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Unsere Medien manipulieren ohne Rücksicht auf Verluste. Heute meldet die Regionalzeitung Die Rheinpfalz auf der Basis einer dpa/adh-Meldung: „Merz verspricht Hilfe gegen russische Bedrohung“. Im Einführungstext ist von der „wachsenden Gefahr durch Russland“ die Rede. Und dann wird ein Foto abgedruckt. Es zeigt den Bundeskanzler, den Bundesverteidigungsminister und deutsche Soldaten mit einer deutschen Flagge in Litauen. Im Text heißt es „Abschreckung und Verteidigung sind Deutschlands Top-Prioritäten“. Und zu Anfang des Textes wird wie selbstverständlich als vernünftig unterstellt, dass die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erhöht werden und weitere 1,5 Prozent zusätzlich für militärisch notwendige Infrastruktur ausgegeben werden sollen, also 5 Prozent insgesamt. – Der helle Wahnsinn. Nicht für die Zeitung und nicht für den abgebildeten Kanzler und Minister. Albrecht Müller. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Jetzt wird unsere Freiheit nicht mehr am Hindukusch verteidigt, sondern im Baltikum. Da ich schon einige Jahre auf dem Buckel habe, sind mir die Tiefen und Höhen der Sicherheitsdebatte noch aus eigenem Erleben bewusst. Es fing so blöd wie heute an – mit Adenauers CDU-Anzeigen. „Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau“. Siehe hier: [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250523-Militarisierung-darum-cdu.jpg] Dann kamen einige deutsche Politiker nach dem Mauerbau von 1961 zur Besinnung. Im Sommer 1963 berichtete der SPD-Vorsitzende Brandt und sein Weggefährte Egon Bahr auf einer Tagung der Evangelischen Akademie in Tutzing von neuen Überlegungen: „Wandel durch Annäherung“ lautete jetzt die Parole. Das bedeutete praktisch: Verhandeln, zusammenarbeiten, sich annähern, um damit auch einen inneren Wandel beim politischen Gegner im Osten zu erreichen. Das betraf damals neben Russland auch Polen, Tschechien, Ungarn usw. Diese Strategie hat funktioniert. Am 28. Oktober 1969 erklärte der neue Bundeskanzler, Willy Brandt: „Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein“. Es kam zum Botschafteraustausch und zu verschiedenen Verträgen mit Moskau, mit Warschau, mit Prag. Der Kern dieser Verträge: Gewaltverzicht. – Zwischenfrage: Warum geht das heute nicht? Und dann kam es zur KSZE, zur Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, und zur OSZE, zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Heute suchen die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker ihr Glück in der Aufrüstung. Das kann man gut und gerne die „Militarisierung der Politik“ nennen. Welch ein Rückschritt!! Welch ein Wahnsinn! Die meisten Medien folgen dem wie dumme Lämmer. Im konkreten Fall hat die Geschichte auch noch ein Nebenkapitel: Kanzler Merz und Verteidigungsminister Pistorius haben sinnigerweise ein Land zur neuerlichen Verkündung ihrer dummen Sprüche gewählt, das beim letzten großen Krieg in Europa sowohl Opfer des deutschen Militärs und der Nazis als auch Opfer des sowjetischen Militärs geworden war: Litauen und die baltischen Staaten insgesamt. Dass die beiden Politiker diesen Zirkus mitmachen, enttäuscht. Sie sind offensichtlich wie die meisten Medien Opfer westlicher Propaganda. Diese macht blind. Der beschriebene Rückschritt lässt übrigens trotz allem hoffen. Es könnte ja wie zwischen den 1950er-Jahren und 1963/1969 noch einmal eine Wende zur Vernunft geben. Das setzt voraus, jetzt die laufende Eskalation der Konfrontation zu stoppen.

Eine klassizistische Statue musste aus einer Bundesbehörde weichen. Weil sie durch ihre Nacktheit Anstoß hätte erregen können. Tat sie zwar nicht, aber sicher ist sicher, dachte sich die Gleichstellungsbeauftragte. Ob sie auch das Internet verbieten würde? Ein Akt der Verzweiflung von Ralf Wurzbacher. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Eine bronzene Statue, splitternackt, im öffentlichen Raum. Wo gibt‘s denn sowas? Beziehungsweise: Wo gibt‘s denn sowas nicht? Also nicht mehr? Antwort: Im Foyer des Bundesamts für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) in Berlin-Weißensee. Bis irgendwann im Sommer des Vorjahres stand da noch die „Venus Medici“ und entzückte mit ihrer Schönheit und Erhabenheit die Ankömmlinge einer Behörde, deren Name und Metier so steif, bieder und deutsch anmuten wie Bockwurst mit Senf. Nun ja, womöglich, vielleicht, eventuell mag der Anblick der Figur manch einem die Sinne so berauscht haben, dass ihm die Kontrolle über den Unterleib entglitt und – Sie wissen schon … Schließlich soll es ja Zeitgenossen geben, schrieb am Montag die Berliner Zeitung (hinter Bezahlschranke), die sich in städtischen Parkanlagen an bloßen Frauen- oder auch Männerskulpturen vergehen, beglaubigt durch „verräterisch glänzende Berührungsstellen an gewissen erogenen Zonen“. Mithin würden die Schutzlosen sogar schamlos mit Farbe, Speichel oder was auch immer besudelt. Objekt der Begierde? Über die Venus vom Amt ist derlei nichts überliefert. Wie es heißt, wäre nie irgendwer gegen sie übergriffig geworden, hätte sie betatscht oder in MeToo-Manier bekleckert. Und keiner habe je geklagt, die Bronze als anstößig zu empfinden. Und dennoch musste sie weichen, nach zehn langen Jahren, umwittert von bürokratischer Muffigkeit. Denn es gab doch wen, offenbar nur eine Einzige, für die ihre Erscheinung zum Problem wurde. Es war dies die Gleichstellungsbeauftragte des Hauses. Von ihr erging ein Hinweis an höhere Stelle, wonach die metallene Plastik ein sexistisches Ärgernis sein „könnte“, woraus sich Handlungsbedarf aufgrund des Bundesgleichstellungsgesetzes ergeben würde. Und so „ergab“ es sich, dass alles ganz schnell ging. Die Alarmierte schlug beim Bundesverwaltungsamt (BVA) Alarm, das die fragliche Liegenschaft bewirtschaftet und dieser Tage, zehn Monate später, ausrichten ließ, das vermeintliche Objekt der Begierde Mitte Juli 2024 an die Kunstverwaltung des Bundes überstellt zu haben. Allerdings sei das BADV „weder über die Entfernung des Kunstwerkes noch über die Gründe informiert“ worden, teilte dessen Pressestelle mit. Was zweierlei Schlüsse erlaubt: Das Amt stellt sich dumm, schließlich macht man sich gerade zum Gespött der BILD-Zeitung [https://www.bild.de/leben-wissen/kultur/wirbel-in-bundesamt-venus-figur-verschwindet-nach-sexismus-beschwerde-6826e7a26ebf7d29dc9297d5]. Oder es beschäftigt eine Gleichstellungsbeauftragte, die sich selbstherrlich über Geschäftsleitung und Belegschaft stellt und in geheimer Mission das Moralzepter schwingt. Spirale der Scheinheiligkeit Man mag sich kaum vorstellen, wofür die Dame noch so missionieren könnte. Etwa für ein Urlaubsverbot in Hellas? Dort lauern an jeder Ecke nackte Künder der klassischen Antike und stellen frivol Busen, Scham und Gemächt zur Schau. Wie viele empfindsame Gemüter mag das schon zur Schamesröte und zur griechischen Außenstelle für feministische Außenpolitik getrieben haben? Deshalb: Hinfort mit Euch, Ihr schmutziges Gesindel, macht Euch von dannen, zurück in die Barbarei der Präzivilisation, auf dass wir Euch nicht mehr sehen und nichts mehr von Euch wissen müssen! Und wenn das nicht geht: Zieht Euch wenigstens was über! Spaß beiseite, denn spaßig ist das alles nicht. Vielmehr bedrückend, beängstigend und exemplarisch – für den grassierenden Geist an Geistlosigkeit, der durch die Republik weht. Denn was ist die „Venus