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Der offene militärische Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran stellt eine Eskalation dar, die in ihrer Qualität weit über das hinausgeht, was bisher als „Stellvertreterkrieg“ oder regionale Spannung bezeichnet wurde. Dennoch bleibt die öffentliche Debatte – insbesondere in westlichen Medien – bemerkenswert einseitig. Sie folgt einem altbekannten Deutungsmuster: Israel „wehrt sich“, Iran ist „aggressiv“. Was in dieser Rahmung fehlt, ist eine differenzierte und völkerrechtlich fundierte Analyse der tatsächlichen Konfliktdynamik. Von Detlef Koch. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. 1. Der selektive Blick auf das Gewaltverbot: Bruchstellen auf beiden Seiten Die Charta der Vereinten Nationen enthält ein klares Gewaltverbot in Artikel 2 Absatz 4 [1] – es untersagt die Androhung oder Anwendung von Gewalt in den internationalen Beziehungen. Dieses fundamentale Prinzip wurde im Kontext des Iran–Israel-Konflikts in den vergangenen Jahren systematisch unterlaufen – von beiden Seiten. Dennoch wird in der Berichterstattung häufig suggeriert, nur eine Seite verstoße gegen das internationale Recht. So haben israelische Streitkräfte in der Vergangenheit mehrfach auf fremdem Staatsgebiet agiert – etwa bei der gezielten Tötung iranischer Militärführer in Syrien oder durch Cyberangriffe auf iranische Nuklearanlagen. Der Stuxnet-Virus von 2010 gilt als Präzedenzfall für eine neue Form der „stillen“ Aggression. Auch die gezielte Tötung von IRGC-General Soleimani im Jahr 2020 auf irakischem Boden war ein klarer Verstoß gegen die Souveränität eines Drittstaates. Spätestens mit der Operation „Rising Lion“ im Juni 2025, die massive Luftschläge gegen iranisches Kernland beinhaltete, wurde die Schwelle zum offenen internationalen bewaffneten Konflikt überschritten. Doch auch der Iran hat völkerrechtliche Grenzen ignoriert: durch die strategische Unterstützung bewaffneter Milizen wie Hisbollah und Widerstandsgruppen wie Hamas, deren Angriffe auf Israel mit Kenntnis oder sogar Mitwirkung Teherans erfolgten, sowie durch direkte Raketenangriffe auf israelisches Territorium – etwa im April 2024 und erneut nach dem Schlag gegen Isfahan 2025. Diese Eskalation erfolgte nicht im luftleeren Raum, sondern als Teil einer jahrelangen Dynamik gegenseitiger Provokation und Eskalationsprozesse. 2. Der Schattenkrieg vor dem Krieg: Eskalation mit Ansage Was medial untergeht, ist die langfristige strategische Aufladung des Konflikts. Beide Seiten haben über Jahre hinweg auf Eskalation hingearbeitet – mit Mitteln, die bewusst unterhalb der Schwelle eines offenen Kriegs angesiedelt waren. Israel flog über 400 Luftschläge gegen iranische Einheiten in Syrien zwischen 2013 und 2022. Der Iran wiederum baute systematisch ein Netz aus paramilitärischen Verbündeten in Libanon, Syrien, Irak, Jemen und Gaza auf – aus Sicht vieler Völkerrechtler eine Form „indirekter Kriegsführung“, die bei nachgewiesener „overall control“ als zwischenstaatlicher Konflikt (IAC) zu qualifizieren ist. Gleichzeitig entwickelte sich eine neue, schwer greifbare Kriegsform: der Cyberkrieg. Dieser wurde nicht nur technisch aufgerüstet, sondern politisch normalisiert – als Mittel ohne rechtliche Grauzone. Spätestens mit der Akzeptanz des Stuxnet-Virus als „chirurgisches Werkzeug“ war der Damm gebrochen. Die Kriegsführung im digitalen Raum wurde zur faktischen „erlaubten Ausnahme“ – ein gefährlicher Präzedenzfall für andere Staaten. 3. Die Rolle der USA: Eine Kriegspartei im Schatten Ein weiterer blinder Fleck im westlichen Diskurs ist die Rolle der Vereinigten Staaten. Washington wird gemeinhin als „Vermittler“ oder „Stabilisator“ dargestellt – tatsächlich aber agiert die US-Regierung spätestens seit dem Angriff auf iranische Stellungen 2020 und der intensiven Militärkooperation mit Israel als faktische Kriegspartei. Die Unterstützung reicht von finanziellen Hilfen über Rüstungskooperationen (Iron Dome, F-35) bis zur logistischen Absicherung israelischer Militäraktionen im Nahen Osten. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass amerikanische Frühwarnsysteme und Luftabwehrplattformen direkt in israelische Vergeltungsschläge eingebunden waren – so auch während der Operation „Rising Lion“. Die USA beanspruchen dabei die völkerrechtliche Grauzone einer „unterstützenden Partei“, die sich dennoch aus der Verantwortlichkeit heraushält. Dieses strategische Doppelspiel bleibt in der medialen Verarbeitung weitgehend unkommentiert – ein Schweigen mit geopolitischer Funktion. Die Gleichzeitigkeit von wechselseitigen Rechtsbrüchen, verdeckter Kriegsführung und stiller Komplizenschaft Dritter macht den Iran–Israel-Krieg zu einem Kristallisationspunkt globaler Ordnungsprobleme. Doch der öffentliche Diskurs bleibt in eingefahrenen Mustern stecken: Wer provoziert? Wer reagiert? Wer darf „präventiv“ handeln? Diese Fragen greifen zu kurz. Es geht nicht um moralische Hierarchien, sondern um die konsequente Anwendung eines Rechtsrahmens, der für alle gelten muss – oder für keinen mehr gilt. Kriege, so schrieb Carl von Clausewitz, sind „eine Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“. Doch diese „anderen Mittel“ fordern einen hohen Preis – meistens dort, wo keine Politik mehr gemacht werden kann: in den zerbombten Wohnvierteln, in den Krankenhäusern ohne Strom, in den Klassenzimmern, die zu Notunterkünften wurden. Der aktuelle Krieg zwischen Iran und Israel illustriert dies in brutaler Klarheit: Während politische Eliten in beiden Ländern von der Eskalation profitieren, zahlen Zivilist:innen den Preis – mit ihrem Leben, ihrer Freiheit, ihrer Zukunft. Und die internationale Diplomatie? Sie wird zum bloßen Zuschauer degradiert. 