
NachDenkSeiten – Die kritische Website
Podcast de Redaktion NachDenkSeiten
NachDenkSeiten - Die kritische Website
Empieza 30 días de prueba
Después de la prueba 4,99 € / mes.Cancela cuando quieras.
Todos los episodios
3743 episodios
Jan van Aken (Co-Vorsitzender der Linkspartei) hat in einem Interview zentrale Teile des Programms der LINKEN hinter sich gelassen und mit der Annäherung an NATO-Darstellungen zu den Ursachen des Ukrainekrieges die Friedenspolitik der Partei weitgehend in ihr Gegenteil verwandelt. Von Bernhard Trautvetter. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hier zunächst meine Mitschrift des Interviews mit Jan van Aken im Deutschlandfunk am 26.02.2025 [https://www.deutschlandfunk.de/zu-schuldenbremse-und-verteidigung-interview-jan-van-aken-linken-vorsitzender-100.html]: > „Wir brauchen Geld für die Landesverteidigung. Da sind wir uns alle einig. Russland ist ein Aggressor. Deshalb braucht es Landesverteidigung. Jetzt ist aber die große Frage, wofür brauchen wir dieses Sondervermögen? Da geht es gar nicht um Landesverteidigung, da geht es nicht um Russland; da geht es darum, dass die Bundeswehr ausgestattet wird, um überall auf der Welt militärisch eingreifen zu können. Das finde ich falsch. … Deutschland wird nicht am Hindukusch, Deutschland wird an der Grenze zu Russland verteidigt.“ Wie die NATO-Lobby weist Jan van Aken trotz der vielen völkerrechtswidrigen Kriege der NATO und der USA seit dem Ende des Kalten Krieges alleine Russland die Eigenschaft zu, ein Aggressor zu sein. Seine Wortwahl impliziert zudem, dass Russland kein europäisches Land ist. Damit folgt er der Propaganda der Leitmedien unseres Landes. Das Narrativ, der Ukrainekrieg sei als reine Aggression Russlands zu verstehen, übergeht unter anderem den Anteil der USA am Putsch in Kiew 2014 [https://www.stern.de/politik/ausland/rolle-der-usa-in-der-ukraine-krise-die-egoistischen-staaten-von-amerika-3677574.html], in dessen Verlauf eine neutralitätsorientierte und demokratisch gewählte Regierung gewaltsam durch eine NATO-orientierte sogenannte ›Übergangsregierung‹ ersetzt wurde; die USA hatten in diese Entwicklung laut der US-Außenpolitikerin Victoria Nuland 5 Milliarden US-Dollar investiert [https://www.zeit.de/2015/20/ukraine-usa-maidan-finanzierung/seite-2]. Zu dieser Sichtweise schrieb die Zeitung nd am 4.9.2024 [https://www.nd-aktuell.de/artikel/1185022.ukrainekrieg-nur-frieden-rettet-leben.html] in einem Bericht über das Buch von Petra Erler und Günter Verheugen „Der lange Weg zum Krieg“: > „Die der Ukraine zugedachte Rolle hatte ein US-Demokrat, Adam Schiff, Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Kongresses, bereits 2020 … auf eine einprägsame Formel gebracht: ‚Die Vereinigten Staaten helfen der Ukraine und ihren Menschen, damit wir dort gegen Russland kämpfen können und nicht hier gegen Russland kämpfen müssen.‘“ Solch zynischen Ausdrücke imperialistischer Denker sind seit dem Beginn des Kalten Krieges immer wieder zu finden [https://www.ruhr-uni-bochum.de/gna/Quellensammlung/10/10_nsc68_1950.htm]. Putin sei es anfangs darum gegangen, so Verheugen/Erler, „mit einer Parallelstrategie aus militärischer Aggression und gleichzeitigen Verhandlungen (…) der Ukraine die Neutralität abzutrotzen“. Mit dem Abbruch der Verhandlungen westlicherseits im Frühjahr 2022 sei dieser Plan zerschlagen worden. Seitdem befinde sich der Krieg in der Aufrüstungsspirale. Die Forderung nach einer Politik der reinen Landesverteidigung baut immer noch auf dem Narrativ der Aggressivität Russlands auf; damit basiert sie auf einer „Begründung“, ohne validen Grund. Jan van Aken übergeht zusätzlich die Erkenntnis, dass im Atomzeitalter nur Diplomatie Sicherheit bringen kann – das bedeutet den Aufbau einer Friedensordnung der gemeinsamen, weil gegenseitigen Sicherheit, wie sie der Vertrag zur Vereinigung der beiden deutschen Staaten und z.B. die europäische Charta von Paris (1990) [https://www.bundestag.de/resource/blob/189558/21543d1184c1f627412a3426e86a97cd/charta-data.pdf] einfordert. Eine auf das Militärische ausgerichtete sogenannte Sicherheitspolitik ist in einem Erdteil mit ca. 140 Atomreaktoren, die ununterbrochen gekühlt werden müssen, nicht zu verantworten. Die Gefahr einer Havarie und eines weiteren Kontrollverlustes im Vorfeld eines Atomkriegs ist viel zu hoch [https://thebulletin.org/doomsday-clock/2025-statement/]. Jan von Aken erfährt Unterstützung für seine brisante Haltung u.a. von der Ko-Vorsitzenden der LINKEN, Ines Schwerdtner, die im DLF-Interview zum Bundeswehr-Sonderfonds [https://www.deutschlandfunk.de/interview-ines-schwerdtner-co-vorsitzende-linkspartei-zu-hamburg-wahl-100.html], der aktuell nach der Bundestagswahl Thema geworden ist, fragte, ob es nicht besser sei, „die Schuldenbremse abzuschaffen, um wirklich nachhaltig die Finanzen zu schaffen.“ Kontrast zum Parteiprogramm Die beiden Vorsitzenden der LINKEN stehen in ihrer offenen Haltung gegenüber dem Militär nicht alleine: Schon vor Jahren überreichte der Thüringer Ministerpräsident Ramelow (LINKE ) dem Bundewehr-Verband 383, der sich an vielen Einsätzen wie dem in Mali beteiligt hatte, während einer militärischen Zeremonie auf dem Erfurter Petersberg das Fahnenband [https://www.fmring.de/it-btl-383-verleihung-fahnenband/] seines Bundeslandes. Und Gregor Gysi formuliert in diesem Zusammenhang [https://x.com/GregorGysi/status/1895763159585046823] auf die EU bezogen: > „Wir müssen uns – von der CSU bis zur Linken, aber auch mit Gewerkschaften, Kirchen, Unternehmerverbänden, Künstlern und Wissenschaftlern – darauf verständigen, dass wir unsere Grundfesten von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gemeinsam verteidigen. Bei Steuern und vielen anderen Themen können wir streiten, aber an diesen drei Fundamenten darf nicht gerüttelt werden.“ Mit diesen Positionen stellt sich ein relevanter Teil der LINKEN bis in ihre Spitze außerhalb der eigenen Programmatik – Im LINKE-Programm befindet sich die Aussage [https://www.die-linke.de/partei/programm/], dass die internationale Politik der Partei auf vier Prinzipien aufbaut: > „Frieden durch kollektive und gegenseitige Sicherheit, Abrüstung und strukturelle Nichtangriffsfähigkeit. Solidarische Politik der Überwindung von Armut, Unterentwicklung und Umweltzerstörung. Einsatz für eine demokratische, soziale, ökologische und friedliche Europäische Union. Reform und Stärkung der UNO. > > … Wir fordern … ein kollektives Sicherheitssystem unter Beteiligung Russlands, das Abrüstung als ein zentrales Ziel hat. Unabhängig von einer Entscheidung über den Verbleib Deutschlands in der NATO wird Die Linke in jeder politischen Konstellation dafür eintreten, dass Deutschland aus den militärischen Strukturen des Militärbündnisses austritt und die Bundeswehr dem Oberkommando der NATO entzogen wird. …“ Die Friedenskräfte in und außerhalb der Linkspartei stehen vor der großen Aufgabe, alle Anlässe wie die Ostermärsche und die Feiern zum 80-jährigen Ende des Zweiten Weltkrieges zu nutzen, um die Friedensordnung einzufordern, die u.a. die Charta von Paris [https://www.osce.org/files/f/documents/5/b/39518.pdf] (ähnlich wie das Programm der LINKEN) fordert: > „Sicherheit ist unteilbar, und die Sicherheit jedes Teilnehmerstaates ist untrennbar mit der aller anderen verbunden. Wir verpflichten uns daher, bei der Festigung von Vertrauen und Sicherheit untereinander sowie bei der Förderung der Rüstungskontrolle und Abrüstung zusammenzuarbeiten.“ Titelbild: nitpicker / Shutterstock

