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Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion: Zugleich ein US-Stellvertreterkrieg

Die USA unterstützten die Sowjetunion gegen den Überfall der Hitler-Wehrmacht – das ist weltweit bekannt. Aber zuvor hatten die USA Hitler politisch gefördert, die Hitler-Wehrmacht zur modernsten Armee ausgerüstet, hatten auch die anderen faschistischen Diktaturen Mussolini, Salazar, Franco und auch Tschiang KaiShek in China unterstützt. US-Konzerne und Wall-Street-Banken unterstützten dann Hitler-Deutschland auch im Krieg, etwa durch die Wäsche von Raubgold und Raubaktien in weltmarktfähige Devisen. So wurde der Krieg verlängert, forderte noch mehr Opfer – und wurde durch die US-Förderung zum bisher größten US-Stellvertreterkrieg gegen den gemeinsamen Hauptfeind – zu dem die Sowjetunion sofort nach dem Krieg auch offiziell erklärt wurde, logischerweise.[* [https://www.nachdenkseiten.de/?p=132027#foot_1]] Von Werner Rügemer. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. I. Versailles: Gegenentwurf zur „kommunistischen Weltrevolution“ Die Versailler „Friedens“konferenz nach dem Ersten Weltkrieg galt unter Führung von US-Präsident Woodrow Wilson nicht dem Frieden, sondern im „nationalen Interesse“ der USA dem Kampf gegen das Vordringen der „bolschewistischen Doktrin nach Westen“. Als sich abgezeichnet hatte, dass die sozialistische Revolution unter Lenin erfolgreich blieb, wegen der Unterstützung im Volk, hatten die USA 1918 noch während des Krieges die Invasion in Russland organisiert, nicht nur mit den Alliierten, sondern auch zusammen mit dem Deutschen Kaiserreich, dem verteufelten Todfeind. Auch wurden antikoloniale Kräfte von Wilson in Versailles abgewiesen, so etwa die vietnamesische Befreiungsbewegung unter Ho Chi Minh, die um Hilfe gebeten hatte. Die USA führten den Kolonialismus fort – die deutschen Kolonien gingen an Japan, England und Frankreich. US-Stellvertreter: Faschistische Dikatoren weltweit Die USA hatten im Ersten Weltkrieg die europäischen Alliierten kreditiert und ausgerüstet. Damit beschleunigten US-Konzerne und Banken nach dem Krieg ihre Investitionen in Europa. Zur Absicherung der Gewinne förderten die USA alle faschistischen Diktatoren, die Arbeiterbewegungen und Demokratie zerstörten und die Löhne niedrig hielten. Italien: Mussolini Es begann mit Benito Mussolini. Wie in vielen europäischen Staaten hatten auch in Italien seit 1917 Arbeiter gegen den Krieg gestreikt. Nach dem Krieg bildeten sich landesweit Arbeiterräte. 1920 hatten etwa eine Million Arbeiter ihre Fabriken besetzt. Die Zeitung L’Ordine Nuovo (Die neue Ordnung) der Kommunistischen Partei unter Antonio Gramsci fand Zuspruch. Doch die faschistischen Schwarzhemden-Trupps des gewendeten Ex-Sozialisten Benito Mussolini knüppelten und schossen den Generalstreik brutal nieder. Nach dem Marsch auf Rom 1922 wurde Mussolini von König Emmanuele III. als neuer Regierungschef inthronisiert. Er war der „Führer“, der Duce. Er wurde in den USA als europäische Leitfigur gefeiert. Elbert Gary, mit den Bankern John Pierpont Morgan und Andrew Carnegie Gründer des fusionierten Stahlkonzerns US Steel, forderte 1923: „Auch wir brauchen einen Mann wie Mussolini“. Henry Luce, Herausgeber der Magazine Time, Fortune und Life, präsentierte den Duce als „den wichtigsten politischen Führer der Gegenwart“. Der US-Botschafter in Italien, Washburn Child, trat gegen alle diplomatischen Gepflogenheiten in die faschistische Partei ein. Die USA verklärten ihr Eindringen in Italien als Hilfe für den Wiederaufbau des kriegsgeschädigten Landes – wie in Deutschland und anderen Staaten Europas. Der Duce versprach den staatlichen Schutz für ausländische Investitionen und förderte die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen. Der von den US-Konzernen gelobte corporate state und sein Verbot der Gewerkschaften garantierten niedrige Löhne. US-Konzerne kauften Anteile an den wichtigsten italienischen Unternehmen, so an FIAT (Autos), Pirelli (Autoreifen), Montecatini (Chemie). Ford eröffnete eine Fabrik. 1935 überfiel Italien die Kolonie Äthiopien („Abessinienkrieg“). Es wurde der bis dahin höchstmotorisierte Krieg, durch die Kriegsfahrzeuge und das Benzin aus den USA, von Ford, General Motors (GM) und Standard Oil. Portugal: Salazar In Portugal entstand 1910 durch eine Revolution eine demokratisch-parlamentarische Republik, die Monarchie wurde abgeschafft. Auch hier waren die alten Kräfte der Großagrarier, der Kirche, der wenigen Industriellen und des Militärs dagegen. Nach einem Generalsputsch wurde der Öknomie-Professor Antonio Salazar 1928 zunächst als Finanzminister eingesetzt, regierte dann ab 1932 als Diktator nach Mussolinis Vorbild, ebenfalls in enger Verbindung mit dem Vatikan. Sein wichtigstes Ziel: „Portugal vor dem Kommunismus retten!“ In den USA schwärmte das Magazin Life 1940 vom „bei Weitem besten Diktator der Welt, dem größten Portugiesen seit Heinrich dem Seefahrer“. Die Fordham Uiversity in New York verlieh Salazar 1938 die Ehrendoktorwürde. Spanien: Franco General Franco, verheiratet mit der Erbin eines adligen Großgrundbesitzers, ließ sich ebenfalls als „Führer“ (Caudillo) feiern. Er organisierte 1936 den Putsch gegen die Regierung in Madrid. Hitler half mit Soldaten, Waffen, Geld, Kriegsschiffen, Flugzeugen. Trotz der vom US-Kongress beschlossenen Neutralität lieferte DuPont Bomben, Ford, Studebaker und GM lieferten 12.000 Militärfahrzeuge, Texas Oil und Standard Oil lieferten Treibstoffe. Die Roosevelt-Regierung anerkannte 1939 die faschistische Franco-Regierung sofort nach deren Sieg, gemeinsam mit Hitler-Deutschland und dem Vatikan. China: Tschiang KeiShek 1925, nach dem Tod Sun Yatsens, des Initiators der 1912 gegründeten Republik China, setzten sich die alten feudalen Oligarchen-Clans durch. Ihre Führungsfigur war der Hitler-Fan Tschiang Kai-shek: „Was China am meisten braucht, ist Faschismus.“ Neben Hitler-Deutschland unterstützten die USA den chinesischen Diktator: General Joseph Stilwell wurde Tschiangs Generalstabschef. Für den Kampf gegen die Volksbefreiungsarmee unter Mao Tse Tung zahlten die USA die Gehälter der 4,3 Millionen Militärs sowie für Flugzeuge, Artillerie, Gewehre und Munition. Auch die persönliche luxuriöse Lebensführung Tschiangs wurde finanziert, nach dem Motto: „Er ist ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn.“ Deutschland: Adolf Hitler Henry Ford war nach dem Ersten Weltkrieg der erfolgreichste US-Unternehmer, auch international. Ab 1919 gründete er Filialen in Europa, in Irland, Dänemark, Spanien, Frankreich, 1922 in Italien, 1924 in den Niederlanden und Schweden, 1925 die erste Filiale in Deutschland – die zweite sollte 1930 folgen. Der Gewerkschaftshasser Ford entdeckte neben Mussolini 1922 auch den noch unbekannten Adolf Hitler – und Hitler hatte auch schon Ford entdeckt. Der Reporter der New York Times besuchte Hitler im Dezember 1922 in dessen Hauptquartier in München, berichtete über das Foto Fords und die antisemitischen Schriften Fords auf Hitlers Schreibtisch sowie über die bereits begonnene Unterstützung Fords für den „antisemitischen bayerischen Parteichef”. So unterstützte Ford den Putschversuch der Hitler-Truppe 1923 in München und zahlte ab dann jährlich 50.000 Dollar an Hitler zu dessen Geburtstag. Großindustrielle aus Deutschland, dann auch aus der Schweiz und den Niederlanden kamen erst Jahre später als Sponsoren hinzu. So hatten sich US-Konzerne 1929 mit 1.300 Filialen in Westeuropa etabliert, hatten auch Aktien wichtiger Unternehmen gekauft, hatten den Markt für US-Waren geöffnet, vor allem in Deutschland, hier auch mithilfe der Kreditprogramme Dawes-Plan (1924) und Young-Plan (1930). So waren in Deutschland Anfang der 1930er-Jahre die führenden US-Konzerne präsent, etwa Ford, GM, Otis Elevator, Remington, Goodyear, DuPont, Coca Cola, IBM, ITT, Texaco, United Fruit, American Metal, John Deere, International Harvester, Standard Oil, Singer. Fox Tönende Wochenschau, die deutsche Tochterfirma des Hollywood-Konzerns 20th Century Fox, produzierte schon vor 1933 Werbefilme für Hitlers Wahlkämpfe mit Titeln wie „Der Führer” und „Hitlers Kampf um Deutschland”. Goebbels war überzeugt: Hollywood-Filme sind die bessere Propaganda, weil man die Propaganda nicht bemerkt. Goebbels schickte Regisseure wie Leni Riefenstahl nach Hollywood zum Lernen. Nazi-Deutschland wurde zum größten Käufer von Hollywood-Filmen. US-Konzerne: Hitler ist besser als Roosevelt Die Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft (DAPG, später Esso) war eine 100-Prozent-Tochter von Standard Oil: DPAG-Chef Emil Helfferich wurde sofort 1933 Mitglied im Freundeskreis Reichsführer SS, auch Himmler-Kreis genannt. Den US-Konzernen war Hitler näher als Roosevelts New Deal: In den USA bekämpften sie die Arbeitsgesetze und setzten professionelle Gewerkschaftsfeinde (union buster, spezialisierte Agenturen wie die Pinkerton Detective Agency) gegen Gewerkschaften und Belegschaftsvertreter ein. Mit der Aufrüstung unter Hitler ab 1935 produzierten Ford, GM und Chrysler in ihren westeuropäischen und vor allem deutschen Filialen Zehntausende Militärfahrzeuge für die Wehrmacht. GM und Ford produzierten schließlich fast 90 Prozent der gepanzerten Drei-Tonnen-Leichtkraftwagen und 70 Prozent der mittleren und Schwer-Lkw. Ford stellte von Pkw auf Kriegs-Lkw um und erreichte den weitaus größten Produktionsumfang im Kriegsjahr 1944. Pratt&Withney und Boeing produzierten Antriebe für Raketen und Kampfflugzeuge. ITT war am Hersteller von Jagdflugzeugen Focke-Wulf beteiligt. ITT produzierte in der aufgekauften Firma Huth Radarteile. US-Konzerne: Wir sind „judenfrei“ Schon 1930, drei Jahre vor Hitlers Machtantritt, stellte GM in Rüsselsheim ein NSDAP-Mitglied in der Werkszeitschrift Opel-Geist als Redakteur ein. Dieses Blatt propagierte im Nazi-Jargon den „Willen zur Werksgemeinschaft”. Das sei ein Bestandteil des Wiederaufstiegs „unseres Volkes” bis zum „endgültigen Sieg”. Auch die Aussonderung von Juden vollzogen US-Filialen nach 1933 mit. Ford Deutschland erklärte 1936, man werde „nur noch mit arischem Personal” arbeiten. GM trennte sich von jüdischen Zulieferern. Als „judenfrei” präsentierten sich auch andere US-Unternehmen. „Coca-Cola eiskalt”-Transparente hingen bei Goebbels’ Propagandareden im Sportpalast neben dem Hakenkreuz. Coca-Cola-Wagen begleiteten Aufmärsche der Hitlerjugend. Coca-Cola schaltete Werbung im Reichsrundfunk, in Partei- und Tageszeitungen, in populären Illustrierten und im führenden Antisemitenblatt Der Stürmer. Coca Cola wurde offizieller Getränkesponsor der Olympiade 1936 in Berlin. Das Unternehmen agierte als Teil des NS-Staates – wie es auch als Teil des US-Staates agierte. IBM hatte 1925 das deutsche Datenverarbeitungsunternehmen Dehomag gekauft. Mit Hitlers Regierungsantritt gingen die Umsätze in Deutschland sprunghaft in die Höhe. „Wir sezieren den deutschen Volkskörper”, erklärte der Geschäftsführer der 1934 eröffneten IBM-Produktionsstätte in Berlin. Hitler-Orden für US-Konzernchefs: Ford, IBM, GM 1937 hatte Hitler den Verdienstorden vom Deutschen Adler (DAO) eingerichtet, für Ausländer, die sich um das Deutsche Reich verdient machten. Als einer der ersten erhielt ihn IBM-Chef Thomas Watson: Er hatte durchgesetzt, dass die Jahrestagung der Internationalen Handelskammer 1937 mit 2.500 Delegierten aus 42 Staaten in Berlin stattfand. Man tagte unter Hakenkreuzfahnen in der Kroll-Oper, dem Sitz des Reichstags. Henry Ford erhielt den Orden 1938 zu seinem 75. Geburtstag. James Mooney, als Vizepräsident von GM für die Auslandsfilialen zuständig, erhielt im selben Jahr den Adlerorden in Gold. USA retten die Olympiade 1936 für Hitler in Berlin 1931 hatte das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Olympiade 1936 an Deutschland vergeben. Doch ab 1933 wurden in NS-Deutschland Juden aus Sportvereinen ausgeschlossen. Deshalb wurde im Vorfeld der Spiele weltweit gegen die Abhaltung der Spiele in Deutschland protestiert. Als einzige Regierungen schlossen sich die sowjetische und die republikanische in Spanien an. Doch der Präsident des Amerikanischen Olympischen Komitees (AOC), Avery Brundage, organisierte die internationale Gegenbewegung. Brundage, größter Immobilieninvestor in Chicago, bewunderte Hitler und war bekennender Antisemit. „In meinem Club in Chicago sind auch keine Juden zugelassen.“ Die Boykottbewegung sah er als „jüdisch-kommunistische Verschwörung“. Auch der IOC-Vizepräsident Sigfrid Edström zog mit: Der Chef des schwedischen Elektronikkonzerns ASEA machte mit dem Deutschen Reich gute Geschäfte. Ebenso beteiligte sich Karl Ritter von Halt, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Mitglied im Freundeskreis Reichsführer SS, führender deutscher Sportfunktionär und seit 1929 Mitglied des IOC. Auch die faschistischen Achsenmächte Italien und Japan sowie das Apartheidsregime Südafrika warben für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin – sie fanden glänzend statt. Der erfolgreiche Organisator Brundage stieg danach auf, wurde 1952 IOC-Präsident und blieb es bis 1972. Noch 1971 bekannte er: „Die Berliner Spiele waren die schönsten der modernen Zeit.“ Nazikritischer US-Botschafter in Berlin: durch Hitler-Fan ersetzt 1933 hatte US-Präsident Roosevelt den Historiker William Dodd als neuen Botschafter in Deutschland berufen. Der war überzeugter Liberaler und Bewunderer deutscher klassischer Kultur. Er kritisierte Nazi-Deutschland – und machte sich bei US-Konzernen, der Wall Street und im State Department immer unbeliebter. Auf ihr Drängen wurde Dodd 1937 durch den Hitler-Fan Hugh Wilson ersetzt. Der lobte: Hitler habe „sein Volk aus moralischer und wirtschaftlicher Verzweiflung herausgeholt und zu Stolz und Wohlstand geführt … und Deutschland gegen kommunistische Einflüsse widerstandsfähig gemacht und Arbeiterforderungen nach höheren Löhnen unterdrückt”. II. Wall Street finanziert Hitlers Kriege im Osten Gleichzeitig mit der Unterstützung der faschistischen Regime entwickelten die US-Kapitalisten ihre antikommunistische Globalstrategie. Das Kriegsziel lautete: Amerikanisches Jahrhundert! Amerikanischer Imperialismus! Wall Streets Medientycoon Henry Luce stellte sein Life-Editorial am 17. Februar 1940 unter die Überschrift „The American Century”. Das hatte der Council on Foreign Relations (CFR) konzipiert, in dem 1939 eingerichteten War and Peace Studies Project: „Das britische Empire wird niemals wiedererstehen … die Vereinigten Staaten werden seinen Platz einnehmen.” Für diesen American Imperialism müsse der wichtigste historische Faktor der letzten Jahrzehnte, nämlich „der Aufstand des internationalen Proletariats”, bekämpft werden: Die US-Kapital-Elite hatte hier dasselbe Ziel wie die Organisatoren des faschistischen Anti-Kominternpakts. 