NachDenkSeiten – Die kritische Website

NachDenkSeiten – Die kritische Website

Podcast door Redaktion NachDenkSeiten

NachDenkSeiten - Die kritische Website

Tijdelijke aanbieding

3 maanden voor € 1,00

Daarna € 9,99 / maandElk moment opzegbaar.

Begin hier

Alle afleveringen

4058 afleveringen
episode „Mehr Angst als Vaterlandsliebe“ – oder: Der Gipfel der Ehrlosigkeit artwork
„Mehr Angst als Vaterlandsliebe“ – oder: Der Gipfel der Ehrlosigkeit

Während Donald Trump auf dem NATO-Gipfel den starken Mann gab, krochen Europas Regierungschefs in vorauseilendem Gehorsam zu Kreuze. Die Fünf-Prozent-Forderung nahmen sie wie ein Dekret entgegen – samt unterwürfigem Kniefall des Generalsekretärs. Ein Bündnis im Ausnahmezustand: angstzitternd, würdelos, selbstverleugnend. Von Leo Ensel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Niemals hätte ich es für möglich gehalten, dass ausgerechnet ich – und auch noch mit voller Überzeugung – diese idiotische Phrase aus dem alten Preußen mal in den Mund nehmen würde. Aber es muss sein! Nach der zum Fremdschämen kläglichen – oder sollte man in diesem Kontext eher altmodisch-passend schreiben „ehrlosen“? – Brüsseler Veranstaltung letzte Woche, als die NATO den Gipfel der Würdelosigkeit erklomm, fällt einem kein anderes passendes Wort mehr ein. Mehr Angst … Man fühlte sich zeitweise wie auf einem panikgeschüttelten Elternabend in der Waldorfschule – mit dem kleinen Unterschied, dass das aufsässige Kind mit dem gestörten Verhältnis zur Realität nicht etwa fehlte, sondern in diesem Fall höchstpersönlich anwesend war. Donald Trump, nun wieder offiziell Commander-in-Chief des größten Militärs der Welt, stolzierte über den NATO-Gipfel wie ein Generalissimus im goldenen Bademantel – und unsere europäischen Regierungschefs, vor Angst schlotternd, beeilten sich auch noch, ihm brav die Pantoffeln hinterherzutragen! Die strammen NATO-Granden, denen der Arsch auf Grundeis ging, überschlugen sich förmlich in devoter Selbstverleugnung. Allen voran NATO-Generalsekretär Mark Rutte, der sich offenbar auf die Rolle des diensthabenden Schoßhündchens minutiös vorbereitet hatte: Seine kriecherische Mail an Präsident Trump [https://truthsocial.com/@realDonaldTrump/posts/114738606142462442] – verfasst im reinsten Trump-Sound, mit viel Pathos und ebenso viel Verachtung gegenüber den Europäern – wurde von diesem gleich genüsslich publiziert. Ein diplomatischer Kniefall – live auf Truth Social. … als Vaterlandsliebe Und wofür das alles? Für einen Präsidenten, der nun nicht mehr zwei, sondern gleich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts als Schutzgeld verlangt – während seine europäischen Vasallen brav nicken und den Brand des eigenen Hauses fahrlässig in Kauf nehmen! Denn: Eine eigene realistische Bedrohungsanalyse gegenüber Russland? Oder wenigstens ein Rückgriff auf das jüngste Dossier der United States Intelligence Community [https://www.blog-der-republik.de/kriegs-alarmismus-in-deutschland-die-u-s-nachrichtendienste-verlieren-in-ihrer-bedrohungsanalyse-2025-kein-wort-ueber-einen-russischen-angriff-auf-ein-nato-land/?utm_source=chatgpt.com]? Fehlanzeige. Die „russische Gefahr“ wird wie ein Naturgesetz hingenommen – alternativlos wie der Verzicht auf russisches Gas, das in besseren Zeiten noch die deutsche Industrie konkurrenzfähig hielt. Stattdessen ruinieren selbstzerstörerische Sanktionen, irrwitzige Aufrüstung und eine geopolitische Eskalationsfreude à la Merz, Pistorius & Co. die wirtschaftliche Grundlage und den sozialen Zusammenhalt ganzer Länder. Und als Gipfel des Wahnsinns erklären sich unsere Politiker auch noch bereit, Mittelstreckenraketen mit Hyperschallgeschwindigkeit und Cruise-Missiles auf deutschem Boden zu stationieren – und damit sehenden Auges über 83 Millionen Menschen in Geiselhaft zu nehmen, sprich: zur Zielscheibe russischer Präventivschläge zu machen. Wer das für Vaterlandsliebe hält, hat seinen Amtseid nicht verstanden – oder längst zynisch entsorgt. Nein: Unsere politische Elite hat heute mehr Angst vor Donald Trump als Verantwortung für das eigene Volk. Der Gipfel der Ehrlosigkeit Dass niemand auf die Idee kam, der Diva aus Washington freundlich, aber bestimmt die Grenzen kollektiver Selbstachtung aufzuzeigen – geschenkt. Stattdessen erlebte man eine transatlantische Travestie in Reinform: Ein Bündnis, einst angetreten, um „die Freiheit des Westens“ zu verteidigen, lieferte sich selbst – im Voraus, kampflos und knieweich – dem größten Risiko seiner Existenz aus. Man hätte nur noch eine Kamera aufstellen und eine Titelmelodie einspielen müssen. Irgendetwas zwischen „House of Cards“ und „Game of Thrones“. Aber wahrscheinlich hätte Trump auch das persönlich als Hommage verstanden und, heimgekehrt, auf Truth Social „They love me. I told them jump, and they asked: ‚How high, Mr. President?‘“ getönt. Was bleibt? Ein bitterer Nachgeschmack. Und die traurige Erkenntnis: Die NATO hat auf ihrem Gipfel vor allem eines gezeigt – dass sie in puncto Selbstachtung derzeit irgendwo zwischen „verloren gegangen“ und „kampflos abgegeben“ rangiert. Oder um es auf den Punkt zu bringen: mehr Angst als Vaterlandsliebe. Titelbild: Ministerie van Buitenlandse Zaken / Bart Maat Wereldleiders, CC BY-SA 4.0

