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Enteignung russischer Gelder – das Ziel sind ewige Sanktionen
Als der spanische Konquistador Hernán Cortés 1519 die neue Welt erreichte, ließ er seine Schiffe verbrennen, um seinen Männern zu signalisieren, dass es ab nun kein Zurück mehr gibt. Geschichte wiederholt sich nicht, es sei denn als Farce, und als solche muss man die geplante Enteignung russischer Währungsreserven [https://www.nachdenkseiten.de/?p=143031] durch die EU wohl bezeichnen. Auf den ersten Blick klingt der Plan nach einer grandiosen Dummheit. Doch es ist anzunehmen, das mehr dahintersteckt. Offenbar dient die Enteignung vor allem dem Zweck, die Beziehungen zu Russland auf absehbare Zeit zu sabotieren und ein Zurück bereits prophylaktisch auszuschließen … man verbrennt die eigenen Schiffe und geht dabei ein unkalkulierbares Risiko ein. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Dass eine Enteignung der größtenteils in Belgien verwahrten russischen Euroreserven vor Gericht keinen Bestand haben wird [https://www.nachdenkseiten.de/?p=143031], hat sich offenbar mittlerweile auch bei den Staatschefs der EU herumgesprochen. Auch wenn man eben jene Enteignung nach wie vor de facto plant, wird mittlerweile Wert darauf gelegt, das Kind nicht beim Namen zu nennen. Doch was in der letzten Woche von der EU als „Reparationskredit“ an die Ukraine beschlossen wurde [https://euractiv.de/news/eu-gibt-gruenes-licht-fuer-unbefristetes-einfrieren-russischer-staatsvermoegen/], ist bei näherer Betrachtung natürlich eine Enteignung – eingepackt in ein groteskes Paket. Um was geht es genau? Zur Vorgeschichte lesen Sie bitte den Artikel „Die groteske Debatte um die Nutzung der „eingefrorenen“ russischen Währungsreserven“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=143031] Durch die glaubhafte Weigerung der USA, den Krieg in der Ukraine weiterhin mitzufinanzieren, hat sich die ohnehin bestehende Finanzierungslücke vergrößert. Nimmt man die Prognosen der EU [https://commission.europa.eu/topics/eu-solidarity-ukraine/eu-assistance-ukraine/ukraine-facility_en] und des IWF [https://www.imf.org/en/news/articles/2025/06/30/pr-25227-ukraine-imf-completes-8th-rev-of-ext-arrang-under-eff] als Basis, reden wir hier von rund 100 Milliarden Euro pro Jahr – Geld, das derzeit weder die EU noch ihre Mitgliedsstaaten aufbringen können oder wollen. Eine „Vergemeinschaftung der Schulden“ der EU durch die EU-Mitglieder lehnt nicht zuletzt Bundeskanzler Merz kategorisch ab [https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/regierung-merz-lehnt-gemeinsame-eu-schulden-und-lieferkettengesetz-ab/100127222.html]; dem Wähler zusätzliche Schulden für die Unterstützung der Ukraine aufzubürden, sehen jedoch ebenfalls vor allem die deutsche und die französische Regierung kritisch, die beide bei künftigen Wahlen fürchten müssen, durch Rechtsparteien abgelöst zu werden. Dass Länder, wie beispielsweise Ungarn, die die Fortführung des Krieges ohnehin skeptisch bis ablehnend betrachten, gemeinsame Schulden zur Verlängerung des Krieges ebenfalls ablehnen, versteht sich von selbst. Vor diesem Hintergrund entstand wahrscheinlich der verzweifelte Plan, die durch EU-Sanktionen eingefrorenen russischen Währungsreserven für die Finanzierung der Ukrainekriegs heranzuziehen, obgleich dies rechtlich gar nicht möglich ist. Um den Rechtsbruch zu kaschieren, hat man sich nun einen neuen Plan ausgedacht. Dieser Plan sieht folgendermaßen aus: Um den Finanzierungsbedarf der Ukraine für die nächsten beiden Jahre zu decken, will die EU der Ukraine einen Kredit geben. Da die üblichen Finanzierungswege für diesen Kredit verbaut sind, will man dafür die in der EU eingefrorenen russischen Währungsreserven mobilisieren. Und weil ein direkter Zugriff rechtlich nicht möglich ist, soll der Geldfluss über einen Umweg erfolgen. Das belgische Finanzinstitut Euroclear wird gezwungen, die russischen Gelder an die EU zu überweisen. Die EU vergibt diese Gelder dann als Kredit an die Ukraine und gibt Euroclear dafür eine Ausfallsicherheit. In der Buchführung wird so etwas als „Aktivtausch“ bezeichnet. Von einer „Enteignung“ will die EU freilich nichts wissen. Man betont, dass die russische Zentralbank ja immer noch ihre Forderungen gegen Euroclear habe, die nach Aufhebung der Sanktionen auch von Euroclear beglichen werden muss. Mit anderen Worten, solange die Sanktionen in Kraft sind, sähe die Rechnung lt. EU-Plan bei einem Volumen von 185 Milliarden Euro folgendermaßen aus: Die russische Zentralbank hat 185 Milliarden Euro Forderungen gegen Euroclear, die sie aber wegen der Sanktionen nicht geltend machen kann. Euroclear hat 185 Milliarden Euro Verbindlichkeiten gegenüber der russischen Zentralbank und 185 Milliarden Euro Forderungen gegenüber der EU. Die EU hat 185 Milliarden Euro Verbindlichkeiten gegenüber Euroclear und 185 Milliarden Euro Forderungen gegenüber der Ukraine, die wiederum auf der anderen Seite 185 Milliarden Euro Verbindlichkeiten gegenüber der EU hat. So weit ist dieses Modell zwar „ungewöhnlich“, aber immer noch zumindest halbwegs verständlich. Aber nun kommt der eigentliche Clou. Da niemand ernsthaft damit rechnet, dass die Ukraine ihre Verbindlichkeiten zurückzahlen kann, ist eine direkte Tilgung des Kredites gar nicht erst vorgesehen. Die Rückzahlung ist laut Kreditbedingungen nur dann vorgesehen, wenn die Ukraine in einem künftigen Friedensvertrag von Russland Reparationszahlungen in gleicher Höhe bekommt. Russland soll dann also 185 Milliarden Euro an die Ukraine zahlen, die löst ihre Verbindlichkeiten bei der EU ein, die mit dem Geld wiederum ihre Verbindlichkeiten bei Euroclear begleicht und am Ende kann dann die russische Zentralbank ihrerseits ihre Forderungen bei Euroclear geltend machen. Am Ende der Zahlungskette hätte Russland also über den Umweg der Reparationszahlungen seine eigenen Währungsreserven bezahlt. Die EU und Euroclear würden bei dem ganzen Plan (wenn man einmal Zinsen und Transaktionskosten herauslässt) mit plus minus null herausgehen, die Ukraine hätte 185 Milliarden Euro plus und Russland 185 Milliarden Euro minus, die jedoch in Summe exakt den dann völkerrechtlich verbindlichen Reparationszahlungen entsprechen würden. Würde dieses Modell exakt so eintreten, hätten wir es also in der Tat nicht mit einer Enteignung zu tun. Ob die EU derart kreativ mit den russischen Geldern umgehen darf, ist hingegen eine andere Frage. Doch die Diskussion darüber ist sinnlos, da das gesamte Modell vollkommen unrealistisch ist. Derzeit finden ja Vorverhandlungen zu einem Friedensvertrag statt und niemand, ja wirklich niemand kommt auch nur im Traum auf die Idee, dass der faktische „Kriegsgewinner“ Russland Reparationen in dieser Größenordnung an den faktischen „Kriegsverlierer“ Ukraine bezahlen wird. Will man der EU und den Regierungen der verantwortlichen EU-Staaten nicht vollkommene Traumtänzerei unterstellen, muss man davon ausgehen, dass auch sie dies ganz genau wissen und genau so einschätzen. Was soll also ein Plan, der auf einem vollkommen unrealistischen Szenario aufbaut? Ganz einfach. Die EU koppelt nun die mögliche Aufhebung der Sanktionen an die Frage, ob Russland Reparationen an die Ukraine zahlt. Solange dies nicht der Fall ist – und es wird nie der Fall sein – werden die Sanktionen ganz einfach weitergeführt. Und um dies auch gegen den zu erwartenden Widerstand von Ländern wie Ungarn abzusichern, hat man nun sogar den „Artikel 122“ gezogen [https://euractiv.de/news/eu-gibt-gruenes-licht-fuer-unbefristetes-einfrieren-russischer-staatsvermoegen/], der das bisher mögliche Vetorecht einzelner Staaten bei der Verlängerung der Sanktionen aushebelt und die Frage an die sogenannte „qualifizierte Mehrheit“ koppelt – sprich, es müssen für eine Verlängerung der Sanktionen nicht mehr alle, sondern entweder 55 Prozent der EU-Mitgliedsstaaten oder so viel EU-Staaten zustimmen, dass 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentiert werden. In der Praxis hieße das, dass die Sanktionen auch dann verlängert würden, wenn beispielsweise Belgien, Ungarn, die Slowakei und Spanien dagegen votieren würden. Artikel 122 [https://dejure.org/gesetze/AEUV/122.html] bezieht sich übrigens eigentlich auf Naturkatastrophen in EU-Staaten; dass man auf die militärische Unterstützung eines Nicht-EU-Staates bezieht, ist absurd; wie so vieles bei diesem Plan. Gehen wir also vom realistischen Szenario aus. Irgendwann in naher Zukunft gibt es einen Friedensschluss in der Ukraine und Russland zahlt selbstverständlich keine Reparationen. Nun hätte die russische Zentralbank ja eigentlich ein Anrecht auf den Zugriff ihrer in Belgien verwahrten Währungsreserven. Dieser Zugriff wäre aber de facto nicht realisierbar, da die Sanktionen ja immer noch in Kraft sind. Es ist also gar nicht die Frage, ob der Krieg in der Ukraine beendet wird. Es geht dann einzig und allein darum, ob die EU die Sanktionen gegen Russland aufhebt, und das will sie ja – siehe oben – nur tun, wenn Russland Reparationen bezahlt, was – siehe oben – nicht passieren wird. Das Ergebnis: Endlose Sanktionen, De-facto-Reparationen für die Ukraine und eine De-facto-Enteignung der russischen Währungsreserven, die jedoch – zumindest laut Interpretation der EU – de jure keine Enteignung sein soll, da Russland ja rechtlich immer noch Ansprüche auf das Geld habe, diese Ansprüche durch die Sanktionen aber nicht geltend machen kann. Genau dieser Zustand ist offenbar das eigentliche Ziel der EU. Auf der einen Seite hat man seine gefühlte „Gerechtigkeit“, bei der trotz der Niederlage der Ukraine Russland für „seinen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ zur Kasse gebeten wird. Und auf der anderen Seite gibt es eine inhärente „Garantie“, dass die Sanktionen ewig in Kraft bleiben. Denn was würde passieren, wenn die Sanktionen aufgehoben werden, ohne dass Russland Reparationen bezahlt? Russland hätte dann einen realisierbaren Anspruch auf das Geld und Euroclear müsste zahlen. Euroclear hat jedoch das Geld gar nicht mehr, sondern nur die ominöse Garantie der EU. Nun müsste also die EU Russland das Geld zurückbezahlen. Doch auch die EU hat das Geld ja gar nicht mehr und dass sie es jemals von der Ukraine zurückbekommt, ist auszuschließen. Und genau hier kommen wir nun zum letzten noch vorhandenen „Hindernis“ – den rechtlichen Risiken. Denn was passiert, wenn – aus welchen Gründen auch immer – das gesamte Modell in sich zusammenbricht? Die „Garantien“ der EU sind streng genommen nämlich wertlos. Die EU selbst hat keine 185 Milliarden Euro auf der hohen Kante und die Aufnahme eines solchen Kredits wäre zwar theoretisch möglich, aber in der Praxis an so viele Probleme und Unabwägbarkeiten gebunden, dass man diese Option ausschließen kann. Genau aus diesem Grund haben große EU-Staaten wie Deutschland und Frankreich auch signalisiert, dass sie im Falle eines Falles einspringen würden. Dann müssten sie in einer Nacht- und Nebelaktion 185 Milliarden Euro mobilisieren. Das ist zwar nicht unmöglich, aber hier wird ein wichtiger Punkt gerne unterschlagen. Was hier als „äußerst unwahrscheinliches“ Notfallszenario verkauft wird, ist streng genommen das extrem wahrscheinliche Szenario, wenn eines Tages die Sanktionen beendet werden. Da stellt sich die Frage: Wenn dieses Szenario ohnehin eintritt, warum finanzieren Deutschland, Frankreich und Co. ihre Ukrainekredite nicht gleich selbst ohne diesen grotesken Umweg über die russischen Währungsreserven? Die Antwort ist klar: Dies ist an keiner Stelle so geplant. Der gesamte Plan ist das Pendant zu Cortés´ verbannten Schiffen. Man will mit aller Macht verhindern, dass es künftig nach einem Friedensschluss wieder normalisierte Beziehungen zu Russland gibt. Die Sanktionen sollen bestehen bleiben und dies wenn möglich auf Ewigkeit. Jeder Weg zurück soll bereits jetzt verhindert werden, so dass auch kommende Regierungen diesbezüglich keine echten Handlungsoptionen haben. Ob dieser Plan gelingt, ist jedoch zum Glück ungewiss. Euroclear wehrt sich mit Händen und Füßen dagegen [https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/euroclear-chefin-so-etwas-wie-freies-geld-von-euroclear-fuer-die-eu-existiert-nicht-110799245.html] und auch Belgien versucht derzeit alles Menschenmögliche, um diesen Plan zu verhindern. Weitestgehend unklar ist dabei auch die rechtliche Bewertung. Wie lange darf ein Staat oder ein Staatenbund überhaupt derartige Sanktionen aufrechterhalten? Und last but not least: Was sagt eigentlich die US-Regierung dazu? Immerhin hatte der US-Entwurf eines Friedensplans die Aufhebung der Sanktionen und die Freigabe der eingefrorenen russischen Gelder vorgesehen. So ist es sehr gut möglich, dass die EU am Ende doch mit leeren Taschen und 185 Milliarden Euro Schulden dasteht. Dann müssen von der Leyen, Merz, Macron und Co. den Menschen wohl das alte Rothschild-Zitat entgegnen: „Ihr Geld ist nicht weg, mein Freund, es hat nur ein anderer.“ Welche Folgen das für eine mögliche Wiederwahl hat, muss man an dieser Stelle wohl nicht fragen. Cortés hatte übrigens mit seiner Strategie auch nur vordergründig Erfolg. Zwar konnte er dank dubioser Ränkespiele das Aztekenreich erobern, aber ein großer Teil seiner Männer und ein noch größerer Teil seiner indigenen Verbündeten bezahlte diesen „Erfolg“ mit dem Leben. Titelbild: WH_Pics/shutterstock.com[http://vg04.met.vgwort.de/na/84e158d60b994138b608446bdc4cc3c7]
Jetzt wird sogar Jacques Baud sanktioniert – Die EU bekämpft weiter die Meinungsfreiheit
In einem skandalösen Schritt hat die EU den Schweizer Ex-Militär und Autor Jacques Baud mit Sanktionen belegt, weil er „pro-russische Propaganda“ und „Verschwörungstheorien“ zum Ukrainekrieg verbreiten würde. Der inakzeptable Vorgang zeigt: Um im Meinungskampf ein paar Punkte zu machen, werden von den EU-Verantwortlichen die eigenen Phrasen von „Meinungsfreiheit und Rechtsstaatlichkeit“ weiterhin der Lächerlichkeit preisgegeben. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die EU will den Autor und früheren NATO-Berater und pensionierten Oberst im Generalstab der Schweizer Armee Jacques Baud sanktionieren. In ihrer offiziellen Begründung [https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=OJ:L_202502572] behaupten die EU-Verantwortlichen (maschinell übersetzt): > „Jacques Baud, ehemaliger Oberst der Schweizer Armee und strategischer Analyst, ist regelmäßig zu Gast in pro-russischen Fernseh- und Radiosendungen. Er fungiert als Sprachrohr für pro-russische Propaganda und verbreitet Verschwörungstheorien, beispielsweise indem er die Ukraine beschuldigt, ihre eigene Invasion inszeniert zu haben, um der NATO beizutreten. Jacques Baud ist daher für die Umsetzung oder Unterstützung von Maßnahmen oder Politiken verantwortlich, die der Regierung der Russischen Föderation zuzuschreiben sind und die die Stabilität oder Sicherheit in einem Drittland (Ukraine) durch Informationsmanipulation und Einmischung untergraben oder gefährden.