eigenen Chips entwirft, bleibt abhängig, auch mit eigenen Fabriken. Wir sind erpressbar, technisch, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch. Und das mit Ansage. Digitale Souveränität braucht echte Unabhängigkeit Was also tun? Europa braucht ein eigenes, strategisch finanziertes Mikroprozessorprogramm, vom Chipdesign über die Produktion bis zur Software. Statt Milliarden in Rüstung und Panzer zu investieren, wäre dieses Geld besser in digitale Infrastruktur angelegt. Es braucht: * Eine europäische Chipdesign-Agentur, ähnlich wie Airbus – für zivile wie staatliche Anwendungen. * Massive Investitionen in Halbleiter-Start-ups und Open-Source-Architekturen wie RISC-V. * Öffentliche IT-Infrastruktur ohne Microsoft – etwa eigene Betriebssysteme, Mailserver, Cloudlösungen. * Sicherheitsrichtlinien, die Datensouveränität garantieren – keine Datenabflüsse in Drittstaaten. Schlussfolgerung: Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir alles Europa steht an einem digitalen Wendepunkt. Wir sind abhängig, wir sind transparent, wir sind verwundbar, technisch, wirtschaftlich, geopolitisch. Wenn wir so weitermachen, werden wir nicht nur Beobachter des digitalen Zeitalters sein, sondern ein abhängiger Erfüllungsgehilfe. Wir dürfen unsere technologische Zukunft nicht von der Laune machtbesessener Politiker und Wirtschaftsbosse abhängig machen, egal ob sie Trump, Musk oder Xi heißen. Souveränität heißt nicht nur verteidigen, sondern gestalten. Die Technologie der Zukunft, ob Chips, Software oder Cloud, darf nicht nur in fremden Händen liegen. Sie muss demokratisch, souverän und europäisch sein. Sonst gehören unsere Ideen und Daten irgendwann nur noch denen, die bereit sind, am meisten dafür zu verlangen. ---------------------------------------- Quellen: 1. US-Zugriff auf EU-Daten durch CLOUD Act [https://www.csis.org/analysis/cloud-act-and-transatlantic-trust] – CSIS 2. Merz‘ Besuch in Washington zeigt Abhängigkeit [https://www.dw.com/en/germanys-merz-extremely-satisfied-with-trump-talks/live-72794062] – DW 3. Trump war „abwesend“, Merz profitierte [https://www.washingtonpost.com/world/2025/06/06/friedrich-merz-trump-germany-visit-musk/] – Washington Post 4. AP bestätigt ruhige Atmosphäre [https://apnews.com/article/05776176d6359ae3139086107b56ab2b] – AP 5. Berlin gespannt auf Trumps Laune & Treffen [https://www.theguardian.com/world/2025/jun/04/friedrich-merz-donald-trump-first-official-meeting-washington-germany] – Guardian 6. Chips Act unrealistisch – ECA warnt [https://www.theguardian.com/business/2025/apr/28/eu-microchip-strategy-deeply-disconnected-from-reality-say-official-auditors] – Guardian 7. Euractiv fordert Reality Check [https://www.euractiv.com/section/tech/news/eu-wont-hit-its-own-2030-chips-production-targets-auditors-say/] – Euractiv 8. Euronews bestätigt Mängel & mangelnde Effektivität [https://www.euronews.com/next/2025/04/28/eu-needs-reality-check-on-flawed-microchip-strategy-report] – Euronews 9. Heise kritisiert mangelnde Koordination und Überwachung [https://www.heise.de/news/European-chip-production-Promises-that-are-completely-unrealistic-10364885.html] – Heise Merz bei Trump – Abhängigkeit und Höflichkeit 1. Tagesschau – „Merz zieht positives Fazit nach Antrittsbesuch bei Trump“ [https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/merz-trump-treffen-100.html] beschreibt, wie Merz die „ausgesprochen gute Atmosphäre“ im Oval Office betonte, überwiegend nur zuhörte und einseitig geführt wurde. 