4. Der Krieg als innenpolitischer Ausweg: Israel zwischen Krise und Konsolidierung Seit Monaten steht die israelische Regierung unter Druck. Die tiefgreifenden Justizreformen, die Premierminister Benjamin Netanjahu mit seiner rechtsnationalen Koalition durchzusetzen versucht, stoßen auf massiven Widerstand – nicht nur auf der Straße, sondern auch innerhalb der Militär- und Sicherheitsapparate. Gleichzeitig wächst der Unmut über die anhaltende wirtschaftliche Polarisierung und die Eskalation der Gewalt in den besetzten und belagerten palästinensischen Gebieten. Im Schatten dieser Krise kommt der offene Schlagabtausch mit dem Iran nicht ungelegen: Der „äußere Feind“ dient als Projektionsfläche nationaler Einheit, und die Regierung kann sich als Garant israelischer Sicherheit inszenieren. Der Angriff auf iranische Einrichtungen wird nicht nur als Selbstverteidigung deklariert, sondern als notwendiger Schlag gegen eine „existenzielle Bedrohung“. Innenpolitisch erlaubt dieses Narrativ eine Re-Politisierung des Militärs zugunsten der Regierung – wer jetzt Netanjahu kritisiert, riskiert, als unpatriotisch zu gelten. Wie schon in früheren Eskalationen zeigt sich: Der Krieg wird zur Legitimationsquelle für eine Politik, die ethno-demokratische Institutionen Israels aushöhlt. Die Opfer auf beiden Seiten, die Zerstörung ziviler Infrastruktur, die Aufhebung von Grundrechten – all das gerät in den Hintergrund einer Politik, die unter dem Banner „Sicherheit“ vor allem den Machterhalt sichert. 5. Der iranische Sicherheitsstaat: Der äußere Feind als Klammer für die Kontrolle Auch im Iran nutzt das sicherheitspolitische Establishment den Krieg zur Festigung der eigenen Macht. Die Revolutionsgarden, deren Einfluss im politischen und wirtschaftlichen System in den letzten Jahren stetig gewachsen ist, können sich als Verteidiger des Vaterlandes profilieren. Der israelische Präventivschlag – insbesondere die Tötung hochrangiger IRGC-Offiziere [2] – wird zum Beweis einer permanenten Bedrohung stilisiert, die nationale Geschlossenheit und geopolitische Standhaftigkeit verlange. Diese Rhetorik dient einem klaren Zweck: der Delegitimierung der Reformbewegung und der oppositionellen Zivilgesellschaft. Wer nach Demokratie, Frauenrechten oder Pressefreiheit ruft, wird nun mit dem Vorwurf konfrontiert, der nationalen Sache zu schaden. Die gewaltsame Niederschlagung von Protesten kann unter Verweis auf den Kriegszustand verschärft werden; kritische Stimmen werden als „innere Kollaborateure“ des Feindes gebrandmarkt. Was in der westlichen Öffentlichkeit kaum beachtet wird: Auch im Iran gibt es eine vielstimmige Gesellschaft, die sich nach Öffnung und Frieden sehnt – und für die der Krieg nicht nur eine militärische Eskalation ist, sondern auch eine weitere Phase politischer Repression. Ihre Stimme wird im Kriegsrauschen übertönt. 6. Zivilist:innen zwischen den Fronten: Die Logik der „legitimen Kollateralschäden“ Während politische Akteure den Krieg nutzen, sterben auf beiden Seiten Zivilist:innen – in Teheran wie in Tel Aviv, in Isfahan wie in Haifa. Raketen treffen Wohngebäude, Drohnen legen Stromnetze lahm, Luftabwehrsysteme explodieren inmitten bewohnter Gebiete. Der Schutz der Zivilbevölkerung, den das humanitäre Völkerrecht verspricht, wird systematisch ausgehöhlt. Wie Eyal Benvenisti treffend analysiert, haben sich die Regeln des Kriegs in asymmetrischen Konflikten verschoben: Die klassische Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilpersonen verwischt, wenn Angriffe auf „militärische Infrastruktur“ ganze Stadtviertel betreffen. In diesem Kontext wird ziviler Schaden zum einkalkulierten Kollateral – legalisiert durch die Rhetorik der Verhältnismäßigkeit, entmenschlicht durch die Sprache der „Sekundärziele“. Die internationale Reaktion auf diese Erosion des Schutzes ist erschreckend schwach. Während UNO-Gremien zum „möglichst schnellen Waffenstillstand“ aufrufen, werden Waffenlieferungen forciert, diplomatische Protestnoten verschickt – und zugleich umformuliert, sobald es sich um einen „strategischen Partner“ handelt. Was bleibt, ist ein Eindruck: Das Recht des Stärkeren ersetzt das Recht des Völkerrechts. Und die Zivilbevölkerung steht schutzlos im Feuer. 