“ Jacques Baud hat mehrere Bücher über den Krieg in der Ukraine veröffentlicht, die im Westendverlag auch in Deutschland erschienen sind. Er war auch schon Referent bei einem Pleisweiler Gespräch der NachDenkSeiten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=100928]. Ob Bauds Werke und Auftritte nun in der EU verboten werden, ist eine der Fragen, die nach dem skandalösen Schritt gegen ihn nun im Raum stehen. Die Weltwoche schreibt dazu [https://weltwoche.de/daily/bruessel-sanktioniert-erstmals-schweizer-oberst-eu-rat-bezichtigt-ex-nachrichtenoffizier-jacques-baud-der-russischen-propaganda-und-belegt-ihn-mit-einem-einreiseverbot-fuer-eu-staaten/]: > „In Brüssel will man den ehemaligen Schweizer Nachrichtenoffizier, der phasenweise auch für die Uno in New York in Friedensmissionen tätig war, mit einem Einreiseverbot für EU-Staaten belegen. Seine Vermögenswerte, sofern er solche in der EU hat, sollen eingefroren werden. Die EU selbst hat die Meldung offiziell bisher nicht bestätigt. Damit wolle man in Brüssel verhindern, dass neu sanktionierte Personen wie Baud ‚Vermögenswerte verschieben‘, noch bevor die Massnahmen in Kraft treten, schrieb die welsche Zeitung ’24 heures’ am Wochenende.“ Weitere Infos zu den Sanktionen gegen Baud finden sich in diesem Artikel [https://overton-magazin.de/top-story/eu-sanktioniert-jacques-baud-sprachrohr-der-russischen-propaganda/] bei Overton, in dem es zu den möglichen Konsequenzen heißt: > „Strafrechtlich kann man gegen Autoren wie Baud nicht vorgehen. Sie haben nichts Illegales gemacht, sondern nur die strategische Kommunikation der EU-Kommission irritiert. Daher greift man zu Sanktionen, die die Menschen vom Geldfluss abschneiden: ‚Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen, die im Besitz oder im Eigentum von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen stehen oder von natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen gehalten oder kontrolliert werden … werden eingefroren.‘ Zudem werden Reisebeschränkungen erlassen: ‚Die Mitgliedstaaten ergreifen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um zu verhindern, dass in Anhang I aufgeführte natürliche Personen in ihr Hoheitsgebiet einreisen oder durch ihr Hoheitsgebiet durchreisen.‘ Großzügigerweise können Mitgliedsstaaten ihren eigenen Staatsangehörigen die Einreise in ihr Hoheitsgebiet verweigern, müssen dies aber nicht.“ Die neuen Sanktionen sollen laut der EU-Außenbeauftragten Kaja Kallas kurz vor dem EU-Gipfel am Donnerstag „den Druck auf Russland erhöhen, in Friedensverhandlungen mit der Ukraine einzusteigen“, berichtet die taz [https://taz.de/Die-EU-zum-Krieg-in-der-Ukraine/!6138328/] – in dem Artikel schwingen sogar einige kritische Gedanken mit: > „Belege fehlen – wie bei den meisten Sanktionen gegen Einzelpersonen. Es ist auch unklar, wie ein Schweizer und ein Franzose auf die europäische Liste kommen konnten.“ „Abgrund der Gesetzlosigkeit“ Die BSW-Europaabgeordneten Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich schreiben in einer Stellungnahme [https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/251216-Firmenich-Schulenburg-EU.pdf], die Entscheidung des EU-Rats für Auswärtige Angelegenheiten, weitere europäische Bürger zu sanktionieren, stelle einen erneuten schweren Schlag gegen die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union dar: „Mit den nun beschlossenen Maßnahmen gegen Jacques Baud wegen angeblicher ‚Desinformationsaktivitäten‘ versucht die politische Elite der EU einen der renommiertesten Analysten des Ukrainekrieges zum Schweigen zu bringen, so von der Schulenburg. „Die EU nutzt die Sanktionsliste als Instrument gegen Kritiker und manövriert sich immer weiter in einen Abgrund der Gesetzlosigkeit“, erklärt Firmenich. Die BSW-Politiker erinnern bezüglich der Sanktionen gegen Baud an weitere rechtsstaatlich hochproblematische EU-Maßnahmen: So würden nicht nur europäische Bürger ohne solide Rechtsgrundlage wegen ‚Desinformation‘ sanktioniert – gleichzeitig solle in dieser Woche die rechtswidrige Umwandlung von dauerhaft eingefrorenen Vermögenswerten der russischen Zentralbank in Sicherheiten für Kredite an die Ukraine erfolgen. Parallel dazu laufe vor dem EuGH ein Verfahren wegen der unrechtmäßigen Anwendung von Artikel 122 als Rechtsgrundlage für die 150 Milliarden Euro schwere SAFE-Verordnung, so die Politiker, die das EU-Parlament zum Handeln auffordern: Es könne die Aufhebung des Sanktionsrahmens für ‚Desinformation‘ beantragen. Gutachten: Gefahr der politisch motivierten Verfolgung durch die EU Ein kürzlich erstelltes Rechtsgutachten [https://bsw-ep.eu/wp-content/uploads/Rechtsgutachten_Sanktionen_gegen_natuerliche_Personen_BSW_von_der_Schulenburg_Firmenich.pdf] stütze diese Forderung, so die BSW-Politiker. In dem Text würden renommierte Juristinnen zu dem Ergebnis kommen, dass zahlreiche Elemente des EU-Sanktionsrahmens gegen „Desinformation“ mit dem Unionsrecht unvereinbar seien. Besonders kritisch werde in dem Gutachten die Verweigerung des Rechts auf Anhörung für Personen gesehen, denen Desinformation vorgeworfen wird, bevor Sanktionen gegen sie verhängt werden. Darüber hinaus seien die im Rahmen des Sanktionsregimes vorgesehenen Einschränkungen der Freizügigkeit von EU-Bürgern rechtswidrig, während die rechtlichen Garantien für die Betroffenen insgesamt unzureichend ausfielen. Die verwendeten Begriffe wie „Informationsmanipulation und Einmischung“ seien derart weit gefasst, dass sie dem Rat faktisch eine nahezu uneingeschränkte Ermessensfreiheit bei der Verhängung von Sanktionen einräumten. Dies eröffne die Gefahr politisch motivierter Verfolgung. Ein skandalöser Vorgang Das gesamte antirussische Sanktions-Regime der EU ist als unangemessen, wirkungslos und selbstzerstörerisch zu bezeichnen – innerhalb dieses in Gänze abzulehnenden Regimes sind EU-Sanktionen gegen (nicht-russische) europäische Bürger nur einer von vielen besonders hochproblematischen Aspekten. Der skandalöse Vorgang um Jacques Baud soll mutmaßlich andere Kritiker der EU-Politik zur Ukraine einschüchtern. Er ist auch kein Einzelfall: So wurden unter anderem bereits die europäischen Bürger Hüseyin Doğru [https://www.nachdenkseiten.de/?p=139878], Thomas Roeper und Alina Lipp auf Sanktionslisten der EU gesetzt [https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=OJ:L_202500965]. Der aktuelle Fall Jacques Baud und viele andere Vorgänge zeigen: Verantwortliche in der EU arbeiten weiter intensiv an der Einschränkung der Meinungsfreiheit. Dass die eigenen Phrasen von der „Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ mit solchen Handlungen der Lächerlichkeit preisgegeben werden, wird skrupellos in Kauf genommen. Titelbild: Jacques Baud beim 36. Pleisweiler Gespräch / NachDenkSeiten Mehr zum Thema: Das Video zum 36. Pleisweiler Gespräch mit Jacques Baud [https://www.nachdenkseiten.de/?p=100928] Skandal in der BPK: Bundesregierung diffamiert deutschen Journalisten Hüseyin Doğru als „Desinformationsakteur“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=139878] EU und Bundesregierung sanktionieren deutschen Journalisten wegen kritischen Tweets zu Kanzler Merz [https://www.nachdenkseiten.de/?p=139433] Deutschland bewegt sich in Richtung Kriegsrecht [https://www.nachdenkseiten.de/?p=136655] [https://vg08.met.vgwort.de/na/c2744ffccd5d4f32b03e51b97e49d431]
„Willkommen in der Hölle“