Medici“? Kunst! Und Kunst muss gesehen, bewundert, bedacht, durchdacht werden. Und ja: Sie soll auch Anstoß erregen und auf gesellschaftliche Missstände stoßen. Wie zum Beispiel den, dass das Internet voll ist von Obszönität, Perversion und Bestialität. Heranwachsende werden heute wie selbstverständlich mit Gewalt und Pornographie groß, und läuft es ganz schlecht, werden sie zu Gaffern von Kindesmissbrauch, mithin selbst zu Opfern von Schändern. Das alles verhandelt der Kapitalismus – und „verkauft“ es buchstäblich – als Freiheit. Aber einen steinernen Nackedei sollen wir nicht mehr ertragen müssen. Wie weit kann sich die Spirale der Heuchelei noch drehen? Keusch und gar nicht sexy Ein Akt der Dummheit ist der Fall der verbannten „Venus Medici“ selbst im persönlichsten Sinne. Das im 18. Jahrhundert gefertigte Bildnis ist ein Abguss des antiken Originals aus Marmor, das noch vor Christi Geburt geschaffen wurde und heute zur Kunstsammlung der „Uffizien“, einer Kunstgalerie in Florenz, gehört. In der römischen Mythologie verkörperte die Venus die Göttin der Liebe und Entstehung neuen Lebens und war damit das Pendant der altgriechischen Aphrodite. Und sie figuriert das exakte Gegenteil von Lüsternheit und Gier oder sonstigen Attributen, die ihr um Geschlechtergleichstellung besorgte Sittenwächter(Innen) zuschreiben mögen. Heute steht die Statue im „Grassi Museum für angewandte Kunst“ in Leipzig. Dort erfährt der Besucher, sie sei „nach dem mythischen Typus der ‚pudica‘ [https://blog.grassimuseum.de/die-geheimnisvolle-venus-medici/] (keusch) dargestellt – ertappt, wie sie instinktiv ihre Brüste und Scham bedeckt, als ob sie sich von einem indiskreten Blick beobachtet fühlt“. Also allenfalls etwas für Tugendphantasten, aber „nix mit Sexismus“ [https://www.berliner-kurier.de/berlin/zu-nackt-fuers-amt-berliner-bundesbehoerde-schmeisst-venus-skulptur-raus-li.2326070], wie der Berliner Kurier festhielt. Und wohl auch nix für Lustmolche, denen das Patriarchat hinterm Hosenlatz schwillt. Eher zum Steinerweichen anmutig. Jedenfalls ist man in Leipzig froh und glücklich über die Leihgabe der Kunstverwaltung des Bundes, die dort seit Januar museal ihre Frau steht, so nackt und ästhetisch wie ehedem in Weißensee. Wobei zu hoffen bleibt, dass das so bleibt und in Deutschland nicht alsbald Kunst- und Kulturverächter, Umerzieher, Bilderstürmer und Bücherverbrenner wieder die Oberhand erlangen, um, diesmal im Namen von „Freiheit“, „Gleichstellung“, „Vielfalt“ und „Offenheit“, neben missliebigen Meinungen obendrein die Artefakte menschlicher Schöpfung zu beseitigen, auszumerzen oder, wie man heute neudeutsch sagt, zu „canceln“. Mit besten Absichten „kriegstüchtig“ Die vertriebene Venus wüsste davon, so sie könnte, aus leidlicher Erfahrung zu berichten. 1990 hatten sie Polizeitaucher der DDR aus dem Großdöllner See in der Schorfheide im nördlichen Brandenburg geborgen. Sie war einst Teil der erbeuteten Schätze von Hermann Göring, die Hitlers Reichsmarschall in seinem Jagdschloss „Carinhall“ verschanzt hielt. Als im April 1945 die Rote Armee anrückte, sprengten SS-Schergen das Anwesen in die Luft und verklappten die Kostbarkeiten kurzerhand im Wasser. So kann es gehen, wenn Kunst, Kultur und Kritik im Weg sind. Einfach weg damit! Und beim Großreinemachen macht sich Vergessen breit. Wer entsinnt sich noch, dass „Wehrtüchtigkeit“ und „Kriegstüchtigkeit“ Propagandaparolen der Nazis waren? Kaum einer oder niemand mehr? Treffer, versenkt! Titelbild: Grok – Das Titelfoto ist ein mit künstlicher Intelligenz erstelltes Symbolbild[http://vg06.met.vgwort.de/na/ae72310c8ac7458b9baf65fdd2dc000a]

Bundeskanzler Friedrich Merz hatte direkt nach Amtsantritt eine neue deutsche Führungsrolle in der EU verkündet. Doch die einseitige Israel-Politik der CDU-geführten Bundesregierung hat bisher zum genauen Gegenteil geführt. Deutschland findet sich immer mehr in einer Minderheitenposition in der EU wieder. Diese Woche am 20. Mai stimmte Berlin gegen die überwiegende Mehrheit der EU-Länder, die einem niederländischen Vorschlag gefolgt waren, eine Prüfung einzuleiten, ob Israel mit dem Vorgehen in Gaza gegen seine Menschenrechtsverpflichtungen gemäß Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel verstoßen hat. Die NachDenkSeiten wollten wissen, mit welcher Begründung sich Deutschland gegen eine solche Überprüfung ausgesprochen hat. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund Am 20. Mai erklärte der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp, dass die Initiative seines Landes, von der EU-Kommission untersuchen zu lassen, ob Israel mit dem Vorgehen in Gaza nicht gegen seine Menschenrechtsverpflichtungen gemäß Artikel 2 des Assoziierungsabkommens EU-Israel verstoßen hat, eine „breite Unterstützung“ der EU-Mitgliedsstaaten erhalten habe: > „Die humanitäre Lage in Gaza ist katastrophal. Um das Leid zu lindern, bedarf es dringend massiver Hilfe. Es ist gut, dass die EU heute ein starkes Signal an Israel gesendet hat, die humanitäre Blockade vollständig und so schnell wie möglich aufzuheben. Mit der Ankündigung einer Untersuchung zur Einhaltung von Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel reagierte die Hohe Vertreterin der EU, Kaja Kallas auf eine niederländische Anfrage, die heute breite Unterstützung von den EU-Mitgliedstaaten erhielt.“ > By announcing an investigation into compliance with Article 2 of the Association Agreement between the EU and Israel, EU High Representative @KajaKallas [https://twitter.com/kajakallas?ref_src=twsrc%5Etfw] responded to a Dutch request that received broad support from EU member states today. 2/3 > > — Caspar Veldkamp (@ministerBZ) May 20, 2025 [https://twitter.com/ministerBZ/status/1924938704990220689?ref_src=twsrc%5Etfw] Dies bestätigte [https://www.euronews.com/my-europe/2025/05/20/eu-to-review-its-trade-and-cooperation-with-israel-over-gaza-offensive] wenig später auch die Hohe Vertreterin der EU für Außenpolitik, Kaja Kallas, gegenüber Reportern in Brüssel: > „Aus den heutigen Diskussionen geht klar hervor, dass eine starke Mehrheit für eine Überprüfung von Artikel 2 unseres Assoziierungsabkommens mit Israel ist.“ Artikel 2 des Assoziierungsabkommens zwischen der EU und Israel [https://eeas.europa.eu/archives/delegations/israel/documents/eu_israel/asso_agree_en.pdf], welches umfassend die Handels- und diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Seiten regelt, besagt, dass die Beziehungen „auf der Achtung der Menschenrechte und der demokratischen Grundsätze beruhen, von denen sich ihre Innen- und Außenpolitik leiten lässt und die ein wesentliches Element dieses Abkommens darstellen“. Das Abkommen ist von zentraler Bedeutung für Israel, da die EU, weit vor den USA, Israels größter Handelspartner ist – das Handelsvolumen beläuft sich auf über 45 Milliarden Euro pro Jahr. Der Brüssel-Korrespondent von Euronews, Jorge Liboreiro, veröffentlichte wenig später das Abstimmungsverhalten der EU-Mitgliedsländer. Daraus geht hervor, dass 17 EU-Länder sich für die Überprüfung des Assoziierungsabkommens mit Israel aussprachen, darunter eigentlich alle engen Verbündeten Deutschlands innerhalb der EU: Frankreich, Spanien, alle nordischen und baltischen Länder. Dagegen stimmten 9 Länder, neben Deutschland unter anderem auch Ungarn und Italien. Österreich enthielt sich als einziges Land: > We can now reveal where each country stood