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Heraus zum 1. Mai. Gibt es was zu feiern? Ja, aber nur ein bisschen
Es ist wieder so weit. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine acht Mitgliedsgewerkschaften rufen am „Tag der Arbeit“ [https://www.dgb.de/erster-mai-tag-der-arbeit] bundesweit zu Demonstrationen, Kundgebungen und Festen unter der Losung „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit” auf. Der DGB rechnet auf rund 400 Veranstaltungen mit mehr als 300.000 Teilnehmern. Von Rainer Balcerowiak. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Seit 1886 ist der 1. Mai eine Art Fixpunkt für die internationale Arbeiterbewegung. Damals streikten eine halbe Million US-Amerikaner für die Einführung des Achtstundentags. In den folgenden Tagen eskalierte die Auseinandersetzung vor allem in Chicago, es gab zahlreiche Tote und Verletzte. Acht Streikführer wurden inhaftiert und später hingerichtet. 1889 beschlossen Gewerkschaften und Arbeiterparteien auf dem Zweiten Internationalen Arbeiterkongress in Paris, zum Gedenken an die Opfer von Chicago am 1. Mai zu einer internationalen Demonstration aufzurufen. Zentrale Forderungen waren auch hier der Achtstundentag, außerdem höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen. 1890 erklärte die SPD den 1. Mai offiziell zum „Kampftag der Arbeiterklasse“, und 1919 wurde er als „Tag der Arbeit“ von der Weimarer Nationalversammlung per Gesetz zum offiziellen Feiertag erklärt. In den vergangenen Jahren war der 1. Mai für den DGB vor allem ein Tag für die identitätsstiftende Selbstvergewisserung der schrumpfenden Mitgliedschaft. Und für viele Teilnehmer war es auch einfach eine große Party: Das Bier floss in Strömen, dazu kam der manchmal etwas strenge Geruch von angekokelten Bratwürsten. Auch für Kinderbespaßung – etwa mit Hüpfburgen – war gesorgt, und auf den Bühnen versuchten Kulturschaffende aller Couleur, gute Laune zu verbreiten. „Kampftag der Arbeiter“ zum Ritual verkommen Wirklich zu feiern gab es allerdings eher wenig. Die vergangenen Jahre waren von empfindlichen Reallohnverlusten, einer erodierenden Tarifbindung und einem wuchernden Niedriglohnsektor geprägt, verbunden mit einem deutlichen Mitgliederrückgang der DGB-Gewerkschaften. 500.000 Mitglieder verloren sie zwischen 2013 und 2023, jetzt sind es noch 5,65 Millionen, davon 2,1 Millionen bei der IG Metall und 1,9 Millionen bei ver.di. Noch drastischer stellt sich dieser Schrumpfungsprozess in einem längeren Zeithorizont dar: 1991 waren es noch fast zwölf Millionen Mitglieder. Es gab Jahr für Jahr die ewig gleichen „kämpferischen Reden“ von DGB-Funktionären und Polit-Prominenz, zumeist mit SPD-Parteibuch. Dieser fast schon symbiotischen Bindung der DGB-Führung an die SPD hat auch der massivste soziale Kahlschlag der bundesdeutschen Geschichte, die von einer sozialdemokratisch geführten Regierung exekutierten Agenda-2010-Reformen, kaum etwas anhaben können. Das ist diesmal nicht anders. Auf den größeren Kundgebungen werden neben der DGB-Prominenz auch die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil, der Generalsekretär Kevin Kühnert, die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und die EU-Spitzenkandidatin Katarina Barley ans Mikrofon treten. Wobei stets mit mehr oder weniger lautstarken Protesten etlicher Teilnehmer zu rechnen ist, denn diese Politiker stehen nicht nur für eine aggressive Rüstungs- und Sanktionspolitik gegen Russland, sondern auch für sozial-, klima- und wirtschaftspolitische Geisterfahrten, die auch vielen Gewerkschaftsmitgliedern schwer im Magen liegen. Erfreuliche Erfolge bei Tarifkämpfen Dennoch gibt es in diesem Jahr für die Gewerkschaften durchaus etwas zu feiern. Vor allem als Reaktion auf die Inflation in den vergangenen zwei Jahren ging man recht offensiv in die Tarifrunden und konnte in einigen Branchen, teilweise begleitet von Streiks, ansehnliche Abschlüsse erzielen. Das betraf zum einen den öffentlichen Dienst und – besonders „publikumswirksam“ – alle Verkehrssektoren, also die Luftfahrt, den Schienenverkehr und den kommunalen Nahverkehr. So bekommen die Beschäftigten der Luftsicherheitsunternehmen zwischen 13,1 und 15,1 Prozent mehr, bei einer Laufzeit von 15 Monaten. Beim Bodenpersonal der Lufthansa beläuft sich die durchschnittliche Erhöhung auf 12,5 Prozent, wobei es eine Mindesterhöhung von 280 Euro pro Monat gibt, wodurch die Entgelte bei unteren und mittleren Gehaltsgruppen überproportional steigen. Auch im kommunalen Nahverkehr gab es teilweise kräftige Lohnerhöhungen mit Mindestbeträgen – und obendrauf dann stets noch als Leckerli die einmalige, steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro. Kräftig zugelangt haben auch zwei Spartengewerkschaften, die nicht dem DGB angehören. Bei der Unabhängigen Flugbegleiterorganisation (UFO) reichte ein ganztägiger Streik, um die Lufthansa in der folgenden Schlichtung zum Einlenken zu bewegen. Neben der steuerfreien Einmalzahlung bekommt das Kabinenpersonal eine dreistufige Lohnerhöhung um insgesamt 16,5 Prozent, bei einer Laufzeit bis Ende 2026. Den Vogel abgeschossen hat diesmal allerdings die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), die bei der Deutschen Bahn mit massiven Streiks ihr Hauptziel durchsetzen konnte [https://www.nachdenkseiten.de/?p=106731]: Die stufenweise Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden mit vollem Lohnausgleich. Dazu auch hier die Einmalzahlung sowie eine einheitliche, zweistufige Lohnerhöhung um 420 Euro pro Monat. Und das gilt eben nicht nur für den bundeseigenen Konzern, sondern auch für fast alle privaten Konkurrenzunternehmen. Und es ist bereits abzusehen, dass die Frage der Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich, die jetzt von der GDL wieder nachdrücklich auf die Tagesordnung gesetzt wurde, auch in kommenden Tarifrunden anderer Gewerkschaften eine wichtige Rolle spielen wird. Die in diesen Branchen erfolgreichen Tarifkämpfe hatten allerdings auch recht günstige Rahmenbedingungen. Denn die Gewerkschaften sind dort traditionell gut organisiert, und Arbeitskämpfe im Verkehrsbereich üben erheblichen Druck auf die Arbeitgeber aus. Ferner spielen dort die generell im Sinne abhängig Beschäftigter (noch) relativ entspannte Lage auf dem Arbeitsmarkt und der in einigen Branchen große Arbeitskräftemangel eine Rolle. Wenn keiner mehr Bock hat, im Schichtdienst Lokomotiven oder Busse zu fahren oder den Fluggästen die Koffer abzufertigen, weil es derzeit auch andere Jobs mit besseren Arbeitsbedingungen und besserer Entlohnung gibt, dann