Die Nord Stream 2 AG ist derzeit Gegenstand eines Konkursverfahrens in der Schweiz. Ziel des Verfahrens ist es, eine Einigung zwischen den Gläubigern der AG zu erzielen. Wenn dies nicht bis Mai gelingt, werden sämtliche Aktiva der AG, insbesondere der einzig noch intakte Nord-Stream-Strang, öffentlich versteigert. Die einzig bisher bekannten Hauptinteressenten für den Erwerb sind US-Investoren mit Verbindungen zur Trump-Regierung. Ein Großteil der Gläubiger sind wiederum „Staatskonzerne“ aus Deutschland (Uniper), Österreich (OMV) und Frankreich (Engie). Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, welche Schritte die Bundesregierung plant, um zu verhindern, dass Deutschland, was die Gasversorgung angeht, komplett abhängig von den USA wird. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Die fünf Hauptgläubiger von Nord Stream 2 und die Optionen der Bundesregierung Vor dem Kantonsgericht im Schweizer Zug, dem Sitz der Betreibergesellschaft von Nord Stream 2, läuft derzeit, wie eingangs erwähnt, ein Konkursverfahren. Die Nord Stream 2 AG ist eine 100-prozentige Tochter der russischen Gazprom AG. Entgegen der medialen Darstellung in Deutschland war Nord Stream 2 aber mitnichten ein „rein russisches Projekt“. Fünf große westeuropäische Energiekonzerne, davon drei mit einem hohen Staatsanteil, hatten sich zu 50 Prozent mit Zahlungen von je 950 Millionen Euro an den Gesamtbaukosten in Höhe von 9,5 Milliarden Euro beteiligt. Die Großgläubiger sind: 1. Der Energiekonzern Uniper, der sich derzeit zu 99,12 Prozent im Besitz des Bundes befindet. Hierüber hätte die Bundesregierung also einen relevanten Hebel, um Einfluss auf das laufende Konkursverfahren zu nehmen und eine Versteigerung an US-Investoren zu verhindern. 2. Dann folgt der österreichische Energiekonzern OMV, an welchem die Republik Österreich zu 31,5 Prozent beteiligt ist. Auch hier hält ein mit Deutschland verbündeter EU-Staat gute Karten in der Hand, um einen Konkurs der Nord Stream AG und damit potenziellen Verkauf an US-Investoren abzuwenden. 3. An dritter Stelle ist der französische Energiekonzern Engie zu nennen, der sich ebenfalls zu einem signifikanten Anteil (23,6 Prozent) im Besitz des französischen Staates befindet. Dann folgen noch zwei Konzerne ohne größere staatliche Teilhabe. Zum einen Wintershall Dea, dessen verbliebene russische Aktiva zu 67 Prozent dem deutschen Chemieunternehmen BASF gehören, ein Unternehmen, das vor den Sanktionen zu den größten Kunden russischen Erdgases gehörte und auch künftig auf preiswerte Energie angewiesen ist, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Zum anderen der britische Energiekonzern Shell plc, der mehrheitlich im Besitz institutioneller Investoren wie BlackRock, Vanguard und Norges ist. Shell hat, wie Jens Berger bereits in diesem Artikel [https://www.nachdenkseiten.de/?p=125377] ausführte, seine Geschäftsbeziehungen mit Russland komplett und langfristig eingestellt und setzt voll auf LNG-Importe [https://www.shell.de/geschaeftskunden/energie/shell-energy-blog/lng-brueckenenergietraeger.html]. Shell ist daher, zumindest objektiv betrachtet, der Einzige der fünf Großgläubiger, der kein Interesse an der Wiederaufnahme von Erdgastransport mit günstigem russischen Gas hat. Eine Inbetriebnahme in der jetzigen Unternehmensform und unter Regie von EU-Staaten und Konzernen wäre also durchaus möglich, wenn der entsprechende politische Wille und wirtschaftliche Sachverstand da wären. Mit Österreich und Frankreich könnte man mit hoher Wahrscheinlichkeit schnell eine Einigung erzielen, denn beide Länder und deren Industrien leiden ebenfalls massiv unter den Sanktionen und würden von den signifikant preiswerteren Gasimporten aus Russland profitieren (russisches Gas war vor Kriegs- und Sanktionsbeginn um den Faktor 7 günstiger als US-LNG). Ähnliches gilt für BASF. Shell wiederum ließe sich, als profitorientierter Konzern, sicherlich über finanzielle Anreize (denkbar wäre u.a. eine Art der Auszahlung) ebenfalls mit ins Boot holen. Win-Win für USA und Russland – Deutschland als großer Verlierer Doch was passiert, wenn den europäischen Gläubigern keine Einigung gelingt? Dann werden die Pipelines wie dargelegt öffentlich versteigert. Russische Bieter sind derzeit aufgrund der anhaltenden Sanktionen von dieser Versteigerung ausgeschlossen. Theoretisch könnten deutsche Bieter und sogar die Bundesregierung selbst mitbieten – aber da wären Aufwand und Kosten um ein Vielfaches höher als via einer vorherigen Einigung unter den fünf Haupt-Gläubigern. Gerät Nord Stream 2 dann ab Mai tatsächlich unter den Auktionshammer, gibt es, Stand heute, derzeit nur US-Investoren als potenzielle Bieter. Neben dem US-Investor Stephen P. Lynch (die NachDenkSeiten berichteten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=125377]) hat laut Financial Times [https://www.ft.com/content/dc9c51ab-03cb-47ba-ad0a-09c4deed9b50/] ein weiterer Interessent seinen Hut in den Ring geworfen. Dabei soll es sich um den ehemaligen MfS-Mitarbeiter, Gazprom-Manager und Chef der alten Nord Stream 2 AG, Matthias Warnig, handeln. Diesem werden beste Kontakte sowohl in den Kreml als auch ins Weiße Haus nachgesagt und er soll im Namen bisher anonym verbleibender US-Großinvestoren agieren. Laut übereinstimmenden Medienberichten soll er bereits mit der neuen US-Regierung und russischen Vertretern in Verhandlungen stehen. Würde beispielsweise ein Konsortium rund um Matthias Warnig die Pipeline ersteigern und dabei auf volle Unterstützung sowohl aus Russland als auch den USA setzen können, wäre die Bundesregierung zwischen den in dem Fall gleichlautenden Interessen zweier Großmächte gefangen. Deutschland hätte sich damit in ein selbstverschuldetes energiepolitisches Schachmatt manövriert. Denn bereits jetzt stammen, Stand 2024, 91 Prozent aller deutschen LNG-Importe aus den USA, Tendenz weiter steigend. Kämen dazu noch die 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, die über Strang B von einer nun in US-Hand befindlichen Nord-Stream-2-Pipeline transportiert werden können, wäre Deutschland sowohl bei LNG- wie bei Pipeline-Gas zu großen Teilen von US-Lieferanten abhängig. Zudem könnten die USA als Mittelsmann von Nord Stream zwischen Russland und Deutschland ohne viel Zutun ordentlich Gewinne abgreifen – ein US-Beamter erklärte dazu gegenüber der Financial Times offen und frei: > „Die US-Investoren würden damit ‚Geld für nichts‘ kassieren.