1941: USA unterstützen auch die Sowjetunion Seit 1935 hatten die USA Hitler-Deutschland militärisch und technologisch aufgerüstet. Bis 1941 hatte damit die Wehrmacht ihre Blitzkriege im Osten, Westen und Norden erfolgreich durchgezogen und noch Griechenland und den Balkan besetzt. Am 22. Juni 1941 begann die Hauptkriegsaktion: Eroberung der Sowjetunion („Unternehmen Barbarossa”). Erst ab Oktober 1941 belieferten die USA auch die Sowjetunion, und nur zögerlich. Erst ab 1943, als die Sowjetunion Hitlers Blitzkrieg stoppte, schwenkten US-Konzerne und Roosevelt um. Nach dem Sieg des sowjetischen Militärs über die Wehrmacht bei Stalingrad begannen die ernsthaften US-Lieferungen. Aber die Sowjetunion bezahlte – im Unterschied zu den westlichen Verbündeten – alle Lieferungen mit harter Währung, mit Mangan- und Chromerzen und Gold. Wall Street finanziert Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion 1931 gründete Wall Street eine neue internationale Bank: Bank for International Settlements (BIS). Der deutsche Name ist Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). So heißt sie noch heute und agiert als Zentralbank der Zentralbanken. Der Sitz wurde nach Basel in die Finanzoase Schweiz verlegt. Die Anteile wurden durch die Zentralbanken der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Belgiens und Japans eingezahlt. Die USA waren der größte Aktionär. Die deutsche Reichsbank blieb auch nach 1933 Aktionär, Hitler entsandte den Reichsbankpräsidenten Hjalmar Schacht in den Verwaltungsrat, nach den USA stellte NS-Deutschland das meiste Personal. So wurde die BIS zu Hitlers Kriegsbank, unter US-Führung. 1938 übertrug sie nach dem „Anschluss” Österreichs das Gold der Nachbarrepublik an das Deutsche Reich. 1939 besetzte die deutsche Wehrmacht die Tschechoslowakei: Deren 23,1 Tonnen Gold überschrieb die BIS an die Deutsche Reichsbank. So wusch die BIS während des Krieges Nazi-Raubgold in gültige Devisen – Schweizer Franken, schwedische Kronen, portugiesische Escudos, US-Dollars usw.: So konnte das NS-Regime kriegswichtige Güter im Ausland kaufen. Die BIS lenkte etwa auch Arisierungsgewinne, die sich auf den Pariser Konten der Chase National Bank (Rockefeller) und Morgan ansammelten, zur Reichsbank. Allein Chase Manhattan fror „in enger Zusammenarbeit mit den NS- Behörden” etwa 100 Konten jüdischer Eigentümer ein. US-Produktion mit Sklavenarbeitern für die Wehrmacht Gleichzeitig mit der Finanzierung setzten die USA auch die Rüstungslieferung an Hitler-Deutschland fort, so Ford in Köln und über Filialen in den von der Wehrmacht besetzten Staaten wie Frankreich, so auch GM. Der Einsatz von KZ-Häftlingen war selbstverständlich. IBM lieferte die Daten etwa für die Kriegs- und Gefangenentransporte in Europa und die Erfassung der KZ-Häftlinge. ITT und General Electric als Großaktionäre beim Flugzeughersteller Focke-Wulf und bei AEG gehörten ebenfalls zu den Beschäftigern von Sklavenarbeitern. US-Bastion Spanien liefert an Deutschland Das faschistische Spanien wurde während des Krieges zu einer wichtigen US-Bastion in Europa. Das militärisch neutrale Spanien verkaufte mit US-Zustimmung das kriegswichtige Edelmetall Wolfram tonnenweise teuer an Deutschland – die deutschen Rüstungskonzerne brauchten es für die Stahlhärtung bei Gewehren, Kanonen, Munition usw. US-Konzerne wie Westinghouse, Ford, GM, Chrysler, Singer erweiterten ihre Investitionen in Spanien und lieferten von hier aus an Hitler-Deutschland. Franco träumte mit dem US-Botschafter vom dritten Weltkrieg gegen den Kommunismus. „Spanien ist mehr ein amerikanisches als ein europäisches Land”, konstatierte zufrieden der US-Botschafter Carlton Hayes. US-Bastion Schweiz: BIS und US-Geheimdienst Die „neutrale” Schweiz wurde ein zentraler Kollaborateur nicht nur für Hitler-Deutschland als Rüstungslieferant, sondern gleichzeitig für die USA: Nicht nur die BIS hatte hier ihren geschützten Raum (sie war nicht der Schweizer Finanzaufsicht unterworfen), sondern auch die Europa-Zentrale des US-Geheimdienstes Office of Strategic Services (OSS). Zwei Wall-Street-Anwälte leiteten den OSS: William Donovan in New York und Allen Dulles in der Schweizer Hauptstadt Bern, der US-Botschaft zugeordnet, mit einer Nebenstelle am Finanzplatz Zürich. Der OSS hielt Kontakte fast zum gesamten Spektrum des antifaschistischen Widerstands in Europa, auch in Deutschland, von radikalen Linken über Sozialdemokraten, Kirchenführern bis zu Konservativen, den Militärs und Geheimdienstlern. Aber die USA forderten: Deutschland muß sich bedingungslos ergeben (unconditional surrender)! Widerstand gegen das NS-Regime ist zwecklos! Kein vorzeitiger Waffenstillstand! Deshalb ließ Dulles seit 1943 den Widerständlern über alle Kanäle eintrichtern: Von den Alliierten kommt keine Hilfe! Auch deshalb verzögerte sich das schließlich gescheiterte Attentat auf Hitler vom Juli 1944. Gleichzeitig war der OSS genau über die Verfolgung und Vernichtung der Juden informiert, hielt sie geheim und spielte sie gegenüber der Roosevelt-Regierung als „jüdische Propaganda“ herunter. Auch deshalb nahmen die USA nur ganz wenige Juden auf, nur reiche und prominente. Der Stellvertreter muss auch Zivilisten opfern Die USA und England bombardierten während des Krieges, vor allem zum Ende, in Deutschland 131 Städte, und nur die Innenstädte. Etwa eine halbe Million Zivilisten wurden getötet – aber die Rüstungsindustrie, sowohl US-amerikanische wie deutsche, wurde nicht bombardiert. Die Strategie besagte: Die Wehrmacht sollte bestgerüstet gegen die vorrückende Rote Armee kämpfen, der „alliierten“ Sowjetunion also möglichst hohe Schäden zufügen. Das zeigte sich etwa auch bei der Bombardierung der Stadt Dresden zum Kriegsende im Februar 1945: Die britischen und US-Bomber warfen – wie einige Monate später die US-Bomber in Hiroshima und Nagasaki – ihre tödliche Fracht nur auf die bewohnte Innenstadt. Weder Militärs noch Industrie wurden bombardiert. III. Die US-Geopolitik der Stellvertreterkriege Die USA finanzieren, beliefern und leiten immer wieder Stellvertreterkrieger. Im Zweiten Weltkrieg war dies Hitler-Deutschland, das zudem von den anderen, ebenfalls US-geförderten faschistischen Staaten unterstützt wurde. Aktuell sind dies die Ukraine und Israel. Auch islamistische Terroristen dienen als Stellvertreter, so etwa die Turkestan Islamic Party, die aus uigurischen Islamisten (aus Xinjiang/China) besteht und von den USA gegen Assad in Syrien eingesetzt wurde. Die US-Regierung unter Donald Trump mit seinen Multimilliardären – mit vielfach zionistischer Ideologie – will als Folge des Ukraine-Krieges die europäischen NATO-Staaten zu Stellvertreterkriegern gegen Russland zwingen, während Israel den Nahen Osten US-freundlich umgestaltet, Völkermord inbegriffen. Währenddessen intensivieren die USA in Asien den Aufbau neuer Stellvertreterkrieger, etwa Taiwan, Japan, Südkorea und Australien, gegen den neuen Hauptfeind, die Volksrepublik China. Titelbild: Marcus E Jones / Shutterstock ---------------------------------------- [«1] Die Nachweise finden sich in Werner Rügemer: Verhängnisvolle Freundschaft. Die Eroberung Europas durch die USA. Erste Phase: Vom 1. zum 2. Weltkrieg, Köln 2023. Das Buch gibt es auch in spanisch „Una amistad condenada“ und französisch „Amitié fatale“