Gisteren - 6 min
episode Menschenrechtskommissar des Europarates kritisiert Bundesregierung wegen Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit artwork
Menschenrechtskommissar des Europarates kritisiert Bundesregierung wegen Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit

Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Michael O’Flaherty, hat in einem am 19. Juni veröffentlichten Brief an Bundesinnenminister Alexander Dobrindt seine Besorgnis über Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland zum Ausdruck gebracht. Explizit verweist er in dem Schreiben auf die behördliche Repression von Protesten gegen Israels Vorgehen in Gaza sowie eine Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs, „um legitime Kritik, auch am Staat Israel, zu unterdrücken.“ Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob Dobrindt die im Brief genannten Kritikpunkte hinsichtlich der behördlichen Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland teilt, und wenn ja, was er an konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation plant. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund In besagtem Schreiben an den Bundesminister des Innern, veröffentlicht unter dem Titel „Der Kommissar fordert die deutschen Behörden auf, die Meinungsfreiheit und das Recht auf friedliche Versammlung im Zusammenhang mit dem Konflikt in Gaza zu wahren“ [https://www.coe.int/en/web/commissioner/-/the-commissioner-asks-the-german-authorities-to-uphold-freedom-of-expression-and-peaceful-assembly-in-the-context-of-the-conflict-in-gaza], äußert der Menschenrechtskommissar des Europarates, O’Flaherty, unter anderem seine Besorgnis „über Einschränkungen der Meinungsfreiheit und der Versammlungsfreiheit von Personen, die im Zusammenhang mit dem Konflikt in Gaza protestieren, sowie über Berichte über übermäßige Gewaltanwendung durch die Polizei gegen Demonstranten, darunter auch Kinder“. Zudem kommt der Kommissar in dem Brief zu dem Schluss, dass es in Deutschland zu Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit „bei Veranstaltungen, Symbolen oder anderen Ausdrucksformen in diesem Zusammenhang“ kommt. In diesem Rahmen erinnert er Innenminister Dobrindt daran, dass „die Mitgliedstaaten gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und den Standards des Europarats zu Meinungsfreiheit nur wenig Spielraum haben, um politische Äußerungen oder Debatten über Fragen von öffentlichem Interesse zu beschränken“. Ebenso fordert O’Flaherty die deutschen Behörden „nachdrücklich auf, darauf zu achten, dass die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der International Holocaust Remembrance Alliance nicht verzerrt, instrumentalisiert oder missbraucht wird, um die Meinungsfreiheit und legitime Kritik, auch am Staat Israel, zu unterdrücken“. Abschließend fordert der Menschenrechtskommissar des Europarates die deutschen Behörden auf, alle Art von Maßnahmen zu vermeiden, „die Personen aufgrund ihrer politischen oder sonstigen Meinungen, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Migrationsstatus diskriminieren“, und betont nochmals die rechtliche Verpflichtung der Bundesregierung, freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung zu gewährleisten: > „Ich bitte Sie daher höflich, die Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung für alle zu gewährleisten und von Maßnahmen abzusehen, die Personen aufgrund ihrer politischen oder sonstigen Meinung, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Staatsangehörigkeit oder ihres Migrationsstatus diskriminieren.“ [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen1.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen1.jpg [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen2.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen2.jpg Auf diesen Brief erhielt der Menschenrechtskommissar am 23. Juni eine Antwort aus dem Bundesinnenministerium, gezeichnet jedoch nicht vom Bundesinnenminister, sondern nur von seinem Staatssekretär Bernd Krösser. Dass eine Antwort auf das offizielle Schreiben eines Menschenrechtskommissars des Europarates nicht vom Minister persönlich gezeichnet wird, ist, das haben den NachDenkSeiten mehrere Quellen, die mit protokollarischen Gepflogenheiten vertraut sind, bestätigt, eher unüblich und gilt eigentlich aus diplomatischer Fauxpas. Die Antwort [https://rm.coe.int/reply-of-german-minister-of-interior-to-the-commisisoner-s-letter/1680b678ee] selbst zeugt von jeglichem Fehlen kritischer Selbstreflexion, sowohl was den behördlichen Umgang mit der Bundesregierung nicht genehmen Protesten als auch der entsprechenden Kritik aus Straßburg angeht: [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen3.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen3.jpg [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen4.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250630-bpk-meinunsfreiheit-Screen4.jpg Kritik des Menschenrechtskommissars an der Bundesregierung ist kein Einzelfall Die Kritik des Menschenrechtskommissars ist dabei nachweislich keine isolierte Wortmeldung, wie es die Antwort von Dobrindt zumindest indirekt impliziert, ganz im Gegenteil. So kommt unter dem Titel „Die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland – Eines der freiesten Länder der Welt versetzt seinem eigenen Ruf einen schweren Schlag“ [https://www.economist.com/europe/2025/04/16/the-threat-to-free-speech-in-germany] der Economist, eine renommierte britische Wochenzeitung, deren Artikel sich regelmäßig in den Pressemappen des Kanzleramtes finden, in einem am 16. April veröffentlichten Artikel zu dem Schluss, dass die freie Meinungsäußerung in Deutschland „zunehmend in Gefahr“ sei. Belegt wird dies anhand zahlreicher Beispiele (eine deutsche Übersetzung des Artikels ist hier einsehbar [https://www.focus.de/politik/analyse-unseres-partners-economist-das-ist-der-briten-text-der-angst-um-deutsche-meinungsfreiheit-schuert_f0f254cf-4b1e-435e-97f1-5f2fdd415044.html]). Auch der aktuelle Bericht von Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit in Deutschland 2025 spricht von massiver Selbstzensur und strengen Sprachregelungen in den Redaktionen deutscher Leitmedien. Unter dem Titel „Nahaufnahme Deutschland 2025: Pressefreiheit im Überblick“ [https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/RSF_Nahaufnahme_Deutschland_2025.pdf] berichtet die Nichtregierungsorganisation, die sich nach eigener Darstellung „für Pressefreiheit und gegen Zensur“ einsetzt, dass sich zahlreiche Journalisten in Deutschland an ROG gewandt haben und von einem „stark verengten Meinungskorridor bei der Arbeit berichteten“. Darüber hinaus ist in dem Bericht, insbesondere in Bezug auf die Nahost-Berichterstattung, „von strengen Sprachregelungen“, „Vorgaben mit dem Ziel …“ sowie „äußerst langwierigen Kontroll- und Aushandlungsprozessen“ die Rede. In Bezug auf die Arbeit von freien Journalisten heißt es abschließend: > „Freie Journalisten berichten, dass angesichts der Unsicherheit in Redaktionen und deren Furcht, von anderen Medien des „israelbezogenen Antisemitismus“ bezichtigt zu werden, diese dazu übergingen, als heikel wahrgenommene Themen auszusparen.“ Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 25. Juni 2025 Frage Warweg Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Michael O’Flaherty, hat in einem am 19. Juni veröffentlichten Brief an Bundesinnenminister Dobrindt seine Besorgnis über eine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland zum Ausdruck gebracht. Explizit verweist er in dem Brief auf die behördliche Repression von Protesten gegen Israels Vorgehen in Gaza. Mich würde interessieren, ob der Brief des Menschenrechtskommissars Herrn Dobrindt erreicht hat. Wenn ja, plant der Minister, auf die dort genannten Kritikpunkte einzugehen, gerade auch, was die Einschränkung der Meinungsfreiheit in Deutschland angeht? Harmsen (BMI) Der Brief hat ihn erreicht. Ich habe mich hier im Grundsatz auch letzte Woche schon dazu geäußert. Ich kann Ihnen mittlerweile mitteilen, dass das BMI in persona unserer Staatssekretäre diesen Brief beantwortet hat, und die Antwort hat der Menschenrechtskommissar des Europarats, glaube ich, heute Vormittag oder vor Kurzem auch auf seiner Internetseite veröffentlicht. Dort können Sie die finden. Zusatzfrage Warweg Der Menschenrechtskommissar des Europarates fordert in dem besagten Brief den deutschen Innenminister dringend auf, darauf zu achten, dass die Arbeitsdefinition von Antisemitismus der Internationalen Allianz zum Holocaustgedenken von deutschen Behörden nicht mehr – ich zitiere ganz kurz – verzerrt, instrumentalisiert oder missbräuchlich angewendet wird, um die Meinungsfreiheit und legitime Kritik auch am Staat Israel zu unterdrücken. Da würde mich noch interessieren: Teilt der Minister diese Beobachtung und Sorge des Menschenrechtskommissars denn? Wenn ja, was plant er an konkreten Schritten, um eine weitere missbräuchliche Anwendung der IHRA-Arbeitsdefinition von Antisemitismus durch deutsche Behörden in Zukunft zu verhindern? Harmsen (BMI) Ich muss Ihnen gestehen, dass ich im Detail hinsichtlich dieser Definition nicht auskunftsfähig bin. Das müsste ich nachreichen. Harmsen (BMI) Herr Warweg, zu Ihrer Frage in Bezug auf die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance kann ich gerne aus dem Schreiben des Staatssekretärs Bernd Krösser an den Menschenrechtskommissar des Europarats zitieren: > „Zu Ihrer Kritik an der Verwendung der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) für Antisemitismus weise ich darauf hin, dass auch nach dieser Definition die Kritik an Israel bzw. an der israelischen Regierung selbstverständlich möglich und nicht pauschal als antisemitisch anzusehen ist. > > Mir liegen keine Erkenntnisse vor, dass deutsche Behörden dies anders sehen oder im Einzelfall die Definition anders nutzen.“ Damit würde ich es auch bewenden lassen. Zusatz Warweg Das heißt, das BMI dementiert die Einschätzung des Menschenrechtskommissars, der explizit von Verzerrung, Instrumentalisierung und missbräuchlicher Anwendung dieser Definition durch deutsche Behörden gesprochen hat. Er hat ja nicht gesagt, dass diese Definition schwierig sei, sondern, dass sie instrumentalisiert und verzehrt (sic!) werde, um seiner Meinung nach legitimem Protest gegen Israels Vorgehen in Gaza behördlich zu unterdrücken. Harmsen (BMI) Ich finde, das, was ich gerade aus der Antwort vorgelesen habe, ist ja sehr eindeutig. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 25.06.2025 Mehr zum Thema: Regierungssprecher Hebestreit nennt internationale Berichte über gefährdete Meinungsfreiheit in Deutschland „abstrus“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=132051] Bundesregierung instrumentalisiert Russland-Sanktionen, um gegen kritische Gaza-Berichterstattung vorzugehen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133956] Pressefreiheit à la BRD: Wieso der deutsche Inlandsgeheimdienst Tageszeitung junge Welt überwacht [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118709] Haftstrafe für Chefredakteur des Deutschland-Kuriers wegen Satire-Bild zu Innenministerin Faeser [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131440] Stellt gezielte Tötung von Journalisten durch Israel für Bundesregierung ein Kriegsverbrechen dar? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=130783] Innenministerium zu Compact-Verbot: „Unmittelbar im Grundgesetz vorgesehen…“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118305] [https://vg04.met.vgwort.de/na/8cc8df3263f54bb3b026a38796eab44d]

Gisteren - 13 min
episode Volks- und Raiffeisenbanken – Finanzkrise im Miniaturformat artwork
Volks- und Raiffeisenbanken – Finanzkrise im Miniaturformat