7. Marginalisierung der Diplomatie: Die UNO als Statist im Theater der Gewalt Sowohl Israel als auch der Iran ignorieren faktisch die Rolle des UN-Sicherheitsrats – entweder, weil dieser durch das Vetorecht blockiert ist, oder weil sie wissen: Die Konsequenzen sind gering. Resolutionen werden verabschiedet, aber weder umgesetzt noch kontrolliert. Ein effektives kollektives Sicherheitssystem existiert nicht mehr. Stattdessen sehen wir eine wachsende Toleranz gegenüber völkerrechtswidriger Gewalt – solange sie von den „richtigen“ Akteuren ausgeht. Die internationale Ordnung, wie sie nach 1945 formuliert wurde, steht vor dem Zerfall. Der Krieg zwischen Israel und dem Iran ist nur ein Symptom – aber ein besonders lautes. 8. Fazit: Profiteure auf den Tribünen, Opfer auf dem Spielfeld Wenn Kriege nicht mehr verhindert, sondern politisch verwertet werden, wenn Völkerrecht nur noch selektiv gilt, wenn Diplomatie zur rhetorischen Geste verkommt – dann stellt sich nicht nur die Frage, wer nützt und wer leidet. Dann stellt sich die Frage, wie lange sich eine internationale Gemeinschaft noch so nennen darf, die beim Morden zuschaut, während ihre Regeln zynisch instrumentalisiert werden. Die Antwort auf diese Frage wird nicht auf Regierungsebene gegeben. Sie liegt bei den Menschen, die sich – in Israel, im Iran, in Europa – weigern, zwischen „guten“ und „schlechten“ Toten zu unterscheiden. Die das Recht auf Frieden nicht verächtlich machen lassen. Und die daran erinnern: Krieg nützt denen, die ihn befehlen – und schadet allen, die ihn führen müssen. Titelbild: Andy.LIU / shutterstock.com ---------------------------------------- [«1] Art. 2 Abs.4: Alle Mitglieder unterlassen in ihren inter-nationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt. [«2] Islamic Revolutionary Guard Corps

Hiermit erstatten wir Unterzeichnenden Strafanzeige gegen den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz. Dieser hat u.a. gegen das deutsche Grundgesetz verstoßen – insbesondere gegen Art. 9, 25 und 26. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Herr Merz, der vor seiner Tätigkeit als Bundeskanzler Aufsichtsratsvorsitzender des weltgrößten Rüstungsinvestors BlackRock gewesen war, hat am 17. Juni 2025 am Rande des G-7-Gipfels in Kanada den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Israels auf den Iran mit den Worten „beschönigt“: > „Das ist die Drecksarbeit, die Israel für uns alle macht.“ Auch wenn der Ort seiner Aussage im Ausland liegt, was strafrechtlich keine unmittelbare Wirkung hätte, ist sie vor allem auf die Wirkung in Deutschland ausgelegt. Wenn ein deutscher Regierungschef in seiner Vorbildfunktion meint, derart offen und öffentlich gegen Art. 26 verstoßen zu dürfen, könnten sich künftig noch mehr Menschen in Deutschland ermutigt fühlen, Angriffskriege zu propagieren. Auch darum ist ihm rechtlich und publizistisch Einhalt zu gebieten. Wir fordern darum den Generalbundesanwalt und die Staatsanwaltschaft Berlin auf, strafrechtliche Schritte gegen den Bundeskanzler einzuleiten. Unter anderem begründet das Strafgesetzbuch in Paragraph 80 A das „Aufstacheln zu einem Angriffskrieg“ mit „gesteigerten, auf die Gefühle des Adressaten gemünzten propagandistischen Anreizen“. Das dürfte – sowohl in Bezug auf die deutsche Öffentlichkeit als auch die leidende Bevölkerung im Iran, im Libanon und in Gaza – insbesondere bei einem Bundeskanzler in hervorgehobener Wirkung – gesehen werden. Durch den Zusatz „für uns alle“ bei der sogenannten „Drecksarbeit“ ist der Verstoß auch in enger juristischer Auslegung gegeben. Zumal Herr Bundeskanzler Merz gegen „den Gedanken der Völkerverständigung“ (Art. 9 Grundgesetz) und das „Friedensgebot“ (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) verstoßen hat, wozu er durch Art. 25 gleichzeitig durch das Grundgesetz im Amtseid an das internationale Völkerrecht gebunden ist. Der Bundeskanzler beruft sich nun aktuell auf den israelischen Regierungschef Netanjahu, der behauptet, eine iranische Atombombe an der Entstehung aktuell behindert zu haben. Was US-Geheimdienste bestreiten. Hierzu ist anzufügen, dass Netanjahu seit 2002, also seit 23 Jahren, öffentlich von einer kurz vor der Fertigstellung stehenden iranischen Atombombe schwadroniert. Die Belobigung des israelischen Angriffskriegs als „Drecksarbeit für uns alle“ steht dazu und zur UN-Charta in eklatantem Widerspruch. Dort steht in Artikel 2.3: „Alle Mitglieder legen ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel … bei“. Art. 2.4 der UN-Charta schreibt noch klarer: > „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ Die Belobigung von Gräueltaten der israelischen Luftwaffe durch den Bundeskanzler steht also nicht nur im Gegensatz zu nationalem und internationalem Recht, sondern geschah auch unter Verwendung von Nazivokabular. Anfang 1942 hatte SS-Obersturmführer August Häfner die Massen-Erschießung von 34.000 jüdischen Menschen innerhalb von 48 Stunden in Babi Jar mit eben derselben zynischen Wortwahl „als Drecksarbeit“ gerechtfertigt. Erstunterzeichende: Dieter Hallervorden (Schauspieler) Albrecht Müller (Herausgeber NachDenkSeiten und früherer Koordinator im Kanzleramt) Jens Berger (Chefredakteur NachDenkSeiten) Uwe Steimle (Kabarettist) Dr. Diether Dehm (Musiker, Publizist weltnetz.tv) Anette Sorg (NachDenkSeiten) Klaus Dieter Böhm (Unternehmer) Dr. Matthias Oehme (Verleger; Eulenspiegelgruppe) Alexa Rodrian (Sängerin) Sebastian Bahlo (Vorsitzender Freidenkerverband) Lukas Zeise (Publizist) Dr. Jenny Farrell (Literaturwissenschaftlerin) Jens Fischer Rodrian (Musiker) Prof. Dr. Uli Barnickel (Bildhauer) Prof. Dr. Sönke Hundt (Weltnetz.tv) Dr. Sabine Kebir (Publizistin) Marion Schneider (Unternehmerin) Patrik Baab (Journalist und Autor) Andrej Hunko (ehemaliges MdB, BSW) Michael von der Schulenburg (MdEP für das BSW) Titelbild: EUS-Nachrichten/shutterstock.com