27 apr 2025 - 27 min
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Taurus? Ja bitte! – Eine paradoxe Intervention

Warnungen bringen nichts mehr. Was großmäulig auftretende – in Wahrheit atemberaubend phantasie- und verantwortungslose – deutsche Politiker mit einer möglichen Tauruslieferung an die Ukraine anrichten könnten und wohin sie unser Land damit führen würden, das sollte längst jeder wissen, der noch in der Lage ist, eins und eins zusammenzuzählen. – Probieren wir es also einmal anders! Von Leo Ensel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Sie wollen Deutschland in einen Krieg mit Russland ziehen? Möglichst schnell, nachhaltig und so richtig effektiv? – Dann hätte ich eine Idee … Liefern Sie Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine! Solange noch Zeit ist. Also sofort und zwar massenhaft. (Denn es könnte ja vielleicht doch noch Frieden drohen.) Schicken Sie, wie der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk jüngst forderte [https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/melnyk-fordert-waffen-herr-merz-sie-werden-in-die-geschichte-eingehen-li.2316221], mindestens 150 Stück. Am besten aber alle, die Deutschland zur Verfügung hat. (Von rund 600 sollen schließlich 300 einsatzbereit sein.) Sie wissen ja: Der Taurus [https://de.wikipedia.org/wiki/Taurus_(Marschflugkörper)] ist im wahrsten Sinne des Wortes ein anderes ‚Kaliber‘ als die zahmen britischen Storm Shadows [https://de.wikipedia.org/wiki/Storm_Shadow] oder ihre französischen Cousinen, die SCALP-Marschflugkörper! Der fliegt doppelt so weit. An die 500 Kilometer. Und ist, einmal abgeschossen, praktisch nicht mehr zu eliminieren. Also todsicher. „Den Krieg nach Russland tragen …“ Wie ein prominenter Politiker [https://www.dw.com/de/kiesewetter-den-krieg-nach-russland-tragen/a-68215200] – er wird gerade als Außenminister gehandelt – ja schon vor über einem Jahr gefordert hat: „Der Krieg muss nach Russland getragen werden. Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände.“ Und das ist einfacher, als Sie denken. Ein vom Norden der Ukraine gestartetes Flugzeug muss gar nicht allzu weit in den russischen Luftraum eindringen. Einmal von dort abgefeuert, wird der Taurus seinen Job zuverlässig erledigen: Wenig später sind das russische Außenministerium in Moskau oder der Kreml pulverisiert! (Setzen Sie mehrere Marschflugkörper ein, dann beide.) Mit der Krim-Brücke ist das noch viel leichter. Das schafft von der Ukraine aus spielend jedes Kind! … aber nicht erwischen lassen! Vorausgesetzt, Ihre Bundeswehrsoldaten haben den Taurus richtig programmiert. (Sie können das natürlich auch den Ukrainern beibringen, aber das würde mehrere Monate dauern. Aber so lange wollen Sie doch nicht mehr warten …) Nur lassen Sie sich bloß nicht dabei erwischen, das könnte völkerrechtlich etwas heikel werden! (Und Sie wollen doch Russland völkerrechtlich korrekt attackieren – oder?) Treffen Sie sich mit Ihren ukrainischen Kollegen am besten klandestin in Polen und überreichen Sie ihnen die Zielkoordinaten dort. Geben Sie Selenskyj in Kiew und seinen Militärs einen Blankoscheck. Sie können denen blind vertrauen. Die sind zuverlässig. Ende 2022 haben sie schon einmal – damals nur mit Drohnen – ein russisches Atomwaffenlager bei Engels an der Wolga beschossen. Das war natürlich nur ein lächerliches Vorgeplänkel. Vor fast einem Jahr attackierten [https://www.telepolis.de/features/Ukrainische-Streitkraefte-greifen-wohl-erneut-russisches-Atomraketen-Fruehwarnsystem-an-9733169.html?] sie, ebenfalls mit Drohnen, Module des russischen Atomraketen-Frühwarnsystems im Nordkaukasus und Westsibirien. Das war schon etwas besser: Falls Russland sich in seinem strategischen Raketenabwehrschirm geblendet sieht, wird es unberechenbar. Damit könnte man sogar einen weltweiten Atomkrieg provozieren. Doch bislang halt alles nur mit Drohnen. Mit dem Taurus dagegen sieht die Sache ganz anders aus! Damit reizen Sie die Russen bis aufs Blut. Überschreiben Sie die deutsche Pazifismus-DNA Nur bitte, vergessen Sie die mentale und emotionale Absicherung in der Bevölkerung nicht: Da ist immer noch zu viel Pazifismus-Code in der DNA [https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/miosga-zu-joschka-fischer-pazifismus-lag-in-unserer-dna-li.2314245] der Deutschen! Den sollten Sie – eine delikate Aufgabe! – behutsam Schritt für Schritt überschreiben. Am leichtesten geht das natürlich bei den Kleinsten. Machen Sie schon im Kinderkanal [https://www.youtube.com/watch?v=rX5vpsSTSQ0] Werbung für den knuffigen Taurus [https://www.youtube.com/watch?v=JtzfIj4cN0I]! Bei den Erwachsenen, besonders den Älteren, brauchen Sie etwas mehr Geduld. Sorgen Sie dafür, dass die nicht wieder rückfällig werden und pazifistische Schwächeanfälle erleiden. Spielen Sie dafür Ihr Ass aus: Putin! Machen Sie den Deutschen die Hölle heiß vor dem unberechenbaren Despoten im Kreml. Hämmern Sie ihnen tagtäglich ein, dass russische Panzer bald wieder vorm Brandenburger Tor stehen, dass diese asiatischen Untermenschen bald wieder deutsche Frauen schänden, wenn wir nicht alle schleunigst kriegstüchtig werden! Machen Sie aber zugleich Ihrem Volk, „dem großen Lümmel“, weis, der neue Hitler würde nur bluffen, wenn er mit dem Einsatz von Atomwaffen droht. Zu guter Letzt Vergessen Sie Ihren Amtseid! Schließlich geht es hier nicht darum, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden oder gar der Ukraine zum Sieg zu verhelfen. Sie haben doch ganz Anderes vor … Also, legen Sie los! Und ich garantiere Ihnen: ES KNALLT!! Und zwar nachhaltig. Bei Ihnen. Mit freundlicher Genehmigung von Globalbridge [https://globalbridge.ch/taurus-ja-bitte-eine-paradoxe-intervention/]. Titelbild: Flying Camera/shutterstock.com

25 apr 2025 - 6 min
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Regierungssprecher Hebestreit nennt internationale Berichte über gefährdete Meinungsfreiheit in Deutschland „abstrus“