during the meeting: > > In favour: 🇳🇱 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f3-1f1f1.png]🇪🇸 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ea-1f1f8.png]🇮🇪 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ee-1f1ea.png]🇧🇪 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e7-1f1ea.png]🇫🇮 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1eb-1f1ee.png]🇫🇷 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1eb-1f1f7.png]🇱🇺 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f1-1f1fa.png]🇵🇹 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f5-1f1f9.png]🇸 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f8.png]🇮🇸 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ee-1f1f8.png]🇪 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ea.png]🇦🇹 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e6-1f1f9.png]🇲🇹 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f2-1f1f9.png]🇩🇰 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e9-1f1f0.png]🇪🇪 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ea-1f1ea.png]🇵 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f5.png]🇱🇷 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f1-1f1f7.png]🇴 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f4.png]🇸🇰 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f8-1f1f0.png] > > Against: 🇩🇪 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e9-1f1ea.png]🇧🇬 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e7-1f1ec.png]🇮🇹 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ee-1f1f9.png]🇬🇷 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ec-1f1f7.png]🇨🇾 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e8-1f1fe.png]🇨🇿 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1e8-1f1ff.png]🇭🇷 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ed-1f1f7.png]🇱🇹 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f1-1f1f9.png]🇭🇺 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1ed-1f1fa.png] > > Neutral: 🇱🇻 [https://s.w.org/images/core/emoji/15.1.0/72x72/1f1f1-1f1fb.png] https://t.co/y9U4GloJVl [https://t.co/y9U4GloJVl] > > — Jorge Liboreiro (@JorgeLiboreiro) May 20, 2025 [https://twitter.com/JorgeLiboreiro/status/1924879110431506862?ref_src=twsrc%5Etfw] Vor diesem Hintergrund mutet es geradezu lächerlich an, dass das Auswärtige Amt eine Antwort auf die Frage der NachDenkSeiten, wie die Bundesregierung es begründet, dass man gegen den niederländischen Vorschlag gestimmt hat, mit dem Verweis darauf verweigert, dass Abstimmungen im EU-Außenrat vertraulich seien: > „Ich kann Ihre Prämisse, wie wir uns da abstimmungsmäßig verhalten hätten, nicht bestätigen. Herr Warweg, die Abstimmungen und Gespräche im EU-Außenrat sind vertraulich.“ Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 21. Mai 2025 Frage Towfigh Nia (freier Journalist) (zum Nahostkonflikt) Herr Wagner, der israelische Finanzminister hat sich dahingehend geäußert, dass alles in Gaza zerstört werden wird und dass die Welt das nicht stoppen kann. Ich bitte um eine Reaktion dazu. Wagner (AA) Herr Towfigh Nia, danke für die Frage. – Wir haben in der Vergangenheit ja schon Äußerungen bestimmter israelischer Kabinettsmitglieder zurückgewiesen, wenn sie für den Friedensprozess und für eine politische Lösung dieses Konflikts nicht hilfreich sind. Ich glaube, in diese Kategorie fällt auch dieses Statement. Frage Towfigh Nia Das ist schon fast eine Völkermordansage. Verurteilt die Bundesregierung diese Äußerung? Wagner (AA) Ich habe doch gerade sehr klar gesagt, was wir davon halten. Es ist eine nicht hilfreiche Aussage, und natürlich muss sich Israel bei seinem Vorgehen im Kampf gegen die Hamas und bei seinem Vorgehen im Gazastreifen an humanitäres Völkerrecht halten. Frage Fried Herr Kornelius, trifft es zu, dass die Staats- und Regierungschefs der drei Staaten, die Israel jetzt sehr scharf kritisiert haben, nämlich Frankreich, Großbritannien und Kanada, dies vorher der Bundesregierung nicht angekündigt haben, obwohl der Bundeskanzler wiederholt mit Herrn Macron zu tun hatte? Regierungssprecher Kornelius Das Statement von Frankreich, Großbritannien und Kanada wurde unter diesen drei Nationen abgesprochen. Natürlich wurde auch unter den jeweiligen Regierungschefs über das Thema gesprochen. Es gab aber keine Notwendigkeit, da einen Ausgleich oder eine Koordinierung zu suchen. Die Bundesregierung hat ihre Position zur Militäroffensive sehr klar deutlich gemacht. Diese Offensive besorgt uns wirklich sehr. Der Bundeskanzler hat bei verschiedenen Gelegenheiten und vor allem in seiner Regierungserklärung darauf hingewiesen, dass er in großer Sorge über die humanitäre Lage in Gaza ist. Das hat er auch heute im Kabinett noch einmal sehr deutlich gemacht. Er ist auch im engen Austausch mit den europäischen Partnern darüber, um das in geeigneter Form auch noch einmal Israel zu vermitteln. Vieles, was in diesem Statement angesprochen wurde, wurde auch hier immer angesprochen, wurde vonseiten der Bundesregierung angesprochen. Ich glaube, man muss jetzt nicht sozusagen nach einer Formateinheitlichkeit suchen, um den Kern der Botschaft bzw. die Parallelität der Botschaft zu sehen. Ich glaube, dass da eine hohe Deckungsgleichheit besteht. Es ist für die Bundesregierung immer wichtig, dass sie ihre Kommunikationswege zur israelischen Regierung offenhält und ihre Punkte auch direkt anbringen kann. Das ist auch durch den Besuch des Außenministers – am vorletzten Wochenende war es, glaube ich – geschehen. Es ist natürlich auch das Ziel der Bundesregierung, im EU-Kreis weiter diese Abstimmungen zu suchen. Auch diesbezüglich gibt es momentan Vorstöße auf Brüsseler Ebene. Seien Sie versichert, dass die Bundesregierung sich an diesen Abstimmungen intensiv beteiligt. Zusatzfrage Fried Es gab gestern den Vorstoß der Niederlande, man sollte überprüfen, ob sich Israel eigentlich noch an das Partnerschafts- und Wirtschaftsabkommen hält. Wenn ich richtig informiert bin, sind 22 EU-Staaten dafür. Gehört Deutschland dazu, Herr Wagner, oder wo positionieren wir uns da? Wagner (AA) Mit Blick auf die humanitäre Lage in Gaza haben wir immer wieder gesagt – das hat Herr Kornelius eben auch zum Ausdruck gebracht -, dass sich ernsthafte Fragen stellen. Es ist doch auch klar, dass das regelmäßig Thema im EU-Außenrat ist, so eben auch gestern. Wir sind überzeugt – das hat Herr Kornelius eben auch gesagt -, dass wir derartige Fragen im Dialog mit der israelischen Regierung beantworten müssen. Aus Sicht der Bundesregierung ist das EU-Israel-Assoziierungsabkommen ein wichtiges Forum, um auch diese kritischen Fragen zu erörtern und zu besprechen, und es sollte in diesem Sinne genutzt werden. Was Ihre konkrete Frage zum Abstimmungsverhalten betrifft: Die Gespräche, die dazu im EU-Außenrat liefen, sind natürlich vertraulich. Frage Dr. Rinke (Reuters) Herr Kornelius, direkt daran anknüpfend: In der Ukraine-Debatte wird von der Bundesregierung die Notwendigkeit der Einheit unter den EU-Regierungen stark betont. Warum ist das hier bei Israel eigentlich nicht der Fall? Es wurde eben schon darauf hingewiesen, dass die große Mehrzahl der EU-Länder mittlerweile in Richtung Sanktionen oder Aussetzung des EU-Assoziierungsabkommens mit Israel geht. Auch Frau Kallas hat das gestern ins Gespräch gebracht. Warum ist es für die Bundesregierung bei diesem Thema anscheinend nicht das Ziel, diese europäische Einheit herzustellen? Kornelius