“ Ebenso würde so ein Vorgehen Washington ermöglichen, damit seine Beziehungen zu Russland weiter auszubauen und Deutschland in Folge in eine noch weitere Energie- und auch politische Abhängigkeit zu treiben. Fazit: Win-Win für die USA und Russland. Der große Verlierer: Deutschland. Wer verschließt vor diesem Szenario in bester Vogel-Strauß-Manier die Augen? Die Bundesregierung. Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 5. März 2025 Frage Warweg Die Nord Stream 2 AG ist, wie Sie wissen, derzeit Gegenstand eines Konkursverfahrens in der Schweiz. Ziel des Verfahrens ist auch, eine Einigung zwischen den Gläubigern und der Nord Stream 2 AG zu erzielen. Wenn das bis Mai 2025 nicht gelingt, muss das Gericht Konkurs eröffnen, und sämtliche Aktiva inklusive des noch intakten Strangs würden dann öffentlich versteigert. Die einzigen bisher bekannten Interessenten sind US-Investoren mit Verbindungen zur Trump-Regierung. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren: Plant die Bundesregierung eine Verhinderung dieser anstehenden Versteigerung, indem sie sich mit den Hauptgläubigern der Gazprom AG einigt? Das wäre ja vor allem Uniper – da hält der Bund 99,12 Prozent der Anteile -, das österreichische Energieunternehmen OMV – da hält die österreichische Republik über 30 Prozent der Anteile – sowie der Engie mit über 23 Prozent Staatsanteil. Die Frage geht im Zweifel, denke ich, an das BMWK. Gibt es da Planungen – auch zusammen mit Österreich und Frankreich -, den Konkurs zu verhindern? Greve (BMWK) Das BMWK ist weder am Konkursverfahren noch an etwaigen Verkaufsgesprächen beteiligt. Zu Fragen zum Verfahren bitten wir Sie daher, sich ans Insolvenzgericht zu wenden. Das betrifft auch alle Fragen zu einem etwaigen Verkauf. Zusatzfrage Warweg Dazu habe ich noch eine Verständnisfrage. Wie gesagt, einer der großen Hauptgläubiger ist Uniper, wo der Bund fast einen hundertprozentigen Anteil hält. Sie können mir hier jetzt nicht erzählen, dass Ihnen das nicht bewusst ist. Dahinter steht also durchaus eine Einflussmöglichkeit der Bundesregierung. Die Alternative wäre, dass US-Investoren Nord Stream 2 kaufen und dann die energiepolitische Abhängigkeit – Ost wie West – von den USA besteht. Das kann doch auch nicht in Ihrem Interesse sein? Greve (BMWK) Ich kann das an dieser Stelle nicht weiter kommentieren. Das Insolvenzgericht ist zuständig. Eigentümerin der Nord-Stream-2-Pipeline ist die Nord Stream 2 AG mit Sitz in der Schweiz. Die Gesellschaft befindet sich zu hundert Prozent im Eigentum von Gazprom Russland. Die Nord Stream 2 AG steht unter Aufsicht eines sogenannten Sachverwalters, da das genannte Konkursverfahren anhängig ist. Zusatzfrage Warweg Es ging mir um die Gläubiger. – Sieht der Kanzler das ähnlich indifferent wie das BMWK? Regierungssprecher Hebestreit Herr Warweg, Sie waren ja vorgestern nicht da, deshalb muss ich das noch einmal nachtragen: Die letzte Röhre der Nord-Stream-2-Pipeline, die es noch gibt, ist nicht zertifiziert. Es gibt keinerlei Gasabhängigkeit zu Russland, und es gibt auch keine Pläne, wieder in eine Abhängigkeit von Russland zu geraten oder russische Gaslieferungen nach Deutschland zu bringen. Insofern stellt sich die Frage, die Sie haben, uns und auch dem Bundeskanzler nicht. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 05.03.2025 Mehr zum Thema: US-Investor will Nord Stream kaufen und 50 Millionen Euro für Hinweise zu den Tätern des Anschlags [https://www.nachdenkseiten.de/?p=125377] Ist Nord Stream 2 bald in amerikanischer Hand? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=129659] Das Zeitfenster für eine mögliche Sanierung von Nord Stream schließt sich [https://www.nachdenkseiten.de/?p=127213] Parlamentarischer Untersuchungsausschuss deckt auf: Einsatz von US-Agenten gegen Nord Stream 2 [https://www.nachdenkseiten.de/?p=117888] BPK: Laut CIA-Quellen war Kanzler Scholz über Pläne zur Zerstörung von Nord Stream eingeweiht [https://www.nachdenkseiten.de/?p=104474] [https://vg07.met.vgwort.de/na/9ddedac256f949629206276b1fd652f0]

Die ersten Sondierungsergebnisse zwischen Union und SPD liegen nun vor [https://www.euractiv.com/wp-content/uploads/sites/2/2025/03/4-March-2025-GroKo-Draft.pdf?fbclid=IwY2xjawI1Qq9leHRuA2FlbQIxMAABHRlFUDMs6l4BEwIBg9MHPuT8vzHMumvNchgo0fFHE83wz_gZedp0w60fNw_aem_jypBFl3ETa-OrE0GQT91XQ]. Gerade einmal 10 Tage nach der Wahl bricht der designierte Kanzler Merz sein Wahlversprechen, die Schuldenbremse nicht anzutasten. Die ist – in ihrer alten Form – nun Geschichte. Was eigentlich ein Grund zur Freude wäre, ist bei genauerer Betrachtung ein Desaster. Für Rüstungsausgaben werden künftige Regierungen einen Blankoscheck bekommen, volkswirtschaftlich sinnvolle Investitionen werden indes in ein „Sondervermögen“ verschoben. Die SPD sieht dies auch noch als großen Erfolg und fällt damit auf einen Taschenspielertrick der Union herein. Auch wenn sich die 500 Mrd. Euro, die für Investitionen in die Infrastruktur in einem Schattenhaushalt zur Verfügung gestellt werden sollen, nach viel anhören, könnte dies de facto sogar auf eine Kürzung der Investitionen hinauslaufen. Von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Dass die Schuldenbremse eine politische Bankrotterklärung darstellt [https://www.nachdenkseiten.de/?p=71805], konnten Sie bei den NachDenkSeiten [https://www.nachdenkseiten.de/?tag=schuldenbremse] schon immer lesen. Eigentlich müssten wir dann doch froh sein, dass dieses Instrument nun 14 Jahre nach seiner Einführung zumindest gelockert wird. Das Gegenteil ist der Fall. Was die künftigen Großkoalitionäre planen, ist ein sehr selektives Außerkraftsetzen der Neuverschuldungsregeln ausschließlich für Rüstungsausgaben. Hier soll nicht nur die künftige Regierung, sondern auch alle kommenden Regierungen die Prokura bekommen, sich so hoch neuverschulden zu können, wie es ihnen beliebt. Sämtliche Rüstungsausgaben über einem Prozent des BIPs (aktuell wären dies 45 Mrd. Euro) sollen künftig von der Neuverschuldung, die durch die Schuldenbremse reglementiert wird, ausgenommen werden. Was das heißt, wird schnell deutlich, wenn man sich die kursierenden Zahlen anschaut. In der Union heißt es, gegen Ende der kommenden Legislaturperiode müsse der Rüstungsetat bei „130 oder gar 150 Mrd. Euro“ liegen. Zieht man die 45 Mrd. Euro ab, die zum regulären „Schuldenbremsenhaushalt“ zählen, bleiben rund 100 Mrd. Euro übrig, die außerhalb der Neuverschuldungsregeln auf Pump finanziert werden können. Das sind rund 20 Prozent des aktuellen Bundeshaushalts. Wir erinnern uns – wegen einer Finanzierungslücke von „lumpigen“ 15 Mrd. Euro ließ die FDP die Ampel-Koalition krachen. Nun sind 100 Mrd. Euro kein Problem. Aber klar, es geht ja um Waffen, da drücken auch die fiskalpolitischen Taliban gerne mal ein Auge zu. Makroökonomisch betrachtet ist dies der helle Wahnsinn. Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlichen Dauerkrise und es würde durchaus Sinn machen, die Neuverschuldungskriterien für Investitionen auszuhebeln. Doch was macht man? Man hebelt die Kriterien für Konsumausgaben aus [https://www.nachdenkseiten.de/?p=112034]. Halt, halt, werden nun SPD und Grüne sagen – Teil des Pakets ist schließlich ein neu geschaffenes Sondervermögen in Höhe von sagenhaften 500 Mrd. Euro, das ja gerade eben für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung gestellt wird. Ja, aber dieses Paket soll laut Sondierungspapier ohnehin „nur“ 400 Mrd. Euro für den Bundeshaushalt enthalten und für zehn Jahre gelten. Was bleibt, sind 40 Mrd. Euro pro Jahr. Im aktuellen Bundeshaushalt sind jedoch ohnehin 70,5 Mrd. Euro [https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/Ausgabe/2024/02/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-1-sollbericht-2024.html] für „Investitionen“ enthalten. Nun steht im Sondierungspapier nichts davon, dass das neue Sondervermögen zusätzlich zu den Investitionen aus dem normalen Haushalt gebildet werden soll. Aus der Schaffung dieses Sondervermögens kann man also alles und jedes folgern. Es könnte sein, dass mehr investiert wird. Es könnte sein, dass die Investitionen gleichhoch bleiben und nur von dem regulären Haushalt in den Schattenhaushalt des Sondervermögens verschoben werden. Es könnte sogar sein, dass die Investitionen gekürzt werden. Alles ist möglich. Allen voran die SPD feiert sich für diesen „Deal“ bereits selbst [https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundesregierung-und-verteidigung-was-bringt-friedrich-merz-wuchtiger-milliarden-plan-a-ef785488-89bd-42e9-9443-23cb3dd2aef1], forderte sie doch im Wahlkampf mehr Investitionen. Dabei sind die Genossen auf einen Taschenspielertrick der Union hereingefallen. Was ist denn, wenn das Sondervermögen aufgebraucht ist? Dann muss man sich erneut mit der Union zusammensetzen und die Union ist es, die dann die Bedingungen für ein weiteres Sondervermögen diktiert. Ein Erfolg wäre es, nicht die Rüstungsausgaben, sondern die Investitionen pauschal von der Schuldenbremse auszunehmen, und wenn es denn einen politischen Willen zur Hochrüstung gibt – das scheint ja leider so zu sein -, dann hätte die SPD zumindest diesen Teil nicht über einen Blankoscheck, sondern über ein klar definiertes Sondervermögen aus dem laufenden Haushalt „outsourcen“ sollen. Was man in den Sondierungsgesprächen gemacht hat, war das exakte Gegenteil. Um sich die Folgen dieser gigantischen Eselei einmal vor Augen zu halten, muss man nur in die Zukunft blicken. Das Sondervermögen Infrastruktur wird, wenn es denn so kommt, wahrscheinlich in Form von Staatsanleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren aufgelegt. Für künftige Haushaltsplanungen müsste man dann 16 Mrd. Euro pro Jahr zur Tilgung dieser Schulden einplanen. On top kommen noch 14 Mrd. Euro, die aus den bereits bestehenden Sondervermögen (Bundeswehr, Corona, Energiepreiszuschüsse) resultieren. Wenn die nächste Legislaturperiode zu Ende ist, werden also jedes Jahr rund 30 Mrd. Euro aus dem Bundeshaushalt nur zur Tilgung dieser Sondervermögen fällig. Zählt man die Mehrausgaben für Rüstung (s.o.) hinzu, kommt man auf 130 Mrd. Euro – das ist rund ein Viertel des gesamten Bundeshaushalts! Und das Jahr für Jahr! Da man die Steuern nicht erhöhen will, ist dies ohne Kürzungen in nahezu allen Bereichen kaum darstellbar. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche sind somit alles andere als ein Erfolg. Man lockert die Schuldenbremse nur, um noch mehr Geld für Rüstung zu verpulvern, und stellt eine vollkommen belanglose gigantische Zahl für Investitionen in den Raum, verschiebt damit die eigentlichen fiskalischen Probleme nur an die kommenden Regierungen. Dabei liegen die Alternativen auf der Hand: Weniger Geld für Waffen, mehr Investitionen und eine solide Gegenfinanzierung über eine höhere Besteuerung sehr hoher Einkommen und Vermögen. Aber davon spricht niemand. Warum wohl? Titelbild: Screenshot ZDF[http://vg04.met.vgwort.de/na/b71ad8bb449942bb880365378195ebd7]

Die Chancen für einen Frieden in der Ukraine sind gestiegen und inzwischen hoch – so schätzten Ende Februar in Berlin der ehemalige Bundeswehr-Generalinspekteur und frühere Vorsitzende des NATO-Militärausschusses General a. D. Harald Kujat und der frühere ungarische Diplomat György Varga die aktuelle Lage ein. Die beiden hochrangigen Experten wurden von der Eurasien Gesellschaft eingeladen [https://www.youtube.com/watch?v=K5UEodKM_ds], die sich nach eigenen Angaben für „friedliche Koexistenz und kooperative Beziehungen der Länder Eurasiens“ einsetzt. Ein Bericht von Éva Péli. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Mit dem Telefonat von US-Präsident Donald Trump und dem Präsidenten von Russland, Wladimir Putin, am 12. Februar 2025 sei eine „neue Phase der Weltpolitik“ eingeläutet worden, sagte General a. D. Harald Kujat [https://www.spiegel.de/politik/deutschland/scharping-ade-kujat-wird-oberster-nato-militaer-a-168701.html] bei der Veranstaltung [https://www.eurasien-gesellschaft.org/] über das Thema „Chancen für Frieden in der Ukraine – der Trump-Putin-Gipfel“. „Diese Chancen hängen direkt mit dem Erscheinen der neuen US-amerikanischen Regierung zusammen, und leider sie sind nicht auf die Entscheidungen der EU- und NATO-Elite zurückzuführen“, fügte György Varga, ehemaliger ungarischer Botschafter in Moldau, hinzu. US-Präsident Trump setze sich seit Monaten für die Beendigung des Krieges ein, so Varga, doch die EU-Bürokraten in Brüssel würden nicht verstehen, welche Chance die EU habe, „ohne die USA einen Krieg gegen Russland zu gewinnen, wenn drei Jahre, zusammen mit den USA, genug waren, nur zu verlieren“. Er war von 2017 bis 2021 der Leiter der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Ukraine an der 410 Kilometer langen ukrainisch-russischen Grenze im Donbass. Varga sagte, Putins „größter Fehler“ sei gewesen, die EU als rationalen Akteur zu sehen, der nicht bereit sei, sich aus ideologischen Gründen selbst zu zerstören. Die westliche Politik habe trotz der Verhandlungsbereitschaft Moskaus und nun unter Trump auch Washingtons nur das Interesse, eine Friedenslösung zu verzögern, stellte der Botschafter fest. > „Wenn sich die EU als rationaler Akteur benehmen würde, hätte der Krieg innerhalb von zwei Monaten, im April 2022, beendet werden können, als sich Moskau und Kiew dazu in Istanbul verabredeten.