wird das ein ziemlich großes Problem. Immer mehr tariffreie Zonen Dieses Druckpotenzial gibt es in anderen Branchen offenbar nicht. So gestaltet sich die Tarifrunde im Einzelhandel seit über einem Jahr als Hängepartie. Die Forderungen der Gewerkschaft und das Angebot der Arbeitgeber liegen meilenweit auseinander. Doch die sitzen die gelegentlichen, nur von wenigen Beschäftigen getragenen Warnstreiks bislang schulterzuckend aus. Und generell sinkt der Geltungsbereich vieler Tarifverträge erheblich. Waren 1995 noch mehr als 80 Prozent der Beschäftigten bei tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt, so sind es heute nur noch knapp die Hälfte [https://www.wsi.de/de/analysen-zur-tarifbindung-34899.htm]. Nur noch jeder vierte Betrieb ist an einen Tarifvertrag gebunden. Das betrifft nicht nur Kleinbetriebe und Branchen mit sehr schwachem gewerkschaftlichen Organisationsgrad, sondern auch „Leuchttürme“ der Industrie und der Handelslogistik, wie z.B. Tesla und Amazon. Auch der von der „rot-grünen“ Bundesregierung unter Gerhard Schröder massiv beförderte Niedriglohnsektor hat sich verfestigt. Rund ein Viertel aller Beschäftigten verdient weniger als 14 Euro pro Stunde, wobei die große Grauzone von Subunternehmen und Scheinselbstständigen noch gar nicht erfasst ist. Gelöst werden könnte das Problem wenigstens teilweise durch die Ausweitung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen auf alle oder wenigstens die meisten Branchen, was in den meisten westeuropäischen Ländern auch längst Standard ist. Doch politische Mehrheiten für so ein Vorhaben sind in Deutschland nicht in Sicht, und die Gewerkschaften sind offensichtlich zu schwach bzw. nicht willens, in dieser Frage entsprechend Druck aufzubauen. Auf die Pauke hauen dagegen jetzt Unternehmerverbände und ihre Parteien. Sie nehmen die – im europäischen Vergleich eher harmlose – Streikwelle im Verkehrssektor zum Anlass, massive Einschränkungen des Streikrechts zu fordern [https://www.zeit.de/politik/deutschland/2024-03/lokfuehrer-gewerkschaft-gdl-bahn-tarifstreit-kritik-fdp-streikrecht]. Aber bei aller Verkommenheit: Das kann sich die SPD nun wirklich nicht leisten. In Tarifauseinandersetzungen sind die Gewerkschaften also nach wie vor ein Faktor, vor allem für ihre traditionellen Kernklientele. Politisch sind sie dagegen weitgehend verzwergt und faktisch nicht mehr kampagnenfähig. Zur SPD-Treue gehört für große Teile des Apparats auch die prinzipielle Unterstützung der Aufrüstung, der Waffenlieferungen an die Ukraine und der Sanktionen gegen Russland. Einen entsprechenden Leitantrag beschloss auch der ver.di-Bundeskongress im September 2023 [https://www.hallo-wippingen.de/wp/2023/09/ver-di-sagt-jein-bundeskongress-stimmt-fuer-lieferung-von-waffen-an-ukraine/] mit großer Mehrheit. Gegen diese Positionierungen gibt es allerdings viel innergewerkschaftlichen Widerstand – bis hin zu ganzen Landesverbänden. Aber wie bereits gesagt: Ein bisschen was zu feiern gibt es trotzdem. Man kann also ruhig auf eine Maifeier gehen und dort ein – hoffentlich nicht lauwarmes – Bier auf die Lokführer, Busfahrer, Flugsicherheitsmitarbeiter und andere trinken, die sich ein kräftiges Lohnplus erkämpft haben. Und wenn dann anschließend Esken, Klingbeil, Kühnert, Barley & Co. ans Rednerpult treten, kann man um so kräftiger buhen und pfeifen.[http://vg04.met.vgwort.de/na/b7d1613148b8471da6413f2cb6229a7e] Titelbild: Sigit Stock Vector / Shutterstock
Gestern - 11 min
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Ukraine-Konferenz in der Schweiz: Ohne Russland, ohne China, ohne Friedensabsicht
Trotz verzweifelter Versuche des Bundeskanzlers Olaf Scholz bei seinem China-Besuch hat die Volksrepublik kein Interesse an der Ukraine-Konferenz in der Schweiz. Dies ist bezeichnend für den Zustand der westlichen und vor allem deutschen Diplomatie. Die Bundesrepublik schreitet scheiternd voran in die außenpolitische Bedeutungslosigkeit. Von Artur Leier. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Beim Besuch von Olaf Scholz in China war die Ukraine von deutscher Seite wieder das dominierende Thema. Auch hier wurde, diametral zu deutschen Interessen, wieder einseitig Position für die Ukraine bezogen und mit scharfen Verurteilungen gegenüber Russland eine hysterische Rhetorik verwendet, welche die wenigen verbliebenen Brücken zwischen Deutschland und Russland weiter abbrennt und die Bundesrepublik deutlich im Lager der selbsterklärten Feinde Russlands positioniert. China bleibt bei seiner Außenpolitik Der Bundeskanzler stellte selbst fest: „Chinas Wort hat Gewicht in Russland.“ Auch Deutschlands Wort hatte früher Gewicht in Russland. Das Auftreten von Scholz in China demonstrierte wieder, warum Berlin kaum noch Einfluss in Moskau hat. Innerhalb weniger Jahre fiel das Ansehen Deutschlands, übrigens in der ganzen Welt, von dem eines ehrlichen Vermittlers auf den Status eines aggressiven Agitators für ein korruptes Regime, welches nichts mit Deutschland, der EU oder der NATO zu tun hat – wenn man sich die reale Situation in Kiew anschaut, zudem auch nichts mit Demokratie, Freiheit und Menschenrechten. Es ist für Berlin trotzdem so wichtig, diese nicht vorhandenen Werte in der Ukraine zu verteidigen, dass sogar die eigene Wirtschaft und Energiesicherheit dafür gesprengt werden. Durch diesen weitestgehenden Bedeutungsverlust Deutschlands blieb dem Bundeskanzler deshalb nur die verzweifelte und vage Bitte an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, „auf Russland einzuwirken“, und der Versuch, China von einer Teilnahme bei der Ukraine-Konferenz zu überzeugen, die im Juni in der Schweiz stattfindet. Dazu sahen wir auf dem X-Konto von Olaf Scholz und in der deutschen Presse dann Versuche, die Gespräche so darzustellen, als würde sich China eine Teilnahme bei dieser Konferenz überlegen und diese zumindest „unterstützen“. Dies basierte allerdings auf rhetorischen Tricks und kleinen Manipulationen, bei denen sich an jedes Wort der chinesischen Seite geklammert wurde wie an einen lebensrettenden Strohhalm. Da die Chinesen eben noch Diplomatie verstehen und kein hartes „Nein“ äußerten, wurde daraus in Deutschland teilweise ein „Vielleicht“ gezaubert (so im Tagesspiegel vom 16. April). In Wahrheit waren die Aussagen, bei allen diplomatischen Gepflogenheiten, klar genug. Der chinesische Präsident sagte, China fördere „die Friedensgespräche auf seine eigene Weise“ und unterstütze nur eine Friedenskonferenz, die von Russland und der Ukraine, also von beiden direkten Konfliktparteien akzeptiert werde. Da Russland zu der