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Warnungen bringen nichts mehr. Was großmäulig auftretende – in Wahrheit atemberaubend phantasie- und verantwortungslose – deutsche Politiker mit einer möglichen Tauruslieferung an die Ukraine anrichten könnten und wohin sie unser Land damit führen würden, das sollte längst jeder wissen, der noch in der Lage ist, eins und eins zusammenzuzählen. – Probieren wir es also einmal anders! Von Leo Ensel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Sie wollen Deutschland in einen Krieg mit Russland ziehen? Möglichst schnell, nachhaltig und so richtig effektiv? – Dann hätte ich eine Idee … Liefern Sie Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine! Solange noch Zeit ist. Also sofort und zwar massenhaft. (Denn es könnte ja vielleicht doch noch Frieden drohen.) Schicken Sie, wie der ehemalige ukrainische Botschafter Andrij Melnyk jüngst forderte [https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/melnyk-fordert-waffen-herr-merz-sie-werden-in-die-geschichte-eingehen-li.2316221], mindestens 150 Stück. Am besten aber alle, die Deutschland zur Verfügung hat. (Von rund 600 sollen schließlich 300 einsatzbereit sein.) Sie wissen ja: Der Taurus [https://de.wikipedia.org/wiki/Taurus_(Marschflugkörper)] ist im wahrsten Sinne des Wortes ein anderes ‚Kaliber‘ als die zahmen britischen Storm Shadows [https://de.wikipedia.org/wiki/Storm_Shadow] oder ihre französischen Cousinen, die SCALP-Marschflugkörper! Der fliegt doppelt so weit. An die 500 Kilometer. Und ist, einmal abgeschossen, praktisch nicht mehr zu eliminieren. Also todsicher. „Den Krieg nach Russland tragen …“ Wie ein prominenter Politiker [https://www.dw.com/de/kiesewetter-den-krieg-nach-russland-tragen/a-68215200] – er wird gerade als Außenminister gehandelt – ja schon vor über einem Jahr gefordert hat: „Der Krieg muss nach Russland getragen werden. Russische Militäreinrichtungen und Hauptquartiere müssen zerstört werden. Wir müssen alles tun, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, nicht nur Ölraffinerien in Russland zu zerstören, sondern Ministerien, Kommandoposten, Gefechtsstände.“ Und das ist einfacher, als Sie denken. Ein vom Norden der Ukraine gestartetes Flugzeug muss gar nicht allzu weit in den russischen Luftraum eindringen. Einmal von dort abgefeuert, wird der Taurus seinen Job zuverlässig erledigen: Wenig später sind das russische Außenministerium in Moskau oder der Kreml pulverisiert! (Setzen Sie mehrere Marschflugkörper ein, dann beide.) Mit der Krim-Brücke ist das noch viel leichter. Das schafft von der Ukraine aus spielend jedes Kind! … aber nicht erwischen lassen! Vorausgesetzt, Ihre Bundeswehrsoldaten haben den Taurus richtig programmiert. (Sie können das natürlich auch den Ukrainern beibringen, aber das würde mehrere Monate dauern. Aber so lange wollen Sie doch nicht mehr warten …) Nur lassen Sie sich bloß nicht dabei erwischen, das könnte völkerrechtlich etwas heikel werden! (Und Sie wollen doch Russland völkerrechtlich korrekt attackieren – oder?) Treffen Sie sich mit Ihren ukrainischen Kollegen am besten klandestin in Polen und überreichen Sie ihnen die Zielkoordinaten dort. Geben Sie Selenskyj in Kiew und seinen Militärs einen Blankoscheck. Sie können denen blind vertrauen. Die sind zuverlässig. Ende 2022 haben sie schon einmal – damals nur mit Drohnen – ein russisches Atomwaffenlager bei Engels an der Wolga beschossen. Das war natürlich nur ein lächerliches Vorgeplänkel. Vor fast einem Jahr attackierten [https://www.telepolis.de/features/Ukrainische-Streitkraefte-greifen-wohl-erneut-russisches-Atomraketen-Fruehwarnsystem-an-9733169.html?] sie, ebenfalls mit Drohnen, Module des russischen Atomraketen-Frühwarnsystems im Nordkaukasus und Westsibirien. Das war schon etwas besser: Falls Russland sich in seinem strategischen Raketenabwehrschirm geblendet sieht, wird es unberechenbar. Damit könnte man sogar einen weltweiten