„Statt Anerkennung erhielten wir Anschuldigungen – statt Dank herrscht Stille.“ Das sagte einer der Anfang November vor dem Obersten Gerichtshof in Jerusalem wegen schwerer Folter an Palästinensern im Internierungslager Sde Teiman im Süden Israels angeklagten Soldaten gegenüber dem israelischen Kanal 7. Der Folterer sprach nicht nur von einem „Schauprozess“, er prahlte auch mit seinen Taten und gab zum Besten: „Wir werden nicht schweigen. Wir werden weiterhin für Gerechtigkeit und für unsere Familien kämpfen. Vielleicht hast du versucht, uns zu brechen, aber vergessen, dass wir die Stärke von hundert Männern sind.”[1 [https://www.nachdenkseiten.de/?p=143686#foot_1]] Ein Artikel von Wiebke Diehl. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Angeklagt waren die fünf Reservesoldaten, die schwarze Masken trugen, um ihre Identität zu verbergen, wegen der Folterung eines Gefangenen aus Gaza, dem sie – so die Vorwürfe – abgeschirmt mit Schutzschilden schwere Verletzungen und innere rektale Risse zugefügt haben sollen, indem er vergewaltigt und ihm mit einem spitzen Gegenstand in den Enddarm gestochen worden sein soll. Zudem erlitt der Gefangene einen Lungenriss und gebrochene Rippen. Die entsprechenden, im August 2024 in einem israelischen Nachrichtensender ausgestrahlten Videos von der Tat im „israelischen Guantanamo“ hatten großes Aufsehen erregt. Ende Oktober 2025 bekannte sich dann die oberste israelische Militäranwältin Yifat Tomer-Yarushalmi, für das Leaken des Videos verantwortlich zu sein. Kurz darauf reichte sie ihren Rücktritt ein und wurde festgenommen, weil sie ein Ermittlungsverfahren behindert habe. Zudem wurde sie von rechten Kräften massiv angefeindet. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach vom „möglicherweise schlimmsten Anschlag“ auf Israels Image seit der Staatsgründung[2] – und meinte damit nicht etwa die Misshandlung palästinensischer Gefangener, sondern die Veröffentlichung der davon angefertigten Videos. Bereits vor der Ausstrahlung des Folter-Videos hatte das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen (OHCHR) schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben: in einem Bericht kritisierte es im Juli 2024 die Bedingungen in israelischen Haftlagern scharf.[3] Dabei war auch von schwerer Folter und anderer grausamer und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung die Rede – wie sie von UN und Menschenrechtsorganisationen bereits seit Jahrzehnten belegt und angeprangert wird. In dem OHCHR-Bericht ist von Tausenden Palästinensern die Rede, die seit dem 7. Oktober 2023 aus Gaza nach Israel gebracht worden seien, zumeist gefesselt und mit verbundenen Augen. Explizit wird darauf verwiesen, dass es sich bei den Gefangenen auch um medizinisches Personal, um Patienten und Zivilisten, darunter auch Kinder, handelte. Viele seien in Gewahrsam genommen worden, während sie sich in Schulen, Krankenhäusern und Wohngebäuden oder an Kontrollpunkten während ihrer Vertreibung vom Norden in den Süden des Gazastreifens aufgehalten hätten. Hinzu kämen ebenfalls Tausende, die im Westjordanland und in Israel festgenommen worden seien. Den meisten sei ein Kontakt zu Anwälten genauso vorenthalten worden wie eine wirksame gerichtliche Überprüfung ihrer Inhaftierung. Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) sei der Zugang zu den entsprechenden Gefangeneneinrichtungen verweigert worden. Bereits zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Berichts, nach dem die Inhaftierungen allerdings fortgeführt wurden, seien mindestens 53 der Opfer dieser willkürlichen Praktiken in israelischen Militäreinrichtungen und Gefängnissen gestorben. Im Bericht werden einige der in Israel teils seit Jahrzehnten gängigen Folterpraktiken aufgezählt: die Opfer werden oft tage- oder wochenlanger Isolationshaft ausgesetzt, sie werden in käfigähnlichen Einrichtungen festgehalten, über längere Zeit nackt ausgezogen und müssen Windeln tragen. Zudem werden ihre Augen verbunden und der Entzug von Nahrung, Wasser, Schlaf und medizinischer Behandlung sind an der Tagesordnung. Hinzukommt Folter mit elektrischen Schocks, dem Verbrennen mit Zigaretten, mit Waterboarding (simuliertem Ertrinken) und dem Aufhängen an den Händen oder Füßen an der Decke. Die Rede ist außerdem von Hunden, die auf Gefangene losgelassen wurden – und immer wieder auch von sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt. Inzwischen existieren mehrere Berichte, dass Hunde für die sexuelle Folter Gefangener eingesetzt wurden.[4] Anlässlich der Veröffentlichung des Berichts sprach der UN-Menschenrechtsbauftragte Volker Türk, der zugleich auch die palästinensische Autonomiebehörde wegen willkürlicher Verhaftungen, Folter und Misshandlungen kritisierte und bewaffnete palästinensische Gruppen wegen des 7.Oktober verurteilte, von eklatanten Verletzungen der internationalen Menschenrechtsnormen und des humanitären Völkerrechts seitens Israel. „Das Völkerrecht verlangt, dass alle, die ihrer Freiheit beraubt werden, mit Menschlichkeit und Würde behandelt werden, und es verbietet streng Folter oder andere Misshandlungen,“ so Türk. Seit dem 7. Oktober hat Israel seine seit Jahrzehnten andauernden willkürlichen Inhaftierungen und Folterungen von Palästinensern erheblich intensiviert. Mehr als 18.500 Menschen wurden nach Angaben der palästinensischen Organisation „Addameer“ in der größten Massenverhaftungskampagne seit der zweiten Intifada im Westjordanland und in Ostjerusalem eingesperrt.[5] Neben den Tausenden, deren Verhaftung dokumentiert wurde, existiert noch eine unbekannte Anzahl, die Opfer von undokumentierten Entführungen durch Israel wurden, insbesondere während der ersten Monate des genozidalen Gazakriegs. Unter den Tausenden Menschen, die Israel – man kann es nicht anders sagen – als Geiseln genommen hat und sie Folter und unmenschlicher Behandlung, teils mit Todesfolge aussetzt, befinden sich insgesamt 431 inhaftierte palästinesische Gesundheitsmitarbeiter, die zwischen dem 7. Oktober 2023 und dem 20. Oktober 2025 aus dem Gazastreifen und teilweise auch aus dem Westjordanland entführt wurden, während die israelische Armee zeitgleich mit gezielten Bombardierungen das Gesundheitssystem der Küstenenklave zerstörte. Fünf der Opfer aus dem Gesundheitsbereich wurden in israelischer Haft getötet, die Leichen aber nicht an ihre Familien zurückgegeben. 95 bleiben auch nach dem Gefangenenaustausch, der im Rahmen des seitens Israel nie eingehaltenen Waffenstillstandsabkommens stattgefunden hat, inhaftiert. Darunter befinden sich Ärzte, Krankenschwestern und Sanitäter. Die meisten inhaftierten Gesundheitsmitarbeiter wurden während ihres Dienstes aus Krankenhäusern und Krankenwagen entführt. Der wohl bekannteste Gesundheitsmitarbeiter in israelischer Haft ist der Kinderarzt Hussam Abu Safiya, Direktor der Kamal-Adwan-Krankenhauses im Norden Gazas, der am 27. Dezember 2024 – gemeinsam mit weiterem medizinischem Personal und Patienten – von israelischen Soldaten festgenommen wurde, nachdem Truppen das Krankenhaus durchsucht hatten. Dabei wurde die letzte funktionierende medizinische Einrichtung Nordgazas, auf die 75.000 Menschen angewiesen waren, außer Betrieb gesetzt. Die Armee behauptete, ohne hierfür Beweise vorzulegen, Abu Safiya sei ein „Terrorkader“ der Hamas. Bereits drei Monate zuvor, im Oktober 2024, hatte die israelische Armee das von ihm geleitete Krankenhaus gestürmt und versucht, eine der bekanntesten Stimmen des Gesundheitssektors in Gaza, die Menschenrechts- und Hilfsorganisationen zuverlässige Informationen über die immer fatalere Gesundheitslage geliefert hatte, zum Verstummen zu bringen. Schon Monate vor seiner Inhaftierung war Abu Safiya, der auch Videos und Sprachnachrichten über die Situation vor Ort angefertigt und verbreitet hatte, von israelischen Soldaten aufgefordert worden, seine Arbeit niederzulegen – was er verweigerte. Der Arzt wurde zuerst ins Sde Teiman-Lager gebracht und später ins Ofer-Gefängnis verlegt. Besuche wurden ihm verweigert. Er erlitt Folter und hat alarmierend viel Gewicht verloren. Dringend notwendige medizinische Behandlungen wurden ihm vorenthalten.