Konferenz im Juni nicht eingeladen ist und es dort absehbar wieder darum gehen wird, die antirussische Position des Westens zu wiederholen, wird es also keine Beteiligung Chinas geben. Deutschland und die EU ohne eigene Außenpolitik Man kann sagen, Xi Jinping und Olaf Scholz haben von verschiedenen Dingen gesprochen, weil sie Außenpolitik auf verschiedenen Ebenen betreiben. China betreibt eine souveräne Außenpolitik auf der höchsten Ebene von Geopolitik, ebenso Staaten wie Russland und die USA. Deutschland und auch die EU positionieren sich selbst eine Ebene darunter – als Erfüllungsgehilfen imperialistischer Interessen der USA und seines transnationalen Finanzkapitals. Deshalb konnte der Bundeskanzler sich in China zwar um bessere Bedingungen für deutsche Unternehmen bemühen, aber bei der Außenpolitik wurde er nicht als ernsthafter Gesprächspartner wahrgenommen. Das war nicht immer so. Erst knapp 20 Jahre ist es her, da konnten sich ein Gerhard Schröder und Jacques Chirac zu einem klaren „Nein“ gegen den Irakkrieg verbünden, trotz allen Drucks aus England und vor allem den USA sowie nicht zuletzt auch von transatlantischen Medien, die Frankreich und Deutschland möglichst tief in diesen verbrecherischen Krieg hineinziehen wollten, der unter dem Vorwand von Massenvernichtungswaffen gestartet und in Wirklichkeit wegen Öl und strategischen Interessen im Nahen Osten geführt wurde. Es stimmt also in gewisser Hinsicht, wenn einige Experten sagen, dass die EU eine eigene Außenpolitik entwickeln muss. Entscheidend ist aber, was damit gemeint ist, und da muss man genau hinschauen. Denn wenn es darum geht, die häufig erwähnte „Verantwortung“ zu übernehmen, dann ist Vorsicht geboten. Meist geht es dann darum, die imperialistische Politik des Westens in einer Region durchzusetzen, wenn die USA mit einer anderen Region beschäftigt sind. Genau dies ist im Falle der Ukraine zu beobachten. Da die USA sich langsam aus der Ukraine zurückziehen, weil sie ihren Fokus auf China legen müssen, hört man aus Brüssel vermehrt, dass Europa nun die Ukraine unterstützen müsse. Allerdings ist das neoliberale Konstrukt EU nicht Europa, und die Bürokraten in Brüssel sprechen nicht für die Völker Europas. Von einer „eigenen“ Außenpolitik der EU braucht man also keine Verbesserung zu erwarten. Die Antwort liegt bei positiven Veränderungen auf Ebene der Nationalstaaten. Wenn Staaten wie Deutschland und Frankreich wieder anfangen, eine souveräne Außenpolitik zu betreiben, dann werden wieder eigene Interessen vertreten. Das „Nein“ zum Irakkrieg zeigt, dass dies möglich ist. Dann können wir auch wieder ehrliche Friedensinitiativen aus Deutschland erwarten statt durchschaubarer Versuche eines deutschen Bundeskanzlers, einen Keil zwischen Peking und Moskau zu treiben. Dann werden auch deutsche Außenminister, ohne feministische oder maskulistische Außenpolitik, wieder auf Augenhöhe gesehen und behandelt, anstatt dem Ansehen Deutschlands in der ganzen Welt zu schaden. Das bedeutet nicht, dass Volksinteressen dann immer oder auch nur meist vor Kapitalinteressen stehen werden, aber eine sachliche Realpolitik im nationalstaatlichen Interesse wäre bereits eine enorme Verbesserung. Westliche Diplomatieverweigerung schadet prowestlichen Kreisen Man muss konstatieren, dass die westliche Diplomatie vorrangig dazu beigetragen hat, die „Friedenspartei“ in politisch einflussreichen Kreisen Russlands zu schwächen. Ihre Grundüberzeugung, dass die Diplomatie siegreich sein muss und nicht das Militär, wurde immer weniger haltbar und entfernte sich zunehmend von der Realität einer aggressiven Einkreisung Russlands durch die NATO und US-Militärbasen. Auch nach der Zuspitzung der ukrainischen Kriegsvorbereitungen gegen die Volksrepubliken des Donbass und dem folgenden russischen Einmarsch in die Ukraine gab es genug Möglichkeiten, schnell zum Frieden zurückzukehren. Tatsächlich gab es umgehend Gespräche zwischen russischen und ukrainischen Unterhändlern in Weißrussland und dann große Fortschritte auf Vermittlung der Türkei. Vielleicht war dies die letzte Chance für die – durchaus prowestliche – Friedenspartei in Moskau, ihre Vorstellungen im Kreml durchzusetzen. Stattdessen folgte ein einseitiger Verhandlungsabbruch auf Wunsch des Westens, und mit jedem Kriegsmonat festigte sich auch bei dieser Friedenspartei die Einsicht, dass der Westen nur eine vollständige Niederlage und schlussendlich Vernichtung Russlands akzeptiert. Dadurch wurde vor allem das Ansehen der großen westeuropäischen Staaten und damit auch der EU in Moskau nachhaltig geschädigt. Denn bei den USA ist man eine harte geopolitische Auseinandersetzung gewohnt, und beide Seiten haben sich im Kalten Krieg nichts geschenkt. Am Ende hat sich bei den Amerikanern aber oft ihr Business-Pragmatismus durchgesetzt, und es wurde ein Geschäft angeboten. Die Wahrnehmung gegenüber Westeuropa war aber eine andere, und einflussreiche Kräfte in Moskau sahen sich wie selbstverständlich als Teil Europas. Es ist kein Geheimnis, dass Putin selbst offen germanophil ist und gutes Deutsch spricht. Seine Rede im Bundestag von 2001 war ehrlicher Ausdruck seiner damaligen Haltung. Nun ist prowestlich, proeuropäisch oder germanophil nicht das Gleiche, aber es gab in Russland selten einen so westorientierten Präsidenten wie Putin – deshalb auch die ständigen Versuche, eine Einigung zu finden, sowohl bei Treffen mit dem US-Präsidenten George Bush Jr. als auch mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und entsprechend groß war der Einfluss prowestlicher Kreise im Kreml. Der Westen hat es mit seiner Anti-Diplomatie geschafft, einen solchen Präsidenten zum Gegner und sogar Feind zu machen. Denn am Ende ist Putin Staatsmann und hat, bei allen subjektiven Sympathien, das objektive Interesse seines Volkes im Sinn. Gerade dadurch konnten, ideologisch und innenpolitisch heterogene, antiwestliche Kreise in Moskau triumphieren und darauf hinweisen, dass sie es schon immer gesagt haben: Der Westen ist politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich verrottet und selbst die vormals schöne Fassade ist weitestgehend abgebröckelt. Für Europa oder die EU kommt erschwerend hinzu, dass keine eigenständige Politik betrieben wird und eine direkte Abhängigkeit von den USA besteht. Deshalb müsse sich Russland bei seiner Bündnispolitik nach Osten und Süden orientieren. Das ist, durch westliche Diplomatieverweigerung und kurzsichtige Machtpolitik ohne Berücksichtigung der Langzeitfolgen, nun die dominante Denkweise in Moskau. Diplomatie muss langfristig denken und die