“ Kritik an der westlichen Politik Ähnlich kritisch über die westliche Politik in Bezug auf den Ukraine-Krieg äußerte sich Kujat. Mit Blick auf die katastrophale Lage der Ukraine sagte er: > „Wenn man die sich immer mehr abzeichnende militärische Niederlage abwenden will, dann muss es rechtzeitig vorher zu einem Waffenstillstand und zu Friedensverhandlungen kommen.“ Der NATO-General a. D. sprach sich entschieden gegen die Entsendung von „Friedenstruppen“ aus EU- oder anderen westlichen Staaten aus. Solche Truppen würden von Russland nicht akzeptiert, wie russische Politiker bereits mehrfach erklärten. Zudem wies er auf die logistische Herausforderung hin, eine über tausend Kilometer lange Trennlinie mit ausreichend Soldaten zu überwachen. Seiner Einschätzung nach wäre die EU nicht in der Lage, die dafür erforderliche Truppenstärke bereitzustellen. Kujat plädierte für eine Friedensmission der Vereinten Nationen, die auf Artikel 7 der UN-Charta basieren sollte. Diese würde die stärksten verfügbaren Sicherheitsgarantien bieten. Weiterhin geht er davon aus, dass nach Abschluss der derzeit geplanten Verhandlungen eine internationale Friedenskonferenz mit einer Vielzahl von Staaten zur Ukraine tagen wird. Verpasste Chancen für die Ukraine Der ehemalige OSZE-Missionsleiter Varga erinnerte daran, dass zwischen 2014 und 2022 nichts geschah, um die Lage zu verbessern: Die Kiewer Regierung habe mit der Umsetzung der vom UN-Sicherheitsrat einstimmig gebilligten Minsker Abkommen gar nicht begonnen und sogar seit 2020 offen darüber gesprochen, die Vereinbarungen nicht umsetzen zu wollen. Zugleich habe der Westen sich nicht dafür eingesetzt, dass die Ukraine die Minsker Vereinbarungen einhält, und keine entsprechenden Sanktionen eingeleitet. Varga erinnerte daran, dass Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel und der ehemalige französische Präsident François Hollande im Dezember 2022 erklärten, dass die Vereinbarungen von Minsk der Ukraine nur Zeit geben sollten, sich auf einen Krieg vorzubereiten. Da es in den acht Jahren seit 2014 keine positiven Veränderungen gegeben habe, habe Russlands Präsident Putin im Dezember 2021 der NATO vorgeschlagen, die Ukraine nicht in das westliche Militärbündnis aufzunehmen. Das sei abgelehnt worden, weil Russland dabei kein Mitspracherecht habe. > „Die heutige europäische Krise wurde nicht nur durch die militärische Aggression Russlands verursacht, sondern auch durch die schlechten Antworten des kollektiven Westens auf die Prozesse in der gemeinsamen Nachbarschaft zwischen Europa und Russland 2008, 2014, 2021, 2022 und auch heute.“ Varga verwies auf die sich durch Kiewer Maßnahmen verschlechternde Lage der russischen Bevölkerungsgruppe in der Ostukraine ab 2014. Die EU habe diesen Schritt nicht sanktioniert, obwohl die Minderheiten der EU-Mitgliedsstaaten (Polen, Ungarn, Rumänen) dadurch ebenfalls erhebliche Einbußen erlitten. Russland habe es für legitim gehalten, seine nachweislich schwer diskriminierte ethnische und sprachliche Minderheit von Millionen Russen in dem Nachbarland zu verteidigen. [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250303-Bild1_250227Varga-Kujat.jpg] Foto: General a. D. Harald Kujat und der frühere ungarische Diplomat György Varga im Gespräch bei der Eurasien Gesellschaft in Berlin – Quelle: Tilo Gräser Die negative Rolle westlicher Politiker habe sich auch gezeigt, als diese im Frühjahr 2022 das in Istanbul ausgehandelte ukrainisch-russische Abkommen zur Einstellung der Kampfhandlungen torpedierten. Damit sei nach April 2022 „nicht nur Russland für die Fortsetzung des Krieges verantwortlich, sondern auch die NATO-Elite“, so der ehemalige Botschafter. Der kollektive Westen habe den Krieg nicht isoliert, sondern ihn stattdessen internationalisiert. Eine diplomatische Lösung sei von ihm während des Krieges unerwünscht gewesen und nicht unterstützt worden. Die derzeitige EU-Politik habe trotz künstlicher Angstmache nicht die Absicht, die russischen Sicherheitsinteressen nach einem Abstand zur NATO durch eine „Pufferzone“ zu berücksichtigen, stellte Varga klar. Zwei Züge durch Europa Kujat sieht eine „ganz entscheidende geopolitische Wende“ aufgrund der Bereitschaft Washingtons und Moskaus, über einen Neubeginn ihrer Beziehungen und eine mögliche künftige Partnerschaft zu sprechen. Dagegen setze die EU den Konfrontationskurs fort und habe einen Tag nach dem Trump-Putin-Telefonat Beschlüsse wie neue Sanktionen gefasst, um den Krieg fortzusetzen. > „Deutlicher kann nicht bewiesen werden, dass der US-amerikanische und der russische Zug in eine Richtung fahren und der europäische Zug in eine andere Richtung. Der amerikanisch-russische Zug fährt in Richtung Frieden und der europäische Zug fährt in Richtung Fortsetzung des Krieges.“ Das westliche Narrativ verschweige, dass Russland weder die EU noch die NATO angegriffen oder sanktioniert hat, sagte Botschafter a. D. Varga. Beide Organisationen hätten sich selbst entschieden, ihre Länder in den Krieg zu zwingen, anstatt den Konflikt zu isolieren und zu lösen. Der Krieg werde als Aggression gegen die EU und die „demokratische Welt“ dargestellt, um die internationale Unterstützung zu maximieren. Die neue US-Führung unter Präsident Trump versuche, einen Weltkrieg zu verhindern, und wolle Russlands Sicherheitsinteressen akzeptieren. Dagegen wolle der europäische Mainstream in der EU Russland weiter provozieren, anstatt die veränderte US-Politik für eine realpolitische Kurskorrektur zu nutzen, so Varga. Maßnahmen für europäische Sicherheits- und Friedensordnung Kujat sprach sich unter anderem für eine eigenständigere EU-Politik sowie dafür aus, dass die NATO auf dem europäischen Kontinent ein Gleichgewicht der militärischen Kräfte herstellt. Durch politische Maßnahmen wie Abrüstung und Rüstungskontrolle, vertrauensbildende Maßnahmen sowie Dialog und wirtschaftliche Zusammenarbeit könne ein „tragfähiger Frieden“ erreicht und stabilisiert werden. Er betonte die Notwendigkeit, China in die Friedensbemühungen für die Ukraine einzubeziehen, und forderte die Wiederaufnahme der Gespräche über nukleare Abrüstung. In der veränderten geopolitischen Haltung der USA bestehe eine Chance für die Gestaltung einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur. Trump könnte „beispielsweise mit Russland vereinbaren, dass Russland seine Streitkräfte aus Weißrussland abzieht. Im Gegenzug dazu könnten die US-amerikanischen Verbände aus den östlichen Teilen Europas abgezogen werden, insbesondere die Kampftruppen, die seit Beginn des Ukrainekrieges zusätzlich nach Europa verlegt wurden.