2. ntv.de – „Merz besucht Trump: Besser hätte das Treffen kaum beginnen können“ [https://www.ntv.de/politik/Merz-besucht-Trump-Besser-haette-das-Treffen-kaum-beginnen-koennen-article25816725.html] betont, wie erleichternd es war, dass Trump diesmal keinen „Wildeklats“ geliefert hat – eine diplomatische Grundanforderung anstelle echter Gespräche. Chips Act: Anspruch vs. Wirklichkeit 1. Silicon Saxony – „European Chips Act: Deutschland geht voran. Jetzt ist Europa gefordert“ [https://silicon-saxony.de/european-chips-act-deutschland-geht-voran-jetzt-ist-europa-gefordert/] dokumentiert 43 Mrd. € Fördermittel (davon 20 Mrd. Deutschland) und listet Pläne der großen Chipkonzerne auf – weist aber auch auf fehlende Koordination hin. 2. Wikipedia (deutsch) – Europäisches Chip-Gesetz [https://de.wikipedia.org/wiki/Europäisches_Chip-Gesetz] zeigt Ziel: Erhöhung von unter 10 Prozent auf 20 Prozent Marktanteil bis 2030, Finanzierungssumme 43 Mrd. € (nur 3.3 Mrd aus EU-Haushalt). Chipkrise & Abhängigkeit von ausländischen Designs 1. **Wikipedia (deutsch)** – Chipkrise [https://de.wikipedia.org/wiki/Chipkrise] beschreibt aus Expertensicht, dass Europa zwar Fabs hochfährt (z. B. TSMC in Dresden, Intel), aber keine echte Designkraft entwickelt – und damit weiterhin abhängig bleibt.

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Es kann nicht sein … was Söder so von sich gibt

Spitzenpolitiker sind eine besondere Spezies, weil sie oft anderes sagen als das, was sie wirklich im Schilde führen – oder es gar verschweigen. Beispiel Markus Söder von der CSU: Der wortgewandte Ministerpräsident von Bayern prescht vor, wo es wehtut, wie gerade wieder beim ewigen Klagen über hohe Sozialkosten (ohne die Ursachen in Angriff zu nehmen). Söder haut drauf und verwendet einen Trick: Die Politik würde ja, wenn sie könnte, aber … Das verhasste Bürgergeld koste zu viel, deshalb fehlten dann die Mittel für die Senkung der Stromsteuer (außer für Konzerne). Schweigen herrscht indes beim CSU-Politiker zu wirklich sinnlosen „Kosten“. Lieber reist Söder nach Brüssel zu NATO-Chef Mark Rutte und zu Frau von der Leyen, um für den Freistaat zu werben – gilt Bayern doch als starker Standort der deutschen Rüstungsindustrie, die sehr viel Geld (für sich selbst und die Aktionäre) einbringt und uns (!) sogar noch mehr kostet als zum Beispiel das Bürgergeld … Von Frank Blenz. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Söder in Brüssel obenauf – daheim geht es gegen die Bürgergeldbezieher Wessen Geistes Kind die Spitzenvertreter der derzeitigen politischen Klasse wirklich sind, können diese nicht immer verbergen – so wie der bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Der weilte dieser Tage in Brüssel, wo der Landesvater Bayerns EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen 70 Seiten langen Forderungskatalog überreichte und danach ins NATO-Hauptquartier fuhr, um bei Mark Rutte für den Rüstungsstandort Bayern zu werben. Das Treffen war ganz nach dem Geschmack Söders, so mitten im militärischen Machtzentrum. Vorher tobte Söder sich daheim noch mal über die zu hohen Kosten für das schmarotzerische Bürgergeld aus und verriet ungeniert klar seine Haltung mit der ewigen Leier der Politiker über Einsparungen bei den Sozialausgaben: > „Es kann nicht sein, dass wir beim Bürgergeld Rekordausgaben haben und deswegen andere wichtige Anliegen wie Entlastungen bei der Stromsteuer aufschieben müssen. Genau