Die renommierte britische Wochenzeitung Economist, deren Artikel sich regelmäßig in den Pressemappen des Kanzleramts finden, hatte letzte Woche einen Artikel veröffentlicht, in welchem anhand zahlreicher Beispiele die zunehmende „Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland“ thematisiert wurde. Auch der aktuelle Bericht von Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit in Deutschland 2025 spricht von massiver Selbstzensur und strengen Sprachregelungen in den Redaktionen deutscher Leitmedien. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten wissen, wie der geschäftsführende Kanzler die entsprechende internationale Wahrnehmung einer gefährdeten Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik unter seiner Ägide erklärt. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund Unter dem Titel „Die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland – Eines der freiesten Länder der Welt versetzt seinem eigenen Ruf einen schweren Schlag“ [https://www.economist.com/europe/2025/04/16/the-threat-to-free-speech-in-germany] kommt der Economist in einem am 16. April veröffentlichten Artikel zu dem Schluss, dass die freie Meinungsäußerung in Deutschland „zunehmend in Gefahr“ sei. Belegt wird dies anhand zahlreicher Beispiele (eine deutsche Übersetzung des Artikels ist hier einsehbar [https://www.focus.de/politik/analyse-unseres-partners-economist-das-ist-der-briten-text-der-angst-um-deutsche-meinungsfreiheit-schuert_f0f254cf-4b1e-435e-97f1-5f2fdd415044.html]). [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen1.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen1.jpg Aufhänger des Artikels ist die Verurteilung des Chefredakteurs des Deutschland-Kuriers zu einer siebenmonatigen Haftstrafe (auf Bewährung) wegen der Veröffentlichung seiner Zeitung eines satirischen Memes über Innenministerin Nancy Faeser (die NachDenkSeiten berichteten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131440]). Anschließend führt der Economist weitere Beispiele auf: 1. „Letztes Jahr wurde ein Rentner, der auf X ein Bild geteilt hatte, das den deutschen Vizekanzler Robert Habeck als „Schwachkopf“ bezeichnete, einer polizeilichen Hausdurchsuchung unterzogen, nachdem Habeck ihn angezeigt hatte.“ 2. „Ein Gericht verurteilte einen Journalisten zu einer Geldstrafe, weil er angedeutet hatte, Habeck würde „in einer Versammlung von Alkoholikern am Bahnhof“ nicht fehl am Platz wirken.“ 3. „Der Regierungsvertrag der neuen Koalitionspartner in Deutschland sieht vor, eine Behörde zu ermächtigen, gegen die „vorsätzliche Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ vorzugehen.“ 4. „Im Jahr 2024 gaben nur noch 40 Prozent der Deutschen gegenüber dem Meinungsforschungsinstitut Allensbach an, sich frei äußern zu können. Seit 1990 hat sich dieser Wert halbiert.“ 5. „In Berlin löste die Polizei Konferenzen und Demonstrationen auf, um Hassreden zu verhindern. Wissenschaftlern, die pro-palästinensische Studierende unterstützten, wurde mit dem Verlust von Fördergeldern gedroht. Die Gefahren für die Meinungsfreiheit beschränken sich nicht auf eine Seite.“ Reporter ohne Grenzen: Stark verengter Meinungskorridor Unter dem Titel „Nahaufnahme Deutschland 2025: Pressefreiheit im Überblick“ [https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/RSF_Nahaufnahme_Deutschland_2025.pdf] berichtet die Nichtregierungsorganisation, die sich nach eigener Darstellung „für Pressefreiheit und gegen Zensur“ einsetzt, dass sich zahlreiche Journalisten in Deutschland an ROG gewandt haben und von einem „stark verengten Meinungskorridor bei der Arbeit berichteten“. [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen2.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen2.jpg Darüber hinaus ist in dem Bericht, insbesondere in Bezug auf die Nahost-Berichterstattung, „von strengen Sprachregelungen“, „Vorgaben mit dem Ziel …“ sowie „äußerst langwierigen Kontroll- und Aushandlungsprozessen“ die Rede. In Bezug auf die Arbeit von freien Journalisten heißt es abschließend: > „Freie Journalisten berichten, dass angesichts der Unsicherheit in Redaktionen und deren Furcht, von anderen Medien des „israelbezogenen Antisemitismus“ bezichtigt zu werden, diese dazu übergingen, als heikel wahrgenommene Themen auszusparen.“ Die Nebelkerzen des Regierungssprechers Regierungssprecher Steffen Hebestreit tut in der Bundespressekonferenz so, als seien die vom Economist und ROG aufgeworfenen Punkte in Bezug auf eine gefährdete Meinungsfreiheit in Deutschland „medieninterne Diskussionen“, zu welchen sich der geschäftsführende Kanzler nicht zu äußern habe. Doch entgegen seiner Darstellung fallen die angesprochenen Punkte natürlich in den Verantwortungsbereich eines Kanzlers mit Richtlinienkompetenz, etwa was die Gesetzesinitiativen von Innenministerin Nancy Faeser (z.B. das Demokratiefördergesetz), das fragwürdige, vom BMI iniitierte Campact-Verbot oder auch das massive Vorgehen seiner Minister, nicht nur des Bildungsministeriums, gegen Wissenschaftler und Universitäten, die das Agieren Israels in Gaza kritisierten (Drohung mit dem Verlust von bundesstaatlichen Fördergeldern), sowie weitere belegte Eingriffe der Exekutive in die Wissenschaftsfreiheit. Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 23. April 2025 Frage Warweg Der „Economist“ hat vergangene Woche einen Artikel veröffentlicht, in dem er auf die zunehmende Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland eingeht bzw. diese thematisiert. Der aktuelle Bericht von Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit 2025 in Deutschland spricht von massiver Selbstzensur und strengen Sprachregelungen in den Redaktionen der Leitmedien. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren, wie der geschäftsführende Kanzler die aufgezählten Aspekte zumindest in der internationalen Wahrnehmung zunehmend eingeschränkter Meinungsfreiheit in Deutschland unter seiner Ägide erklärt. Regierungssprecher Hebestreit Herr Warweg, wie so häufig stellen Sie Dinge in lustige Zusammenhänge, die nicht zueinander gehören. Sie haben gerade von Leitmedien gesprochen. Sie meinen sicherlich die seriösen Medien. Aber das lasse ich Ihnen jetzt einfach mal – – – Zusatz Warweg „Leitmedien“, das ist ein fest definierter Begriff – – – Hebestreit Darf ich kurz weiterreden, Herr Warweg? Zusatz Warweg Das dürfen Sie. Hebestreit Sie fragen, ich antworte. Dann fragen Sie nach, drei, vier Mal, dann antworte ich wieder. So ist das hier! Die Leitmedien sind unabhängig, und es stehen auch keine staatlichen Menschen hinter ihnen, die sie beeinflussen würden. Das ist die Pressefreiheit in Deutschland. Diesbezüglich hat sich der Kanzler zu gar nichts zu äußern. Die Unterstellungen, die Sie gemacht haben, das sind Meinungsbeiträge, die ich genauso zur Kenntnis nehme wie Ihre Meinungsbeiträge oder die von anderen. Auch die habe ich nicht zu beurteilen. Dass ich ein Gefühl hätte, dass man sich um die Meinungsfreiheit in Deutschland sorgen müsste, auch das habe ich nicht. Aber auch das kann man, wenn man eine andere Grundauffassung hat, sicherlich anders sehen. Insofern teile ich alle Prämissen dieser Frage nicht, und ich werde den Teufel tun, hier medieninterne Diskussion zu führen. Das können Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen austragen. Aber das ist keine Frage, die die Regierung zu beantworten hat, sondern das sollten Sie medienintern miteinander tun. Dafür gibt es vielleicht auch Foren, auf denen Sie das tun können. Die Regierungspressekonferenz ist kein solches Forum. Zusatzfrage Warweg Neben dem Bericht von Reporter ohne Grenzen habe ich auch den entsprechenden Artikel in einem britischen Fachmagazin angesprochen. Er geht hauptsächlich auf eine Causa im Zusammenhang mit einem Strafantrag von Frau Faeser ein, die wir auch vergangene Woche besprochen haben. Ich habe mir die Haltung explizit nicht zu eigen gemacht, sondern gefragt, wie der Kanzler die in der internationalen Wahrnehmung im Ansatz bedrohte Meinungsfreiheit beurteile. Ich finde, das kann der Kanzler problemlos tun, ohne sich in journalistische Angelegenheiten einzumischen. Diese Dinge haben sich unter seiner Ägide stärker gehäuft. Deshalb interessiert mich, welche Gründe er dafür sieht. Hebestreit Auch da gilt wieder: Es hat sich keinerlei Gesetzesveränderung gegeben. Sie haben einen Einzelfall angesprochen. Das ist ein juristischer Fall; den müssten Sie dann mit dem zuständigen Gericht diskutieren und nicht hier. Dazu darf jeder seine Position haben. Ansonsten werde ich mich zu einzelnen Medienberichten, so abstrus sie auch sein sollten, hier nicht äußern, und ich bleibe bei meiner Grundaussage. Zusatzfrage Warweg Das könnte ja für die Kollegen zitatemäßig interessant sein. Sie nennen also die entsprechende Berichterstattung im „Economist“ abstrus. Habe ich das so richtig verstanden? Hebestreit Ich habe gesagt, dass ich mich zu einzelnen Medienberichten, so abstrus sie auch sein mögen, hier nicht äußere. Und das gilt zu allen Ihren Beiträgen, und das gilt auch zu den Beiträgen, die Sie hier angeführt haben. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 23.04.2025 Mehr zum Thema: Haftstrafe für Chefredakteur des Deutschland-Kuriers wegen Satire-Bild zu Innenministerin Faeser [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131440] Pressefreiheit à la BRD: Wieso der deutsche Inlandsgeheimdienst Tageszeitung junge Welt überwacht [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118709] Wegen Post zu Nancy Faeser: Sieben Monate Haft auf Bewährung für Journalisten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131371] „Demokratiefördergesetz“ – Was versteht Bundesregierung konkret unter „Verhöhnung des Staates“? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=111295] Innenministerium zu Compact-Verbot: „Unmittelbar im Grundgesetz vorgesehen…“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118305] [https://vg07.met.vgwort.de/na/e7ccdbe7c15243a581f998a6dfc5e7c1]

25 apr 2025 - 9 min
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Absurde Kritik an Trumps Friedensplan für die Ukraine

Ein in dieser Woche vorgelegter „Friedensplan für die Ukraine“ [https://www.axios.com/2025/04/22/trump-russia-ukraine-peace-plan-crimea-donbas] des US-Präsidenten Donald Trump erhitzt zurzeit die Gemüter des politisch-medialen Komplexes in Deutschland. Offenbar hat man in Berlin immer noch größte Schwierigkeiten, sich mit der Idee einer Niederlage der Ukraine abzufinden, und versteift sich nunmehr wie ein bockiges Kind, dessen Wünsche nicht erfüllt werden, in Lügen, Verdrehungen und Realitätsflucht. Ein Kommentar von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Trumps Friedenplan sei abzulehnen, da er vorsieht, dass die Ukraine die russische Herrschaft über die Krim anerkennt. Dies ist der Tenor zahlreicher Artikel deutscher Medien. Im SPIEGEL heißt es beispielsweise [https://www.spiegel.de/ausland/us-papier-ueber-einen-frieden-in-der-ukraine-nicht-trump-sondern-putin-ist-das-wahre-verkaufstalent-a-7dfe458c-a7a3-44f8-90f7-8fb1cc409ea5] lapidar, die Ukraine könne „auf die Krim nicht freiwillig verzichten“, da dies die ukrainische Verfassung nicht zulasse. Dieses Argument stammt übrigens von Wolodymyr Selenskyj, der Trumps Plan mit genau dieser Begründung ablehnt [https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-russland-krieg-donald-trump-schiesst-schon-wieder-gegen-wolodymyr-selenskyj-a-a2b7ce6e-7300-40d1-9c5a-40494cf35aea]. Das ist schon seltsam. Entsprach die Abtretung von Elsass-Lothringen denn der Bismarck’schen Reichsverfassung? Und nicht, dass mir nun revisionistisches Gedankengut unterstellt wird. Auch der Vorfriede von Versailles, in dem Frankreich Elsass-Lothringen 1871 an das Deutsche Reich abgetreten hatte, entsprach selbstredend nicht der Verfassung des Zweiten Französischen Kaiserreichs. Mir wäre aber auch neu, dass in jüngerer Zeit den Verfassungen von Staaten wie dem Irak oder Jugoslawien bzw. Serbien großartige Bedeutung bei der Neuordnung territorialer Fragen nach dem Sieg des Westens eingeräumt wurden. Die Vorstellung, dass die Verfassung eines Kriegsteilnehmers ein ernsthaftes Hindernis für Friedensverträge sei, ist schon ziemlich weltfremd. Hier gilt die normative Kraft des Faktischen. Und ja, Verfassungen können auch geändert werden. Wie absurd die Fokussierung auf angeblich verfassungsrechtliche Hindernisse bei Friedensverhandlungen ist, zeigt sogar der Ukrainekrieg selbst. So wurde die ukrainische Verfassung 2019 um den Punkt ergänzt [https://www.dw.com/de/ukraine-strebt-weiter-nach-westen/a-47419911], dass die Ukraine den Beitritt zu EU und NATO verfolgt. Im März 2022 zeigte niemand anderes als Selenskyj selbst sich jedoch bereit [https://www.berliner-zeitung.de/news/selenskjy-zu-gespraechen-ueber-donbass-und-krim-bereit-li.215813], auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu verzichten. Auch zu „Kompromissen“ bei territorialen Fragen bezüglich der damaligen Separatistengebiete Luhansk und Donezk sei er bereit, deren Zugehörigkeit zur Ukraine in deren Verfassung genauso festgelegt ist wie die der Krim. Ist das nicht seltsam? Im März 2022 war die ukrainische Verfassung offenbar noch kein Hinderungsgrund für Friedensverhandlungen, deren Verhandlungspunkte ebenjener Verfassung widersprechen. Doch dies ist ohnehin eine Scheindebatte, die zurzeit nur geführt wird, weil Selenskyj ein Ablenkungsmanöver führt, auf das deutsche Medien nur allzu gerne hereinfallen. In Trumps Friedensplan ist nämlich gar nicht die Rede davon, dass die Ukraine ihre Ansprüche auf die Krim fallen lässt, sondern dass die USA de jure anerkennen, was de facto seit 2014 ohnehin der Fall ist [https://www.axios.com/2025/04/22/trump-russia-ukraine-peace-plan-crimea-donbas] – dass die Krim zu Russland gehört. Nun kann man ja durchaus darüber streiten, ob die einseitige Anerkennung der völkerrechtlichen Zugehörigkeit der Krim zur Russischen Föderation eine so gute Idee ist und es ist absolut verständlich, dass Selenskyj dies ablehnt. Mit der ukrainischen Verfassung hat dies jedoch nur sehr wenig zu tun und ob ein Wolodymyr Selenskyj dies nun gut oder schlecht findet, spielt dabei eigentlich auch keine Rolle. Er ist Präsident der Ukraine und nicht Präsident der USA. Verstörend an der gesamten Posse ist vielmehr die wieder einmal sehr einseitige und weltfremde Reaktion des politisch-medialen Komplexes in Deutschland. Hier träumt man offenbar immer noch vom Endsieg der Ukraine und folgt dem Baerbock-Mantra „Wir werden die Krim-Annexion nie akzeptieren“ [https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-274.html]. Für solche Sprüche erhält man sicher Applaus von der bellizistischen Blase auf X und der Rüstungslobby – konstruktive Folgen für die sicherheitspolitische Lage in Europa hat eine derart bockige Verweigerung der Realitäten jedoch ganz sicher nicht. Titelbild: bella1105/shutterstock.com[http://vg04.met.vgwort.de/na/71d73ab922c449fbba752deb61cb2e3f]