“ Ähnlich könne es einen Abzug von Mittelstreckenraketen und Raketensystemen auf beiden Seiten geben. Bereits diese wenigen Maßnahmen würden eine Phase der Entspannung zwischen den beiden Großmächten mit dem Abschluss weiterer Rüstungskontrollverträge und vertrauensbildenden Maßnahmen einleiten und dazu beitragen, den Weg zu einer europäischen Sicherheits- und Friedensordnung zu ebnen, so der ehemalige hochrangige Militär. Wider die Kriegshysterie Kujat distanzierte sich von den Aussagen deutscher „sogenannter Militärexperten“, die ein erhöhtes Kriegsrisiko in Europa prognostizieren. Er widersprach der These, Russland plane die Vernichtung der Ukraine und Europa müsse sich auf einen Großkrieg einstellen. Russland werde keinen Krieg gegen die NATO führen, ist sich Kujat sicher und sagte, ihm sei nicht bekannt, worauf die deutschen „Experten“ ihre Aussage stützen. Zur Debatte um eine mögliche NATO-Mitgliedschaft der Ukraine erklärte er, die Position der USA dazu sei nicht neu, da Trump-Vorgänger Joseph Biden im Juni 2024 in einem Interview erklärte [https://time.com/6984968/joe-biden-transcript-2024-interview/], die Ukraine werde kein NATO-Mitglied sein. Die EU habe es selbst zu verantworten, dass sie bei den Verhandlungen für ein Kriegsende nicht gefragt sei, so General a. D. Kujat, der betonte: > „Seit Ausbruch des Krieges gab es weder von der Europäischen Kommission noch von einem der großen europäischen Staaten eine Initiative zur Beendigung des Krieges.“ Im Gegenteil dazu sei Ungarns Regierungschef Orbán für seine Gespräche mit Kiew, Moskau, Peking und Washington für eine Friedenslösung „maßlos kritisiert“ worden. Ihn habe überrascht, so Kujat, dass den EU-Politikern nicht bekannt zu sein schien, dass die US-Führung die Ukraine nie in die NATO aufnehmen wollte und will. > „Europäische Politiker kämpfen auch heute für die Fortsetzung des Krieges, ohne auf die Interessen von 450 Millionen EU-Bürgern und der Ukraine Rücksicht zu nehmen“, so Varga. Heute führe die Ukraine mit der Unterstützung von mehr als 40 westlichen Ländern einen bewaffneten Kampf, um Gebiete zurückzuerobern. Dabei habe Kiew deren friedliche Wiedereingliederung in das politische und wirtschaftliche System seit 2015 trotz der ukrainischen Verpflichtungen nach den Minsker Vereinbarungen verweigert. Das Scheitern der Ukraine-Politik des kollektiven Westens sei für die meisten offensichtlich, so Varga. > „Die EU finanziert den Krieg eines Landes, das nicht Mitglied der Union ist. Die Mitgliedstaaten der NATO sind de facto Teilnehmer in einem Krieg, in dem kein NATO-Mitglied verteidigt werden muss“, erklärte der ehemalige Botschafter. Die Rolle der NATO-Osterweiterung Die beiden renommierten Redner haben unterschiedliche Sichten auf die Rolle der NATO und auf die NATO-Osterweiterung in der Entwicklung des Konflikts und für seine Lösung. Varga erinnerte an zwei Meilensteine auf dem Weg zum Krieg in der Ukraine: Die Zusage an die Ukraine und Georgien [https://www.stern.de/politik/ausland/ukraine-und-georgien-die-nato-in-moskaus-vorgarten-3084932.html] für eine NATO-Mitgliedschaft auf dem NATO-Gipfel im April 2008 in Bukarest sowie der US-unterstützte Staatstreich [https://www.derstandard.at/story/2000011236567/ex-premier-umsturz-in-ukraine-von-usa-gesteuert] in Kiew im Februar 2014. Mit dem Angebot von 2008 habe die NATO die Souveränität der Ukraine missachtet, die sich seit ihrer Unabhängigkeit in ihren grundlegenden Dokumenten als „ständig neutrales und blockfreies“ Land definiert habe. Dabei sei auch die Tatsache ignoriert worden, dass es in der Ukraine keine gesellschaftliche Unterstützung für eine NATO-Mitgliedschaft gab. Zum zweiten Punkt sagte Varga: Beide Ereignisse seien ein Verstoß gegen das Budapester Memorandum von 1994, das sowohl die Grenzen als auch die Souveränität der Ukraine garantierte. Varga war damals selbst an der Verabschiedung des Dokuments [https://www.nachdenkseiten.de/?p=125695] in der ungarischen Hauptstadt beteiligt. Die NATO habe mit den Ereignissen von 2008 und 2014 zuerst gegen das Memorandum verstoßen. Sie habe zudem seit 2014 Zehntausende ukrainische Soldaten ausgebildet und die CIA an der ukrainische-russischen Grenze Spionageposten eingerichtet, erinnerte Varga. Ebenfalls erinnerte er daran, dass die EU- und die NATO-Eliten sich in der US-amerikanischen Wahlkampagne auf der Seite von Joseph Biden und damit der Fortsetzung des Krieges gestellt hätten. Doch die Wähler in den USA „haben den Kandidaten gewählt, der versprochen hat, den Krieg schnell zu beenden“. > „Aufrichtige Politiker, die vor einem Krieg mit Russland Angst haben, wären die Ersten, eine Pufferzone zwischen der NATO und Russland zu fordern.“ Die NATO-Osterweiterung sei eine „schädliche Strategie“ gewesen. Gastgeber Rahr, Vorsitzender der Eurasien Gesellschaft, sagte in einem aktuellen Interview mit dem Hintergrund-Magazin: „Die NATO-Osterweiterung ist die Mutter aller Probleme“. Im Gegenteil findet Kujat die NATO-Osterweiterung, die er mitgestaltete, weiterhin richtig, stimmte aber Botschafter Varga zu, dass die Einladung an die Ukraine 2008 zu weit ging. Veränderte Positionen durch den US-Regierungswechsel Die Positionen der EU und der USA unterschieden sich laut dem ungarischen Diplomaten inzwischen. Die führenden EU-Politiker würden sich ideologisch für den von den USA ausgelösten Krieg engagieren, „ohne sich mit den Konsequenzen zu beschäftigen“. Die Nachteile, die Kosten des Krieges und der Wiederaufbau der Ukraine würden in Europa bleiben, was „kluge Politiker“ schon vor Jahren gewusst hätten. > „Die Voraussetzungen für eine Krise und später für einen Krieg in der Ukraine wurden hauptsächlich von den Vereinigten Staaten geschaffen, und heute sind es die Vereinigten Staaten, die bereit sind, diesen Krieg zu beenden und die Hauptursache, die versprochene NATO-Mitgliedshaft für die Ukraine, zu beseitigen.“ Der Glaube, dass die NATO-Mitgliedschaft eine Sicherheitsgarantie gegen mögliche Angriffe bedeute, sei irrtümlich, sagte Kujat. Er wies auf den Artikel 10 des NATO-Vertrages hin, laut dem ein Beitritt dann möglich wird, wenn „neue Mitglieder einen Beitrag zur Sicherheit aller bisherigen Staaten leisten und so die gemeinsame Sicherheit erhöhen“. > „Im Fall der Ukraine wäre das Gegenteil der Fall, denn das Bündnis würde das Risiko eines Krieges mit Russland in das Bündnis importieren. Insofern wäre eine NATO-Mitgliedschaft keine Sicherheitsgarantie für die Ukraine, sondern eine Unsicherheitsgarantie für alle NATO-Mitgliedstaaten einschließlich der Ukraine.