darüber wird im Koalitionsausschuss zu sprechen sein“, sagte Söder der Nachrichtenagentur dpa. > Quelle: Welt [https://www.welt.de/politik/deutschland/article256324274/Bas-ist-irritiert-von-Angriffen-des-Koalitionspartners-Union-will-bei-Buergergeld-sparen.html] Was Söder unter den Tisch fallen ließ, dass es eben nicht sein kann, dass die Bundesregierung erneut und wohl systematisch Versprechen einkassiert, so wie bei der angekündigten Entlastung in Sachen Stromsteuer. Die Senkung dieser Last sollte laut Koalitionsvertrag als Sofortmaßnahme alle Bürger erreichen. Doch Pustekuchen – Markus Söders hinterlistige, ja falsche Begründung für das Abrücken lautete: die „Rekordausgaben“ beim Bürgergeld. Kein Wort kam von ihm (und seinen sozialen, christdemokratischen, christsozialen Kollegen), dass das Bürgergeld im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten zu niedrig ist, dass nicht wenige Bezieher das leidige Bürgergeld ergänzend als Aufstocker bekommen, weil zum Beispiel der Lohn nicht reicht; dass viele Arbeitslose zig Bewerbungen schreiben, um dann im sogenannten „ersten Arbeitsmarkt“ doch keine faire Chance zu bekommen. Weil Menschen zu wenig verdienen oder keine Arbeit bekommen, darum steigen die Sozialausgaben – kein Ton von Söder zu diesem Zusammenhang, der ja eigentlich nicht sein kann, würde die Politik sozial und den Menschen zugewandt agieren. Kein Wort von Söder, dass die Stromkosten auch deshalb so hoch sind, weil Deutschland lieber teure Rohstoffe einkauft als preiswerte. König Söder will lieber Bayerns Waffenschmiede weiter stärken Was kümmert Markus Söder das alles? Der Ministerpräsident verbrachte lieber eine schöne Zeit in Brüssel und gefiel sich als Lobbyist der bayrischen Waffenschmieden und der dort ganz ohne schnödes Bürgergeld auskommenden Fachkräfte. Aus gutem Grund: > Ein Drittel der deutschen Rüstungsproduktion läuft im Freistaat vom Band. „Mit über 45.000 Beschäftigten in der Verteidigungsindustrie ist Bayern ein zentraler Drehpunkt für die deutsche Verteidigungswirtschaft“, hieß es kürzlich von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Und siehe da, Söders Besuch wurde entsprechend gefeiert und bekam wie gewohnt eine gute, wohlwollende Presse, der er dann glücklich verklickerte: > „Man spürt geradezu die Erleichterung, dass Deutschland seine Verantwortung wahrnimmt, dass Deutschland nach vorne geht beim Thema Verteidigung“, sagte Söder nach dem Termin. Und Bayern sei ein „Eins-A-Standort“. Hinter ihm wehten die Flaggen der 32 Nato-Mitgliedstaaten. Markus Söder wirkte zufrieden. > Quelle: Augsburger Allgemeine [https://www.augsburger-allgemeine.de/bayern/soeder-praesentiert-bayerns-forderungen-in-bruessel-110353564] Zurück daheim – wie wäre es mit der Wahrheit? Deutschland geht nach vorne, so Söder im Fußballsprech. Bayerns Rüstungsindustrie ist dank des Aufrüstungswahns und der künftigen Planungen ja auch dick im Geschäft. Der Ministerpräsident jubelte über den Standort, über den Vorteil, er wies nicht auf die wirklichen Nachteile des Wahns hin. Was bei den Waffenschmieden verdient wird, fehlt anderswo. Deren Einnahmen sind des Staates, also unsere Ausgaben. Der soziale Christ Söder sollte folglich sagen: „Es kann nicht sein, dass wir bei der Aufrüstung Rekordausgaben haben, während unser Zivilleben, unsere sozialen Verpflichtungen leiden.