Die Direktorin des Zusammenschlusses aller US-Geheimdienste (DNI), Tulsi Gabbard, hatte bei einer Anhörung im US-Senat am 25. März dieses Jahres öffentlich erklärt, dass laut übereinstimmender Einschätzung aller 18 US-Geheimdienste Iran nicht an einer Atombombe baue. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, über welche alternativen Informationen, die der Bewertung der US-Geheimdienste widersprechen, Kanzler Merz und sein Außenminister Wadephul verfügen. Denn beide hatten den Angriffskrieg Israels gegen den Iran als Präventivangriff mit Verweis auf die angeblich immanente Gefahr der Fertigstellung einer solchen Bombe gerechtfertigt. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund Am 25. März 2025 erklärte Tulsi Gabbard in ihrer Funktion als „Director of National Intelligence“ (Direktorin aller 18 nationalen US-Nachrichtendienste) im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im US-Senat zum Thema Iran: > „Die IC (Intelligence Community – Zusammenschluss aller US-Geheimdienste) geht weiterhin davon aus, dass der Iran keine Atomwaffen baut und dass der Oberste Führer Khamanei das Atomwaffenprogramm, das er 2003 ausgesetzt hat, nicht genehmigt hat. > > Die Geheimdienste beobachten, ob Teheran beschließt, sein Atomwaffenprogramm wieder zu genehmigen/wieder aufzunehmen.“ > US intelligence assessed just weeks ago that Iran is not building a nuclear weapon > > “The IC [Intelligence Community] continues to assess that Iran is not building a nuclear weapon and Supreme Leader Khamanei has not authorized the nuclear weapons program he suspended in 2003.… pic.twitter.com/jtNw3d3xgR [https://t.co/jtNw3d3xgR] > > — WikiLeaks (@wikileaks) June 14, 2025 [https://twitter.com/wikileaks/status/1933844614105997336?ref_src=twsrc%5Etfw] Diese Einschätzung aller US-Geheimdienste, getroffen wenige Wochen vor dem Angriffskrieg Israels gegen den Iran, widerspricht fundamental der israelischen Begründung für den Kriegsbeginn. Denn die offizielle Rechtfertigung Israels lautet, Iran hätte kurz davor gestanden, eine Atom-Bombe zu produzieren, und Tel Aviv sei folglich gezwungen gewesen, mittels eines Präventivkrieges dies zu verhindern. Dieser Argumentation schlossen sich völlig unhinterfragt sowohl Bundeskanzler Friedrich Merz und dessen Parteikollege und Außenminister Johann Walter David Rudolf Wadephul als auch SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius an. Israel, so führte etwa Wadephul nach Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen den Iran gegenüber dem ZDF [https://www.zdfheute.de/politik/wadephul-nahost-reise-israel-iran-100.html] am 13. Juni aus, hätte „jedes Recht“, sich zu verteidigen. Denn der Iran lege es laut dem deutschen Außenminister darauf an, den Staat Israel zu vernichten, und dürfe auf keinen Fall in den Besitz von Atomwaffen kommen. Die Bundesregierung werde Israel in seinem Recht auf Selbstverteidigung weiter „solidarisch begleiten“. Verteidigungsminister Pistorius erklärte wiederum gegenüber der ARD am 15. Juni mit Verweis auf „das Nuklearprogramm der Iraner“: > „Israelis hat jedes Recht sich zu verteidigen – auch präemptiv!“ > „Israelis haben jedes Recht sich zu verteidigen – auch präemptiv“, sagt Verteidigungsminister Pistorius im #BerichtausBerlin [https://twitter.com/hashtag/BerichtausBerlin?src=hash&ref_src=twsrc%5Etfw] zur Lage im Nahen Osten. Israel müsse selbst entscheiden, „in welche Richtung ein solcher Konflikt gelenkt wird“. Das ganze Interview, 18 Uhr @DasErste [https://twitter.com/DasErste?ref_src=twsrc%5Etfw]. pic.twitter.com/f1OCYCpUNP [https://t.co/f1OCYCpUNP] > > — Bericht aus Berlin (@ARD_BaB) June 15, 2025 [https://twitter.com/ARD_BaB/status/1934278544768569412?ref_src=twsrc%5Etfw] Kanzler Merz wiederum stellte diese schon extrem einseitigen Einschätzungen seiner Kabinettskollegen in den Schatten, indem er unter anderem gegenüber dem ZDF zum völkerrechtswidrigen „Präventivkrieg“ der Israelis erklärte [https://www.youtube.com/watch?v=NrzrycjLJPA]: > „Das ist die Drecksarbeit, die Israel macht, für uns alle. Ich kann nur sagen, größten Respekt davor, dass die israelische Armee, die israelische Staatsführung den Mut dazu gehabt hat, das zu machen. Andernfalls hätten wir sonst möglicherweise Monate und Jahre weiter diesen Terror dieses Regimes gesehen – und dann möglicherweise noch mit einer Atomwaffe in der Hand.