[6] Hussam Abu Safiya wurde nach eigenen Angaben 45 Tage lang in Isolationshaft gehalten, ohne Kontakt zu seiner Familie oder einem Rechtsbeistand. Das Militär wollte zunächst noch nicht einmal zugeben, ihn in „Gewahrsam“ genommen zu haben. Der Kinderarzt hat gegenüber dem palästinensischen Al Mezan Center for Human Rights die ihm angetane Folter geschildert: er sei nackt ausgezogen, mit Schlagstöcken geschlagen und gezwungen worden, stundenlang auf Kies zu sitzen. Hinzu kamen Elektroschocks, Brustschläge und Drohungen, seiner Familie etwas anzutun.[7] Abu Safiya ist von Israel als „rechtswidriger Kämpfer“ nach dem Gesetz über unrechtmäßige Kämpfer eingestuft worden, das palästinenischen Gefangenen ihre völkerrechtlich verbrieften Rechte entzieht und ihre unbefristete Anklage ohne Prozess und das Vorlegen von Beweisen erlaubt. Seine Haft wird seit der Festnahme im Dezember 2024 alle sechs Monate verlängert – ohne dass seine Verteidigung die „geheimen Beweise“ auch nur einsehen könnte. Das Instrument der Administrativ- oder Verwaltungshaft wurde von Israel bereits während der ersten und zweiten Intifada exzessiv angewendet. In ihrem Rahmen können Personen festgehalten werden, ohne eine Straftat begangen zu haben. Es reicht allein die Behauptung, sie könnten dies in der Zukunft tun, wobei faktisch unzählige Palästinenser wegen ihrer politischen Meinungen und für gewaltfreie Aktionen, also ohne irgendeine realistische „Gefahrenprognose“, in Verwaltungshaft genommen werden. Wie im Falle Hussam Abu Safiya werden den Betroffenen und ihren Rechtsbeiständen aus „Gründen der nationalen Sicherheit“ keine Beweise vorgelegt, so dass sie sich nicht verteidigen können. Die Administrativhaft kann im Westjordanland alle sechs Monate von Militärrichtern verlängert werden – über Jahre und Jahrzehnte. Im Gazastreifen greift Israel seit dem „Rückzug“ seiner Armee und Siedler im Jahr 2005 für die Verhängung von Verwaltungshaft auf das „Gesetz zur Internierung rechtswidriger Kämpfer“ zurück. Seit dem Jahr 2002 ist kein einziger Monat vergangen, in dem nicht mindestens 100 Palästinenser in Administrativhaft saßen. Wie allgemein die Inhaftierungen ist auch die Anzahl der Verwaltungshäftlinge seit dem Oktober 2023 sprunghaft angestiegen – von zwischen 400 und 600 monatlich in den Jahren zwischen 2015 und 2023 auf fast 3.500 im Jahr 2025, wie die israelische Menschenrechtsorganisation Btselem aufführt.[8] Sogar Minderjährige werden in Administrativhaft genommen. Und bereits Kinder werden regelmäßig in israelischen Gefängnissen misshandelt und gefoltert.[9] Eine große Mehrheit der inhaftierten Kinder ist Verletzungen und Bedrohungen ausgesetzt. Einige berichten gar von sexueller Gewalt. 60 Prozent der durch israelische Soldaten verhafteten Kinder werden in Einzelhaft (Isolationshaft) genommen. Wie erwachsene Gefangene leiden auch sie Hunger – der rechtsextreme Minister Ben Gvir, der auch regelmäßig mit der Misshandlung palästinensischer Gefangener durch Israel prahlt, hat offen als Ziel ausgegeben, palästinensischen Häftlingen so wenig Essen wie absolut nötig zukommen zu lassen – und ihnen wird eine angemessene Gesundheitsversorgung vorenthalten. Diese Bedingungen hinterlassen auch nach der Entlassung schwere Traumata – teils mit irreparablen Folgen und der Unfähigkeit, zu einem „normalen“ Leben zurückzukehren.[10] Eine Strafverfolgung der Täter findet so gut wie nie statt, denn sie handeln mit der Rückendeckung, ja gar im Auftrag des Staates. Die fünf Soldaten, die der Folter in Sde Teiman angeklagt wurden, stellen eine Ausnahme dar. Denn, wie Ende November ein Bericht des UN-Komitees gegen Folter feststellte: Israel verfolgt eine „de facto“ staatliche Politik der Folter an palästinensischen Gefangenen. Das Komitee erklärte zudem, dass der Einsatz von Folter durch den israelischen Staat „organisiert und weit verbreitet“ sei und seit Beginn des Gazakriegs zudem stark zugenommen habe. Israel habe keine Gesetzgebung zur Strafverfolgung von Folter. Vielmehr erlaube seine Gesetzgebung Amtsträgern, nach dem Prinzip der „Notwendigkeit“ von der strafrechtlichen Schuld befreit zu werden. Heute sitzen nach Angaben von „Addameer“ weiterhin über 9.000 Palästinenser in Besatzungsgefängnissen und Haftzentren ein, mehr als 3.400 davon sind Administrativhäftlinge. Das seit Jahrzehnten bestehende System der Einschüchterung und Misshandlung wurde unter der rechtsextremen Regierung Netanjahu noch einmal deutlich verschärft. Mindestens 110 Palästinenser sind in den letzten zwei Jahren , seit dem Amtsantritt des rechtsextremen israelischen „Sicherheitsministers“ Itamar Ben Gvir in israelischen Gefängnissen und Internierungslagern gestorben – eine Rekordzahl. Im Vergleich dazu waren es zwischen 1967 und 2007 etwa 187 Opfer. Die israelische Organisation „Physicians for Human Rights“ (PHRI) geht gar von wenigstens 94 Todesopfern allein seit dem Oktober 2023 aus – wobei die tatsächliche Opferzahl entsprechend der hohen Anzahl Vermisster wahrscheinlich deutlich höher sei.[11] Tatsächlich wurden im Rahmen des sogenannten Waffenstillstandsabkommens neben 2.000 lebendigen palästinensischen Gefangenen auch die Leichen von 200 „Häftlingen“ übergeben. Die meisten von ihnen weisen Spuren schwerer Folter auf. Das israelische Inhaftierungs- und Gefängnissystem dient ganz offensichtlich nicht hehren „Sicherheitsinteressen“ Israels. Es hat zum Ziel, seine Opfer zu unterdrücken, zu unterwerfen, zu entwürdigen, zu entmenschlichen – und zu töten. Neben direkter körperlicher und psychischer Gewalt werden hierzu das Einpferchen auf engstem Raum, oft nur wenige Quadratmeter, fehlende Beleuchtung und Belüftung, laute Beschallung, der Entzug von Schlaf, Nahrung, Wasser und medizinischer Behandlung eingesetzt. Selbst in unterirdischen Gefängnissen werden Palästinenser festgehalten – ohne jemals das Tageslicht sehen zu können.[12] Gefangene frieren sich zu Tode, weil ihnen auch im Winter Kleidung vorenthalten wird, sie auf dem kalten Boden schlafen müssen, ohne Matratzen und Decken.[13] „Sie haben ihnen alles abgenommen, was Menschen ähnelt“, sagte ein israelischer Whistleblower, der als Sanitäter im Feldlazarett des Folterlagers Sde Teiman arbeitete. Ein anderer sagte aus, er sei angewiesen worden, medizinische Eingriffe an Gefangenen durchzuführen, für die er nicht qualifiziert sei. Gliedmaßen seien amputiert worden, weil etwa Handgelenke durch das ständige Anbringen von Kabelbindern verletzt worden seien.[14] „Welcome to hell“ lautet der Titel eines im August 2024 von der israelischen Menschenrechtsorganisation Btselem veröffentlichten Berichts über das israelische Gefängnis-System als ein „Netzwerk von Foltercamps“.