“ Erinnerung an Verfassungsauftrag In der Diskussion, moderiert von Alexander Rahr von der Eurasien Gesellschaft, bezeichnete Kujat die aktuelle Aufrüstungsdebatte in Deutschland und der EU wegen eines angeblich drohenden russischen Angriffs als „völlig überzogen“. Die Bundeswehr müsse zur Landes- und Bündnisverteidigung in der Lage sein. Aber dazu reiche es „völlig aus, wenn unsere Politiker sagen: Wir wollen jetzt tun, was in der Verfassung steht.“ Das sei aber seit 2011 nicht mehr gewährleistet, erklärte der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses. Dem Grundgesetz nach dienten die Streitkräfte zur Verteidigung, aber nicht, „um Krieg zu führen“. Selbst die deutsche NATO-Mitgliedschaft versehe das Grundgesetz in Artikel 24 Absatz 2 mit einem Vorbehalt: > „Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkungen seiner Hoheitsrechte einwilligen, die eine friedliche und dauerhafte Ordnung in Europa und zwischen den Völkern der Welt herbeiführen und sichern.“ Das Ziel der Wahrung des Friedens werde in der aktuellen Diskussion über Kriegsfähigkeit unterschlagen, kritisierte der ehemalige Bundeswehr-General und fügte hinzu: > „Ich erwarte von unseren Politikern, dass sie sich gefälligst an die Verfassung halten“. Die EU hat aus Sicht von Varga zwei Optionen: Entweder sie identifiziert sich mit der neuen US-Position, um den Krieg schnell zu beenden, oder sie ruiniert die Ukraine und ihre Staatlichkeit weiter und nimmt die ganze Last des Scheiterns auf sich. Der ehemalige Botschafter beendete seine Rede mit einem Ratschlag an die EU-Politiker: > „Eine kluge EU-Elite würde nicht um einen Sitz am US-amerikanischen Verhandlungstisch bitten. Sie würde selbst ihren eigenen Verhandlungstisch für die Ukraine und Russland vorschlagen.“ Die Vorträge von General a. D. Harald Kujat und Botschafter a. D. György Varga bei der Eurasien Gesellschaft können Sie hier in kompletter Länge einsehen: Titelbild: Éva Péli Mehr zum Thema: General a. D. Harald Kujat: „Selenskyjs Drohung hätte eine harte Reaktion des Westens erfordert“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=123938] Exklusiv-Beitrag von Botschafter a. D. Varga: Falsche Argumente im Dienste von Angstmacherei und Krieg [https://www.nachdenkseiten.de/?p=121160] General a. D. Harald Kujat: „NATO könnte ähnlichen Fehler begehen wie die USA in Vietnam“ – Interview Teil 1 [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118536] Vortrag von General a. D. Harald Kujat in Berlin über Ukrainekrieg und den geopolitischen Wandel [https://www.nachdenkseiten.de/?p=111161] Die bewusstseinsverändernde Wirkung der „kollektiven Verteidigung“ der NATO [https://www.nachdenkseiten.de/?p=128576] [https://vg06.met.vgwort.de/na/05bf1835ac92429da697527fb2b0d851]

Die Hauptstadt Berlin hat selten einen besonderen Titel zu vergeben: Ehrenbürger Berlin. Jetzt – in reaktionären, rückwärtsgewandten Zeiten – wurde diese Ehrung im Roten Rathaus folgerichtig einer Persönlichkeit zuteil, die den Zeitgeist trefflichst verkörpert: Springer-Verlegerin und Aktionärin Friede Springer. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) lobte die Grand Dame der Boulevardpresse ausschweifend in den höchsten Tönen. Schließlich habe die sozial engagierte Frau einen kleinen Teil ihres Vermögens zur Förderung einer medizinischen Einrichtung Berlins bereitgestellt, ein Klacks für die Milliardärin. Ein Zwischenruf von Frank Blenz. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Elite ehrt Elite Das hat schon was, das ist einleuchtend, könnte einem einfallen, denkt man an die neueste Ernennung eines Mitbürgers, hier einer Mitbürgerin, in die Liste der wenigen auserwählten Ehrenbürger Berlins, die den Titel also wahrlich verdient haben muss: eine reiche, was sage ich, eine superreiche Frau, charmant, zurückhaltend, klug, einflussreich. Sie macht all das, was sie eigentlich macht, und zwar knallharte Politik mittels Medienmacht doch in Wahrheit nur, um ihre hohen Erträge daraus, also wenigstens einen kleinen Teil davon, für soziale Zwecke zu spenden, nicht wahr? Wie spendabel, wie ehrenvoll. Logisch: Friede Springer ist völlig zu Recht Berlins neueste Ehrenbürgerin, in der Liste auf Platz 129 stehend [https://www.parlament-berlin.de/das-haus/berliner-ehrenbuerger]. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) schien sich gar nicht mehr einzukriegen, als er sich mit der großen Dame des Boulevards und der anderen Titel aus der Sparte großbürgerliche Presse zum Erinnerungsfoto mit Urkunde ablichten ließ. Politische Elite ehrt wirtschaftliche, publizistische, politische Elite, kam mir in den Sinn. Schaut auf diese Frau, schaut auf das, was sie leistete und leistet. Komisch, von ihrer einflussreichen, mächtigen, ambivalenten Medienarbeit war nicht die Rede. Der Regierende Oberberliner lobte anderes, was das Zeug hielt: > Wegner vorab: „Das Bekenntnis zu Berlin, zu Freiheit und Demokratie hat immer im Zentrum des unternehmerischen und gesellschaftlichen Engagements von Friede Springer gestanden. Als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende begleitet Friede Springer die Axel Springer SE auf dem Weg der Transformation zu einem digitalen Unternehmen, das vom Standort Berlin aus im internationalen Wettbewerb bestehen muss. Unternehmertum in sozialer Verantwortung gehört zur Tradition ihres Hauses. Das spiegelt die großzügige Unterstützung, die Friede Springer in unserer Stadt und unserem Land, aber auch international leistet. Institutionen, die diesem Engagement dienen, sind die Axel Springer Stiftung, die Friede Springer Herz Stiftung, die Friede Springer Stiftung und zuletzt das Friede Springer Cardiovascular Prevention Center at Charité. Dessen Aufbau wird mit einem Betrag von bis zu 70 Millionen Euro gefördert. Dieses Engagement in der Medizin- und Gesundheitsforschung kommt dem Gesundheitsstandort Berlin und damit uns allen zugute.“ > > Wegner weiter: „Friede Springer hat immer wieder die Herausforderungen des Lebens und der Zeiten angenommen und bestanden. Seit vielen Jahren setzt sie sich auch aktiv für die Stärkung der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel ein. Dabei unterstützt sie eine Vielzahl von Projekten der Gedenkkultur in Berlin, um die Geschichte der Shoah wachzuhalten und jungen Menschen ein Bewusstsein für die historische Verantwortung und Versöhnung zu vermitteln. Ihr unermüdliches Engagement und ihr bescheidenes und zugleich entschlossenes Auftreten machen sie zu einer sehr geschätzten Persönlichkeit. Unsere neue Ehrenbürgerin hat sich um unser Berlin verdient gemacht.