Volks- und Raiffeisenbanken gelten gemeinhin als konservativ, seriös und bieder. Eigenschaften, die im Alltagsleben vielleicht etwas altbacken daherkommen mögen, sind bei Banken dagegen ein Ausweis von Qualität, Vertrauen und Stärke. Doch mit der heimeligen Idylle ist es bei den Genossenschaftsbanken nun vorbei, denn binnen eines Jahres sind gleich vier Institute in Schieflage geraten: Die Volksbank Düsseldorf Neuss, die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden („Effenberg-Bank“), die Volksbank Dortmund-Nordwest und die Raiffeisenbank im Hochtaunus („Meine Bank“). In allen Fällen sind Immobilien in irgendeiner Form Bestandteil des Problems. Stand heute stehen mehr als 1,2 Milliarden Euro im Feuer. Von Thomas Trares. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die jüngsten Negativnachrichten kommen dabei von der Volksbank Düsseldorf Neuss. Dort hatte Vorstand Heiner Arnoldi auf der Vertreterversammlung [1] Ende Mai deutlich gemacht, dass die Bank ihre finanziellen Lasten „nicht aus eigenen Mitteln“ tragen könne. Daher habe die Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) mit Garantien einspringen müssen. [2] Arnoldi ist einer der beiden Vorstände, die die Finanzaufsicht BaFin bereits im Herbst vergangenen Jahres bei der Volksbank installiert hat. Sein Auftritt auf der Vertreterversammlung war mit Spannung erwartet worden, weil sich die neue Führung hier erstmals öffentlich zur Lage der Bank äußern sollte. Volksbank Düsseldorf Neuss in Betrugsfall verwickelt Der Volksbank Düsseldorf Neuss macht vor allem der Betrugsskandal um das französische Modeunternehmen Kiabi zu schaffen. [3] Die Bank hatte im Sommer 2023 auf Betreiben der früheren Kiabi-Finanzchefin Aurélie Bard 100 Millionen Euro in die Türkei überwiesen. Dort verliert sich dann aber die Spur des Geldes. Bard, eine schillernde, skandalumwitterte Person, die ein ausschweifendes Luxusleben führte, hatte die Volksbank dazu benutzt, um ihren früheren Arbeitgeber um 100 Millionen Euro zu erleichtern. Inzwischen sitzt die frühere Finanzmanagerin in Untersuchungshaft. Kiabi indes fordert nun das Geld von der Volksbank Düsseldorf Neuss zurück. Dass das Institut deswegen Hilfe braucht, ist seit Oktober 2024 bekannt. Auf der Vertreterversammlung kam nun aber noch heraus, dass auch ein nicht näher spezifizierter Kreditbetrag auszufallen droht. Bankvorstand Arnoldi sprach diesbezüglich von einem „hohen Wertberichtigungsbedarf im Kreditgeschäft“. Gerüchten zufolge soll es sich um Darlehen für gewerbliche Wohnimmobilien handeln. [4] Auch die Raiffeisenbank im Hochtaunus befindet sich derzeit in Schieflage. Erst vor wenigen Wochen machte das Institut deutlich, dass es seinen Finanzbedarf nicht mehr aus eigener Kraft decken kann. In einer Pressemitteilung, in der es eigentlich um die angedachte Fusion mit der Volksbank Mittelhessen ging, war zu lesen, dass sich die Bank „vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der eigenen geschäftspolitischen Ausrichtung mit Wertberichtigungsbedarfen im Kreditgeschäft konfrontiert“ sieht. [5] Nach Angaben der Börsen-Zeitung soll sich ein Finanzloch von 400 Millionen Euro auftun. Als Ursache wurden fehlgeschlagene Geschäfte mit bundesweiten Gewerbeimmobilien genannt. [6] Raiffeisenbank mit außergewöhnlicher Strategie Die Raiffeisenbank im Hochtaunus ist mit einer Bilanzsumme von 2,4 Milliarden Euro zwar eine relativ kleine Bank, gleichwohl hat sie schon mehrfach für Aufsehen gesorgt. Im Herbst 2022 erklärte das Institut, alle Filialen schließen zu wollen, um dann unter dem Label „Meine Bank“ mit einem Onlinekonto und besonders attraktiven Konditionen bundesweit auf Kundenfang zu gehen – für eine Genossenschaftsbank sind dies äußerst ungewöhnliche Vorgänge. Darüber hinaus hat das Institut in den vergangenen Jahren die gewerbliche Immobilienfinanzierung stark hochgefahren. Im Februar dieses Jahres kam dann heraus, dass die BaFin der Bank ein Kreditverbot auferlegt hat, sie also keine gewerblichen Immobiliendarlehen mehr vergeben darf. [7] Im April nahm dann Vorstandschef Achim Brunner seinen Hut. [8] Den größten Schaden indes hat bislang die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden angerichtet. Diese hat von der Sicherungseinrichtung des BVR bereits Zuschüsse und Garantien von 560 Millionen Euro erhalten. [9] Auch hier waren Abschreibungen und Wertberichtigungen auf Immobilien, Beteiligungen und Kreditausfälle die Ursache. Die früheren Vorstände sollen nun auf Schadenersatz verklagt werden, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue. Die VR-Bank wird gern auch als „Effenberg-Bank“ bezeichnet, weil sie den früheren Fußballprofi Stefan Effenberg zeitweise als Experten für Fußballkredite beschäftigt hatte. Bei dem vierten in Schieflage geratenen Institut handelt es sich um die Volksbank Dortmund-Nordwest, die schon vor einem Jahr Garantien von gut 130 Millionen Euro in Anspruch nehmen musste. Der Bank wurden riskante Geschäfte mit Immobilien-Spezialfonds zum Verhängnis. Belastungen in Milliardenhöhe Unter dem Strich summieren sich die potenziellen Belastungen aus diesen vier Fällen auf mehr als 1,2 Milliarden Euro, wobei die zuletzt von der Volksbank Düsseldorf Neuss in den Raum gestellten zusätzlichen Wertberichtigungen hier noch nicht berücksichtigt sind. Sämtliche Risiken werden bislang noch durch Garantien der Sicherungseinrichtung des BVR abgedeckt. In diesen Haftungsverbund zahlen alle BVR-Mitgliedsbanken ein, um in Not geratene Gruppenmitglieder zu stützen und gegebenenfalls zu sanieren. Der genossenschaftliche Finanzverbund besteht aktuell aus 672 Mitgliedsbanken, dazu zählen die Volksbanken, Raiffeisenbanken, PSD-Banken, Sparda-Banken, aber auch das genossenschaftliche Zentralinstitut DZ Bank, genossenschaftliche Hypothekenbanken wie die DZ Hyp und sonstige Spezialinstitute wie die Bausparkasse Schwäbisch Hall oder die Fondsgesellschaft Union Investment. Auffällig ist, dass die Volksbankenkrise außerhalb der Wirtschafts- und Lokalpresse bislang kaum Wellen geschlagen hat. Dies mag daran liegen, dass die Krisenfälle bislang noch beherrschbar erscheinen. So kommt die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe aktuell auf eine Bilanzsumme von knapp 1,2 Billionen Euro, der potenzielle Schaden von 1,2 Milliarden Euro macht somit nur einen Bruchteil aller bei den Volksbanken gebündelten Vermögenswerte aus. Zudem präsentierten sich die Genossenschaftsbanken insgesamt zuletzt in einer stabilen Verfassung. Im vergangenen Jahr haben sie mit addiert 9,5 Milliarden Euro vor Steuern sogar ein neues Rekordergebnis erzielt. [10] Und nicht zuletzt dürfte dem