[15] „Als wir aus dem Bus stiegen, sagte ein Soldat zu uns: ‚Willkommen in der Hölle‘, wird darin der 45-jährige Fouad Hassan, Vater von fünf Kindern aus Nablus, zitiert, der im Megiddo-Gefängnis festgehalten wurde. Die Organisation kommt aufgrund von Zeugenaussagen zu dem Schluss, die Folter an Palästinensern stelle eine systematische und institutionalisierte Politik dar. Über die Kontrolle des Körpers soll der Geist gebrochen werden. Und es besteht kein Zweifel, dass das israelische Inhaftierungs- und Foltersystem ein wichtiger Bestandteil der jahrzehntealten Vernichtungsstrategie Israels ist, die ihren grausamen Höhepunkt vorerst im Gazakrieg und dem bis heute andauernden Völkermord gefunden hat. Mehr zum Thema: Wie Israel während des Gaza-Kriegs die Apartheid gesetzlich verankert hat [https://www.nachdenkseiten.de/?p=143375] Deutsche Rüstungskäufe finanzieren israelischen Völkermord [https://www.nachdenkseiten.de/?p=142844] Deutsche Journalisten und Israel – Zu lange geschwiegen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=141082] ---------------------------------------- [«1] Israelische Soldaten, die wegen Folterung palästinensischer Gefangener in Sde Teiman verurteilt wurden, prahlen mit Kriminalität [https://www.aa.com.tr/en/middle-east/israeli-soldiers-convicted-of-torturing-palestinian-detainee-in-sde-teiman-boast-about-crime/3734300] [«2] Israel: „Möglicherweise schlimmster Anschlag“, sagt Netanjahu über geleaktes Video aus Militärlager – WELT [https://www.welt.de/politik/ausland/article69075ddda6bc3e9242fc9c18/israel-moeglicherweise-schlimmster-anschlag-sagt-netanjahu-ueber-geleaktes-video-aus-militaerlager.html] [«3] UN-Bericht: Palästinensische Gefangene werden willkürlich und heimlich festgehalten, Folter und Misshandlung ausgesetzt – OHCHR – Frage Palästina [https://www.un.org/unispal/document/torture-and-mistreatment-ohchr-pr-31jul24/] [«4] Israelische Gefängniswärter benutzen Hunde, um Palästinenser zu vergewaltigen, sagen ehemalige Häftlinge | Novara Media [https://novaramedia.com/2025/11/25/israeli-prison-guards-are-using-dogs-to-rape-palestinians-former-detainees-say/] [«5] Die Massenverhaftung und systematische Folter palästinensischer Gefangener im Westjordanland, die verborgene Seite des anhaltenden Völkermords in Israel | Addameer [https://addameer.ps/media/5630] [«6] Palästinensischer Arzt aus Gaza, von israelischen Behörden festgenommen | MENA-Rechtegruppe [https://menarights.org/en/case/hussam-idris-amer-abu-safiya]; Gaza hospital director facing ‘serious deterioration’ in health in Israeli custody: Rights group [https://www.aa.com.tr/en/middle-east/gaza-hospital-director-facing-serious-deterioration-in-health-in-israeli-custody-rights-group/3699256] [«7] Dr. Hussam Abu Safiya subjected to torture and ill-treatment in Israeli prisons | Front Line Defenders [https://www.frontlinedefenders.org/en/case/dr-hussam-abu-safiya-subjected-torture-and-ill-treatment-israeli-prisons]; Palestinian doctor from Gaza detained by Israeli authorities | MENA Rights Group [https://menarights.org/en/case/hussam-idris-amer-abu-safiya]; Gaza hospital director facing ‘serious deterioration’ in health in Israeli custody: Rights group [https://www.aa.com.tr/en/middle-east/gaza-hospital-director-facing-serious-deterioration-in-health-in-israeli-custody-rights-group/3699256] [«8] Statistiken zur administrativen Inhaftierung in den besetzten Gebieten | B’Tselem [https://www.btselem.org/administrative_detention/statistics] [«9] “Why should we let you live?”: Palestinian children subjected to torture and ill-treatment by Israeli forces near Jenin | Defense for Children Palestine [https://www.dci-palestine.org/_why_should_we_let_you_live_palestinian_children_subjected_to_torture_and_ill_treatment_by_israeli_forces_near_jenin] [«10] Entblößt, geschlagen und verbunden: Neue Forschung zeigt anhaltende Gewalt und Missbrauch palästinensischer Kinder, die von israelischem Militär festgehalten werden | Save the Children; International [https://www.savethechildren.net/news/stripped-beaten-and-blindfolded-new-research-reveals-ongoing-violence-and-abuse-palestinian]; “Das Gefängnis ist in mir” | Verteidigung für Kinder Palästina [https://www.dci-palestine.org/_the_prison_is_inside_me_three_released_palestinian_boys_abducted_tortured_by_israeli_forces_while_seeking_aid]; Die Bedingungen für palästinensische Kinder in israelischer Haft verschlechtern sich [https://www.savethechildren.org.uk/news/media-centre/press-releases/2024/physical-abuse-infectious-disease-spreading-as-conditions-for-palestinian-children-in-israeli-military-detention-deteriorate]; reliefweb.int/attachments/63dee1de-902d-3bb7-8bcf-f14469850b3e/6E26173274383564C12576470048E437-Full_Report.pdf [https://reliefweb.int/attachments/63dee1de-902d-3bb7-8bcf-f14469850b3e/6E26173274383564C12576470048E437-Full_Report.pdf] [«11] 6538_Death_custody_Paper_Eng.pdf [https://www.phr.org.il/wp-content/uploads/2025/11/6538_Death_custody_Paper_Eng.pdf] [«12] Israels unterirdisches Gefängnis, in dem Palästinenser ohne Anklage festgehalten werden und nie Tageslicht sehen | Israel | Der Wächter [https://www.theguardian.com/world/2025/nov/08/israel-underground-jail-rakefet-palestinians-gaza-detainees] [«13] Menschenrechtsgruppe: Palästinensische Gefangene frieren in israelischen Gefängnissen zu Tode [https://english.palinfo.com/news/2025/12/10/353369/] [«14] Sde Teiman: Israelische Whistleblower schildern Missbrauch von Palästinensern in einem undurchsichtigen Gefängnis | CNN [https://edition.cnn.com/2024/05/10/middleeast/israel-sde-teiman-detention-whistleblowers-intl-cmd] [«15] Sde Teiman ist nur die Spitze des Eisbergs: Israelische Haftanstalten wurden zu einem Netzwerk von Folterlagern für Palästinenser verwandelt | B’Tselem [https://www.btselem.org/node/216226]
Gegen Bevölkerungsmehrheit: Bundesregierung beschließt „Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte“ im Irak
Die Bundesregierung hat bei ihrem letzten Kabinettstreffen die Fortsetzung des „Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Stabilisierung des Iraks und gegen das Wiedererstarken des IS“ beschlossen. Mit rund 300 Soldaten ist dies derzeit der zweitgrößte noch laufende Auslandseinsatz der Bundeswehr. Das irakische Parlament hatte allerdings 2020 für eine Resolution gestimmt, die die Ausweisung aller ausländischen Truppen, inklusive der Bundeswehr, forderte. Auch alle verfügbaren Umfragen belegen, dass eine große Mehrheit der Iraker sich gegen die Präsenz ausländischer Truppen im Land ausspricht. Vor diesem Hintergrund hatte die NachDenkSeiten einige Fragen an die Bundesregierung. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund Am 3. Januar 2020 tötete ein US-Drohnenangriff den irakischen Kommandeur der Kata’ib-Hezbollah-Miliz, Abu Mahdi al-Muhandis, sowie den iranischen Generalmajor Qassem Soleimani, Kommandeur der Quds-Einheit. Der US-Angriff auf irakischem Boden erfolgte ohne vorherige Information und Zustimmung der irakischen Regierung. In Folge stimmte das irakische Parlament [https://www.dw.com/en/iraqi-parliament-votes-to-expel-us-troops-awaits-government-approval/a-51892888] zwei Tage später mit großer Mehrheit für den Abzug aller ausländischen Truppen. In einer Sondersitzung verabschiedeten die Abgeordneten eine Resolution, in der sie die irakische Regierung aufriefen, das Stationierungsabkommen mit Washington und anderen westlichen Staaten zu beenden. Dabei ging es explizit um die Aufkündigung des Abkommens vom Jahr 2014, welches ausländischen Staaten wie den USA und Deutschland erlaubte, Truppen in den Irak zu entsenden, um im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat” zu helfen. Wortwörtlich hieß es in der Resolution: > „Die Regierung verpflichtet sich, ihren Antrag auf Unterstützung durch die internationale Koalition im Kampf gegen den ‚Islamischen Staat‘ aufgrund des Endes der Militäroperationen im Irak und des Erreichens des Sieges zurückzuziehen. Die irakische Regierung muss darauf hinarbeiten, die Präsenz aller ausländischen Truppen auf irakischem Boden zu beenden und ihnen zu verbieten, ihr Land, ihren Luftraum oder ihre Gewässer aus irgendeinem Grund zu nutzen.