Sie wissen, dass ich kein Freund von Krisenvergleichen bin und diese Art von geopolitischem Whataboutism eigentlich nicht anstellen möchte. Ich glaube, dass die Situation in Gaza für sich spricht. Die Bundesregierung hat sehr klar ihre große Besorgnis zum Ausdruck gebracht. Sie nutzt jetzt ihre direkten Gesprächskanäle, und sie verfolgt auch die Abstimmung im Europäischen Auswärtigen Dienst bezüglich des Partnerschaftsabkommens sehr genau und gestaltet sie auch mit. Lassen Sie sich versichert sein, dass die Abstimmungen dazu momentan laufen. Zusatzfrage Dr. Rinke Herr Wagner, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie dafür sind, dass die Gespräche im EU-Assoziierungsabkommen weitergehen und nicht ausgesetzt werden sollten? Ist das die Position der Bundesregierung? Wagner (AA) Ich habe gesagt, dass aus Sicht der Bundesregierung das EU-Israel-Assoziierungsabkommen ein wichtiges Forum ist, das eben auch dazu da ist, kritische Fragen zu erörtern, und in diesem Sinne genutzt werden sollte. Lassen Sie mich zu Ihrer ersten Frage vielleicht auch noch sagen: Wir stehen in enger Abstimmung mit unseren Partnern. Sie haben vielleicht auch gesehen, dass der Außenminister gestern gemeinsam mit 21 Amtskollegen – zum Beispiel auch der E3 und der EU – die israelische Regierung aufgefordert hat, die vollständige Wiederaufnahme von Hilfslieferungen zu genehmigen und den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen die unabhängige und unparteiische Arbeit in Gaza zu ermöglichen. Frage Jung (jung und naiv) Ich wundere mich gerade: Es ist ja bekannt, dass Deutschland in Brüssel gestern gegen die Überprüfung des Assoziierungsabkommens gestimmt hat und dass Sie das klar in der Minderheit sind und sich weiter isolieren. Auch bei der Kritik von Großbritannien, Frankreich und Kanada ist Deutschland nicht dabei, und Herr Kornelius tut gerade so, als ob das ebenfalls nicht so wäre. Was machen Sie uns hier eigentlich vor? Herr Wagner, ich habe in den letzten zwei Tagen auch keine Kritik daran gehört, dass Israel am Ende nur neun Lkw nach Gaza hineingelassen hat, obwohl Sie ja selber sagen, pro Tag seien 600 Lkw notwendig. Warum gab es auch dazu nichts? Wagner (AA) Ich weise zurück, Herr Jung, dass es dazu nichts gab. Wir stehen in einem engen Austausch mit der israelischen Regierung, und es ist doch völlig klar, dass die bisherigen Hilfslieferungen viel, viel zu wenig sind, dem Bedarf nicht entsprechen und dass sehr viel mehr rein muss. Vor allem müssen auch die Vereinten Nationen und die humanitären Organisationen dort unabhängig arbeiten dürfen. Zu Ihrer ersten Bemerkung: Es tut mir leid, aber ich war, glaube ich, sehr transparent. Ich habe ja dargelegt, was die Position der Bundesregierung ist. Es ist doch vollkommen unstrittig, dass wir innerhalb der EU immer wieder unsere Position diskutieren und angleichen, und natürlich gibt es auf manches einen etwas unterschiedlichen Blick. Zu der Frage des EU-Israel-Assoziierungsabkommens haben wir aber eine sehr klare Position. Die haben wir dort auch deutlich gemacht und die werden wir dort auch weiter einbringen. Am Ende eint uns alle in der EU aber, glaube ich, dasselbe Ziel: Es geht darum, eine Lösung für diesen Konflikt in Gaza zu finden, es geht darum, eine Lösung für das Leid der Menschen in Gaza zu finden, mehr humanitäre Hilfe hineinzubekommen, die Geiseln freizubekommen und endlich in einen politischen Prozess zu kommen, der eine nachhaltige Lösung des Nahostkonflikts ermöglicht. Das ist eben hochkomplex und schwierig. Ich weiß, das Leid ist grenzenlos und das frustriert uns alle – es frustriert Sie, es frustriert uns -; aber es geht doch darum, konkrete Dinge zu erreichen. Insofern sind diese ersten Lieferungen durch die israelische Regierung ein guter, wichtiger, richtiger Schritt, und das haben wir hier auch unterstrichen. Es ist aber vollkommen klar, dass sehr viel mehr hineinkommen muss. Frage Warweg Noch einmal auf den niederländischen Vorschlag zurückkommend: Die Niederländer hatten ja lediglich eingefordert bzw. vorgeschlagen, dass man überprüft, ob Israel mit seinem Vorgehen in Gaza gegen seine Menschenrechtsverpflichtungen gemäß Artikel 2 des EU-Israel-Assoziierungsabkommens verstößt. Ihre Antwort dazu hat sich mir immer noch nicht erschlossen. Wieso hat Deutschland als eines der ganz wenigen Länder gegen diesen niederländischen Vorschlag gestimmt. Wagner (AA) Ich kann Ihre Prämisse, wie wir uns da abstimmungsmäßig verhalten hätten, nicht bestätigen. Ich habe jetzt zweimal dargelegt, wie die deutsche Position zum deutsch-israelischen Assoziierungsabkommen ist, und darauf verweise ich noch einmal. Frage Warweg Aber entschuldigen Sie, Herr Wagner – das hat auch der Kollege schon angesprochen -, das Abstimmungsverhalten der EU-Länder ist presseöffentlich. Sie können doch nicht sagen, dass Sie das nicht sagen, wenn bereits bei Euronews und Reuters öffentlich einsehbar ist, wie Deutschland abgestimmt hat. Ich glaube schon, dass Sie uns da eine Begründung geben können, wieso man sich sogar gegen eine Überprüfung von Menschenrechtsverletzungen im Zuge des Assoziierungsabkommens stellt. Das sollten Sie in der deutschen Öffentlichkeit schon begründen können. Wagner (AA) Herr Warweg, die Abstimmungen und Gespräche im EU-Außenrat sind vertraulich. Es mag Presseberichte darüber geben, was dort besprochen wird. Darüber zu berichten, steht Ihnen ja frei, und das ist auch Ihre Arbeit. Es gibt eine Position der Bundesregierung, wie wir zum EU-Israel-Assoziierungsabkommen stehen. Wir finden, das ist ein Forum, das man nutzen muss, um eben auch kritische Fragen zu stellen. Wir haben im Übrigen eine Menge Fragen zur völkerrechtlichen Situation in Gaza, die wir hier auch immer wieder darbieten und Ihnen erläutern. Insofern, glaube ich, ist Ihre Frage beantwortet worden. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 21.05.2025 Mehr zum Thema: Wieso lässt Merz ein Bild der 1948 ethnisch gesäuberten „Zikim Beach“ im Kanzleramt aufhängen? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133191] „Halten wir für haltlos“ – Klage Nicaraguas gegen Deutschland wegen Gaza vor dem IGH und die Arroganz der Bundesregierung [https://www.nachdenkseiten.de/?p=112660] Vogel-Strauß-Taktik der Bundesregierung: Von Deutschland gelieferte Kriegswaffen im Einsatz gegen zivile Ziele in Gaza [https://www.nachdenkseiten.de/?p=116346] Historische Bundespressekonferenz: „Deutschland muss sich als Mittäter an den Reparationszahlungen für Gaza beteiligen“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=125587] [https://vg04.met.vgwort.de/na/360f559eb8f94bd58b8aad51c4fe45da]