Atomkrieg provozieren. Doch bislang halt alles nur mit Drohnen. Mit dem Taurus dagegen sieht die Sache ganz anders aus! Damit reizen Sie die Russen bis aufs Blut. Überschreiben Sie die deutsche Pazifismus-DNA Nur bitte, vergessen Sie die mentale und emotionale Absicherung in der Bevölkerung nicht: Da ist immer noch zu viel Pazifismus-Code in der DNA [https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/miosga-zu-joschka-fischer-pazifismus-lag-in-unserer-dna-li.2314245] der Deutschen! Den sollten Sie – eine delikate Aufgabe! – behutsam Schritt für Schritt überschreiben. Am leichtesten geht das natürlich bei den Kleinsten. Machen Sie schon im Kinderkanal [https://www.youtube.com/watch?v=rX5vpsSTSQ0] Werbung für den knuffigen Taurus [https://www.youtube.com/watch?v=JtzfIj4cN0I]! Bei den Erwachsenen, besonders den Älteren, brauchen Sie etwas mehr Geduld. Sorgen Sie dafür, dass die nicht wieder rückfällig werden und pazifistische Schwächeanfälle erleiden. Spielen Sie dafür Ihr Ass aus: Putin! Machen Sie den Deutschen die Hölle heiß vor dem unberechenbaren Despoten im Kreml. Hämmern Sie ihnen tagtäglich ein, dass russische Panzer bald wieder vorm Brandenburger Tor stehen, dass diese asiatischen Untermenschen bald wieder deutsche Frauen schänden, wenn wir nicht alle schleunigst kriegstüchtig werden! Machen Sie aber zugleich Ihrem Volk, „dem großen Lümmel“, weis, der neue Hitler würde nur bluffen, wenn er mit dem Einsatz von Atomwaffen droht. Zu guter Letzt Vergessen Sie Ihren Amtseid! Schließlich geht es hier nicht darum, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden oder gar der Ukraine zum Sieg zu verhelfen. Sie haben doch ganz Anderes vor … Also, legen Sie los! Und ich garantiere Ihnen: ES KNALLT!! Und zwar nachhaltig. Bei Ihnen. Mit freundlicher Genehmigung von Globalbridge [https://globalbridge.ch/taurus-ja-bitte-eine-paradoxe-intervention/]. Titelbild: Flying Camera/shutterstock.com

Die renommierte britische Wochenzeitung Economist, deren Artikel sich regelmäßig in den Pressemappen des Kanzleramts finden, hatte letzte Woche einen Artikel veröffentlicht, in welchem anhand zahlreicher Beispiele die zunehmende „Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland“ thematisiert wurde. Auch der aktuelle Bericht von Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit in Deutschland 2025 spricht von massiver Selbstzensur und strengen Sprachregelungen in den Redaktionen deutscher Leitmedien. Vor diesem Hintergrund wollten die NachDenkSeiten wissen, wie der geschäftsführende Kanzler die entsprechende internationale Wahrnehmung einer gefährdeten Meinungsfreiheit in der Bundesrepublik unter seiner Ägide erklärt. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund Unter dem Titel „Die Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland – Eines der freiesten Länder der Welt versetzt seinem eigenen Ruf einen schweren Schlag“ [https://www.economist.com/europe/2025/04/16/the-threat-to-free-speech-in-germany] kommt der Economist in einem am 16. April veröffentlichten Artikel zu dem Schluss, dass die freie Meinungsäußerung in Deutschland „zunehmend in Gefahr“ sei. Belegt wird dies anhand zahlreicher Beispiele (eine deutsche Übersetzung des Artikels ist hier einsehbar [https://www.focus.de/politik/analyse-unseres-partners-economist-das-ist-der-briten-text-der-angst-um-deutsche-meinungsfreiheit-schuert_f0f254cf-4b1e-435e-97f1-5f2fdd415044.html]). [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen1.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen1.jpg Aufhänger des Artikels ist die Verurteilung des Chefredakteurs des Deutschland-Kuriers zu einer siebenmonatigen Haftstrafe (auf Bewährung) wegen der Veröffentlichung seiner Zeitung eines satirischen Memes über Innenministerin Nancy Faeser (die NachDenkSeiten berichteten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131440]). Anschließend führt der Economist weitere Beispiele auf: 1. „Letztes Jahr wurde ein Rentner, der auf X ein Bild geteilt hatte, das den deutschen Vizekanzler Robert Habeck als „Schwachkopf“ bezeichnete, einer polizeilichen Hausdurchsuchung unterzogen, nachdem Habeck ihn angezeigt hatte.