“ Er spricht anders. Noch ein echter Söder – es geht um die Abschaffung einer Pflicht, die es gar nicht gibt Doch manchmal wird er ertappt. Radio Hören bildet. Vor einiger Zeit berichtete der Bayerische Rundfunk von einem glanzvollen Auftritt Söders im Landtag. Der Ministerpräsident gab eine Erklärung zum Bürokratie-Abbau ab. > Darunter war auch das Versprechen, landesrechtliche Statistikpflichten für die Wirtschaft für zwei Jahre auszusetzen. Söder sagte damals: „Unsere Handwerker, viele, auch Bäcker und Metzger, empfinden diese ganzen Statistikpflichten als echte Belastung im Alltag. Wir werden für Statistik im Landesrecht ein Moratorium für zwei Jahre machen. Und wir überprüfen noch einmal detailliert und entschlacken auch die bayerischen Regeln zum Datenschutz.“ Der Ankündigung Söders folgten Aktivitäten. > Tatsächlich wurde mit Artikel 28b des Statistikgesetzes ein entsprechender neuer Gesetzesartikel eingefügt. Da heißt es wörtlich: „In den Jahren 2025 und 2026 werden auf landesrechtlicher Grundlage weder Daten zum Zwecke der Statistiken erhoben noch entsprechende Statistiken geführt.“ Nicht bekannt ist, ob und inwieweit die bayerischen Handwerker ihrem mitfühlenden Landesvater dankten und/oder von der Entlastung dieser ganzen Statistikpflichten profitierten. Viele werden bald den Söder‘schen Blödsinn entdeckt haben: > Der Schönheitsfehler: Es existieren keine landesrechtlichen Statistikpflichten für Handwerker oder Unternehmen. > Quelle: Bayrischer Rundfunk [https://www.br.de/nachrichten/bayern/mit-gesetzesnovelle-weniger-buerokratie-schaffen,UFalhX4] Titelbild: Foto-berlin.net/shutterstock.com

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Das Wörterbuch der Kriegstüchtigkeit (IV)

Vokabelkritik ist zu Kriegszeiten das Gebot der Stunde. Ich veröffentliche ab jetzt in unregelmäßigen Abständen eine Sammlung teils lügenhafter Wörter oder Formulierungen, deren Sinn und Funktion es ist, unsere Gesellschaft möglichst geräuschlos in Richtung „Kriegstüchtigkeit“ umzukrempeln. – Die ersten drei Folgen erschienen am 29. Mai [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133673], am 2. Juni [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133905] und am 22. Juni [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134771]. Von Leo Ensel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Figuren [https://www.deutschlandfunk.de/interview-mit-richard-c-schneider-publizist-zu-israel-iran-konflikt-100.html] „Es gibt ja bereits Bilder aus dem Iran, die angeblich zeigen, wie die Familienmitglieder der Führungsschicht fliehen. Russland hat gesagt, dass es bereit ist, wichtige Figuren des Iran bei sich aufzunehmen. Die Israelis haben schon gegen die Hisbollah im September letzten Jahres einen großen Teil der Führungsebene ausgeschaltet.“ So der Journalist Richard Chaim Schneider am 16. Juni in einem Deutschlandfunk-Interview. – „Figuren“. Die „ausgeschaltet“ werden… (vgl. „Machthaber“, „Regime“) letzter Friedenssommer [https://rundumdeutschland.de/militaerhistoriker-soenke-neitzel-warnt-das-koennte-unser-letzter-sommer-im-frieden-sein-wie-real-ist-die-kriegsgefahr-in-europa/] Den postulierte am 22. März diesen Jahres, ausgerechnet in der BILD-Zeitung, der – früher durchaus auch mit vernünftigen Büchern [https://www.fischerverlage.de/buch/soenke-neitzel-harald-welzer-soldaten-9783596188734] an die Öffentlichkeit getretene – Militärhistoriker Sönke Neitzel. Womit er den von Kriegstüchtigkeitsminister Pistorius proklamierten russischen Angriff gleich mal um ein halbes Jahrzehnt nach vorne verlegte. Der medienpräsente