Geschichte kennen Das alles geschieht vor dem Hintergrund katastrophaler Erfahrungen in den 1990er-Jahren. Der Westen hat damals, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, seine antirussische Politik nahtlos fortgesetzt und sogar zugespitzt. Die Herrschaft der Jelzin-Oligarchie wurde aktiv unterstützt, das Volksvermögen wurde geplündert und endete meist in westlichen Banken. Alles, was unter Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft vermarktet wurde, war in Realität das Gegenteil des Versprochenen. Dies führte in der Bevölkerung zum nachhaltigen Misstrauen gegenüber liberalen Politikern sowie Ideen und zum Wunsch nach einer starken sichtbaren Hand, die für Ordnung sorgt, statt der unsichtbaren Hand des Marktes, die Chaos verursacht und das Land verkauft. Das Verhalten des Westens wurde so wahrgenommen, als ob die sowjetische Propaganda über westlichen Imperialismus noch untertrieben hat. Man erlebte bzw. überlebte einen Westen, der nur die vollständige Unterwerfung akzeptiert und nur die Sprache der Stärke versteht. Wie Hohn wirkt es da, wenn diese Zeit in der westlichen Bewertung und von Liberalen in Russland weiterhin positiv dargestellt wird. Auch deshalb ist die prowestliche Opposition innerhalb Russlands heute bedeutungslos und dient nur dazu, Bilder und „Hoffnungsträger“ für die westliche Propaganda zu erzeugen. Wenn Wladimir Putin also jede Präsidentschaftswahl deutlich und immer deutlicher gewinnt und das Ergebnis umso höher ist, je stärker der Druck von außen wird, dann liegt dies an den Erfahrungen der russischen Bevölkerung in Vergangenheit und Gegenwart. Dazu gehört die lebendige Erinnerung an die 1990er-Jahre, vor allem aber die heutige, hysterisch-antirussische Politik des Westens. Wenn zudem die Bundesrepublik geschichtsvergessen wieder gegen Russland hetzt und deutsche Panzer in die Ukraine schickt, dann gehört dazu auch das historische Gedenken an den Zweiten Weltkrieg. Der Westen hat mit seiner Politik also nur erreicht, das russische Volk hinter Putin zu vereinen. Er hat ebenfalls dazu beigetragen, Russland und China zu strategischen Verbündeten zu machen. Eine Ukraine-Konferenz in der Schweiz, zu der Russland nicht eingeladen ist, hat deshalb keine ehrliche Friedensabsicht. Sie überzeugt niemanden, der nicht schon überzeugt ist, und das sind faktisch nur direkt von den USA abhängige Regime des „kollektiven Westens“. Sie zeigt aber der russischen Bevölkerung wieder, dass nur die vollständige Niederlage und Unterwerfung angeboten wird. Das ist so kurzsichtig wie die Politik nach dem Zusammenbruch der UdSSR. Damit wird nur die organische Opposition in Russland, von links bis rechts, nachhaltig und unnachgiebig gegen den Westen eingestellt. Die wahre Rechnung dafür kommt später, nach der Zeit von Wladimir Putin. Einige werden sich dann nostalgisch an den germanophilen russischen Präsidenten erinnern. Russlandexperten und Historiker werden darauf hinweisen, dass der Westen um 2000 mit der Unterwerfung bzw. Vernichtung Russlands gescheitert ist, dies hätte einsehen müssen, und danach 30 Jahre Zeit hatte, um das Riesenreich zum Partner auf Augenhöhe zu machen. Die USA werden sich, als imperiales Zentrum hinter dem Ozean, noch länger als Machtfaktor behaupten können, auch wenn sie schon jetzt in einer gesellschaftlichen Dystopie leben. Die deindustrialisierte BRD wird diese Russlandpolitik aber am härtesten Treffen. Die deutschen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen der Zukunft werden leise über die suizidale Außenpolitik dieser Zeit meckern, während Sie auf dem Lastenrad um ein Windrad fahren und nach Pfandflaschen sowie Brennmaterial suchen. Titelbild: Shutterstock / Michael Derrer Fuchs Mehr zum Thema: Deutschland will „Völkermord“-Resolution bei UN-Vollversammlung einbringen: AA-Sprecher weiß angeblich von nichts [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114544] „Kulturwandel“ im Auswärtigen Amt: Baerbock will, dass deutsche Diplomaten mehr auf Social Media gegen Russland und China austeilen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=103079] Die Infantilisierung der deutschen Außenpolitik: Botschafterin in der Ukraine posiert mit „Kuschel-Leo“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=95404] Fake News von Tagesschau und Baerbock? – „Russischer Terrorangriff“ auf Marktplatz von Kostjantyniwka war laut New York Times wohl ukrainische Rakete [https://www.nachdenkseiten.de/?p=104050] Staatsfern? Anfrage ergibt: Bundesregierung zahlte Hunderttausende Euro an Journalisten von ARD und ZDF [https://www.nachdenkseiten.de/?p=94769]
30. Apr. 2024 - 13 min
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„Landesverräter“ rufen „Haltet den Dieb!“
In der aktuellen Debatte um mutmaßliche China-Spionage durch AfD-Personal ist eine weitere Verrohung zu beobachten. Politische Konkurrenten als „Verräter“ zu bezeichnen, ist abzulehnen. Es kann außerdem als Ablenkungsversuch vom eigenen „Verrat“ an den Interessen der Bürger bezeichnet werden. Die nun praktizierte Verrohung kann sich auch irgendwann gegen die Initiatoren der sprachlichen Tabubrüche wenden. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Wie manche Begriffe umgedeutet werden, kann aktuell angesichts der Debatte um mutmaßliche Spionage für China durch AfD-Personal [https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/haftbefehl-jian-g-afd-100.html] beobachtet werden: Wer Vokabeln wie „Volksverräter“ benutzt, um den politischen Gegner zu beschädigen, der wurde früher eher einem rechtsextremen Lager zugeordnet, das Gleiche gilt für Wörter wie „Kriegstüchtigkeit“ oder „Verächter des Staates“. Auch wer forderte, dass Russland niedergerungen gehöre, wurde früher eher als rechtsradikal denn als staatstragend betrachtet. Heute gehört all das zum Vokabular sogar von Unterstützern der Bundesregierung. Ich lehne die Nutzung des Begriffs „Verräter“ im politischen Zusammenhang als polarisierend und verrohend ab – aber da er nun fast schon als „offiziell“ eingeführt wird, komme ich in diesem Text nicht darum herum. Auf die konkreten Fälle mutmaßlicher Spionage etwa für China soll hier nicht eingegangen werden: Für eine sinnvolle Beurteilung der Fälle bleibt noch abzuwarten, wie gravierend das Ganze ist. Hier geht es nur um die sprachliche Ebene der Reaktionen. Der Nazi-Paragraph „Volksverrat durch Lügenhetze“ Telepolis beschreibt einige Beispiele für die aktuelle Nutzung der Begriffe in diesem Artikel [https://www.telepolis.de/features/Nazi-Sprech-kann-die-AfD-besser-Der-Vorwurf-des-Volksverrats-und-seine-Tradition-9696893.html] und erinnert daran, dass „Volksverrat durch Lügenhetze“ von den Nazis als Straftatbestand eingeführt worden sei. Im Artikel heißt es zum aktuellen Gebrauch: > „Die Junge Union und andere, die sich zum demokratischen Spektrum zählen, nutzen das Wort ‚Volksverräter‘ jetzt für AfD-Politiker – mal mit, mal ohne Fragezeichen auf der Plattform X, wo von der AfD auch als ‚Alternative für Russland und China‘ die Rede ist und ihr Kürzel in kyrillischen Buchstaben auftaucht. ‘Für wen arbeitet die AfD?’, fragt dort die Junge Union Deutschland, ihr Bundesvorsitzender Johannes Winkel nutzt in diesem Kontext den Hashtag #Volksverräter – und der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe äußerte bereits den Verdacht, ‚dass die Vaterlandsverräter von der AfD direkt vom Kreml bezahlt werden‘.