“ [https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Screen1.png]https://www.nachdenkseiten.de/wp-content/uploads/2025/12/Screen1.png Adel Abdul-Mahdi, der damalige Premierminister, erklärte in Reaktion auf die Abstimmung, dass Regierungsbeamte ein Memorandum mit rechtlichen und verfahrenstechnischen Schritten zur Umsetzung des Parlamentsbeschlusses vorbereiten würden. Sollten die US-Truppen dann immer noch im Land verbleiben, würden sie als Besatzungsmacht betrachtet werden. Abschließend verkündete er in seiner Rede vor dem Parlament: > „Trotz der internen und externen Schwierigkeiten, denen wir möglicherweise gegenüberstehen, ist dies (Abzug der ausländischen Truppen) für den Irak sowohl aus prinzipiellen als auch aus praktischen Gründen die beste Lösung.“ Doch bis heute beruft sich die deutsche Bundesregierung für die erwähnte Mandatsverlängerung genau auf dieses Abkommen. Umfragen zeichnen deutliches Stimmungsbild im Irak: Große Mehrheit gegen weitere Präsenz ausländischer Truppen Alle seit Ende des Irak-Krieges 2003 durchgeführten Umfragen im Irak kommen zu einem klaren Ergebnis: Die große Mehrheit der Iraker spricht sich gegen eine weitere Präsenz ausländischer Militärs im Land aus. So kam beispielsweise eine 2005 vom britischen Verteidigungsministerium in Auftrag gegebene Umfrage [https://www.aljazeera.com/news/2005/10/23/poll-iraqis-oppose-foreign-troops] zu dem Ergebnis, dass 82 Prozent der befragten Iraker angaben, dass sie die Präsenz ausländischer Truppen „entschieden ablehnen“. Eine Umfrage, die Mitte 2006 für das US-Außenministerium durchgeführt und von der Washington Post veröffentlicht [https://archive.globalpolicy.org/security/issues/iraq/occupation/report/11other.htm] wurde, ergab, dass „eine große Mehrheit der Iraker den sofortigen Abzug der von den USA geführten Koalitionstruppen aus dem Land wünscht, da ihrer Meinung nach ein schneller Abzug die Sicherheit im Irak erhöhen und die religiös motivierte Gewalt verringern würde”. Fast drei Viertel der befragten Einwohner gaben an, „sie würden sich sicherer fühlen, wenn die USA und andere ausländische Streitkräfte den Irak verlassen würden“. 65 Prozent sprachen sich für einen sofortigen Abzug aus. Alle im Verlauf der letzten Jahre durchgeführten Umfragen kamen zu tendenziell ähnlichen Ergebnissen. Die fragwürdige Rechtfertigung der Bundesregierung Laut einer umfassenden EU-Studie zur Sicherheitssituation im Irak [https://www.euaa.europa.eu/sites/default/files/publications/2024-05/2024_05_COI_Report_Iraq_Security_Situation_EN.pdf] verfügt der „Islamische Staat“ derzeit noch über maximal 500 bewaffnete Kämpfer, aufgeteilt auf mehrere „kleine Zellen mit zwei bis sechs Mitgliedern, die sich in Wüstengebieten, Tälern oder Gebirgszügen verstecken“. Dies steht in eklatantem Widerspruch zur Behauptung des Regierungssprechers auf der Bundespressekonferenz, dass der Bundeswehr-Einsatz im Irak mit Hunderten von bewaffneten Soldaten weiterhin nötig sei, weil der IS angeblich, „in vielen Regionen wirklich für Destabilisierung sorgt“. Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 10. Dezember 2025 Vize-Regierungschef Meyer Die Bundesregierung hat heute die Fortsetzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Stabilisierung des Iraks und gegen das Wiedererstarken des IS beschlossen. Die Vorgaben des bisherigen Bundestagsmandates sollen unverändert bis zum 31. Januar 2027 verlängert werden. Ziel des Einsatzes ist es, die bisherigen Stabilisierungserfolge im Irak zu konsolidieren, die Kapazitäten der regulären Sicherheitskräfte des Landes auszubauen und im Rahmen einer wirksamen regionalen Sicherheitsarchitektur einzubinden, um eine Wiedererstarkung der Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Irak und in der Region dauerhaft zu unterbinden. Die irakische Regierung hat die weitere Unterstützung Deutschlands gegen die Bedrohung durch den IS erbeten. Die Fortsetzung unterstreicht das deutsche Engagement im Rahmen der NATO wie auch im Kampf gegen die Bedrohung durch die Terrororganisation „Islamischer Staat“. Frage Warweg Ich habe nur eine kurze Verständnisfrage. Es gab Zeiten, in denen sich die irakische Regierung relativ explizit gegen eine ausländische Militärpräsenz, explizit auch von NATO-Mitgliedstaaten, ausgesprochen hat. Wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann sind diese Vorbehalte nicht mehr präsent. Vize-Regierungschef Meyer Wie gerade bereits gesagt, hat die irakische Regierung die weitere Unterstützung Deutschlands gegen die Bedrohung durch den IS erbeten. Sie hat auch wiederholt betont, dass sie die Weiterführung von Beratungsaktivitäten und eine Fortsetzung von NMI wünscht. Insofern haben wir diesen Beschluss heute entsprechend gefasst. Zusatzfrage Warweg Zumindest wenn man Umfragen glauben darf, ist aber ein Großteil der irakischen Bevölkerung gegen diese Präsenz, namentlich von sowohl US- als auch Bundeswehrsoldaten. Gab es Überlegungen, die Bundeswehrsoldaten abzuziehen, um zumindest innenpolitisch Druck von der irakischen Regierung zu nehmen? Meyer Sie wissen, dass die Bekämpfung des „Islamischen Staates“, der unter anderem für sehr gewalttätige Terroranschläge verantwortlich ist, aber auch in vielen Regionen wirklich für Destabilisierung sorgt, nicht nur für Deutschland, sondern für viele Partner eine ganz wichtige Rolle spielt. Das ist der Hauptgrund, warum wir dieses Mandat entsprechend verlängern. Umfragen aus dem Irak sind mir dazu, offen gesagt, nicht bekannt. Zusatz Warweg Ich kann sie Ihnen nachliefern. Meyer Darauf bin ich gespannt. – Die Begründung für diese Mandatsverlängerung liegt, um es noch einmal sehr klar zu sagen, darin, insbesondere das Wiedererstarken des IS zu verhindern. Ich denke, das liegt nicht nur im Interesse der Region, sondern auch im Interesse Deutschlands und der Bürgerinnen und Bürgern hier. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 10.12.2025 Mehr zum Thema: Bundeswehr bleibt: Doppelter Betrug an den Bürgern Iraks und Deutschlands [https://www.nachdenkseiten.de/?p=59218] Interview mit Scott Horton zu den schmutzigen Kriegen der USA – von Irak und Afghanistan über Syrien und Libyen bis Somalia und Jemen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=138504] Die Doppelmoral beim Völkerrecht: Bundesregierung möchte Irakkrieg immer noch nicht verurteilen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=91793] Die Fehlentscheidungen und Falschaussagen der USA bei den Kriegen gegen Irak und Libyen als Warnsignal für Europa in Zeiten der Ukraine-Krise [https://www.nachdenkseiten.de/?p=85684] Unterstützte ein Luftbetankungs-Airbus der Luftwaffe den israelischen Angriff gegen den Iran? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=134602] [https://vg04.met.vgwort.de/na/7afef587cf86498c9b8525f01d573917]
Ein Quantum Überwachung – Kommt jetzt der deutsche James Bond?