Genossenschaftsbankensektor auch seine dezentrale Struktur zugutekommen. Zu Zeiten der Finanzkrise galt ja gerade das deutsche Drei-Säulen-Modell aus Privatbanken, öffentlich-rechtlichen Sparkassen und den genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken als vorbildlich, weil es hier noch viele kleine, regional aufgestellte Institute gibt, die exogene Schocks besser absorbieren können als das angelsächsische Modell mit wenigen Großbanken. Bordell-Immobilien und Weideflachen Gleichwohl sollte dies nicht über bestehende Missstände hinwegtäuschen. So drängt sich insbesondere die Frage auf, wie es sein kann, dass einzelne Bankvorstände offenbar ungehindert wie geltungssüchtige Provinzfürsten agieren, hohe Risiken eingehen und ganze Institute an den Rand des Abgrunds führen können. Die VR Bank Bad Salzungen Schmalkalden etwa unterhielt Bordell-Immobilien in Oberhausen und Weideflächen für Bisons in der Oberlausitz. Zudem beschäftigte sie für das Geschäft mit Fußballkrediten mit Stefan Effenberg einen Ex-Profikicker, der einen gewissen Glamour ausstrahlt und früher auf dem Platz selbst als „Enfant terrible“ verschrien war. Hohe Verluste machte die Regionalbank aus Thüringen unter anderem mit einem fünfstöckigen Plattenbau auf Sylt, der Insel der Schönen und Reichen. [11] Die Volksbank Dortmund-Nordwest dagegen fiel unter anderem dadurch auf, dass sie extrem riskante Geschäfte mit Immobilien-Spezialfonds einging. Das Finanzportal Finanzszene sprach in diesem Zusammenhang auch von „einem klassischen Hebelgeschäft im Stile eines Hedge-Fonds“. Die Bank sei dabei immer mehr „all in“ gegangen. [12] Und bei der Volksbank Düsseldorf Neuss liegt offenbar in der Geldwäsche- und Betrugsprävention einiges im Argen. So soll es schon bei der Kontoeröffnung durch die inzwischen inhaftierte Französin Bard mahnende Stimmen gegeben haben, die jedoch allesamt in den Wind geschlagen wurden. [13] Wohin geht die Reise? Letztendlich handelt es sich bei den aktuell im Feuer stehenden 1,2 Milliarden Euro auch nur um einen Richtwert, denn ob die Garantien allesamt in Anspruch genommen werden, ist bislang noch offen. Der tatsächliche Finanzbedarf kann also auch geringer ausfallen, aber auch höher – denn niemand weiß, wo noch Risiken lauern. Im März etwa war der BVR auf seiner Jahrespressekonferenz noch von einem Finanzloch von fast 500 Millionen Euro ausgegangen, inzwischen ist es mehr als doppelt so groß. Und ein möglicher fünfter Pleitekandidat ist auch schon gefunden. So hat das Bankhaus RSA mit Sitz in Rechtmehring im bayerischen Landkreis Mühldorf am Inn kürzlich mitgeteilt, dass „die Bank weiterhin voll leistungsfähig“ sei und „alle Bankdienstleistungen uneingeschränkt zur Verfügung“ stünden. Kurz zuvor hatte Vorstandssprecher Alfred Pongratz die Bank verlassen. Die Unruhe soll mit schiefgelaufenen Immobiliendeals zusammenhängen. [14] Titelbild: shutterstock.com ---------------------------------------- [«1] wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/genossenschaftsorgane-32241 [https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/genossenschaftsorgane-32241] [«2] rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/volksbank-duesseldorf-neuss-5-neue-erkenntnisse-nach-dem-betrugsfall_aid-128240789 [https://rp-online.de/nrw/staedte/duesseldorf/volksbank-duesseldorf-neuss-5-neue-erkenntnisse-nach-dem-betrugsfall_aid-128240789] [«3] manager-magazin.de/unternehmen/volksbank-aurelie-bard-ist-… [https://www.manager-magazin.de/unternehmen/volksbank-aurelie-bard-ist-die-schluesselfigur-beim-volksbank-skandal-duesseldorf-neuss-a-7cf1a6d5-38f2-4a89-bba0-f722c7dcb460] [«4] handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/genossenschaftsbank-volksbank-duesseldorf-neuss-hat-noch-mehr-probleme/100131323.html [https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/genossenschaftsbank-volksbank-duesseldorf-neuss-hat-noch-mehr-probleme/100131323.html] [«5] meinebank.de/content/dam/f0636-0/Pressemitteilungen/Pressemitteilung%20-%20Raiffeisenbank%20im%20Hochtaunus… [https://www.meinebank.de/content/dam/f0636-0/Pressemitteilungen/Pressemitteilung%20-%20Raiffeisenbank%20im%20Hochtaunus%20-%20Vertreter%20signalisieren%20Unterst%C3%BCtzung%20zur%20Fusion%20mit%20der%20Volksbank%20Mittelhessen.pdf] [«6] boersen-zeitung.de/meinung-analyse/ein-milliardenloch-tut-sich-auf [https://www.boersen-zeitung.de/meinung-analyse/ein-milliardenloch-tut-sich-auf] [«7] faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/bafin-erteilt-raiffeisenbank-im-hochtaunus-ein-kreditverbot-110311474.html [https://www.faz.net/aktuell/rhein-main/wirtschaft/bafin-erteilt-raiffeisenbank-im-hochtaunus-ein-kreditverbot-110311474.html] [«8] meinebank.de/content/dam/f0636-0/Pressemitteilungen/2025_04_14_Pressemitteilung… [https://www.meinebank.de/content/dam/f0636-0/Pressemitteilungen/2025_04_14_Pressemitteilung%20-%20Achim%20Brunner%20verl%C3%A4sst%20Raiffeisenbank%20im%20Hochtaunus%20eG.pdf] [«9] handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/vr-bank-effenberg-bank-braucht-risikoabschirmung-von-560-millionen-euro/100130359.html [https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/banken/vr-bank-effenberg-bank-braucht-risikoabschirmung-von-560-millionen-euro/100130359.html] [«10] faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/bvr-pocht-auf-teilnahme-an-aufsichtsratssitzungen-kriselnder-vr-banken-110347860.html [https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/bvr-pocht-auf-teilnahme-an-aufsichtsratssitzungen-kriselnder-vr-banken-110347860.html] [«11] manager-magazin.de/unternehmen/banken/volksbank-verkorkste-start-up-… [https://www.manager-magazin.de/unternehmen/banken/volksbank-verkorkste-start-up-investitionen-dubiose-immobiliendeals-was-den-ex-vorstaenden-der-effenberg-bankvorgeworfen-wird-a-2629a98a-2778-44f3-8e5a-a0158cc97d88] [«12] ruhrnachrichten.de/dortmund/volksbank-dortmund-nordwest-fusion-bankenrettung-geschaeftsbericht-verluste-stuetzungsfonds-w934103-2001373396/ [https://www.ruhrnachrichten.de/dortmund/volksbank-dortmund-nordwest-fusion-bankenrettung-geschaeftsbericht-verluste-stuetzungsfonds-w934103-2001373396/] [«13] schwaebische.de/wirtschaft/riskante-deals-der-volksbankchefs-volksbanker-auf-abwegen-deals-was-bedeutet-das-fuer-unser-geld-3154010 [https://www.schwaebische.de/wirtschaft/riskante-deals-der-volksbankchefs-volksbanker-auf-abwegen-deals-was-bedeutet-das-fuer-unser-geld-3154010] [«14] pnp.de/lokales/landkreis-muehldorf/beben-beim-bankhaus-rsa-vorstand-pongratz-nun-offiziell-weg-18742388 [https://www.pnp.de/lokales/landkreis-muehldorf/beben-beim-bankhaus-rsa-vorstand-pongratz-nun-offiziell-weg-18742388]