“ Der Spiegel titelt aktuell [https://www.spiegel.de/spiegel/print/index-2024-18.html] zur AfD (ein Ausschnitt ist auch das Titelbild dieses Artikels): „Die Landesverräter – Moskaus Marionetten“. Die Nutzung solcher Kampfbegriffe ist nicht ganz neu – bereits vergangenen Sommer hatten die NachDenkSeiten im Artikel „Die Grünen und die Landesverräter [https://www.nachdenkseiten.de/?p=102977]“ geschrieben: > „Die Wortwahl Hofreiters und die Gedankenspiele um Parteiverbote stellen eine weitere verbale Eskalation dar, dieser Eskalation haftet aber auch etwas Verzweifeltes an: Dem Erkenntnisprozess vieler Bürger bezüglich der realen Auswirkungen grüner Politik (jenseits der Phrasen) müssen immer stärkere sprachliche Geschütze entgegengestellt werden.“ Und weiter: > „Der Gebrauch des Begriffs ‚Landesverräter‘ könnte für die Grünen auch gefährlich werden: Wenn sie den Begriff durch die eigene Nutzung selber auf die Stufe eines ‚legitimen Ausdrucks‘ im Meinungskampf einführen, dann kann das Wort auch an den Grünen hängenbleiben: Vielleicht haben manche Kritiker der Grünen bisher gezögert, den harten Ausdruck vom ‚Landesverräter‘ gegen den politischen Gegner zu nutzen – nun gibt ihnen Hofreiter indirekt die ‚Erlaubnis‘.” Diese Warnung gilt noch immer: Begriffe wie „Volks-, Vaterlands- oder Landesverräter“ bedeuten für mich „Hasssprache von oben“. Ihre Nutzung kann auch nicht durch den Verweis auf den (ebenso abzulehnenden) Gebrauch durch andere (rechte) Gruppen [https://www.spiegel.de/politik/deutschland/dresden-proteste-volksverraeter-aber-gerne-doch-kommentar-a-1115094.html] gerechtfertigt werden – schließlich zählt man sich doch zu den Guten. Aber die Begriffe sind nicht nur polarisierend und verrohend, sie können auch gefährlich für jene Politiker und Journalisten werden, die sie nun nutzen. Denn die teils radikale Politik der Bundesregierung bezüglich Ukrainekrieg, russischer Energie, Aufrüstung und daraus folgender Kriegsgefahr und Verarmung kann durchaus als ein „Verrat“ an den Interessen der Bürger hierzulande zugunsten von US-Interessen interpretiert werden, wenn man sich schon eines solchen Vokabulars bedienen möchte. Außenministerin Baerbock hat diese Haltung schön offen illustriert, als sie sagte: „Egal, was meine deutschen Wähler denken: Wir stehen zur Ukraine“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=87511]. Da ist es eine provokante Flucht nach vorne, wenn Wirtschaftsminister Habeck die für alle Seiten zerstörerische „Hilfe“ für die Ukraine laut Medien [https://www.welt.de/politik/deutschland/article250809996/Robert-Habeck-verteidigt-Ukraine-Unterstuetzung-mit-Verweis-auf-Amtseid.html] auch noch mit seinem Amtseid begründet, der ihn verpflichte, Schaden abzuwenden. „Haltet den Dieb!“ Wir erleben momentan den Versuch einiger politischer Akteure, den Begriff „Verräter“ zu kapern und gegen jene zu wenden, die ihn potenziell nutzen würden (der AfD „wegnehmen“). Zusätzlich wird mit der Nutzung „Haltet den Dieb!“ gerufen und vom eigenen „Verrat“ abgelenkt. Das ist – wie gesagt – nicht ohne Risiko, denn wenn man mit Kampfbegriffen wie „Volksverräter“ selber die Kommunikation verroht, dann kann man auch Opfer dieser Verrohung werden. Die Methode „Haltet den Dieb“ hat momentan auch auf anderen Ebenen Konjunktur: Vor allem Wirtschafts- und Außenministerium beklagen regelmäßig Entwicklungen, die sie selber forciert haben, und stellen sie als „höhere Gewalten“ dar, denen sie sich tapfer entgegenstellen müssen. Dass die AfD für mich keine politische Alternative darstellt [https://www.nachdenkseiten.de/?p=101632], habe ich oft geschrieben. Der Vorgang um die mutmaßlichen Spionagefälle und der große mediale Aufwand können aber doch den Eindruck einer Kampagne gegen einen politischen Konkurrenten erwecken, das wäre prinzipiell abzulehnen. Ich wage zu bezweifeln, dass die mutmaßlichen Spionagefälle solche Aufmerksamkeit erfahren würden, wenn wir uns nicht kurz vor einigen Wahlen befinden würden. Es schwingt noch eine weitere Ablenkung in der politischen Nutzung des Begriffs „Verräter“ und der Darstellung der AfD als von ausländischen Mächten gesteuert mit: Durch diesen Kunstgriff kann das Symptom AfD von ihrer Ursache getrennt werden. Denn der Erfolg der AfD liegt selbstverständlich zuerst in der Politik der letzten Regierungen begründet und nicht in Geldzahlungen aus Peking. Doch Symptom und Ursache werden in der AfD-Debatte ja von jeher möglichst scharf getrennt. Die Debatte um Einmischung steht auf dem Kopf Dass Deutschland sich vor ausländischer Einmischung schützen sollte, finde ich selbstverständlich. Allerdings ist die Gewichtung in der Debatte darüber auf den Kopf gestellt: Während wir täglich vor den Gefahren der Desinformation durch „autokratische Systeme“ gewarnt werden, fällt die mutmaßlich massive Spionage und die politische Einmischung durch private und staatliche US-Interessen, die die Bürger hierzulande weit mehr betreffen, weitgehend unter den Tisch. Titelbild: Screenshot/Spiegel Mehr zum Thema: Die Grünen und die Landesverräter [https://www.nachdenkseiten.de/?p=102977]
30. Apr. 2024 - 7 min
episode China und britische Versicherer glauben nicht an die offizielle Version zur Sprengung von Nord Stream artwork
China und britische Versicherer glauben nicht an die offizielle Version zur Sprengung von Nord Stream