Militärhistoriker musste sich dazu allerdings von General a. D. Wolfgang Richter vorhalten lassen, seine Aussagen entbehrten einer nüchternen Analyse der militärischen Fähigkeiten und politischen Absichten Moskaus. Beides sei – wie auch die US-Geheimdienste unisono bestätigten – hier nicht gegeben. Neitzels völlig überzogene Aussagen, so Richter, seien unverantwortlich, weil sie die Bevölkerung verunsichern und Kriegspanik schüren würden. (Was sie ja vermutlich auch sollen …) (vgl. „2030“) lodernder Glutkern „Das Sicherheitsbündnis ist der Glutkern der transatlantischen Partnerschaft“, lautet der Eröffnungssatz des Kapitels „Nato: Mehr Verantwortung wagen“ im Strategiepapier „Transatlantisch? Traut Euch! [https://www.atlantik-bruecke.org/transatlantisch-traut-euch/]“ vom Januar 2021. In klarer deutscher Prosa hieß das bereits damals so: „Die europäischen Nato-Staaten – mit Deutschland an erster Stelle – erhöhen ihre Fähigkeiten zur konventionellen Verteidigung erheblich. Dadurch entlasten sie die USA in Europa und erleichtern es ihnen, im Indo-Pazifik die Interessen der liberalen Demokratien zu schützen. Im Gegenzug bekräftigen die USA ihr Bekenntnis zur Verteidigung des Bündnisgebietes. Sie untermauern dies durch ihre dauerhafte militärische Präsenz in Europa sowie durch ihre nukleare Schutzzusage, die Deutschland durch die Nukleare Teilhabe unterstützen sollte, solange es Nuklearwaffenstaaten außerhalb der Nato gibt.“ Denn: „Diese Nato ist unsere Nato. Und Deutschland hat es mehr als jede andere Nation in der Hand, durch mehr Initiative und verstärkte Beiträge die Allianz so zu formen, dass sie als Glutkern des Westens weiter lodert.“ – Weiter lodert … leidenschaftlicher und poetischer ist das nordatlantische Militärbündnis niemals besungen worden! (vgl. „Neue Übereinkunft“) Lumpen-Pazifismus [https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/ukraine-krieg-der-deutsche-lumpen-pazifismus-kolumne-a-77ea2788-e80f-4a51-838f-591843da8356] Originäre Erfindung des (laut Wikipedia) Publizisten, Autoren, Journalisten, Hörbuchsprechers, Podcasters und Internetunternehmers Sascha Lobo, dem – wozu man ihm nur gratulieren kann – auch im zarten Alter von 50 Jahren der Kamm noch recht ordentlich schwillt. Die originelle Wortkreation verdankt sich in erster Linie dem berühmten ‚Dominoprinzip‘ der deutschen Sprache, das x-beliebige Wortkombinationen, im Zweifelsfalle auch ohne Rücksicht auf jegliche Semantik, ermöglicht. – Liebe Lumpen-Pazifisten, sollen wir nun, wie im Kindergarten, diesen von Herzen kommenden inhaltsarmen Rülpser mit der ebenso geistreichen analogen Retourkutsche „Lumpen-Bellizismus“ kontern? Nein, wir wollen ja nicht die Vierjährigen beleidigen … Neue Übereinkunft „Für eine Neue Übereinkunft zwischen Deutschland und Amerika [https://www.atlantik-bruecke.org/transatlantisch-traut-euch/]“ lautet der Untertitel eines kokett „Transatlantisch? Traut Euch“ überschriebenen, 60.000 Zeichen langen Strategiepapiers, unterzeichnet von Atlantik-Brücke, Aspen Institute, German Marshall Fund und Brookings Institution, European Council on Foreign Relations, der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, der Hans-Seidel-Stiftung, dem Kieler Institut für Sicherheitspolitik sowie der Münchner Sicherheitskonferenz und im Januar 2021 punktgenau zur Amtseinführung Joe Bidens der Öffentlichkeit stolz präsentiert von der damaligen Co-Vorständin der Heinrich-Böll-Stiftung, der Theologin Ellen