“ 2. „Ein Gericht verurteilte einen Journalisten zu einer Geldstrafe, weil er angedeutet hatte, Habeck würde „in einer Versammlung von Alkoholikern am Bahnhof“ nicht fehl am Platz wirken.“ 3. „Der Regierungsvertrag der neuen Koalitionspartner in Deutschland sieht vor, eine Behörde zu ermächtigen, gegen die „vorsätzliche Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen“ vorzugehen.“ 4. „Im Jahr 2024 gaben nur noch 40 Prozent der Deutschen gegenüber dem Meinungsforschungsinstitut Allensbach an, sich frei äußern zu können. Seit 1990 hat sich dieser Wert halbiert.“ 5. „In Berlin löste die Polizei Konferenzen und Demonstrationen auf, um Hassreden zu verhindern. Wissenschaftlern, die pro-palästinensische Studierende unterstützten, wurde mit dem Verlust von Fördergeldern gedroht. Die Gefahren für die Meinungsfreiheit beschränken sich nicht auf eine Seite.“ Reporter ohne Grenzen: Stark verengter Meinungskorridor Unter dem Titel „Nahaufnahme Deutschland 2025: Pressefreiheit im Überblick“ [https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Downloads/RSF_Nahaufnahme_Deutschland_2025.pdf] berichtet die Nichtregierungsorganisation, die sich nach eigener Darstellung „für Pressefreiheit und gegen Zensur“ einsetzt, dass sich zahlreiche Journalisten in Deutschland an ROG gewandt haben und von einem „stark verengten Meinungskorridor bei der Arbeit berichteten“. [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen2.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250423-bpk-Meinungsfreiheit-Screen2.jpg Darüber hinaus ist in dem Bericht, insbesondere in Bezug auf die Nahost-Berichterstattung, „von strengen Sprachregelungen“, „Vorgaben mit dem Ziel …“ sowie „äußerst langwierigen Kontroll- und Aushandlungsprozessen“ die Rede. In Bezug auf die Arbeit von freien Journalisten heißt es abschließend: > „Freie Journalisten berichten, dass angesichts der Unsicherheit in Redaktionen und deren Furcht, von anderen Medien des „israelbezogenen Antisemitismus“ bezichtigt zu werden, diese dazu übergingen, als heikel wahrgenommene Themen auszusparen.“ Die Nebelkerzen des Regierungssprechers Regierungssprecher Steffen Hebestreit tut in der Bundespressekonferenz so, als seien die vom Economist und ROG aufgeworfenen Punkte in Bezug auf eine gefährdete Meinungsfreiheit in Deutschland „medieninterne Diskussionen“, zu welchen sich der geschäftsführende Kanzler nicht zu äußern habe. Doch entgegen seiner Darstellung fallen die angesprochenen Punkte natürlich in den Verantwortungsbereich eines Kanzlers mit Richtlinienkompetenz, etwa was die Gesetzesinitiativen von Innenministerin Nancy Faeser (z.B. das Demokratiefördergesetz), das fragwürdige, vom BMI iniitierte Campact-Verbot oder auch das massive Vorgehen seiner Minister, nicht nur des Bildungsministeriums, gegen Wissenschaftler und Universitäten, die das Agieren Israels in Gaza kritisierten (Drohung mit dem Verlust von bundesstaatlichen Fördergeldern), sowie weitere belegte Eingriffe der Exekutive in die Wissenschaftsfreiheit. Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 23. April 2025 Frage Warweg Der „Economist“ hat vergangene Woche einen Artikel veröffentlicht, in dem er auf die zunehmende Bedrohung der Meinungsfreiheit in Deutschland eingeht bzw. diese thematisiert. Der aktuelle Bericht von Reporter ohne Grenzen zur Pressefreiheit 2025 in Deutschland spricht von massiver Selbstzensur und strengen Sprachregelungen in den Redaktionen der Leitmedien. Vor diesem Hintergrund würde mich interessieren, wie der geschäftsführende Kanzler die aufgezählten Aspekte zumindest in der internationalen Wahrnehmung zunehmend eingeschränkter Meinungsfreiheit in Deutschland unter seiner Ägide erklärt. Regierungssprecher