Nicht nur Alina Lipp und Thomas Röper stehen als Journalisten auf der neuen Sanktionsliste der EU. Es hat auch einen türkischen Journalisten und Medienunternehmer erwischt, den Betreiber der Medienplattform red.media [https://thered.stream/], der eine sehr wichtige Rolle in der Berichterstattung über und für die propalästinensische Protestbewegung in den letzten Jahren gespielt hat. Diese hatte aber schon einige Tage vorher ihr Aufgeben mitgeteilt. Was sich im Vorfeld abgespielt hat, erlaubt tiefe Einblicke über das Zusammenspiel von Medien, Politik und Institutionen bei der Moderation des politischen Diskurses. Ein Artikel von Maike Gosch. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. In diesem Artikel [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285] vom 22. Mai 2025 berichteten die NachDenkSeiten bereits über eine weitere Eskalation im Kampf um die Meinungsfreiheit und Meinungshoheit durch das Setzen der deutschen Journalisten Thomas Röper und Alina Lipp auf die 17. Sanktionsliste der EU, was unter anderem auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Auf dieser Liste, die am 20. Mai 2025 veröffentlicht wurde [https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L_202500966], findet sich noch ein weiterer Journalist, dem das Verbreiten von Desinformation vorgeworfen wird – es handelt sich um den türkischen Journalisten und Dokumentarfilmer Hüseyin Doğru, der die Medienplattform red.media [https://thered.stream/] betreibt, welche auch in Deutschland bekannt ist und auf Englisch, Deutsch und in weiteren europäischen Sprachen erscheint. Auch Doğrus Firma AFA Medya, die red.media betreibt, findet sich auf der Liste. Bereits am 16. Mai 2025 veröffentlichte red.media auf ihrer Website die Erklärung [https://thered.stream/red-media-wird-geschlossen-das-ist-der-grund/], dass die Leitung sich aufgrund einer Medienkampagne und staatlicher Verfolgung in Deutschland entschlossen habe, ihre Tätigkeit einzustellen [https://thered.stream/red-media-wird-geschlossen-das-ist-der-grund/]. Die Sanktionen waren also gar nicht mehr nötig. Was war passiert? Red.media selbst beschreibt in ihrer Erklärung die Ereignisse folgendermaßen: > „Die Desinformationskampagne Deutschlands gegen red.media > > Seit Monaten läuft eine koordinierte Kampagne gegen red.media – angeführt von einem fragwürdigen Bündnis aus deutschen Medienhäusern, Journalist:innen, Gewerkschaftsfunktionär:innen und NGOs, von denen einige direkt vom deutschen oder israelischen Staat gegründet oder finanziert werden. > > Ziel dieser Kampagne ist es, red.media durch Anzeigen, mediale Hetze und juristischen Druck einzuschüchtern, zu kriminalisieren und letztlich zum Schweigen zu bringen – mit dem Kalkül, durch konstruierte Vorwürfe und massiven Öffentlichkeitsdruck eine strafrechtliche Verurteilung zu erzwingen. Doch wir werden nicht tatenlos zusehen. > > Zum Hintergrund > > In den vergangenen Wochen wurde red.media unter anderem Folgendes vorgeworfen: > > * Wir hätten pro-palästinensische Proteste in Deutschland angestiftet. > * Wir hätten die Besetzung der Humboldt-Universität in Berlin durch palästinensische Aktivist:innen „koordiniert“. > * Wir würden „Terroristen eine Plattform bieten“ – gemeint sind unsere Interviews mit relevanten politischen Akteuren im Nahen Osten. > * Wir seien eine Fortsetzung des Medienprojekts redfish. > * Wir hätten angeblich eine Kampagne gegen einen Journalisten gestartet – einzig durch die sachliche Auflistung seines beruflichen Hintergrunds. > > Diese Vorwürfe sind nicht nur konstruiert – sie sind Teil einer breiter angelegten Strategie: Kritische, dissidente Medien wie red.media sollen diffamiert, kriminalisiert und letztlich zerschlagen werden. Unsere journalistische Arbeit wird systematisch verzerrt, unsere Positionen bewusst falsch dargestellt. > > Was wir erleben, ist kein öffentlicher Diskurs, sondern orchestrierte Repression – legitimiert durch einen medial erzeugten Mythos der Bedrohung. Es ist ein Angriff auf unabhängigen Journalismus – und auf jede Stimme, die sich dem offiziellen Narrativ widersetzt.“ In einem Interview mit The Left Berlin [https://www.theleftberlin.com/red-media-hueseyin-dogru/] erklärt Hüseyin Doğru seine Sicht der Dinge und Zusammenhänge noch ausführlicher. Red.media berichtete in den letzten Jahren ausführlich über propalästinensische Proteste in Deutschland und wurde (dafür?) von deutschen Zeitungen wie der (ehemals linken) taz [https://taz.de/RT-nahes-Medium-Red/!6039623/] und dem (nie linken) Tagesspiegel [https://www.tagesspiegel.de/politik/verbindungen-nach-moskau-wer-hinter-den-videos-von-den-protesten-gegen-israel-steckt-11771174.html] stark kritisiert. Insbesondere gab es schon länger den Versuch, die Plattform mit dem in der EU sanktionierten und mit einem Sende- und Veröffentlichungsverbot belegten russischen Sender RT in Verbindung zu bringen. Diese Vorwürfe und Ergebnisse der geheimdienstähnlichen Ermittlungen der beiden deutschen Tageszeitungen wurden im September 2023 vom US-amerikanischen Außenminister Antony Blinken in einer Pressemeldung [https://www.state.gov/alerting-the-world-to-rts-global-covert-activities/] – Inhalt leider nicht mehr verfügbar, da von der neuen US-Regierung unter Donald Trump archiviert, hier ein paar der Inhalte [https://www.washingtonpost.com/world/2024/09/13/rt-propaganda-intelligence-weapons-ukraine/] – aufgegriffen und wiederholt, was wiederum Meta, den Mutterkonzern von Facebook und Instagram, dazu brachte, am 16. September 2024 sämtliche Accounts von red.media zu sperren. Auch der YouTube-Kanal von red.media wurde gesperrt. Red.media selbst nimmt zu den Vorwürfen der deutschen Medien, der (früheren) US-Regierung, der deutschen Strafverfolgungsbehörden und der EU (in seiner Erklärung vom 16. Mai 2025) folgendermaßen Stellung: > „Die aktuelle Kampagne gegen red.media ist eine beunruhigende Strategie moderner Desinformationsstrategien, die von der herrschenden Klasse und ihren Handlangern betrieben wird. Im Kern geht es um den gezielten Einsatz unbegründeter Anschuldigungen, die in einem sich ständig wiederholenden Kreislauf von Medien und politischen Akteuren verstärkt und schließlich als vermeintliche Fakten präsentiert werden. Dies erinnert an die Strategien autoritärer Regierungen, sowohl heute als auch in der Vergangenheit. Das Ziel: abweichende Stimmen öffentlich zu delegitimieren und zu kriminalisieren – insbesondere diejenigen, die sich für Palästina einsetzen. > > Die Umsetzung dieser Strategie gegen red.media begann mit einem Artikel im Tagesspiegel [https://www.tagesspiegel.de/politik/verbindungen-nach-moskau-wer-hinter-den-videos-von-den-protesten-gegen-israel-steckt-11771174.html], in dem spekuliert wurde, dass red.media ein Nachfolger der russisch finanzierten digitalen Plattform Redfish sei – ohne einen Funken konkreter Beweise und ausschließlich basierend auf den beruflichen Verbindungen einiger weniger Personen. Diese Spekulation wurde später in einer offiziellen Erklärung des damaligen US-Außenministers Antony Blinken [https://thered.stream/us-state-department-and-antony-blinken-attack-red-media/] als „Fakt“ wiederholt, wobei er direkt (und ausschließlich) den Tagesspiegel als Quelle angab, obwohl das Quellmaterial selbst keine Beweise enthielt. Der Tagesspiegel berichtete euphorisch über Blinkens Erklärung; ihre ursprüngliche unbegründete Behauptung wurde aufgegriffen und zu einer „Tatsache“ recycelt [https://www.tagesspiegel.de/internationales/moskaus-verdeckte-einflussnahme-in-deutschland-usa-sehen-medium-red-als-werkzeug-des-kremls-12372365.html], indem sie einfach von einem der mächtigsten Politiker der Welt, der sich mitschuldig am Völkermord in Gaza gemacht hat, ausgesprochen wurde. Aber die Tatsache blieb bestehen: Es gab immer noch keine Beweise. So gewinnt eine ursprünglich unbegründete Annahme durch politische Wiederholung scheinbare Glaubwürdigkeit. > > Diese Rückkopplungsschleife – in der Spekulationen sich auf ihre eigene Berichterstattung als Beweis berufen – ist eine klassische Methode der diskursiven Eskalation. Das ist professionelle Desinformation. > > Der Mechanismus folgt einem klaren Muster: > > * Eine unbegründete Annahme [https://x.com/ver_jorg/status/1869348653720379536] wird öffentlich gemacht. > * Politische [https://x.com/Volker_Beck/status/1899382833820406111] oder journalistische [https://www.tagesspiegel.de/politik/rufmordkampagne-gegen-berliner-journalisten-weshalb-nicholas-potter-so-angefeindet-wird-13330585.html] Institutionen greifen sie auf und verbreiten sie. > * Die ursprüngliche Quelle der Behauptung nutzt diese Reaktion dann, um die Annahme als „bestätigte Tatsache“ [https://taz.de/Angriffe-auf-Journalisten/!6072709/] umzudeuten, die auch von Reporter ohne Grenzen Deutschland verwendet wird (Seite 19) [https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/RSF_Nahaufnahme_Deutschland_2025.pdf].