“ Dass diese Äußerungen und Behauptungen im direkten Widerspruch zu den kommunizierten Erkenntnissen der US-Geheimdienste stehen – scheint in dem Fall keine Auswirkungen auf die Bewertung des deutschen Kanzlers und seiner Minister zu haben. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, wie wichtig sonst die Äußerungen und Erkenntnisse der entsprechenden Partnerdienste aus Übersee, etwa im Falle der Ukraine, genommen werden. Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 16. Juni 2025 Frage Warweg Die Direktorin des Zusammenschlusses aller US-Geheimdienste, Tulsi Gabbard, erklärte bei der Senatsanhörung am 25. März dieses Jahres, laut übereinstimmender Einschätzung aller 18 US-Geheimdienste baue Iran nicht an einer Atombombe. Wenn die US-Geheimdienste Ende März geschlossen davon ausgegangen sind, dass der Iran keine Atombombe baue, aber sowohl der Außenminister als auch der Kanzler die Angriffe Israels als Präventivangriffe gerechtfertigt haben, würde mich interessieren, welche alternativen Informationen dem deutschen Außenminister und dem Kanzler denn vorliegen, die dieser Einschätzung der US-amerikanischen Seite widersprechen. Wagner (AA) Herr Warweg, wir machen uns die Prämissen, die Sie in Ihrer Frage aufwerfen, ausdrücklich nicht zu eigen. Aber lassen Sie mich vielleicht einmal festhalten, dass der Generaldirektor der Internationalen Atomenergieorganisation, der IAEO, am 31. Mai sehr deutlich festgehalten hat, dass Iran seine Verpflichtungen aus dem Safeguards-Abkommen nachweislich nicht einhält. Ich denke, das ist die Grundlage, auf der wir das iranische Atomprogramm beurteilen. Zusatz Warweg Das war aber, ehrlich gesagt, keine Antwort auf meine Frage. Ich hatte gesagt, die US-Geheimdienste seien vor anderthalb Monaten zu dem Schluss gekommen, es werde keine Atombombe gebaut. Mit der Argumentation, es bestehe die imminente Gefahr einer iranischen Atombombe, hat Israel den Iran angegriffen und haben sowohl der Kanzler als auch der Außenminister diese Angriffe verteidigt. Die US-Geheimdienste sagen: Nein, das war nicht in Planung. ‑ Dann müssen der Kanzler und auch der Außenminister, wenn sie das so verteidigen, ja andere Informationen haben. Auch die von Ihnen angesprochene internationale Atomenergiebehörde hat von Unregelmäßigkeiten in der Berichterstattung gesprochen, aber mitnichten davon, dass der Iran kurz vor einer Atombombe gestanden habe. Wagner (AA) Herr Warweg, ich habe ausdrücklich gesagt, dass wir uns die Prämisse Ihrer Frage nicht zu eigen machen. Zusatzfrage Warweg Welche Prämisse? Wagner (AA) Die Prämisse, die Sie in Ihrer Frage eben länglich dargelegt haben. ‑ Ich habe gesagt, die kompetente internationale Behörde, nämlich die internationale Atomenergiebehörde, hat in einer jüngsten Entschließung sehr klar festgehalten, dass sich der Iran nicht an seine Verpflichtungen in Sachen des Atomprogramms hält. Zuruf Warweg (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Vorsitzende Buschow Jetzt bekommt erst einmal der nächste Fragesteller das Wort, Herr Warweg. Die Liste ist nämlich tatsächlich lang. Zuruf Warweg Entschuldigung, aber wenn ich zwei anspreche, und nur einer antwortet … Vize-Regierungssprecher Hille Herr Warweg, wir alle sitzen hier für die Bundesregierung. Alle Kolleginnen und Kollegen, die hier oben sitzen, sitzen hier für die Bundesregierung. Ich habe dem, was der Kollege Wagner gerade ausgeführt hat, nichts hinzuzufügen. Zuruf Warweg Das heißt, Herr Wadephul spricht jetzt auch für den Kanzler? Vorsitzende Buschow Herr Warweg, ich nehme Sie wieder auf die Liste. Geben Sie vielleicht anderen Kollegen die Chance, ebenfalls eine Frage zu stellen. Jetzt ist der nächste Kollege an der Reihe. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 16.06.2025 Mehr zum Thema: Unterstützte ein Luftbetankungs-Airbus der Luftwaffe den israelischen Angriff gegen den Iran? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134602] Ich will nie wieder das Wort „Völkerrecht“ hören [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134560] Regime Change und Ausschaltung des Atomprogramms? Was sind die Ziele von Netanjahus Angriffskrieg auf den Iran? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134584] Bundesregierung und ihre eklatante Doppelmoral: Gute israelische Bomben, böse iranische Raketen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=122510] [https://vg04.met.vgwort.de/na/72c779dbebe6417498d456991e4a9812]