“ > > (Quelle: Berlin.de [https://www.berlin.de/rbmskzl/aktuelles/pressemitteilungen/2025/pressemitteilung.1534753.php]) Für all die hässlichen BILD-Schlagzeilen wurde Friede Springer nicht ausgezeichnet Das Lob von Wegner aufnehmend, ist an und für sich wenig dagegen einzuwenden, es zu begrüßen, dass eine Bürgerin wie Friede Springer sich zu ihrer Stadt bekennt, zu Freiheit und Demokratie, wenn sie sozial eingestellt für ihre Mitarbeiter agiert, wenn sie ein paar Teile ihre überreichlich vorhandenen Mittel und Möglichkeiten für diese und für die Gesellschaft einsetzt. Doch steht Friede Springer eben für mehr als das. Springer ist vor allem knallharte Unternehmerin und Großaktionärin des Springer-Imperiums, die stets nah an der Macht weilt. Nicht umsonst war und ist sie eine enge Freundin von Altkanzlerin Angela Merkel. Das Springer-Geschäftsmodell, dessen inhaltliche, politische, strategische Ausrichtung haben indes wenig mit einer liebreizenden Friede Springer zu tun. Verständlicherweise wurde diese Wahrheit offensichtlich bewusst oder nachlässig lieber nicht von Wegner besprochen. Aufatmend wäre einerseits zu sagen: BILD und Co. und die tagtäglich oft fragwürdigen, heftigen, zynischen Schlagzeilen sind nicht ausgezeichnet worden. Dafür Ehrenbürger zu werden, wäre fragwürdig. Doch andererseits ist zu erahnen, dass Kai Wegner tatsächlich durchaus den Unternehmensstil, den Inhalt, die Ausrichtung, die Abgehobenheit von Vertretern der elitären Welt wie Friede Springer mit dem Titel Ehrenbürger honorierte. Sie ist eben eine von uns, eine der sogenannten Mitte, eine, die für unsere konservativen Werte steht und so weiter. Nebenbei, Friede Springer ist schon öfter ausgezeichnet worden: Bundesverdienstkreuz mit Stern, Verdienstorden des Landes Berlin, Bayerischer Verdienstorden. Ein dichtes Verbreitungsnetz für fragwürdige Weltsichten und mediale Methoden Denke ich an den Namen Springer, kommt mir sofort die Zeitung mit den vier großen Buchstaben in den Sinn. Ich bin schaudernd fasziniert wie auch misstrauisch und ablehnend ob der Energie, die von Springer ausgeht, welche Reichweite Springer erlangt hat. Bis heute. Dem Wort BILD entkommt kein Mensch, der sich in urbanen Räumen unseres Landes aufhält. Die vier Buchstaben auf der Titelseite der gleichnamigen Gazette schreien einen überall an, wo Zeitungen verkauft werden beziehungsweise die cleveren Verkaufsstrategen des Springer-Imperiums meinen, nah am Volk zu sein und ihre Produkte zu verbreiten: beim Bäcker, an der Tankstelle, am Kiosk und einst in den Händen Schlagzeilen ausrufender Zeitungsboten landauf und landab in unseren Städten. Springer ist längst nicht nur die Vier-Buchstaben-Zeitung. Der Name steht für ein bedrohliches Imperium, empfinde ich, für einen großen Konzern, der über beeindruckend wie beängstigend große Reichweite verfügt, zahlreiche Produkte hält, Umsätze erzielt (und Gewinne), die staunen lassen und in unserer bundesrepublikanischen Gesellschaft enormen Einfluss bis in die Herzen und Hirne von Menschen hat. „Ich lese keine BILD, ich doch nicht.“, wer kennt diesen Spruch nicht von Menschen aus dem eigenen Umfeld, vielleicht gar von sich selbst? Zugegeben: Um das ganze Bild zu bekommen, um eine Neuigkeit etwas schneller zu erfahren und dazu noch erste detailliertere, bislang unveröffentlichte Nachrichten zu erhaschen, wäre diese deutsche Boulevardpresse mitunter „empfehlenswert“, weil sie schneller, direkter, härter, unbarmherziger als andere Medienanbieter ihre Arbeit serviert. Wenn die Meute loslegt, also die von Springer, gibt es kein Halten mehr. Was aber schlimmerweise vom Publikum durchgewinkt wird, ist: Springer ist anmaßend – meist wird in persönlicher Ansprache suggeriert, für ein ganzes Land, für deren Menschen zu sprechen. Die Springer-Leute ziehen vielfältige Trümpfe, um das Publikum zu beeinflussen, Meinung „zu machen“, die Springer-Imperium-Weltsicht von Freiheit und Demokratie unentwegt zu verbreiten. Freiheit und Demokratie sind dabei nur Schlagworte. Auf der einen Seite gibt sich Springer mit der Welt oder dem Welt TV seriös und stilvoll, auf der anderen Seite wird wie bei BILD grob hingelangt und nicht selten gegen die Schwachen der Gesellschaft ausgeteilt. Springer verdiente den Ehrentitel, wenn … Die Ehre wurde Friede Springer sehr wohl zuteil, weil sie die Führungsperson des Medien-Imperiums ist, doch genau das ist nicht verdient. Der Titel wäre verdient, würde Friede Springer für einen sozialen, gesellschaftskritischen Stil stehen, der Missstände nicht nur aufdeckt, Sauereien benennt, sondern auch Forderungen – vielleicht sogar im BILD-Stil – stellen würde. Beispiel? Der andauernde Skandal der längst aus dem Ufer gelaufenen Mietpreise würde gut zum sozialen Engagement Friede Springers passen. Wie wäre es also mit einer Kampagne samt entsprechender Schlagzeilen wie der Forderung „Wir fordern Mietpreisdeckel! Dauerhaft!“? Noch ein Beispiel. Wie wäre es mit einer Schlagzeilenserie: „Lieber Kanzler! Steig in den Flieger nach Moskau und mach endlich Frieden!“, „Wir brauchen keine neuen Waffen“, „Empörend: Rheinmetall-Aktien gehen durch die Decke – wie lange noch?“, „Macht endlich Frieden im Nahen Osten“? Und schließlich noch eine Idee in Sachen Verteilung und soziale Gerechtigkeit: „BILD fordert Wiedereinführung der Vermögenssteuer“, Unterzeile: „Es ist genug – Reichtum endlich limitieren.“ Abschließend: Der Titel hat noch mehr zu bieten für die neue Trägerin Friede Springer braucht indes nicht fürchten, dass das etwas wird mit der Vermögenssteuer. Passenderweise setzt sich ihr Medien-Imperium anderweitig ein, und sie selbst gibt die engagierte und gönnerhafte Frau mit allerlei Stiftungen und einhergehender Kontrolle über ihre Mittel und Möglichkeiten. Nun kann sie sich auf weitere Zugaben freuen: > Ehrenbürger erhalten einige Privilegien, auf die sie jedoch keinen Rechtsanspruch haben. Dazu zählt ein Porträtgemälde eines Künstlers ihrer Wahl, das später in einer Galerie im Abgeordnetenhaus ausgestellt wird. Dort hängen inzwischen 57 solche Porträts. Darüber hinaus werden Ehrenbürger als Ehrengäste zu Veranstaltungen des Landes wie Feierlichkeiten und Empfängen eingeladen. Falls sie bedürftig werden, erhalten sie eine “Ehrenversorgung”. Wenn sie sterben, übernimmt das Land die Kosten für ihr Begräbnis und sie erhalten eine Ehrengrabstelle auf einem Berliner Friedhof. > > (Quelle: RBB24 [https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2025/02/berlin-ehrenbuerger-auszeichung-friede-springer-geschichte.html]) Titelbild: Screenshot rbb
Disponible en todas partes
¡Escucha Podimo en tu móvil, tablet, ordenador o coche!
Un universo de entretenimiento en audio
Miles de podcast y audiolibros exclusivos
Sin anuncios
No pierdas tiempo escuchando anuncios cuando escuches los contenidos de Podimo.
Empieza 30 días de prueba
Después de la prueba 4,99 € / mes.Cancela cuando quieras.
Podcasts exclusivos
Sin anuncios
Podcast gratuitos
Audiolibros
20 horas / mes