“ Wenn man sich die Artikel in der taz und im Tagesspiegel durchliest und daraufhin das, was über die Pressemeldung von Antony Blinken bekannt ist, ist es schwer, red.media hier nicht zuzustimmen. Es gibt zwar Verbindungen zwischen red.media und Ruptly, einer russischen Nachrichtenagentur, die sich als Alternative zu westlich geprägten Nachrichtenagenturen wie Reuters und AP sieht und die „Verbindungen zum russischen Staat“ haben soll bzw. „vom russischen Staat betrieben wird“, wie es in vielen Beschreibungen heißt [https://www.newsguardtech.com/feedback/publisher/ruptly-tv/], dies wird aber von Ruptly selbst zurückgewiesen. Es ist sehr schwer, sich in diesem Dschungel von Anschuldigungen und Halbwahrheiten zurechtzufinden. Aber selbst die Verbindungen zwischen red.media und Ruptly sind nicht – zumindest nicht juristisch – eindeutig. Der Hauptvorwurf lautet, dass einige der Mitarbeiter von Ruptly nach deren Schließung zu red.media hinübergewechselt sind und dass red.media den ehemaligen Telegram-Kanal von Ruptly nach deren Schließung übernommen (und, ich nehme an, umbenannt) hat. Darüber hinaus gibt es keine Belege dafür, dass red.media in irgendeiner Form vom russischen Staat angeleitet oder finanziert wird. Die vermuteten Verbindungen zwischen red.media und dem russischen Staat gleichen daher eher dem „six-degrees-of-separation“-Modell (auf Deutsch: „Sechs Ecken Theorie“, die besagt, dass jeder Mensch auf der Welt über höchstens sechs Zwischenstationen mit jeder anderen Person verbunden ist). Der Tagesspiegel gibt in seinem Artikel vom 14. September 2024 [https://www.tagesspiegel.de/internationales/moskaus-verdeckte-einflussnahme-in-deutschland-usa-sehen-medium-red-als-werkzeug-des-kremls-12372365.html] selbst zu: > „Das US-Außenministerium bezieht sich in seiner Begründung der Vorwürfe gegen RT und „Red“ ausdrücklich auf die Recherchen des Tagesspiegels.“ Es ist daher schwer, hierin nicht den von red.media behaupteten Zirkelschluss zu sehen: Der Tagesspiegel unternimmt Recherchen, präsentiert dann Ergebnisse, die teilweise auf Vermutungen und Spekulationen beruhen, der US-amerikanische Außenminister übernimmt diese Vorwürfe – diese Presseerklärung wird wiederum von der deutschen Presse als Beleg für die Vorwürfe genommen und dient sogar als Grundlage für die Schließung der Social-Media-Kanäle durch US-amerikanische Medienkonzerne mit quasi Monopolstellung. So verdichten sich Verdächtigungen und Spekulationen durch Weiterreichung und Wiederholung zu immer verhärteteren Vorwürfen, die irgendwann zu „Fakten“ werden. Die Vorwürfe einer Kampagne gegen Nicholas Potter Jenseits des Vorwurfs des „irgendwie-mit-dem-russischen-Staat-verbunden-sein“ gab es noch die Vorwürfe einer konzertierten Medienkampagne durch red.media gegen den jungen taz-Journalisten Nicholas Potter aufgrund seiner sehr kritischen Berichterstattung über red.media und die propalästinensischen Proteste in Berlin. Red.media hatte über das Praktikum des taz-Journalisten bei der Jerusalem Post im Frühjahr 2025 berichtet und in einem „Thread“ (einer verbundenen Liste von einzelnen Postings) auf X [https://x.com/redstreamnet/status/1869027158267777107] aufgelistet, für wie viele aus red.medias Sicht prozionistische Zeitungen und Organisationen er bereits tätig war. Dieses Posting wurde von Potter selbst dann als Medien-Kampagne gegen ihn [https://taz.de/Angriffe-auf-Journalisten/!6072709/] bezeichnet. Dieser Vorwurf Potters wurde wiederum dann zeitnah von Jörg Reichel von „dju in ver.di“ (der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in der Vereinten Dienstleistungsgesellschaft) auf X aufgegriffen [https://x.com/ver_jorg/status/1869348653720379536] und auch von der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ in deren Report zur Lage der Pressefreiheit in Deutschland [https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/RSF_Nahaufnahme_Deutschland_2025.pdf] wiederholt. Generell ist nichts dagegen zu sagen, dass sich die „Journalisten-Gewerkschaft“ und „Reporter ohne Grenzen“ schützend vor einen Journalisten stellen, der in Folge dieses Postings von red.media Bedrohungen und Beleidigungen im Netz ausgesetzt war und von dem sogar „Fahndungsplakate“ hergestellt und in Berlin plakatiert wurden. Dennoch erscheint es recht ungerecht und unausgewogen, dass red.media bei der gegen sie gerichteten Medienkampagne nicht ähnlichen Schutz und ähnliche Solidarität widerfuhr. Begründung der EU-Sanktionen Auch die EU-Sanktionen scheinen sich in ihrer Begründung auf die „Ermittlungen“ der Tagesspiegel- und taz-Redakteure zu stützen, obwohl sie keine Beweise, Quellen oder Belege in der Sanktionsbegründung aufführen, aber die Argumentation ist identisch. Begründet wurde die Sanktionierung von Doğru und seinem Medienunternehmen von der EU in der Sanktionsliste nämlich folgendermaßen: > „Hüseyin Doğru ist der Gründer und Vertreter des AFA Medya A.Ş., einem in Istanbul ansässigen Medienunternehmen. AFA Medya A.Ş. betreibt ‚RED‘, das eine Reihe von Medienplattformen umfasst und enge finanzielle und organisatorische Verbindungen zu Organisationen und Akteuren der Staatspropaganda in Russland hat und über tiefe strukturelle Beziehungen zu Einrichtungen der staatlichen russischen Medien verfügt, unter anderem durch Verbindungen zwischen einzelnen Mitarbeitern sowie Personalrotation zwischen diesen Einrichtungen. > > RED hat seine Medienplattformen, auf denen es häufig unter ‚redstreamnet‘ oder ‚thered.stream‘ veröffentlicht, genutzt, um systematisch falsche Informationen über politisch kontroverse Themen zu verbreiten, mit der Absicht, unter seinem überwiegend deutschen Zielpublikum ethnische, politische und religiöse Zwietracht zu säen, unter anderem durch die Verbreitung der Narrative über radikalislamische terroristische Gruppierungen wie die Hamas. > > Während einer gewaltsamen Besetzung einer Universität in Deutschland durch anti-israelische Randalierer fanden Absprachen zwischen RED und den Besetzern statt, um Bilder des Vandalismus, auf denen auch Hamas-Symbole zu sehen waren, über die Online-Kanäle von RED zu verbreiten und den Besetzern so eine exklusive Medienplattform zu bieten und den gewaltorientierten Charakter des Protests zu erleichtern. > > Über AFA Medya unterstützt Hüseyin Doğru daher Handlungen der Regierung der Russischen Föderation, die die Stabilität und Sicherheit in der Union und in einem oder mehrerer ihrer Mitgliedstaaten untergraben und bedrohen, einschließlich indem er gewaltsame Demonstrationen indirekt unterstützt und erleichtert und koordinierte Informationsmanipulation betreibt.