Eineinhalb Jahre ist es nun her, dass beide Stränge der Gaspipeline Nord Stream 1 und ein Strang der nie in Betrieb genommenen, neueren Gaspipeline Nord Stream 2 in den Gewässern vor Bornholm gesprengt wurden. Während der Starjournalist Seymour Hersh [https://www.nachdenkseiten.de/?p=104405] und viele andere davon ausgehen, dass die Pipelines von den USA gesprengt wurden, gehen die offiziellen Ermittlungen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=102997] von einer Sprengung durch nichtstaatliche ukrainische Terroristen aus. China will sich damit nicht zufriedengeben und forderte in der letzten Woche im UN-Sicherheitsrat Untersuchungen und Führung der UN. Argumentative Unterstützung bekommt China aus einer unerwarteten Ecke. Die beiden britischen Versicherer Lloyd’s of London und Arch weigern sich, für den Schaden zu zahlen, und reichten vor wenigen Tagen ein Dokument vor einem Londoner Gericht ein, in dem sie einen staatlichen Akteur für die Sprengung verantwortlich machen und darauf verweisen, dass die Versicherung der Pipeline für Kriegsschäden nicht haftet. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Im Februar 2023 debattierte der UN-Sicherheitsrat schon einmal über die Sprengung der Nord-Stream-Pipelines [https://www.nachdenkseiten.de/?p=94179]. Russland, China und Brasilien forderten damals eine Untersuchung des Anschlags durch die UN. Die USA und die Europäer lehnten dies mit der Begründung ab, dass die laufenden Untersuchungen der Anrainerstaaten Deutschland, Dänemark und Schweden bereits ausreichend sind und bald zu abschließenden Ergebnissen kommen. Die Untersuchungen durch Dänemark [https://www.tagesschau.de/ausland/europa/daenemark-nord-stream-untersuchung-100.html] und Schweden [https://www.spiegel.de/ausland/schweden-stellt-ermittlungen-zu-nord-stream-explosionen-ein-a-cf307548-3031-4f40-af37-2b31979ade12] sind bereits abgeschlossen und kamen zu keinem Ergebnis. Die deutschen Untersuchungen laufen noch, haben sich jedoch auf die unwahrscheinliche Arbeitshypothese festgelegt, dass die Pipeline durch ein paar ukrainische Hobbytaucher vom Bord eines Segelschiffs aus gesprengt wurde und es weder einen staatlichen Auftraggeber noch eine Mittäterschaft von staatlichen Akteuren gab. Diesen Ergebnisstand finden die Chinesen „enttäuschend“. Man könne „keine konkreten Fortschritte [bei den Ermittlungen] erkennen“, so der stellvertretende chinesische UN-Botschafter Gen Shuang [http://un.china-mission.gov.cn/eng/hyyfy/202404/t20240427_11290033.htm] am Freitag im UN-Sicherheitsrat. „In dieser Situation kann man nur vermuten“, so Shuang, „dass sich hinter dem Widerstand gegen eine internationale Untersuchung eine versteckte Absicht verbirgt, während man gleichzeitig die mögliche Vertuschung und den Verlust einer großen Menge zwingender Beweise beklagt.“ China fordere „die betroffenen Länder auf, aktiv mit Russland zu kommunizieren und mit ihm bei der gemeinsamen Untersuchung zusammenzuarbeiten“ und hoffe, „dass eine baldige Einigung über den Entwurf erzielt werden kann, so dass der Rat sich so bald wie möglich zu diesem Thema äußern kann“. Konkrete Folgen wird der chinesische Vorstoß jedoch wahrscheinlich nicht haben, da es bei einer Abstimmung im UN-Sicherheitsrat neun Stimmen für einen Antrag auf die Aufnahme eigener Ermittlungen durch die UN bräuchte, von den 15 Mitgliedern vier Staaten Mitglieder der NATO sind und mit Malta, Japan und Südkorea drei weitere enge Verbündete der NATO im Gremium sitzen. Sehr konkrete Folgen wird jedoch ein Richterspruch des Handelsgerichts des britischen High Court of Justice haben. Dort reichte vor rund einem Monat [https://de.marketscreener.com/kurs/aktie/MUNICH-RE-436858/news/Nord-Stream-verklagt-Versicherer-in-London-wegen-Pipeline-Explosionen-im-Jahr-2022-46151942/] die im schweizerischen Zug ansässige Nord Stream AG eine Klage gegen die beiden britischen Versicherungskonzerne Lloyd’s of London und Arch ein. Die beiden Konzerne gehören zu den Versicherern der Nord-Stream-1-Pipeline – der Versicherungsschutz für Nord Stream 2 durch westliche Versicherer musste nach der Androhung von Sanktionen durch die USA im Jahr 2021 gestoppt werden, für Nord Stream 1 galten diese Sanktionen jedoch nicht. Die Nord Stream AG beziffert den versicherten Schaden in ihrer Klage auf 400 Millionen US-Dollar, Lloyd’s und Arch weigerten sich bislang jedoch zu zahlen. In ihrer Antwortschrift zur Nord-Stream-Klage, die mittlerweile auch öffentlich vorliegt [https://www.dropbox.com/scl/fi/y8ezf3pjdjpp2npp7fpog/2024-04-08-Nord-Stream-v-1-LIC-and-2-Arch-CL-2024-000094-Defence.pdf?rlkey=tpptejx0c9d7c2ncjposv9l9a&e=1&dl=0], verweisen die Versicherer darauf, dass der Versicherungsvertrag mit Nord Stream Kriegsschäden ausdrücklich ausschließe. Solche „Kriegsklauseln“ sind übrigens bei privaten Versicherungen vollkommen normal, die Definition, was ein Kriegsschaden ist und was nicht, ist jedoch strittig. Lloyd’s und Arch verweisen darauf, dass die Sprengung von Nord Stream 1 „nur – oder mit hoher Wahrscheinlichkeit – von einer Regierung oder auf deren Befehl hin verursacht werden konnte“. Dies stehe in direktem Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg und sei demnach ein kriegerischer und kein terroristischer Akt; gegen Letzteren wäre die Pipeline sehr wohl versichert. Diese Argumentation ist vor allem in dem Punkt interessant, da die beiden britischen Versicherungskonzerne damit der von deutschen und amerikanischen Medien mit Nachdruck vertretenen Hypothese widersprechen, nach der die beiden Pipelines von ukrainischen Terroristen ohne Auftrag und ohne Mithilfe eines staatlichen Akteurs gesprengt worden wären. Dies wäre nämlich aus versicherungsrechtlicher Sicht ein Terrorakt, bei dem die Versicherung für den Schaden aufkommen müsste. Folgt man jedoch der Hersh-Version, wäre die Sprengung ein von einem oder mehreren Staaten verursachter Schaden, für den die Kriegsklausel-Regelung gelten und die Versicherer aus der Haftung befreien würde. Spitzfindig könnte man sogar argumentieren, dass Lloyd’s und Arch den USA damit unterstellen, einen kriegerischen Akt gegen Russland begangen zu haben. Darüber muss nun der High Court of Justice entscheiden, und das Urteil wird – egal wie es ausfällt – ein weiteres Politikum. Folgt der Gerichtshof den Argumenten von Lloyd’s und Arch, führt er höchstrichterlich die offiziellen Arbeitshypothesen der deutschen Ermittler ad absurdum und bringt den Westen auch international in eine prekäre Lage, da unter anderem die britische Regierung dann vor dem UN-Sicherheitsrat Ermittlungen verteidigen müsste, die der eigene Gerichtshof für unplausibel hält. Gibt der High Court of Justice hingegen der Nord Stream AG recht, bringt er die britischen Versicherer Lloyd’s und Arch in eine prekäre Lage, da sie zwar schadensersatzpflichtig wären, die Zahlung der Versicherungssumme jedoch durch die jüngeren Sanktionen nicht zulässig wäre. Russland ist Mitglied der Welthandelsorganisation WTO und würde in diesem Fall sicherlich Großbritannien