Hebestreit Herr Warweg, wie so häufig stellen Sie Dinge in lustige Zusammenhänge, die nicht zueinander gehören. Sie haben gerade von Leitmedien gesprochen. Sie meinen sicherlich die seriösen Medien. Aber das lasse ich Ihnen jetzt einfach mal – – – Zusatz Warweg „Leitmedien“, das ist ein fest definierter Begriff – – – Hebestreit Darf ich kurz weiterreden, Herr Warweg? Zusatz Warweg Das dürfen Sie. Hebestreit Sie fragen, ich antworte. Dann fragen Sie nach, drei, vier Mal, dann antworte ich wieder. So ist das hier! Die Leitmedien sind unabhängig, und es stehen auch keine staatlichen Menschen hinter ihnen, die sie beeinflussen würden. Das ist die Pressefreiheit in Deutschland. Diesbezüglich hat sich der Kanzler zu gar nichts zu äußern. Die Unterstellungen, die Sie gemacht haben, das sind Meinungsbeiträge, die ich genauso zur Kenntnis nehme wie Ihre Meinungsbeiträge oder die von anderen. Auch die habe ich nicht zu beurteilen. Dass ich ein Gefühl hätte, dass man sich um die Meinungsfreiheit in Deutschland sorgen müsste, auch das habe ich nicht. Aber auch das kann man, wenn man eine andere Grundauffassung hat, sicherlich anders sehen. Insofern teile ich alle Prämissen dieser Frage nicht, und ich werde den Teufel tun, hier medieninterne Diskussion zu führen. Das können Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen austragen. Aber das ist keine Frage, die die Regierung zu beantworten hat, sondern das sollten Sie medienintern miteinander tun. Dafür gibt es vielleicht auch Foren, auf denen Sie das tun können. Die Regierungspressekonferenz ist kein solches Forum. Zusatzfrage Warweg Neben dem Bericht von Reporter ohne Grenzen habe ich auch den entsprechenden Artikel in einem britischen Fachmagazin angesprochen. Er geht hauptsächlich auf eine Causa im Zusammenhang mit einem Strafantrag von Frau Faeser ein, die wir auch vergangene Woche besprochen haben. Ich habe mir die Haltung explizit nicht zu eigen gemacht, sondern gefragt, wie der Kanzler die in der internationalen Wahrnehmung im Ansatz bedrohte Meinungsfreiheit beurteile. Ich finde, das kann der Kanzler problemlos tun, ohne sich in journalistische Angelegenheiten einzumischen. Diese Dinge haben sich unter seiner Ägide stärker gehäuft. Deshalb interessiert mich, welche Gründe er dafür sieht. Hebestreit Auch da gilt wieder: Es hat sich keinerlei Gesetzesveränderung gegeben. Sie haben einen Einzelfall angesprochen. Das ist ein juristischer Fall; den müssten Sie dann mit dem zuständigen Gericht diskutieren und nicht hier. Dazu darf jeder seine Position haben. Ansonsten werde ich mich zu einzelnen Medienberichten, so abstrus sie auch sein sollten, hier nicht äußern, und ich bleibe bei meiner Grundaussage. Zusatzfrage Warweg Das könnte ja für die Kollegen zitatemäßig interessant sein. Sie nennen also die entsprechende Berichterstattung im „Economist“ abstrus. Habe ich das so richtig verstanden? Hebestreit Ich habe gesagt, dass ich mich zu einzelnen Medienberichten, so abstrus sie auch sein mögen, hier nicht äußere. Und das gilt zu allen Ihren Beiträgen, und das gilt auch zu den Beiträgen, die Sie hier angeführt haben. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 23.04.2025 Mehr zum Thema: Haftstrafe für Chefredakteur des Deutschland-Kuriers wegen Satire-Bild zu Innenministerin Faeser [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131440] Pressefreiheit à la BRD: Wieso der deutsche Inlandsgeheimdienst Tageszeitung junge Welt überwacht [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118709] Wegen Post zu Nancy Faeser: Sieben Monate Haft auf Bewährung für Journalisten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131371] „Demokratiefördergesetz“ – Was versteht Bundesregierung konkret unter „Verhöhnung des Staates“? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=111295] Innenministerium zu Compact-Verbot: „Unmittelbar im Grundgesetz vorgesehen…“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=118305] [https://vg07.met.vgwort.de/na/e7ccdbe7c15243a581f998a6dfc5e7c1]