Gisteren - 11 min
episode Merz will Europa zu „neuer Stärke“ führen – bitte, alles nur das nicht! artwork
Merz will Europa zu „neuer Stärke“ führen – bitte, alles nur das nicht!

Friedrich Merz hat seinen ersten EU-Rat hinter sich gebracht und teilt der Öffentlichkeit über die Plattform X mit: „Wir Europäer müssen zu neuer Stärke finden.“ [https://x.com/bundeskanzler/status/1938362676436210056] Das wirft die Frage auf: Wie soll das aussehen? Mit gigantischen Aufrüstungsprogrammen? Mit 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die NATO? Mit Panzern und Raketen? Auf diese „Stärke“ sollte Europa ganz schnell verzichten. Denn sie führt in den Abgrund. Ein Kommentar von Marcus Klöckner. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. „Nur wenn wir mit einer Stimme sprechen, werden wir uns in einem rauen, geopolitischen Umfeld behaupten können. Wir Europäer müssen zu neuer Stärke finden“, schreibt Merz auf der Plattform X. Beispielhaft spiegeln diese Zeilen wider, was passiert, wenn Politik Ursache und Wirkung verkennt. Das, wie Merz es nennt, „raue, geopolitische Umfeld“, gegen das sich die deutsche Politik nun wappnen will, hat sie nämlich selbst geschaffen. Die außen- und geopolitischen Verwerfungen sind nicht denkbar ohne zwei Böcke, die sich aneinander stoßen. Da ist Russland. Und da ist die NATO. Da sind die Sicherheitsinteressen Russlands. Da sind aber auch handfeste geostrategische Interessen des Militärbündnisses bzw. jener Mächte, die hinter ihm stehen. Mit anderen Worten: Merz – wie nahezu die gesamte deutsche Politik – nimmt das Geld der Steuerzahler in die Hand, um gegen ein Problem vorzugehen, das die Politik selbst geschaffen hat. Von daher: Die deutsche und europäische Politik erinnert an das Prinzip Nepper, Schlepper, Bauernfänger. Man denke an windige Gesellen, die in der Nacht auf ein Hausdach steigen, um einen Schaden zu verursachen. Am nächsten Tag klingeln sie bei den Eigentümern und schlagen freundlich vor, den entdeckten Schaden „sehr günstig“ zu reparieren. Aus welchem Grund soll Europa zur „neuen Stärke“ finden? Und: Wie soll diese Stärke aussehen? Wenn Merz hier von einem „geopolitischen Umfeld“ spricht, ist doch klar, worum es geht: Europa soll zu einer Militärmacht werden. Die Stärke, von der hier die Rede ist, ist eine militärische Stärke. Und dazu passt ja auch die Politik: Aufrüsten, Hochrüsten. Mehr Panzer, mehr Raketen. Sowohl die deutsche als auch die europäische Politik zeigt eine immer hässlicher werdende Seite. Die Saat des Destruktiven beginnt zu keimen. Wenn ein Land über 1 Billion an neuen Schulden aufnehmen will, um gegen einen Feind hochzurüsten, dann hat das Primat des Militärischen längst übernommen. Dann stehen an erster Stelle Panzer, Raketen und Waffen – und nicht etwa die Armutsbekämpfung und die Fokussierung auf die schweren innergesellschaftlichen und innerpolitischen Verwerfungen. Merz „zwitscherte“ übrigens auch die folgenden Zeilen [https://x.com/bundeskanzler/status/1937827810527056176]: > „Wir statten die NATO mit wesentlich besseren Mitteln aus. Nicht, um jemandem einen Gefallen zu tun, sondern aus eigener Erkenntnis: Russland bedroht die gesamte politische Ordnung unseres Kontinents. Vor allem Europa muss mehr für die eigene Verteidigungsfähigkeit tun.“ Der Kanzler der Bundesrepublik stellt Russland als eine Art ultimativen Feind dar. Deswegen soll Europa „stark“ werden. Um gegen ein Russland bestehen zu können, das angeblich ganz Europa bedroht. Nein, bitte, eine solche „Stärke“ braucht das Friedensprojekt Europa nicht. Denn diese „Stärke“ wird das friedliche Europa in ein Trümmerfeld verwandeln. Ist das so schwer zu verstehen? Titelbild: shutterstock.com[http://vg04.met.vgwort.de/na/1940cd5248934d38a45b660772576eeb]