Ueberschär, in deren heiligen Hallen zu Berlin. Nach der erratischen (ersten) Trump-Ära sollte endlich wieder ein transatlantischer ‚Ruck‘ in Gestalt einer „Neuen Übereinkunft“ durch Deutschland und die gesamte westliche Welt gehen. Und zwar, notabene: mit großem „N“! (Um diese Formel möglichst im Senkrechtstart als Begriff im gesellschaftlichen Diskurs solide zu verankern, wurde der Anfangsbuchstabe des ersten Wortes gleich durchgängig großgeschrieben.) Opferbereitschaft [https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/frauen-an-die-front-sendung-vom-02-06-2025-100.html] Mehr Opferbereitschaft forderte [https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ukraine-krieg-kann-demokratie-ohne-opferbereitschaft-ueberleben-110347732.html] am 11. März diesen Jahres der Althistoriker Egon Flaig in seinem Gastbeitrag „Kann die Demokratie ohne Opferbereitschaft überleben?“ in der FAZ. Und legte in der 3sat-Sendung „Kulturzeit“ vom 2. Juni noch einen drauf: Deutsche Schüler und (selbstverständlich) Schülerinnen sollten – wie ihre Gleichaltrigen in Polen – in den oberen Klassen der Gymnasien Schießübungen absolvieren. Im Unterricht. Und ihre Eltern müssten bereit sein, ihre Kinder zu geben. – Dazu wurde in einem Song [https://www.youtube.com/watch?v=1q-Ga3myTP4] von „Lumpen-Pazifisten“ bereits vor Jahren alles Notwendige gesagt. Opfermut [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134070] Steigerung der „Opferbereitschaft“. Doch am Opfermut bei Eltern und ihren Kindern fehle es, klagt der brave Althistoriker Flaig. Schuld daran sei ein jahrzehntelanger Pazifismus. Flaig postuliert eine „kulturelle Umprogrammierung einer weitgehend postheroischen Gesellschaft“. Da hilft nur noch der Klassiker Max Liebermanns: „Ich kann gar nicht so viel fressen, wie ich kotzen möchte!“ Pazifist Gerne auch „Lumpen-Pazifist“. Als solcher galt bis zu „Trump 2.0“ jeder, der im Ukrainekrieg auch nur Diplomatie und ein möglichst schnelles Ende der Kampfhandlungen einforderte. (vgl. „Realitätsverweigerung“) postheroisch „Zivile demokratische Gesellschaften tendieren dazu, sich von heroischen Werten wie ‚Ehre‘ oder ‚Opferbereitschaft‘ zu distanzieren, weil das Kriegerische nicht mehr im Zentrum des Selbstverständnisses steht.“ So beschrieb der Beitrag „Wenn Helden nicht mehr nötig sind“ [https://www.deutschlandfunkkultur.de/postheroismus-wenn-helden-nicht-mehr-noetig-sind-100.html] im Oktober 2014 den Begriff „postheroisch“ noch neutral in Deutschlandfunk Kultur. Fünfeinhalb Jahre später fragte, ebenfalls im Deutschlandfunk, ein Feature bereits „Gibt es ein Comeback von Helden?“ [https://www.deutschlandfunk.de/heroismus-in-postheroischen-zeiten-gibt-es-ein-comeback-des-100.html] und zitierte – man weiß nicht, ob kritisch oder affirmativ – den diesen Begriff besonders gerne verwendenden Politikwissenschaftler Herfried Münkler. Charakteristikum postheroischer Gesellschaften sei, „der menschlichen Opfer- und Leidensbereitschaft eine Absage zu erteilen“. Heute kommt die „postheroische Gesellschaft“ schwer unter Beschuss: „Opferbereitschaft“, nein: „Opfermut“ werden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eingeklagt [https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/frauen-an-die-front-sendung-vom-02-06-2025-100.html], weshalb eine „kulturelle Umprogrammierung“ dringend geboten sei. – Schlagen wir stattdessen lieber nach bei Brecht: „Unglücklich das Land, das keine Helden hat. … Nein, unglücklich das Land, das Helden nötig hat!