Am letzten Montag, den 8. Dezember, fand das 21. Symposium [https://www.verfassungsschutz.de/SharedDocs/downloads/DE/Verfassungsschutz/programm-symposium-bfv-08-12-2025.pdf?__blob=publicationFile&v=2] des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter dem Motto „Zeitenwende – und jetzt?“ in Berlin statt. Wie der stern [https://www.stern.de/politik/deutschland/deutschland-in-gefahr---expertin-gaub-macht-ungewoehnlichen-vorschlag-36939980.html] berichtet, wurde bei der dortigen Paneldiskussion besprochen, wie Deutschland angesichts der Bedrohung durch Russland resilienter werden und seine Nachrichtendienste für ihre Arbeit stärken könnte. Dabei habe Florence Gaub von der Militärakademie der NATO in Rom mit einem unkonventionellen Vorstoß überrascht: „Deutschland brauche mehr Nähe zwischen Bevölkerung und Nachrichtendiensten – und sogar TV-Serien könnten dabei helfen, erklärte Gaub“ laut stern. Ein Kommentar dazu von Maike Gosch. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Weiter heißt es in dem Artikel: > „Es gibt keine gute Serie über den Verfassungsschutz und auch keine über den BND“, sagte die Deutsch-Französin Gaub. Dabei könnte diese dabei helfen, „Berührungsängste zwischen der Bevölkerung und den Diensten“ zu verringern. Deutschland könne davon profitieren. Ok, wo anfangen? Zunächst einmal ist es aus kommunikationsstrategischer Sicht ein guter Rat, der Bevölkerung mithilfe von Popkultur bestimmte Institutionen oder auch Weltanschauungen oder Länder sympathischer oder unsympathischer zu machen. Nicht umsonst haben Geheimdienste wie die CIA unzählige Millionen Dollar in solche Propagandamethoden [https://monthlyreview.org/articles/imperialist-propaganda-and-the-ideology-of-the-western-left-intelligentsia/] gesteckt. Gaub hat also mit diesem Ratschlag zunächst einmal nicht Unrecht. Make the Schlapphüte cool again! Was einen als Leser aber fassungslos zurücklässt, ist die unglaubliche Ignoranz sowohl gegenüber der besonderen deutschen Geschichte, als auch der aktuellen Stimmung in der Bevölkerung, die aus ihrem Vorschlag spricht. Fangen wir einmal mit der deutschen Geschichte an. Warum könnten die Deutschen vielleicht „Berührungsängste“, wie Gaub sagt, gegenüber ihren Geheimdiensten haben? War da nicht mal etwas in unserer Vergangenheit? Preußische Geheimpolizei? Gestapo? Stasi? (ohne Gleichsetzung aufgeführt) Alles vergessen? Oder sind diese historischen Lehren auf „Unsere Demokratie“ nicht anwendbar? Ist die Skepsis der deutschen Bevölkerung gegenüber Geheimdiensten aufgrund ihrer schlechten Erfahrungen und der realen Missbrauchsmöglichkeiten dieser Dienste durch Regierende und Machthaber nicht gerade ein Zeichen von Klugheit und Aufgeklärtheit? Wie kann man so einen Vorschlag machen, ohne zumindest die historische Dimension und die deutschen Besonderheiten bei diesem Themenfeld zu erwähnen? Das soll keine Gleichstellung der aktuellen Regierung mit vorigen Regimen sein, aber der Grund, warum es wesentlich weniger Begeisterung für Geheimdienste in Deutschland gibt, als zum Beispiel in den USA und Großbritannien, liegt an historischer Erfahrung. Wir sind in dieser Hinsicht gebrannte Kinder. Auch die Bürger der USA und Großbritanniens hätten Grund zu deutlich mehr Skepsis und Distanz zu ihren Diensten und sicher spielten z.B. die „James Bond“-Filme eine große Rolle dabei, ihr Bild in der Öffentlichkeit massiv positiv zu verzerren. Aber das jetzt 1:1 auf Deutschland zu übertragen, vor allem in der heutigen Zeit, zeigt nur, in welch einer abgeschotteten Realitätsblase sich unsere Eliten (darf man das noch sagen?) befinden. Hinzu kommt noch, dass der Verfassungsschutz, so wie er in Deutschland existiert, eine deutsche Besonderheit darstellt. Deutschland ist nämlich die einzige westliche Demokratie, deren Inlandsgeheimdienst politische Parteien, Medien, Vereine und sogar Einzelpersonen offiziell als „verfassungsschutzrelevant“ beobachten und öffentlich als z.B. „Prüffall“ oder „gesichert rechts- oder linksextremistisch“ benennen kann. Und zwar nicht nur intern, sondern in offiziellen Publikationen, Kategorien und Berichten. Der Verfassungsschutz kann damit politische Akteure öffentlich stigmatisieren, ohne ein öffentliches Verfahren oder gerichtlichen Beschluss. Und: In fast allen anderen Demokratien gilt, Geheimdienste sammeln Informationen über Gefährdungen – aber sie definieren nicht, wer „extremistisch“ ist, d.h. ihre Beobachtung ist fast ausschließlich sicherheits- oder terrororientiert, nie politisch-normativ. In den letzten Jahren mussten wir leider beobachten, dass diese Verfassungsschutz-Instrumente immer stärker genutzt werden, um „politisch-normativ“ in die politische Willensbildung der Bevölkerung einzugreifen. Ich will gar nicht bestreiten, dass die Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und ihre Unterstützer, wie Frau Gaub, sich dabei tatsächlich als Verteidiger der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gegenüber massiven Bedrohungen empfinden. Diese Sichtweise wird aber von einem erheblichen Anteil der Bevölkerung nicht geteilt, sie empfinden dies vielmehr als Gängelung und Unterdrückung abweichender Meinungen. Und das ist aus ihrer Sicht nun einmal nicht „cool“. Diese beiden Punkte sind die Ursachen der „Berührungsängste“ der Menschen. Und deshalb würde eine coole deutsche Geheimdienstserie das „Problem“ mitnichten lösen. Die erste Frage, die man sich bei Unbeliebtheit einer Maßnahme oder Organisation stellen sollte, ist: „Was an der Kritik könnte berechtigt sein?“ Aber von einer solchen selbstkritischen, differenzierten und diskursiven Haltung haben sich Menschen wie Frau Gaub und auch leider viele unserer führenden Politiker längst verabschiedet. Mit einer schon „Marie Antoinette“-haften Ignoranz und Arroganz wird von ihnen alles ausgeblendet, was an Argumenten und Kritik kommt oder die Kritiker gleich als „Verschwörungsideologen“ diskreditiert. Kritik am Verfassungsschutz-Vorgehen ist dann wieder „Delegitimierung des Staates“ und so dreht sich die Spirale immer weiter nach unten. Ach, Deutschland … Titelbild: Chat-GPT[https://vg09.met.vgwort.de/na/b1930047a2844969b4f5ccdb323f09f5]
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