Gisteren - 4 min
episode Die freundliche Erscheinung der Zerstörungsmaschine artwork
Die freundliche Erscheinung der Zerstörungsmaschine

Die Propaganda für Aufrüstung und Eskalation ist allumfassend, setzt schon früh ein und will sich ein freundliches Gesicht geben. Dazu kommt: Da die Katastrophe des letzten großen Krieges in Europa über 80 Jahre zurückliegt, verblasst die Erinnerung an den Horror. Umso befreiter können die Militaristen wieder von „Kriegstüchtigkeit“ sprechen. Von Bernhard Trautvetter. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die Politik der Militarisierung gewinnt den Charakter einer allumfassenden Gehirnwäsche, die bereits im jüngsten Alter von früher Kindheit beginnt. Sie erreicht die Menschen über die unterschiedlichsten Medien, darunter auch große Bereiche der Unterhaltungsindustrie, der Werbung im öffentlichen Raum und auch in der Bildung, seien es Schulen, Bewerbungsmessen und Karriereberatungen [https://www.sueddeutsche.de/bildung/bundeswehr-schule-jobmesse-karriereberater-1.5006302]. Die umfassende Vorbereitung auf Krieg im Sinne einer Kriegstüchtigkeit [https://esut.de/2025/01/fachbeitraege/56136/kriegstuechtigkeit-als-gemeinschaftsaufgabe-europas-sicherheit-unter-druck/] in unserem Land folgt vor allem seit der von Olaf Scholz ausgerufenen ,Zeitenwende‘ der Grundorientierung „Wenn Du den Krieg anstrebst, dann bereite den Krieg vor!“ Die Bundeszentrale für politische Bildung‹ definierte 2020 Militarismus [https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/307669/wenn-du-frieden-willst-bereite-krieg-vor/] als ein Konzept, „sich auf Krieg vorzubereiten und Kriegführung als Mittel der Politik zu normalisieren“. Der Horror des Krieges verblasst In Deutschland ist das jahrzehntelang auf die Hürden der Geschichte gestoßen, hat unser Land doch zwei fatale Weltkriege ausgelöst und erlitten. Die Erinnerungen der Nachkriegszeit waren noch geprägt von den Traumata nach den Bombennächten, Frontkämpfen, Angst, Verlust, Trauer sowie auch von Hunger und Verzweiflung. Circa 14 Millionen Menschen in Deutschland hatten direkt Fluchterfahrungen [https://www.planet-wissen.de/geschichte/deutsche_geschichte/flucht_und_vertreibung/index.html] gesammelt, sie verließen ihr bisheriges Leben, um sich vor der näher rückenden Kampfzone – der Front – in Sicherheit zu bringen. Kriegsmüdigkeit und Friedensverstiegenheit waren Ergebnisse der Erfahrung der Jahre. Das alles verblasst inzwischen, da die Katastrophe des letzten großen Krieges in Europa über 80 Jahre zurückliegt. Die junge Generation hat Eltern, die erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges geboren wurden. Nun können die Militaristen wieder von Kriegstüchtigkeit sprechen. Dies nützt Deutschlands beliebtester Politiker aus – Boris Pistorius erklärte am 5. Juni 2024 [https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw23-de-regierungsbefragung-1002264]: „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein.“ Er nutzt die Tatsache, dass von der Generation, die den Zweiten Weltkrieg erlebt hat, nur noch wenige Menschen leben. Er machte Russland als Bedrohung aus – „nicht nur für Georgien und Moldawien, sondern ‚letztlich auch für die Nato‘“. Die wenigsten Menschen haben noch eine Erinnerung daran, dass das Gebiet Russlands im letzten Jahrhundert zwei Mal von Deutschland aus mit Krieg überzogen wurde. Die gesamte Propaganda für Kriegstüchtigkeit blendet die Tatsache aus, dass die NATO die Spannungen in Osteuropa wissentlich bis zur Kriegsgefahr gesteigert hat, indem sie den Zwei-plus-Vier-Vertrag [https://www.bpb.de/themen/deutsche-einheit/zwei-plus-vier-vertrag/44112/praeambel/] zur Vereinigung der zwei deutschen Staaten, die OSZE-Charta von Paris (von 1990) [https://www.osce.org/files/f/documents/5/b/39518_0.pdf] zur gemeinsamen Friedensordnung in gegenseitiger Sicherheit mit ihrer Ost-Expansion gebrochen hat, obwohl kompetente und anerkannte Diplomaten und Strategen aus NATO-Staaten davor gewarnt hatten, dass dieser Bruch internationalen Rechts die Gefahr von Kriegen unverantwortlich steigert. So sprach George F. Kennan bereits 1997 in der New York Times von einem schicksalhaften Fehler [https://www.nytimes.com/1997/02/05/opinion/a-fateful-error.html]. Die Kommunikationsexperten des militärisch-industriellen Komplexes Im Bundestag betonte Boris Pistorius am 5. Juni 2024 [https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw23-de-regierungsbefragung-1002264] im Hinblick auf den aktuell die Medienberichterstattung dominierenden Krieg in der Ukraine, dass dieser Staat unterstützt werden müsse, um einen russischen Sieg zu verhindern. „Wir müssen bis 2029 kriegstüchtig sein … Wir müssen Abschreckung leisten, um zu verhindern, dass es zum Äußersten kommt.