vor der WTO verklagen, da es durch seine Sanktionen die Zahlung von Ansprüchen verhindert, die ein eigenes Gericht in einem Urteil bestätigt hat. Auch für die Bundesregierung hätte dies politische Folgen, da sowohl die Bundesrepublik selbst als auch zahlreiche deutsche Firmen in einem solchen Fall Ansprüche an ihre Versicherungen geltend machen könnten. An Nord Stream 1 waren beispielsweise auch die deutschen Konzerne E.On und Wintershall DEA beteiligt, auch wenn sie ihre Anteile mittlerweile abgeschrieben haben. Wenn diese Konzerne einen überzeugenden Rechtsanspruch an die Versicherungen haben und ihn aus politischen Gründen nicht geltend machen, würde dies den Tatbestand der Untreue gegenüber den Aktionären erfüllen. Interessant ist auch, dass die Nord Stream AG Nord Stream 1 nicht nur bei Lloyd’s und Arch, sondern auch bei anderen Versicherungen – darunter den deutschen Konzernen Munich Re und Allianz – versichert hat. Es ist unklar, ob das Londoner Urteil den Weg auch für Ansprüche gegen diese Konzerne frei machen würde, und es ist ebenfalls unklar, bei wem sich Lloyd’s und Arch selbst bei diesem Geschäft abgesichert haben. Es ist durchaus üblich, dass einzelne Versicherer solche Großprojekte bei Rückversicherern absichern – hier kämen aus Deutschland die beiden Branchengrößen Munich Re und Hannover Rück in Frage. Während es im aktuellen Verfahren vor dem High Court erst einmal „nur“ um 400 Millionen US-Dollar geht, wird der Gesamtschaden von den Versicherern auf 1,2 bis 1,35 Milliarden US-Dollar beziffert. Und auch das dürfte nicht die volle Schadenssumme sein, hat der Bau von Nord Stream 1 doch einst ganze 7,8 Milliarden Euro gekostet [https://www.handelszeitung.ch/insurance/wer-zahlt-fur-die-zerstorte-nord-stream-pipeline-542356], und es klingt nicht eben wahrscheinlich, dass der Betreiber die Pipeline derart massiv unterversichert hat. Unklar ist zudem, ob die US-Sanktionsandrohungen für Nord Stream 2 wirklich von sämtlichen Versicherern befolgt worden. Auch hier drohen milliardenschwere Klagen. Nord Stream 2 hat 7,5 Milliarden Euro gekostet. Auch wenn die westliche Politik gerne möglichst schnell Gras über die Sache wachsen lassen und ebenso wie die Medien die gesamte Thematik am liebsten totschweigen würde, wird – so viel ist jetzt schon klar – die Sprengung noch einige Gerichte beschäftigen. Und ob diese ebenso leichtgläubig wie die deutschen Medien der offiziellen Arbeitshypothese folgen werden, ist unwahrscheinlich. Es bleibt also spannend. Titelbild: Illustration der Explosion der Nord-Stream-Pipelines – shutterstock / apprenticebk[http://vg02.met.vgwort.de/na/fd37fa8fc6564f09861df13d3c7ebdac]
30. Apr. 2024 - 8 min
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Deutschland will „Völkermord“-Resolution bei UN-Vollversammlung einbringen: AA-Sprecher weiß angeblich von nichts
Deutschland plant, Anfang Mai zusammen mit Ruanda eine Resolution in der UN-Vollversammlung in New York einzubringen, mit dem Ziel, die Massaker in Srebrenica im Juli 1995 offiziell auf UN-Ebene als „Genozid“ anzuerkennen. Verbunden ist dies mit der Forderung, den 11. Juli zum „Internationalen Tag der Reflexion und des Gedenkens an den Völkermord in Srebrenica 1995“ zu erklären. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, wieso die Bundesregierung die damalige Tötung von rund 8.000 Männern und Jungen im wehrfähigen Alter zweifelsfrei als Genozid bewertet, aber den Völkermordvorwurf angesichts der Tötung von über 10.000 Frauen und 14.000 Kindern durch die israelische Armee in Gaza als „jeder Grundlage entbehrend“ bezeichnet. Die Antwort deutet auf schwere strukturelle Informationsprobleme im Pressestab des Auswärtigen Amts hin. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund Am 11. Juli 1995 nahmen bosnisch-serbische Militäreinheiten die zuvor zur UN-Schutzzone erklärte Stadt Srebrenica unter Führung von General Ratko Mladić ein. In den darauffolgenden Tagen wurden mehrere Tausend männliche Bosniaken getötet. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) gibt die Zahl mit 8.000 [https://www.icty.org/sid/322] an. 29 Jahre später wollte der UN-Botschafter von Bosnien und Herzegowina, Zlatko Lagumdzija, eigenständig den bereits angesprochenen Resolutionstext einbringen. Allerdings ignorierte er dabei die in der Verfassung vorgesehenen Genehmigungsmechanismen, welche vorschreiben, dass die Formulierung und Ausführung der Außenpolitik dem dreigliedrigen Ratsvorsitz, der sich aus einem Vertreter der Bosniaken, der Serben und der Kroaten zusammensetzt, obliegt. Daraufhin übernahmen Deutschland und Ruanda diese Rolle und reichten den Resolutionsentwurf zur internationalen Anerkennung des Massakers als Völkermord in die Vereinten Nationen zur Abstimmung Anfang Mai bei der UN-Generalversammlung in New York ein. Eine ähnliche, damals von Großbritannien eingebrachte Resolution scheiterte 2015 im UN-Sicherheitsrat. Scharfe Kritik aus Israel an der von Deutschland eingebrachten Resolution Widerstand gegen die Resolution kommt aber nicht nur aus Serbien. Auch israelische Vertreter warnen vor den Folgen einer solchen Resolution. So erklärte etwa der Leiter des Simon-Wiesenthal-Centers in Jerusalem, Efraim Zuroff, in einem Gastbeitrag in der Jerusalem Post unter dem Titel „Nicht jedes Kriegsverbrechen ist ein Fall von Völkermord“ [https://www.jpost.com/opinion/article-797557], dass die in der Resolution verwendete Begründung „sehr leicht“ auf Israels Aktionen im Gazastreifen angewandt werden könnte. Zudem hinterfragt er grundsätzlich den „Völkermord“-Charakter der Massaker durch bosnisch-serbische Militärs: > „Besonders besorgniserregend sind die Auswirkungen auf Israel. Die in dieser Resolution verwendete Begründung könnte sehr leicht auf andere Konflikte, einschließlich Israels Aktionen in Gaza, falsch angewandt werden. Ein solcher Präzedenzfall birgt die Gefahr, dass der Begriff „Völkermord“ politisch instrumentalisiert wird, was zu seinem Missbrauch auf internationaler Ebene gegen Israel und andere führen könnte. Der Begriff muss weiterhin streng definiert und mit äußerster Vorsicht verwendet werden und für klare, eindeutige Fälle im Sinne des Völkerrechts reserviert bleiben.“ > > „Jeder, der mit diesem Ereignis und der ursprünglichen Definition des Begriffs „Völkermord“ vertraut ist, weiß sehr wohl, dass das von den serbischen Truppen begangene Verbrechen nicht der Definition von Völkermord entspricht, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die Frauen und Kinder in Srebenica ALLE unversehrt freigelassen wurden.