“ Insbesondere der drittletzte und letzte Absatz haben es meiner Ansicht nach in sich: Die Medienplattform des Sanktionierten hätte systemisch falsche Informationen (Wer hat das geprüft? Wer entscheidet darüber? Welche Informationen waren falsch?) verbreitet, um „Zwietracht“ zu sähen. Wenn man diesen Orwell’schen Newspeak in früheres Deutsch zurückübersetzt, steht da eigentlich nur: „Der Sanktionierte hat eine eigene politische Einschätzung, die vom Mainstream abweicht, verbreitet und damit an einem heiß umstrittenen nationalen Diskurs über die Israel- und Palästina-Politik der Bundesregierung (und anderer europäischer Regierungen) teilgenommen.“ Was die Essenz der Tätigkeit ist, die von der Presse- und Meinungsfreiheit geschützt wird. Und im letzten Absatz steht eigentlich: Der Sanktionierte unterstützt die (angeblichen) Handlungen der Russischen Föderation, die Stabilität und Sicherheit in der Union zu untergraben, indem er (angeblich) gewaltsame Demonstrationen (angeblich) unterstützt. Was übrig bleibt, wenn man die Unterstellungen und Verdrehungen einmal weglässt, ist: Die EU hält also nicht nur den kontroversen Meinungsaustausch, sondern sogar die Unterstützung von Demonstrationen, sobald sie nicht der Regierungslinie entsprechen, für sanktionswürdig. Oder gab es je den Vorwurf, deutsche Medien, die z.B. die „Demonstrationen gegen Rechts“ indirekt unterstützt hätten, indem sie über sie ausführlich berichtet hatten, würden dadurch die Stabilität und Sicherheit in der Union untergraben? Oder durch die sehr einseitige Berichterstattung über den Ukraine-Krieg hätten deutsche Medien „beim deutschen Zielpublikum ethnische, politische und religiöse Zwietracht“ gesät? Aber natürlich geht es hier ganz offensichtlich um die Unterdrückung der Pro-Palästina-Bewegung, da red.media eines der wichtigsten Medien in den letzten Jahren war, die ihr überhaupt eine Plattform bot und sich noch traute, ausführlich über die Proteste gegen das völkerrechtswidrige und kriegsverbrecherische Vorgehen Israels zu berichten. Red.media hat in ihrer Stellungnahme zu den Sanktionen [https://thered.stream/eu-sanctions-red-media-founder-for-covering-germanys-pro-palestine-crackdown/] auch ausführlich auf die Vorwürfe reagiert, diese Einlassungen fanden aber in der Sanktionsentscheidung offensichtlich keinen Eingang. Mir ist nicht bekannt, ob der Betreiber von red.media überhaupt „rechtliches Gehör“ bekommen hat, bevor er auf die Sanktionsliste gesetzt wurde. Warum diese Entwicklung so bedenklich ist Was allgemein so bedenklich an dieser Entwicklung ist, ist, dass wir hier ein Verbot einer Medienplattform erleben, die nicht durch eine strafrechtliche Verurteilung gerechtfertigt ist, dem kein Verfahren mit einer auch nur halbwegs objektiven Beweisaufnahme und -würdigung vorausgegangen ist und das auch durch kein legitimiertes Gericht ausgesprochen wurde; geschweige denn, dass das Recht auf Pressefreiheit in irgendeiner Form in der Abwägung beachtet wurde, wie es grundrechtlich eigentlich absolut geboten wäre. Es genügt, dass mehrere deutsche Zeitungen private Ermittlungen aufnehmen und die Ergebnisse dieser Ermittlungen dann mit Spekulationen und Vermutungen mischen. Dies wird dann als „Wahrheit“ von der vorherigen US-amerikanischen Regierung wiederholt und damit (zumindest machtpolitisch) „validiert“. Und diese Vorwürfe werden dann wiederum (vermutlich) zur Grundlage einer EU-weiten Sanktionierung. Es wird also der nationale Rechtsweg mit Ermittlungsverfahren, gerichtlichem Urteil, mit seinen Grenzen und Schranken, die die Rechte des „Angeklagten“ sichern sollen, umgangen, der nationale Grundrechtsschutz ausgehebelt und die Entscheidung über Zensur oder nicht auf die Medien als Hobby-Verfassungsschutz und Hobby-Staatsanwaltschaft und supranationale Organisationen wie die EU als Hobby-Richter verlagert. Titelbild: Screenshot Red.Media [https://thered.stream/red-media-is-closing-this-is-why/] Mehr zum Thema: Schwarz-Rot: Ein Koalitionsvertrag der Kontrolle und der Zensur [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131481] Die EU-Sanktionen gegen Lipp und Röper sind ein Skandal [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133285] Willkommen in der Clownswelt [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133175] Die Twitter Files und der Censorship Industrial Complex: So geht Zensur heute [https://www.nachdenkseiten.de/?p=117818] Versuch der Einflussnahme ausländischer Staaten auf Journalisten in Deutschland – Was sagt die Bundesregierung? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131587] [https://vg09.met.vgwort.de/na/7c0e1702c42a406e84a0be657d007ada]

Von der Gründung des Staates Israel bis in die Gegenwart ist der deutsche Diskurs über den Zionismus von einer bemerkenswerten Enge geprägt. Während die Medien in pluralistischen Demokratien wie den USA oder Großbritannien regelmäßig jüdische Stimmen zu Wort kommen lassen, die den Zionismus oder die israelische Regierungspolitik dezidiert kritisieren, erscheinen solche Positionen in den deutschen Leitmedien seit 1948 – wenn überhaupt – nur randständig, verzerrt oder in delegitimierender Weise. Diese Marginalisierung ist kein Zufall, sondern Ausdruck eines historisch gewachsenen, institutionell stabilisierten und medial reproduzierten Meinungskorridors. Von Detlef Koch. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die kritische Frage, welche Risiken damit für die demokratische Debattenkultur einhergehen, wurde lange kaum gestellt. Dabei ist der Ausschluss innerjüdischer Dissidenz aus dem öffentlichen Diskurs nicht nur ein medienpolitisches, sondern ein demokratiepolitisches Problem. 1. Die historische Genese: Schuld, Solidarität, Schweigen Die Ursachen dieser systematischen Ausblendung zionismuskritischer jüdischer Positionen reichen tief in die Nachkriegszeit zurück. Der Holocaust und die daraus erwachsene Schuld der Deutschen schufen ein moralisches Klima, in dem Kritik am jüdischen Staat – und sei sie noch so sachlich oder innerjüdisch – schnell als pietätlos galt. Israel wurde als Symbol der jüdischen Wiedergeburt und als Projekt historischer Wiedergutmachung verklärt. In dieser Logik war das Selbstbestimmungsrecht der Juden sakrosankt – Kritik an dessen realpolitischer Ausgestaltung galt als ungehörig. Dies betraf selbst solch herausragende jüdische Intellektuelle wie Hannah Arendt oder Martin Buber. Ihre Warnungen vor einem ethnonationalistischen Staatsmodell und ihre Plädoyers für eine binational-demokratische Ordnung fanden in deutschen Medien kaum Resonanz. Vielmehr wurden ihre Positionen – wenn überhaupt – als theoretische Exzentrik oder gar als „jüdischer Selbsthass“ etikettiert. Mit der Erklärung der Sicherheit Israels zur „Staatsräson“ (Merkel, 2008) wurde diese symbolische Loyalität institutionell verankert. Sie wurde zum Prüfstein deutscher Identität – mit Folgen für den Journalismus: Medien, die über Kritik an Israel berichten, riskieren den Vorwurf, sich außerhalb des staatstragenden Konsenses zu bewegen. 