25 apr 2025 - 4 min
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Bischof fordert Kriegstauglichkeit – ein Brief an den „Mann Gottes“

„Wir müssen „kriegstauglich“ werden und uns zugleich „friedenstüchtig“ für einen gerechten Frieden einsetzen“ [https://www.rundschau-online.de/welt/karfreitagsbotschaft-militaerbischof-overbeck-fordert-kriegstauglichkeit-1007411] – das sind aktuelle Worte von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck. Mit dieser Aussage klingt der „Mann Gottes“ wie ein Politiker. Es ist an der Zeit, dem ehrwürdigen Bischof zu schreiben. Von Marcus Klöckner. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Lieber Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, kennen Sie das 5. Gebot? Gewiss, Sie sind ein kluger Mann und erkennen sofort, dass diese Frage nur rhetorischer Art ist. Als ranghoher Gottesdiener kennen Sie jene Gebote, die, so sagt es unser Glauben, Gott Mose persönlich auf dem Berg Sinai übermittelt hat, aus dem Effeff. „Du sollst nicht töten“, lautet das 5. Gebot. Vielleicht – ich vermag das nicht zu sagen – spüren Sie diese innere Kraft, die diesem und den anderen Geboten zugrunde liegt. Mein Eindruck ist: Es ist gut, nach jedem der Zehn Gebote einen Punkt zu setzen und möglichst lange zu schweigen. Manche Zeitgenossen haben keinen Respekt vor den Geboten, gerade wenn es um Politisches geht. Schnell zaubern sie anstelle eines Punktes ein Komma aus dem Hut. „Ja, Komma, das mag ja so sein“, sagen Sie und führen fort: „Aber!“ Sie als „Mann Gottes“ sind sicherlich gut mit der immer wieder gerne ins Feld geführten Exegese, also mit der Auslegung der alt- und neutestamentlichen Texte vertraut. Je nachdem, wie Mensch es braucht, kennt die Kreativität der vorgeblich richtigen Auslegung von Bibelstellen bisweilen keine Grenzen. Doch lassen wir das mal beiseite. Reden wir über den Krieg. Reden wir über Kriegstüchtigkeit. Reden wir über Kriegstauglichkeit. Kurzum: Reden wir über Ihre Rede, oder genauer: Ihre Karfreitagsbotschaft. Sie haben sich in eine weitreichende politische Debatte eingeschaltet. In Ihrer Botschaft zum Karfreitag haben Sie gesagt: „Wir müssen ‚kriegstauglich‘ werden und uns zugleich ‚friedenstüchtig‘ für einen gerechten Frieden einsetzen.“ Wissen Sie, was der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gesagt hat? „Wir müssen kriegstauglich werden“ [https://www.rnd.de/politik/fdp-vize-kubicki-muessen-notfalls-die-wehrpflicht-wieder-in-gang-setzen-LZNRYN2FNNJUJG4LZQ7HQQU72U.html], so Kubicki im Dezember 2023. Haben Sie von den Worten unseres allseits sehr geschätzten Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius gehört? Er redet vom „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“ [https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/bundeswehr-2024/556392/kriegstuechtig/]. Wissen Sie, wer in der bundesdeutschen Politik noch so ähnlich gesprochen hat? Sie haben recht! Lassen wir es mit dem Zitieren gut sein. In der heutigen Zeit formulieren es ja viele Politiker so: Kriegstüchtigkeit, um nicht in den Krieg zu müssen. Und dann ist da auch noch die Rede von der angeblichen „Zeitenwende“, von der Sie ja auch sprechen. Was ich Ihnen damit sagen möchte: Sie klingen wie ein Politiker. Und richtig: Das ist nicht gut. Gerne würde ich einen Bischof für seine großartige Botschaft loben. Nur: Wofür sollte so ein Lob im Hinblick auf Ihre Botschaft erfolgen? Sie vertreten die Auffassung, eine gesellschaftliche Akzeptanz müsse dafür aufgebaut werden, nach der „Friedenstüchtigkeit“ und „Kriegstauglichkeit“ kein Widerspruch seien. Sie finden, dass der Gebrauch der Begriffe „kriegstüchtig“ und „kriegstauglich“ schonungslos die Bedrohungslage offenlege. Die Realität dürfe aber nicht verweigert und die Bedrohungslage ignoriert werden. Der bloße Gebrauch von Begriffen soll an dieser Stelle schonungslos etwas „offenlegen“? Meinen Sie das ernst? Die Sprache in den Medien und die Sprache der Politik (was bisweilen eine Sprache ist) sind durchsetzt von Begriffen, die darauf abzielen, die Realität zu manipulieren. Vom Morgen bis zum Abend ist die Gesellschaft durch Medien einem Dauerfeuer an propagandistisch kontaminierten Begriffen ausgesetzt, die vorgeben, die Realität zu spiegeln. In Wirklichkeit zielen diese Begriffe aber darauf ab, in den Köpfen der Adressaten jene manipulierte Vorstellung von Realität zu erzeugen, von der sie vorgeben, sie abzubilden. Wäre es doch nur so einfach, dass allein schon der vielfache Gebrauch eines Begriffes zeigt, „was ist“. Dann – ja dann – könnten Sie so sprechen, wie Sie es getan haben. Doch so einfach ist es eben nicht! Edward L. Bernays, Walter Lippmann, Siegfried Kracauer, Noam Chomsky und noch so einige kluge Leute mehr haben sich mit dem Wesen und der Sprache der Propaganda auseinandergesetzt. Anzunehmen, dass allein schon der Gebrauch eines der wohl am politisch-propagandistisch kontaminiertesten Begriffe dieser Zeit, nämlich: „Kriegstüchtigkeit“, auch nur im Ansatz etwas von einer realen Bedrohungslage zeige, kommt einem Realitätsbruch gleich. Der Begriff Kriegstüchtigkeit legt nichts offen, er verschleiert. In den Sinnenklaven der ewig Kalten Krieger, wo der Feind grundsätzlich nur in Russland sitzen kann, mag die Vorstellung von der großen Bedrohung der Wirklichkeit entsprechen. Außerhalb ist die Realität eine andere. Beim Lesen Ihrer Aussagen habe ich mich gefragt: Wie kann ein so kluger, intelligenter und gebildeter Mann Derartiges sagen? Weiß ein Bischof nicht, dass es einen Unterschied zwischen Medienrealität und realer Realität gibt? Das fällt mir schwer zu glauben. Die Realität der Medien ist allein schon auf der einfachen Ebene eine konstruierte Realität. Was uns in der Berichterstattung vorgesetzt wird, basiert auf einem Akt der Konstruktion. Die Berichterstattung zeigt uns einen Ausschnitt aus dem, was „da draußen“ ist – das Gesamtbild kann sie nicht zeigen. Und das wirft große Probleme im Hinblick auf die präsentierte Wahrhaftigkeit auf. Ich will hier mit Ihnen gar nicht über die Grundlagen einer kritischen Medienbetrachtung sprechen, das würde den gesetzten Rahmen sprengen. Aber ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass beim Thema Ukraine-Krieg auch die vermeintlich „Guten“ manipulieren? Gestatten Sie mir eine Frage: Woher nehmen Sie Ihre Auffassung, dass „wir“ angeblich einer „Bedrohung“ ausgesetzt sind? Aus