“ Hier vermied Pistorius das Wort Krieg noch, er gab an, junge Frauen und Männer, die dieses Land verteidigen können, würden gebraucht. O-Ton: „Wir müssen durchhaltefähig und aufwuchsfähig sein.“ Er erwarte eine Novellierung der Gesetze zum ,Wehrdienst‘ und die bestmögliche Ausrüstung, „vom Kampfpanzer bis zur mobilen Feldküche“. Die NATO hat nicht nur mit den Traumata der Weltkriege zu kämpfen, sondern auch mit denen des Vietnamkrieges, den auch viele heute junge Menschen nicht mehr auf dem Schirm haben, wenn sie die NATO und die USA als Schutzmacht wahrnehmen: Die USA haben den Vietnamkrieg nicht im Kampfgeschehen, sondern in den Medien verloren [https://www.frankfurter-hefte.de/artikel/zwischen-berichterstattung-und-propaganda-2961/], die immer mehr Unrecht und Grausamkeit des Krieges, von Bildern unterstützt, verbreiteten. Die Kommunikationsexperten des militärisch-industriellen Komplexes haben ihre Lektion mit viel Unterstützung und Medienmacht, mit viel Geld und Personal gelernt. So etwas wie damals soll ihnen nicht noch einmal passieren, denn die Militärs bereiten die NATO-Staaten auf Großes vor, wie es der Operationsplan Deutschland [https://www.bundeswehr.de/resource/blob/5920008/5eb62255741addec3f38d49a443d0282/booklet-operationsplan-deutschland-data.pdf] offenbart: > „Der OPLAN DEU umfasst den Einsatz der Bundeswehr in Deutschland in Frieden, Krise und Krieg und damit die Bandbreite von Heimatschutz bis zur nationalen territorialen Verteidigung. Die Fähigkeit, im Falle einer Zuspitzung der sicherheitspolitischen Lage sehr schnell große Truppenkontingente der NATO an die Ostfanke des Bündnisses zu verlegen, ist der zentrale Pfeiler der konventionellen Abschreckung. Deutschlands wesentliche Aufgabe besteht darin, als Drehscheibe Deutschland den Aufmarsch und die Versorgung verbündeter und eigener Streitkräfte gesamtstaatlich sicherzustellen. In den Planungen der NATO müssen mehrere Hunderttausend Soldatinnen und Soldaten durchgängig logistisch und medizinisch versorgt werden. Zu diesem Zweck werden im OPLAN DEU Anforderungen an die Bundeswehr und an andere staatliche und zivile Akteure in der gesamtstaatlichen und gesamtgesellschaftlichen Verteidigung festgehalten.“ Vom Volksfest bis zur Militär-Bibel Um diesen allumfassenden Plan umsetzbar zu machen, setzen die Militaristen eine umfassende und schleichende sowie offene Infiltration der Gehirne und Gefühlswelten der Menschen in Gang: Die Bundeswehr ‚bereichert‘ Volksfeste [https://www.reservistenverband.de/bayern/oberpfalz-ost/aktuelles/eine-coole-sache/]; sie benutzt wohltuende Worte wie „Family &Friends“, „Malbüchlein“ für die Kleinsten, Modellbauausstellungen für die etwas Größeren; die ,Reserve‘ wirbt mit dem Spruch [https://reservisten.de/] „Die Zeiten ändern dich – Bereit sein ist alles“; der Arbeitskreis Soldaten rundet das Bild ab mit einer Bibel in Tarnfarben [https://www.ak-soldaten.de/material/flecktarnbibel/] für alle, wirklich alle Lebensphasen, bis zum Ende. O-Ton der Werbung für das Werk: Es „enthält … einen Hinweis über den Plan Gottes für dein Leben. Die Bibel gibt dir in jeder Situation des Lebens hilfreiche Denkanstöße und entscheidende Wegweisung.“ Bis zum Moment des Tötens oder auch dem des eigenen Todes im Gefecht. Titelbild: Olena Yakobchuk / Shutterstock

29 jun 2025 - 7 min
Super app. Onthoud waar je bent gebleven en wat je interesses zijn. Heel veel keuze!
Super app. Onthoud waar je bent gebleven en wat je interesses zijn. Heel veel keuze!
Makkelijk in gebruik!
App ziet er mooi uit, navigatie is even wennen maar overzichtelijk.

Tijdelijke aanbieding

3 maanden voor € 1,00

Daarna € 9,99 / maandElk moment opzegbaar.

Exclusieve podcasts

Advertentievrij

Gratis podcasts

Luisterboeken

20 uur / maand

Begin hier

Alleen bij Podimo

Populaire luisterboeken