2. Institutionelle Einhegungen: Zentralrat, Gremien, Deutungshoheit Entscheidend für die Diskurshoheit über „das Jüdische“ in Deutschland ist die Rolle des Zentralrats der Juden. Dieser beansprucht seit Jahrzehnten die alleinige Vertretung jüdischer Interessen – und tut dies fast ausschließlich aus einer israelsolidarischen Perspektive. Zionismuskritische Juden wie Rolf Verleger oder Evelyn Hecht-Galinski wurden daher öffentlich marginalisiert oder institutionell ausgeschlossen. Verleger verlor nach seiner Kritik am Libanonkrieg 2006 seinen Sitz im Zentralrat. In der medienpolitischen Praxis führt dies dazu, dass fast ausschließlich Vertreter dieser loyalistischen Linie als Gesprächspartner eingeladen oder zitiert werden. Alternative Organisationen – etwa die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden“ oder das internationale Netzwerk „Jewish Voice for Peace“ – tauchen nur dann in Berichterstattung auf, wenn sie skandalisiert werden, z. B. im Zusammenhang mit BDS-Unterstützung oder provozierenden Aktionen. 3. Die journalistische Praxis: Von der Unsichtbarkeit zur Verdächtigung Die mediale Behandlung zionismuskritischer jüdischer Stimmen folgt einem wiederkehrenden Muster: Sichtbar werden sie meist erst durch Kontroversen – und dann in einem abwertenden Ton. Judith Butler, eine bedeutende jüdische Philosophin, wurde 2012 nicht für ihre ethische Kritik am Staatsnationalismus gewürdigt, sondern als „umstrittene BDS-Unterstützerin“ porträtiert. Ihre Gegendarstellungen erschienen nur verzögert und nach öffentlichem Druck. Neturei Karta, eine ultraorthodoxe, anti-zionistische Gruppierung, wurde von der Welt als „Fanatiker“ und „Israel-Hasser“ betitelt – ohne ernsthafte Auseinandersetzung mit ihrer theologischen Argumentation gegen einen säkularen jüdischen Staat. Der israelische Soziologe Moshe Zuckermann, ein scharfer Kritiker des politischen Zionismus, wurde vom Deutschlandfunk Kultur pauschal als „polemisch“ und „psychologisch spekulativ“ abgetan. Seine inhaltlichen Argumente über die politische Funktion des Antisemitismusvorwurfs wurden nicht aufgenommen, sondern psychologisiert. Hinzu kommt ein strukturierendes Framing: Jüdische Israelkritik wird routinemäßig als „extrem“, „randständig“ oder „nicht repräsentativ“ dargestellt. Selbst ein Offener Brief von Holocaust-Überlebenden, die Israels Gaza-Politik kritisierten, wurde in Spiegel Online relativiert, indem betont wurde, viele Unterzeichner seien „nur Angehörige“. 4. Die demokratische Dimension: Was die Ausgrenzung kostet Diese Ausblendung hat weitreichende Folgen. Sie beschneidet die Meinungsvielfalt innerhalb des jüdischen Spektrums, fördert ein monolithisches Bild vom „Judentum“ als staatsloyale, pro-zionistische Formation – und verstärkt so die gefährliche Tendenz, jüdische Identität mit israeltreuer Haltung gleichzusetzen. Dadurch entsteht paradoxerweise eine Konstellation, in der ausgerechnet Juden, die an universalistische Ethiken, pazifistische Traditionen oder diasporische Identitäten anknüpfen, aus dem Diskurs ausgeschlossen werden – oft unter dem Vorwurf des Antisemitismus. Diese Logik pervertiert nicht nur den Begriff des Antisemitismus, sie gefährdet auch die demokratische Debattenkultur. Wenn jüdische Kritik an Israel – ob aus theologischer, historischer oder politisch-ethischer Motivation – reflexhaft delegitimiert wird, dann wird der öffentliche Raum enger. Die deutschen Medien riskieren, zur Bühne einer Selbstzensur zu werden, bei der bestimmte Fragen als unzulässig gelten – nicht weil sie polemisch, sondern weil sie historisch belastet sind. Wie Jacobin 2024 analysierte, kulminiert diese Praxis in einer „gefährlichen Verzerrung“: Deutschland stilisiert sich zum Wächter Israels – und verdrängt dabei, dass gerade jüdische Kritik ein Ausdruck lebendiger, pluraler Tradition ist. 5. Erste Öffnungen – und ihr Potenzial Es gibt Anzeichen für eine allmähliche Öffnung: Tagesspiegel und Deutschlandfunk Kultur publizieren vereinzelt differenzierte Positionen. Persönlichkeiten wie Avi Primor oder Moshe Zimmermann intervenieren öffentlich gegen den Antisemitismusverdacht gegenüber jüdischen Israelkritikern. Solche Gesten haben Wirkung – und könnten helfen, einen breiteren, inklusiveren Diskurs zu ermöglichen. Doch der strukturelle Druck bleibt hoch. Die Angst vor Skandalisierung, institutionellem Gegenwind oder Anzeigen boykottfreudiger Verbände wie dem Zentralrat hemmt weiterhin viele Redaktionen. Es braucht daher nicht nur einzelne Beiträge, sondern eine konsequente journalistische Selbstvergewisserung: Wie viel Pluralität verträgt der Diskurs? Und welche Stimmen fehlen – gerade, weil sie unbequem sind? Fazit Die Marginalisierung zionismuskritischer jüdischer Stimmen in deutschen Leitmedien ist kein mediales Randphänomen, sondern ein zentrales Symptom einer diskursiven Verengung. Sie ist historisch erklärbar, institutionell abgesichert und journalistisch dokumentierbar – aber demokratisch riskant. Denn eine Debatte, die zentrale innerjüdische Kontroversen systematisch ausblendet, beraubt sich nicht nur kritischer Perspektiven, sondern verliert auch an Integrität. Gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung und identitätspolitischer Instrumentalisierung wäre es eine journalistische Tugend, die Vielfalt jüdischer Stimmen sichtbar zu machen – auch und gerade dann, wenn sie dem dominanten Konsens widersprechen. Meine verwendeten Quellen: * Martin Kloke: Israel und die deutsche Medienöffentlichkeit, Tel Aviver Jahrbuch 2005 deutschlandfunk.de [https://www.deutschlandfunk.de/antisemitismus-antizionismus-israelkritik-tel-aviver-100.html#:~:text=Buch%2520ist%2520keine%2520Anklage%2520sondern,deshalb%2520Ziel%2520von%2520Anfeindungen%2520geworden] * Deutschlandfunk Kultur, 23.02.2014 deutschlandfunkkultur.de [https://www.deutschlandfunkkultur.de/judentum-warum-der-zionismus-nicht-zum-judentum-gehoert-100.html#:~:text=Judith%2520Butlers%2520These%2520ist%2520radikal%253A,Deutschland%2520passt%2520ihre%2520These%2520nicht] * Welt, 11.02.2014 welt.de [https://www.welt.de/politik/deutschland/article124557908/Juedischer-Israel-Hasser-im-Kanzleramt-empfangen.html#:~:text=Besch%25C3%25A4mend%2520f%25C3%25BCr%2520die%2520Bundesrepublik%2520Deutschland,kooperieren%252C%2520als%2520Gast%2520im%2520Kanzleramt] * ZEIT Online, 01.11.2013 zeit.de [https://www.zeit.de/kultur/literatur/2012-08/butler-adorno-preis#:~:text=Das%2520Kuratorium%2520hatte%2520die%2520US,gegen%2520die%2520Auszeichnung%2520protestiert] * Tagesspiegel, 18.10.2021 tagesspiegel.de [https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/nicht-antisemitisch-4284121.html#:~:text=halten%2520die%2520Absicht%252C%2520die%2520Ernennung,den%2520besetzten%2520Gebieten%2520sehen%2520die] * Jacobin, 15.10.2024 jacobin.de [https://jacobin.de/artikel/antisemitismus-antideutsche-moshe-zuckermann-judith-butler#:~:text=nicht%2520als%2520Jude%2520denunziert%252C%2520im,2%2520Irit] * Jüdische Allgemeine, 26.08.2014 juedische-allgemeine.de [https://www.juedische-allgemeine.de/politik/radikaler-als-die-plo/#:~:text=Das%25202008%2520gegr%25C3%25BCndete%2520%25C2%25BBInternational%2520Jewish,PLO%2520nicht%2520mehr%2520offiziell%2520vertritt] * Deutschlandfunk, 30.05.2005 deutschlandfunk.de [https://www.deutschlandfunk.de/antisemitismus-antizionismus-israelkritik-tel-aviver-100.html#:~:text=Buch%2520ist%2520keine%2520Anklage%2520sondern,deshalb%2520Ziel%2520von%2520Anfeindungen%2520geworden] * Deutschlandfunk Kultur, 01.08.2020 deutschlandfunkkultur.de [https://www.deutschlandfunkkultur.de/yakov-m-rabkin-im-namen-der-thora-ultraorthodoxe-juden-100.html#:~:text=60%2520Intellektuelle%2520haben%2520sich%2520in,j%25C3%25BCdische%2520Opposition%2520gegen%2520den%2520Zionismus] Titelbild: Pixel-Shot / Shutterstock
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