“ Es erstaunt vor diesem Hintergrund, dass die Bundesregierung, eingedenk der laufenden Klage gegen die Bundesrepublik wegen „Beihilfe zum Völkermord“ in Gaza vor dem Internationalen Gerichtshof, sich so vehement dafür einsetzt, die Tötung von 8.000 männlichen Bosniaken auf UN-Ebene als „Völkermord“ anzuerkennen, und gleichzeitig aber jeden Vorwurf des Völkermords angesichts der Tötung von bisher 24.000 Frauen und Kindern in Gaza durch die israelische Armee als „jeder Grundlage entbehrend“ bezeichnet. > Die Bundesregierung weist den gegen Israel erhobenen Vorwurf des Völkermordes entschieden zurück. Er entbehrt jeder Grundlage. Wir werden uns daher in der Hauptverhandlung vor dem Internationalen Gerichtshof als Drittpartei äußern: https://t.co/qZYb4SiacD [https://t.co/qZYb4SiacD] > > — Steffen Hebestreit (@RegSprecher) January 12, 2024 [https://twitter.com/RegSprecher/status/1745810578839314935?ref_src=twsrc%5Etfw] Die wenig glaubhafte „Antwort“ der AA-Sprechers Die Darstellung des Sprechers des Auswärtigen Amtes, Christian Wagner, dass er – und damit der gesamte Stab der Presseabteilung des AA – nichts von dieser Resolution weiß, deren Entwurf auf Betreiben von Deutschland zum Zeitpunkt der Anfrage der NachDenkSeiten bereits in das UN-System eingebracht worden war, ist, auch angesichts der breiten in- und ausländischen Berichterstattung darüber, nicht glaubhaft. Verwiesen sei beispielhaft auf die Berichterstattung der taz „Uno-Resolution zum Srebrenica-Massaker [https://taz.de/Uno-Resolution-zum-Srebrenica-Massaker/!6005560/b]“ vom 19. April oder auch die zahlreichen Pressemitteilungen zum Thema, die man auf der zur dpa gehörenden Plattform Presseportal [https://www.presseportal.de/pm/29402/5764674] finden kann. Ebenso ist davon auszugehen, dass, wenn den NachDenkSeiten der von Deutschland eingebrachte Resolutionsentwurf zum Zeitpunkt der BPK vorlag, dies auch für die Presseabteilung des Ministeriums desjenigen Landes gilt, welches als Hauptsponsor dieser Resolution agiert. Falls die Presseabteilung des AA tatsächlich zum Zeitpunkt der BPK nicht über die Resolution und auch die damit einhergehende Kritik aus Israel informiert war, würde dies für schwerwiegende Defizite in der Informationsübermittlung innerhalb des von Annalena Baerbock geführten Ministeriums sprechen: [https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2024/04/Screen1-769x1024.png]https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2024/04/Screen1.png [https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2024/04/Screen2-1024x674.png]https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2024/04/Screen2.png Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 24. April 2024 Frage Warweg Herr Wagner, Deutschland plant, im Mai zusammen mit Ruanda bei der UN-Vollversammlung eine Resolution mit dem Ziel einzubringen, das Massaker in Srebrenica auf offizieller UN-Ebene als Genozid zu werten, verbunden mit der Forderung, den 11. Juli zum Internationalen Tag der Reflexion und des Gedenkens an den Völkermord in Srebrenica 1995 zu erklären. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren: Können Sie mir kurz darlegen, wieso die Bundesregierung sagt, sie sehe die Tötung von rund 8000 Männern und Jungen im wehrfähigen Alter zweifelsfrei als Genozid an, wenn in Bezug auf die Tötung von 10 000 Frauen und 14 000 Kindern in Gaza allein schon der Vorwurf des Völkermordes von der Bundesregierung ‑ um den Regierungssprecher zu zitieren ‑ als jeder Grundlage entbehrend bewertet wird? Könnten Sie mir das kurz darlegen? Wagner (AA) Herr Warweg, erst einmal zu Ihrer Frage: Ich möchte nicht ausschließen, dass ich auch von Ihnen noch Sachen lernen kann, aber ich müsste zu dieser Initiative in den UN noch einmal nachhören. Das sagt mir jetzt erst einmal nichts, was nicht heißt, dass das nicht der Fall ist. Aber dazu würden wir uns noch einmal melden. Völkermord ist völkerrechtlich sehr eindeutig definiert. Ich will ich hier nicht in ein juristisches Proseminar verfallen, aber es gibt da schon einen klaren Unterschied. Vor allen Dingen ist das Absichtselement ein ganz wichtiges, also das Element, absichtsvoll eine ganze Bevölkerungsgruppe auszulöschen. Insofern kann ich es, denke ich, dabei belassen. Ich würde die beiden Dinge nicht miteinander vergleichen. Zusatzfrage Warweg Aus Israel gibt es zahlreiche kritische Stimmen zur Einbringung dieser Resolution. So erklärte etwa der Leiter des ‑ ‑ ‑ BPK-Moderatorin Welty Wir hatten den Komplex Nahost eigentlich für heute abgeschlossen. Zusatzfrage Warweg Ja. Es geht um die besagte Resolution, von der Herr Wagner angeblich nichts weiß. Jedenfalls erklärte unter anderem der Leiter des Simon Wiesenthal Center in Jerusalem, Efraim Zuroff, dass die in der Resolution verwendete Begründung für den Genozid sehr leicht auf Israels Vorgehen in Gaza angewandt werden könne und er deswegen davor warne, diese Resolution einzubringen. Mich würde interessieren ‑ das können Sie gern in der Nachreichung machen, wenn Sie festgestellt haben, dass es diese Resolution mit Deutschland als Einbringer gibt ‑, wie die Bundesregierung diese kritischen Stimmen aus Israel bewertet, auch eingedenk der Tatsache, dass Deutschland gerade selbst eine Klage vor dem IGH wegen Beihilfe zum Völkermord am Hals hat. Wagner (AA) Zur Klage von Nicaragua vor dem IGH haben wir uns hier schon vollumfänglich eingelassen. Wir weisen das natürlich in der Substanz zurück und haben das auch vor dem Gericht getan. Ich verweise Sie dazu auch auf unsere Einreichung vor Gericht, die Sie bei uns auf der Homepage finden. Wenn es zu dem anderen Sachverhalt etwas nachzureichen gibt, würde ich Ihnen das nachreichen. Zuruf Warweg Mit Sicherheit wird es dazu etwas nachzureichen geben! Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 24.04.2024 Mehr zum Thema: „Feministische Außenpolitik“ und Gaza: Laut UN-Angaben wurden mittlerweile 10.000 Frauen durch Israel getötet [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114098] Militärische und politische Unterstützung Israels ist für Bundesregierung „Einsatz für Völkerrecht“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=113690] Auswärtiges Amt verurteilt Angriff Israels: „Konsulate grundsätzlich kein militärisches Ziel“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=114075] Bundesregierung zum 25. Jahrestag des NATO-Angriffs auf Jugoslawien: War alles völkerrechtskonform [https://www.nachdenkseiten.de/?p=112737] [https://vg01.met.vgwort.de/na/8729db7456844e358fb69c444a9b4d6a]
29. Apr. 2024 - 9 min

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