der „Tagesschau“? Aus dem Spiegel? Aus Medien, die über „Massenvernichtungswaffen“ im Irak „berichtet“ haben? Geradeaus gesagt: Es gibt keine Bedrohung. Die Bedrohung durch Russland gleicht einem Phantasma. Haben Sie sich jemals gefragt, warum Russland „uns“ angreifen sollte? Europa besteht aus 450 Millionen Bürgern, während in Russland etwa 150 Millionen Menschen leben. Europa – ein Gebilde aus zahlreichen Kulturen, Mentalitäten, Sprachen. Haben Sie sich jemals überlegt, wie es konkret aussehen würde, wenn Russland Europa überfallen und unter seine „Knute“ stellen wollte? Allein schon sprachpraktisch und verwaltungstechnisch wäre es geradezu ein Unding. Vom Krieg nach dem Krieg, also entfachten Partisanenkämpfen, Aufständen usw. ganz zu schweigen. Glauben Sie mir: Russland ist froh, dass es, salopp gesagt, dieses Europa nicht an der Backe hat. Oder ziehen Sie in Betracht, dass Russland Europa vernichten will, vielleicht sogar atomar? Halten Sie Russland wirklich für so böse und so dumm obendrauf, dass es die NATO atomar angreift, Millionen von Menschen tötet und sich selbst der Gefahr einer völligen Zerstörung aussetzt? Sollten Sie das bejahen, empfehle ich: Konsumieren Sie bitte keine Medien mehr. Um Ihnen ein Stück entgegenzukommen: Eine Gefahr besteht tatsächlich. Es besteht die Gefahr, dass durch eine zunehmende und sich bereits jetzt schon verselbstständigende Politik der Konfrontation und des Feindbildaufbaus irgendwann tatsächlich ein Krieg entsteht. Von Paul Watzlawick stammt das Zitat: > Je mehr eine Nation sich von Nachbarn bedroht fühlt, desto mehr wird sie sich zur Verteidigung rüsten, und desto mehr wird die Nachbarnation ihre eigene Aufrüstung für das Gebot der Stunde halten. Der längst erwartete Krieg ist dann nur noch eine Frage der Zeit. Da ist etwas dran. Und gerade deshalb ist es wichtig, dass auch Bischöfe fundamentalkritisch die Medienrealität hinterfragen. Die Realität, mit der wir es zu tun haben, entspricht nicht der Realität eines billigen Western, wo die Bösen die schwarzen Hüte und die Guten die weißen Hüte tragen. Wenn sich schon ein Kirchenvertreter zum Thema Kriegstüchtigkeit zu Wort meldet, dann weiß er hoffentlich, seit wann die CIA in der Ukraine agiert und aus welchen Gründen. Und er versteht auch, was eine dreckige Tiefenpolitik ist. Um es offen zu sagen: In den Kirchenhierarchien gibt es sicherlich gute, anständige, weitherzige Menschen, die dem Wort Gottes folgen, es nicht weltanschaulich verseucht verstehen und versuchen, zum Guten hin zu wirken. Vor diesen Kirchenmännern und -frauen habe ich großen Respekt. In den Kirchen gibt es aber auch Drecksäcke, die Wasser predigen und Wein saufen. Es gibt Kirchenvertreter, die in der Coronazeit Ungeimpfte wie Aussätzige behandelt haben – dass Jesus Leprakranke aufgesucht hat, haben diese Leute wohl vergessen. Und es gibt Kirchenvertreter, die sich aus Gründen lieber mit der vorherrschenden Politik gemein machen, als sie in angebrachter Schärfe zu kritisieren. Ich weiß nicht, ob Bischöfe Musik hören, darauf wetten würde ich aber – wobei man als Christ natürlich nicht wetten sollte. Wenn auch Sie also Musik hören, haben Sie vielleicht schon mal das Lied mit dem Titel „Sei wachsam“ [https://www.youtube.com/watch?v=CdBo34ycvkw] gehört. Es stammt von dem Liedermacher Reinhard Mey. Darin heißt es: > Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln > Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln? > Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich, > Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und heim ins Reich! > „Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen!” > „Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!” > „Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!” > „Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen.” > Sie zieh’n uns immer tiefer rein, Stück für Stück, > Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück! Dieses Lied handelt von Heuchlern, Pharisäern und Manipulateuren, es handelt von Politikern und, ja, auch von Vertretern Ihrer „Zunft“, von Bischöfen. „Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen“, singt Mey, um dann anzumerken: „Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, ich halt’ sie arm!“ Wäre Ihre Karfreitagsbotschaft vom Geist dieses Liedes inspiriert gewesen: Sie wäre ein Glanzstück geworden, mit dem sicherlich auch Ihr oberster Chef – Sie wissen: oben, ganz weit oben – sehr zufrieden gewesen wäre. Stattdessen baut Ihre Ansprache auf eine politische „Realität“, in der bis heute der Krieg in der Ukraine nicht als das bezeichnet wird, was er auch ist: ein Stellvertreterkrieg. Warum klagen Sie als Kirchenvertreter nicht die unfassbaren Ausgaben im Rahmen des politischen Großprojektes Kriegstüchtigkeit an, während vor den Suppenküchen im Land die Armen in der Schlange stehen? Warum prangern Sie nicht die Beschaffung und Lieferung von Panzern, Waffen und Munition an, die – und da gibt es nichts schönzureden – zum Töten von Menschen gemacht sind? Vielleicht entgegnen Sie, diese Ausführungen seien zu einseitig, weil mit den Waffen doch Menschenleben verteidigt würden. Falls dem so ist: Hören Sie bitte mit dergleichen auf. In allen Kriegen „verteidigen“ immer alle Seiten. Manche sprechen gar bei Angriffen von „Präventivverteidigung“. Überhaupt wollen auch alle immer nur den Frieden. Und selbst die, die den Krieg anfangen, ziehen nur für den „Frieden“ in die Schlacht. Bei einer Kirche, die sich nicht ausdrücklich gegen den politischen Wahnsinn der Hoch- und Aufrüstung ausspricht, entsteht der Eindruck, dass sie lieber mit „der Macht“ schwimmt als gegen sie. Das Letzte, was wir derzeit aber brauchen, ist eine Kirche, die versucht, der Politik Stellungshilfe bei der „korrekten“ Ausformulierung des eingeschlagenen Irrwegs zu bieten. Ob „Kriegstüchtigkeit“ oder „Kriegstauglichkeit“: Beide Ausdrücke bauen auf Prämissen, die einer kritischen Betrachtung nicht standhalten. Wir Christen sind der Wahrheit verpflichtet. Das ist bisweilen nicht immer leicht. Und was wirklich „die Wahrheit“ ist, das ist leider nicht immer ganz einfach herauszufinden. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“, sagte Jesus. Die Wahrheit liegt also nach dem christlichen Glauben bei Gott. Wo die Wahrheit hingegen allenfalls nur selten liegt, ist in der Politik und den Medien und im Krieg schon gar nicht. Diese Felder sind durchtränkt von Propaganda, Manipulation, Halbwahrheiten und Lügen. Und wer der Meister der Lüge ist, das wissen wir alle. Nichts für ungut. Mit Friedensgrüßen MK Anm. d. Red.: Die gesamte Predigt von Bischof Franz-Josef Overbeck, der katholischer Militärpfarrer für die Bundeswehr ist, findet sich als PDF-Datei auf dieser Seite [https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/bischof-ruft-an-karfreitag-zum-einsatz-fuer-frieden-menschenwuerde-und-demokratie-auf].[http://vg08.met.vgwort.de/na/8d190d15f80045888301284203418eb3] Titelbild: © KMBA / Hermann-Josef Lachnit

25 apr 2025 - 13 min
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