Kampf- und Überwachungsdrohnen sind der Verkaufsschlager der „Zeitenwende“. Beim Geschäft mit dem Tod aus heiterem Himmel ist Deutschland mit drei Emporkömmlingen ganz vorne dabei. Sie sammeln Unsummen bei Investoren ein, die auf Mensch und Natur pfeifen, und verkaufen sich als Schutzpatron der guten Sache. Ihre Maxime: Leben, ja, aber nicht leben lassen. Von Ralf Wurzbacher. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die Chefs von Helsing haben ihre Lektion in Orwell‘schem Neusprech gelernt. Sie verdienen sich eine goldene Nase am Krieg – dem aktuellen in der Ukraine und denen, die noch kommen werden. Auf der Webseite [https://helsing.ai/de/company] des Münchner Unternehmens sucht man Begriffe wie „Waffen“, „Tod“ oder „Zerstörung“ gleichwohl vergebens. Stattdessen finden sich dort Sätze wie dieser: „Unser Ziel ist es, technologisch führend zu sein, damit demokratische Gesellschaften souveräne Entscheidungen treffen und ihre ethischen Standards kontrollieren können.“ Überhaupt ist von „Ethik“ viel die Rede, von „Ethikfokus“, von „Ethik-Workshops“ und davon, „ethische Überzeugungen in den Mittelpunkt der Entwicklung von Verteidigungstechnologie“ zu stellen. Und das alles „zum Schutze unserer Demokratien“. Das ist Augenwischerei größten Kalibers. Helsing baut unter anderem die Kamikazedrohne HX-2, die inzwischen in großer Zahl auf dem ukrainischen Schlachtfeld zum Einsatz kommt und neuerdings bei der Bundeswehr erprobt wird. Beworben wird sie als „Einwegdrohne“, die „Artillerie, gepanzerte und andere militärische Ziele auf bis zu 100 Kilometer Reichweite“ bekämpfen könne. Dass sie auch verstümmeln und töten kann, behält die PR-Abteilung lieber für sich. Versteht sich ja irgendwie von selbst. Zur Erfüllung ihrer „Mission“ brauchen die Münchner „Menschen, die ihr Herz am rechten Fleck haben“. Iwan, Michail, Dmitri und Sergei kommen nicht in Frage. Ihr Herz hat es beim Einschlag der HX-2 zerfetzt. Krieg macht die Musik Helsing ist Deutschlands Himmelsstürmer auf dem Gebiet moderner Waffentechnologie. Wie es am Dienstag bekannt gab, hat das auf Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Unternehmen weitere 600 Millionen Euro [https://www.manager-magazin.de/unternehmen/tech/daniel-ek-spotify-gruender-investiert-in-deutsches-ruestungs-start-up-helsing-a-7f9636e6-9a70-4e2e-a8b1-c391c21fecae] bei einer Reihe potenter Geldgeber eingesammelt, angeführt von der Investmentgesellschaft Prima Materia des Spotify-Gründers Daniel Ek. Von Haus aus ist Spotify ein Streamingdienst für Musik. Heute gibt der Krieg den Ton an – und lässt die Herzen von Investoren höherschlagen. Neben Prima Materia setzen unter anderem Lightspeed Ventures, Accel, Plural, General Catalyst und die schwedische SAAB AB auf das deutsche Start-up. SAAB, früher einmal ein Autobauer, ist heute einer der weltweit führenden Rüstungskonzerne und produziert den Kampfjet Gripen. Der soll demnächst mit einer KI-Anwendung aus München aufgepeppt werden. Drohnen und KI sind der Renner auf den aktuellen und kommenden Kampfplätzen der Welt. Sie verheißen chirurgische Präzision beim Töten und Zerstören und null menschliche Verluste auf Seiten der Bediener der Waffensysteme. Damit sind sie bestens geeignet, Krieg als Mittel der Politik noch salonfähiger zu machen. Dabei produzieren sie Leid im Überfluss. Wie es heißt, gehen 70 Prozent der Opfer des Ukraine-Kriegs auf das Konto von Drohnen. In einzelnen Schlachten seien es 80 Prozent. Und sie sind, anders als Panzer, eine Art Wegwerfartikel. Vergleichsweise günstig in der Produktion, dürfen sie gerne kaputtgehen, zumal in der Version einer Kamikazedrohne. Das macht ständigen Nachschub unabdingbar und speist den Fluss an Profiten. Und auf keinem anderen Gebiet der Militärtechnik ist der Innovationsdruck so groß. Das nötigt die Besteller, in immer kürzeren Abständen den neuesten Schrei zu ordern. „Wir schätzen das Leben“ Mit der jüngsten Geldspritze hat Helsing mittlerweile 1,34 Milliarden Euro an Fremdkapital aufgetrieben und wird mit einem Marktwert von knapp zwölf Milliarden Euro bewertet. Zum Produktportfolio gehört neben der HX-2 die „Recce/Strike-Plattform“ Altra, ein softwarebasiertes Verbundsystem zur Zielidentifikation und -bekämpfung. Noch nicht ganz marktreif sind die KI Cirra zur elektronischen Kampfführung von Jagdfliegern sowie das System SG-1 + Lura, bei dem ein ganzer Drohnenschwarm zur Unterwasseraufklärung von der Leine gelassen wird. Noch viel Größeres schwebt Firmenmitbegründer Gundbert Scherf mit Blick auf die NATO-Ostflanke vor, nämlich ein mächtiger „Drohnenwall“, bestehend aus Zehntausenden Flugobjekten, unterstützt durch Satelliten und andere Aufklärungssysteme. Scherf war bis Ende 2016 Beauftragter für die strategische Steuerung nationaler und internationaler Rüstungsaktivitäten der Bundeswehr im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) und davor sowie danach für die Unternehmensberatung McKinsey tätig. Ende März ließ er seinen Gedanken gegenüber dem Handelsblatt (hinter Bezahlschranke) freien Lauf: Es sei ein „bisschen paradox, aber gerade autonome Systeme sind für Demokratien gemacht“, befand er. „Wir schätzen das Leben, wir leben auch alle gerne ein gutes Leben. Ich glaube nicht, dass unsere Demokratien einen Abnutzungskrieg, der viele Menschenleben kostet, führen können oder wollen.“ Deshalb: „Asymmetrische Technologie gewinnt!“ – und vernichtet die Leben derer, die nicht ganz so daran hängen? Das hat er nicht gesagt, dafür das: Wie der Fall Ukraine zeige, müssten „mit Masse neue Dilemmata“ erzeugt werden. Mordsspaß in der „Resilienzfabrik“ Für Masse sorgt natürlich Helsing. Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz teilte das Unternehmen mit, für Kiew weitere 6.000 Kampfdrohnen zu bauen, zuzüglich der laufenden Lieferung von 4.000. Gefertigt werden die an einem geheimen Ort in Süddeutschland, in einer sogenannten Resilienzfabrik (RF-1) mit einer Kapazität von monatlich „mehr als 1.000 HX-2“. Resilienzfabriken seien „neue hocheffiziente Produktionsanlagen, die eine souveräne Produktion in demokratischen Nationalstaaten sicherstellen“, erfährt man auf der Firmenseite. Man plane, derlei Standorte „auf dem gesamten europäischen Kontinent zu errichten, (…) unter Nutzung lokaler Lieferketten und Arbeitskräfte“. Solche Arbeitskräfte werden händeringend gesucht. „Schon jetzt herrscht erheblicher Personalmangel“, zitierte das Handelsblatt eine „Rüstungsheadhunterin“. Die Techniker Ben, Alina und Michi haben sich schnappen lassen, nicht durch Helsing, sondern die Konkurrenz von Quantum Systems. Das Start-up aus dem oberbayerischen Gilching gilt als „Europas Innovator in der Drohnenbranche“ [https://www.startbase.de/news/quantum-systems-erhoeht-series-b-finanzierungsvolumen-auf-ueber-100-millionen-euro/] und produziert inzwischen eigens auf ukrainischem Boden. Sein Verkaufsschlager ist die Überwachungsdrohne Vector zum Stückpreis von geschätzt 100.000 Euro. Die WirtschaftsWoche (WiWo) hat der boomenden Branche vor vier Wochen eine ganze Titelstory gewidmet. Im Jubelbeitrag „Aufstieg der Drohnen“ (hinter Bezahlschranke) tauchen auch Ben, Alina und Michel auf, die als lässige Dreißiger mit „Sportkappen, Kopfhörer“ und „stets eine Flasche Paulaner-Spezi in Griffweite“ eine Vector zusammenschrauben. Bum Bum Boris „Bis zu 500 unserer Systeme sind in der Ukraine jeden Tag aktiv“, gibt Quantum-Co-Chef Sven Kruck zum Besten. Von 2022 auf 2024 habe sich der Umsatz auf 125 Millionen Euro verdreifacht, 2026 solle eine halbe Milliarde Euro erreicht sein. Sogar Industrieschlachtschiffe wie Airbus und Hensoldt haben angebissen und bei der jüngsten Finanzierungsrunde im Mai Anteile erworben. Taxiert wird das Unternehmen auf über eine Milliarde Dollar. „Die Fähigkeit, konventionelle Waffensysteme mit unbemannten Systemen zu vernetzen“, schaffe Synergien, „bei denen die Vorteile beider Welten (…) zur Geltung kommen“, wird Rheinmetall-Vorstandsboss Armin Papperger zitiert. „Und Deutschland marschiert vorneweg in diesem Wachstumsmarkt“, freuen sich die WiWo-Schreiber. Möglich mache das alles die „deutsche Spendierfreude“ beim Hochrüsten, wie man im Artikel liest. So erwäge auch Frankreich, seinen Militärhaushalt auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts hochzufahren. Dazu kämen noch bis zu 800 Milliarden Euro, die Brüssel über die EU-Streitkräfte und ihre Lieferanten ausschütten wolle. Es ist gar nicht lange her, da bockte die SPD noch störrisch, als es um die Bewaffnung der Bundeswehr mit Kampfdrohnen ging. Heute kann der „sozialdemokratische“ Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius gar nicht genug davon bekommen. In einem ersten Schritt sollen zunächst „kleinere Stückzahlen solcher Angriffsdrohnen von mehreren Herstellern“ [https://www.sueddeutsche.de/politik/bundeswehr-kamikaze-drohnen-kriegsfuehrung-li.3230750] zu Testzwecken angeschafft werden, hielt Anfang April die Süddeutsche Zeitung (SZ) fest. Bis Jahresende soll die Entscheidung fallen, welche – ein oder zwei – Systeme man in großem Stil besorgen wolle. Der Gewinner solle „vierstellige oder höhere Stückzahlen“ liefern. Allianzen zum Abgewöhnen Im Rennen sind laut WiWo Helsing und Stark Defence. Das ist das jüngste Pferd im Stall der deutschen „Hoffnungsträger“ mit Filialen in Berlin, München und Kiew, von dem geraunt wird, es sei „Deutschlands geheimstes Rüstungsstartup“ [https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/boerse/raetselhafte-website-das-ist-deutschlands-geheimstes-ruestungs-startup-mit-schatten-investor-peter-thiel_H1739799958_260763562_6a6b0667-f910-4f3b-bd87-f1f998fa1bae/]. Dabei sollen auch die Macher von Quantum Systems mitmischen, weil dessen Gesellschafter wie Bayern Kapital und Projekt A nicht in Waffen und Rüstungsgüter investieren dürften, sondern lediglich in „zivile“, also allenfalls Aufklärungsdrohnen. Die Stark-Drohne Virtus kann dagegen richtig ballern, ist seit April auf dem Markt und bereits – was auch sonst – „probeweise“ in der Ukraine am Start. Sie hat eine Reichweite von 100 Kilometern und einen fünf Kilogramm schweren Gefechtskopf. „Wir boxen damit in der schwersten Gewichtsklasse“, sagte Technikchef Johannes Schaback dieser Tage dem Handelsblatt (hinter Bezahlschranke). Das betrifft wohl auch die Hintermänner. Zu den Gönnern von Stark Defence gehört einem Bericht des Manager Magazins (hinter Bezahlschranke) zufolge Schatteninvestor Peter Thiel, ein bekennender Antidemokrat und Libertärer vom Schlage Elon Musk. Er ist Mitbegründer von Paypal, Geldgeber von Facebook sowie Palantir, einer großen Nummer im Geschäft mit Überwachungssoftware. Er gilt außerdem als einer der einflussreichsten Einflüsterer von US-Präsident Donald Trump und zählt wahrscheinlich zu den Sponsoren der pompösen Militärparade am vergangenen Samstag in Washington. Sein Investment bei Stark Defence soll er über Moritz Döpfner angebahnt haben, seinen früheren Chief of Staff und Sohn des Springer-Chefs Matthias Döpfner. Das alles deutet auf ziemlich unappetitliche Allianzen hin. Aber ganz egal, denn die „Mission“ ist und bleibt edel. Ein Blick auf die Firmenwebseite verrät: „Stark wurde mit dem Ziel gegründet, unsere demokratischen Werte zu verteidigen.