“ Putin Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass – und zwar nicht erst seit „Putins Angriffskrieg“ – in zahllosen Überschriften und Meldungen unserer Medien das Wort „Putin“ verwendet wird, wo die Worte „Russland“ oder „die russische Regierung“ inhaltlich erheblich besser passen würden? So waren sowohl die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 als auch die Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland natürlich „Putins Spiele“ [https://presse.wdr.de/plounge/tv/das_erste/2014/02/20140227_putins_spiele.html]. Letztere sogar „Putins Meisterwerk“ [https://www.ardmediathek.de/tv/Sportschau/Putins-Meisterwerk-eine-WM-um-Macht-un/Das-Erste/Video?bcastId=53524&documentId=53043906]. Das Jahr 2017 wurde von der ZEIT zum „Super-Putin-Jahr“ [https://www.zeit.de/politik/ausland/2017-12/wladimir-putin-russland-aussenpolitik] gekürt, eine „Generation Putin“ [https://www.randomhouse.de/Paperback/Generation-Putin/Benjamin-Bidder/DVA-Sachbuch/e501282.rhd] ausgerufen, Ex-Bundeskanzler Schröder als „Putins Laufbursche“ [https://www.sueddeutsche.de/politik/nawalny-giftanschlag-altkanzler-schroeder-1.5057236] apostrophiert, der ehemalige Leiter des deutschen Koordinierungsausschusses des Petersburger Dialogs, Ronald Pofalla, als „Lobbyist in Putins Diensten“ [http://www.zeit.de/politik/2017-11/petersburger-dialog-deutschland-russland-ronald-pofalla] und russische Hacker als „Putins Bären“ [https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzIwMDQ0NjI]. „Sputnik V“ war nicht nur „Putins Impfstoff“ [https://www.welt.de/wirtschaft/plus219222844/Sputnik-V-Die-Wahrheit-ueber-Putins-Impfstoff.html], sondern bisweilen sogar „Putins Giftbrühe“ [https://www.aargauerzeitung.ch/schweiz/putins-giftbruhe-werde-ich-mir-bestimmt-nicht-spritzen-so-lief-die-corona-arena-ld.2069417]. „Putins Kriegskasse“ [https://www.merkur.de/wirtschaft/ukraine-krieg-news-russland-wirtschaft-sanktionen-auswirkungen-wladimir-putin-kreml-moskau-zr-93784774.html] muss durch Sanktionen ausgetrocknet werden. Und durchlebt Russland gegenwärtig eine Kartoffelkrise, so heißt es: „Putin fehlen Kartoffeln“ [https://www.rnd.de/politik/putin-fehlen-kartoffeln-kommt-jetzt-die-lebensmittelkrise-in-russland-43Q6MMM4CFCTBI2WKQUHAETS44.html?mst_prev_website=rnd&mst_prev_page_id=URJQV3PTS5N75BAM3OOQDXPIXM&mst_prev_link_type=article]. (Als ob dieser deswegen nun auf Schmalkost gesetzt würde.) Die Liste ließe sich ad infinitum verlängern. Bisweilen scheint es, als würde der größte Flächenstaat der Welt nur von einem einzigen Menschen, nämlich dem „zweiten Hitler“ bewohnt. Weshalb gegen diesen Staat auch alles erlaubt ist. Aber es gibt auch noch ganz banale Gründe. Vor Jahren plauderte [http://www.bpb.de/internationales/europa/russland/47998/russlandbild-deutscher-medien] der Journalist Maxim Kireev etwas verdruckst-gewunden aus dem Nähkästchen: „Die deutschen Redaktionen orientieren sich sicher auch an den Interessen der Leser, denn Putin ist eine polarisierende Persönlichkeit und er bringt online sehr viele Klicks.“ Na, wenigstens zu etwas ist der „russische Machthaber“ gut! Putin-Versteher Noch einmal. Auch wenn es oberlehrerhaft-penetrant klingen mag: Das korrekte – und wunderschöne – Substantiv für das Verb „verstehen“ lautet immer noch: „Verständnis“. Und nicht anders! – Das Wort „Versteher“, so viel ‚Germanistik für Dummies‘ muss sein, gibt es erst seit circa 25 Jahren und war von Anfang an abwertend konstruiert. Es begann mit dem berühmten „Frauenversteher“, womit jener bemitleidenswerte Jammerlappen gemeint war, der Nähe zu Frauen (in welcher Form auch immer) nur herstellen kann, indem er sich – gefragt oder ungefragt – in die Damen noch besser einfühlt, als die das selbst vermögen. Kurz: ein Mann mit dem Sexappeal eines „Warmduschers“ – auch so eine Abqualifizierungsvokabel aus jenen Tagen. Einmal in die Welt gesetzt, war es dann, namentlich in Krisenzeiten, zum „Russland-“, gar „Putinversteher“ nicht mehr weit. Ein Wort, ohne das heute niemand mehr auskommt, wenn es darum geht, Menschen, die sich trotz allem – oder gerade jetzt! – um ein besseres Verhältnis zu Russland bemühen, prompt der Lächerlichkeit preiszugeben. Ohne Auseinandersetzung mit deren Argumenten, versteht sich. Und eine Vokabel, die umgekehrt die so apostrophierten Personen dazu zwingt, zum gefühlt hundertundfünfzigsten Mal klarzustellen, dass ‚Verstehen‘ nicht ‚Rechtfertigen‘ bedeutet, sondern schlicht den Versuch, sich einmal in die Schuhe des anderen zu stellen und die Welt probeweise aus dessen Perspektive wahrzunehmen – eine für jegliches menschliches Zusammenleben unabdingbare ‚conditio sine qua non‘. Realitätsverweigerung [https://www.berliner-zeitung.de/news/boris-pistorius-zum-manifest-der-spd-dieses-papier-ist-realitaetsverweigerung-li.2332668] Betreiben, wie jüngst die Unterzeichner des SPD-Manifests [https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/spd-verteidigung-manifest-ukraine-100.html], alle, die sich dem aktuellen Kriegskurs – sprich: der bedingungslosen, im Worst Case suizidalen Unterstützung der Ukraine („as long as it takes“ [https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/ukraine-node/sicherheitszusagen-ukraine-2644222]), der irrwitzigen, billionenschweren Aufrüstung („whatever it takes“ [https://www.zdfheute.de/politik/deutschland/merz-schulden-kehrtwende-finanzpolitik-100.html]) und der totalen Subordination unserer Gesellschaft unter die Logik des Militärs („Operationsplan Deutschland“) – verweigern oder zumindest vorsichtig Bedenken anmelden. Welche Aspekte der Realität diese unliebsamen Opponenten angeblich verweigern und ob diese relevant oder etwa selbst Resultat einer verdrehten oder manipulierten Realitätswahrnehmung sind, entscheiden selbstverständlich diejenigen, die diesen Vorwurf lauthals erheben. Also die den Kriegskurs betreibenden Politiker und die sie anfeuernden Leitmedien. rechtsoffen Ist heute jede Veranstaltung, bei der auch noch ein paar uneingeladene AfDler mitlatschen. Also jede Friedensdemo. Merke: Für den Frieden, will sagen: für ein schnellstmögliches Ende der Kampfhandlungen im Ukrainekrieg, gegen die atemberaubende Aufrüstung, die flächendeckende Militarisierung der Gesellschaft und die wachsende Kriegsgefahr einzutreten, gilt heute als ‚rechts‘! Wer zu hundert Prozent sicher gehen will, sollte daher nur noch an Demonstrationen „Gegen Rechts“ teilnehmen. Aber wer weiß … (wird fortgesetzt) Mit freundlicher Genehmigung von Globalbridge [https://globalbridge.ch/das-woerterbuch-der-kriegstuechtigkeit-iv/]. Titelbild: arvitalyaart/shutterstock.com

02 jul 2025 - 14 min
Muy buenos Podcasts , entretenido y con historias educativas y divertidas depende de lo que cada uno busque. Yo lo suelo usar en el trabajo ya que estoy muchas horas y necesito cancelar el ruido de al rededor , Auriculares y a disfrutar ..!!
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