“ So, wie überhaupt alle Profiteure der „Zeitenwende“ nur das Beste im Schilde führen. Helsings Hauptprodukt ist dabei laut Technikchef Niklas Köhler „die Intelligenz, die auf der Drohne sitzt“. Dabei bleibe allerdings nach dem Konzept „human in the loop“ stets ein Mensch eingebunden. So viel Humanismus muss sein – beim Töten. Titelbild: Titelbild: Fanta Media/shutterstock [http://vg09.met.vgwort.de/na/4677083860e241cfacfafd678b61583b]

In einem aktuellen Brief pocht Spanien auf seine Souveränität und bezeichnet die Rüstungspläne der NATO als „inkompatibel mit dem Fortbestand unseres Wohlfahrtsstaats und unserer Sicht der Welt“. Die deutschen Sozialdemokraten sollten sich an der spanischen Position dringend ein Beispiel nehmen. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Kurz vor dem NATO-Gipfeltreffen kommende Woche in Den Haag hat die spanische Regierung den wichtigsten Beschluss infrage gestellt, der bei der Zusammenkunft gefasst werden soll – die geplante Zusage, dass alle Mitglieder der NATO ihre jährlichen Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung [https://www.nachdenkseiten.de/?p=128907] steigern. Für Spanien wäre diese Festlegung „unvernünftig“ und „kontraproduktiv“, schrieb der sozialdemokratische Premierminister Pedro Sánchez am Donnerstag in einem Brief an NATO-Generalsekretär Mark Rutte, wie Medien berichten [https://www.sueddeutsche.de/politik/sicherheit-spanien-stellt-sich-beim-fuenf-prozent-ziel-der-nato-quer-li.3271647]. Außerdem könnte es das spanische Wirtschaftswachstum gefährden und die Inflation anschieben, wird Sanchez in Medien wiedergegeben [https://www.derwesten.de/politik/mato-forderung-bip-spanien-usa-deutschland-id301641439.html]. Sanchez pocht außerdem auf die Souveränität Spaniens: Spanien sei souverän, so Sanchez, und könne sich nicht zu einem bestimmten prozentualen Anteil verpflichten lassen, den es für Verteidigung ausgeben müsse. In manchen Beiträgen in deutschen Medien werden die sozialpolitischen Begründungen von Sánchez allerdings nicht angemessen zitiert, der Politiker begründet die Ablehnung der NATO-Rüstung nämlich auch mit den Gefahren der sozialen Kürzungen: Eine solch massive Aufrüstung sei „unvereinbar mit unserem Sozialstaat und unserer Weltanschauung“. An dieser an den Interessen der Bürger orientierten Politik könnten sich auch die deutschen Sozialdemokraten ein Beispiel nehmen.* Vorbild für die deutschen Sozialdemokraten? Die Position der spanischen Sozialdemokraten sollte, wie gesagt, den deutschen Sozialdemokraten als Vorbild dienen. Die langfristigen Folgen für die SPD, sollte sie bei ihrem jetzigen militaristischen Kurs bleiben, wären nicht nur politisch und gesellschaftlich dramatisch, sondern auch für die Partei selbst existenzbedrohend. Der Haushalts- und finanzpolitische Sprecher der SPD in der Bürgerschaft Bremen, Arno Gottschalk, hat das in diesem Tweet auf X [https://x.com/ArnoGottschalk/status/1935691697515536506] ganz gut auf den Punkt gebracht: > „Die Folgen der 5% für die SPD: ‚Müsste Deutschland 225 Milliarden Euro für militärische Zwecke ausgeben, wäre nicht nur das Etikett ‚Friedenspartei‘ passé, auch der zweite Identitätskern, Partei der sozialen Gerechtigkeit zu sein, wäre dann hinfällig. Eine dauerhafte Umschichtung so gewaltiger Summen gehe letztlich immer zulasten der Sozialpolitik, sagt Gottschalk. Die SPD würde, wie Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi es ausdrückt, ihre Wurzeln kappen. Insofern ist das Manifest auch ein SPD-Selbstverteidigungspapier, was den Gegnern durchaus bewusst ist, sonst würden sie nicht derart ablehnend reagieren.” Der kommende SPD-Parteitag wäre eine gute Gelegenheit, um den Kriegs-Kurs der SPD zu korrigieren. Das jüngste „Manifest“ von SPD-Friedenspolitikern [https://www.erhard-eppler-kreis.de/manifest/] könnte dafür ein Ausgangspunkt und eine Diskussionsgrundlage sein. Man kann das Friedenspapier mit einer Petition unterstützen – sie findet sich unter diesem Link [https://www.openpetition.de/petition/online/unterstutzung-des-manifests-der-spd-friedenskreise?]. * Aktualisierung 20.6.2025, 11.15 Uhr: An dieser Stelle wurde ein irreführender Satz zu aktuellen Korruptionsskandalen in Spanien entfernt. Titelbild: Ink Drop / shutterstock.com Mehr zum Thema: Liebe Gegner des SPD-Manifests: Ihr seid doch die „Realitätsverweigerer“! [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134597] [https://vg04.met.vgwort.de/na/085434edb627433698f9dab64bf75a99]
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