Ein in dieser Woche vorgelegter „Friedensplan für die Ukraine“ [https://www.axios.com/2025/04/22/trump-russia-ukraine-peace-plan-crimea-donbas] des US-Präsidenten Donald Trump erhitzt zurzeit die Gemüter des politisch-medialen Komplexes in Deutschland. Offenbar hat man in Berlin immer noch größte Schwierigkeiten, sich mit der Idee einer Niederlage der Ukraine abzufinden, und versteift sich nunmehr wie ein bockiges Kind, dessen Wünsche nicht erfüllt werden, in Lügen, Verdrehungen und Realitätsflucht. Ein Kommentar von Jens Berger. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Trumps Friedenplan sei abzulehnen, da er vorsieht, dass die Ukraine die russische Herrschaft über die Krim anerkennt. Dies ist der Tenor zahlreicher Artikel deutscher Medien. Im SPIEGEL heißt es beispielsweise [https://www.spiegel.de/ausland/us-papier-ueber-einen-frieden-in-der-ukraine-nicht-trump-sondern-putin-ist-das-wahre-verkaufstalent-a-7dfe458c-a7a3-44f8-90f7-8fb1cc409ea5] lapidar, die Ukraine könne „auf die Krim nicht freiwillig verzichten“, da dies die ukrainische Verfassung nicht zulasse. Dieses Argument stammt übrigens von Wolodymyr Selenskyj, der Trumps Plan mit genau dieser Begründung ablehnt [https://www.spiegel.de/ausland/ukraine-russland-krieg-donald-trump-schiesst-schon-wieder-gegen-wolodymyr-selenskyj-a-a2b7ce6e-7300-40d1-9c5a-40494cf35aea]. Das ist schon seltsam. Entsprach die Abtretung von Elsass-Lothringen denn der Bismarck’schen Reichsverfassung? Und nicht, dass mir nun revisionistisches Gedankengut unterstellt wird. Auch der Vorfriede von Versailles, in dem Frankreich Elsass-Lothringen 1871 an das Deutsche Reich abgetreten hatte, entsprach selbstredend nicht der Verfassung des Zweiten Französischen Kaiserreichs. Mir wäre aber auch neu, dass in jüngerer Zeit den Verfassungen von Staaten wie dem Irak oder Jugoslawien bzw. Serbien großartige Bedeutung bei der Neuordnung territorialer Fragen nach dem Sieg des Westens eingeräumt wurden. Die Vorstellung, dass die Verfassung eines Kriegsteilnehmers ein ernsthaftes Hindernis für Friedensverträge sei, ist schon ziemlich weltfremd. Hier gilt die normative Kraft des Faktischen. Und ja, Verfassungen können auch geändert werden. Wie absurd die Fokussierung auf angeblich verfassungsrechtliche Hindernisse bei Friedensverhandlungen ist, zeigt sogar der Ukrainekrieg selbst. So wurde die ukrainische Verfassung 2019 um den Punkt ergänzt [https://www.dw.com/de/ukraine-strebt-weiter-nach-westen/a-47419911], dass die Ukraine den Beitritt zu EU und NATO verfolgt. Im März 2022 zeigte niemand anderes als Selenskyj selbst sich jedoch bereit [https://www.berliner-zeitung.de/news/selenskjy-zu-gespraechen-ueber-donbass-und-krim-bereit-li.215813], auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu verzichten. Auch zu „Kompromissen“ bei territorialen Fragen bezüglich der damaligen Separatistengebiete Luhansk und Donezk sei er bereit, deren Zugehörigkeit zur Ukraine in deren Verfassung genauso festgelegt ist wie die der Krim. Ist das nicht seltsam? Im März 2022 war die ukrainische Verfassung offenbar noch kein Hinderungsgrund für Friedensverhandlungen, deren Verhandlungspunkte ebenjener Verfassung widersprechen. Doch dies ist ohnehin eine Scheindebatte, die zurzeit nur geführt wird, weil Selenskyj ein Ablenkungsmanöver führt, auf das deutsche Medien nur allzu gerne hereinfallen. In Trumps Friedensplan ist nämlich gar nicht die Rede davon, dass die Ukraine ihre Ansprüche auf die Krim fallen lässt, sondern dass die USA de jure anerkennen, was de facto seit 2014 ohnehin der Fall ist [https://www.axios.com/2025/04/22/trump-russia-ukraine-peace-plan-crimea-donbas] – dass die Krim zu Russland gehört. Nun kann man ja durchaus darüber streiten, ob die einseitige Anerkennung der völkerrechtlichen Zugehörigkeit der Krim zur Russischen Föderation eine so gute Idee ist und es ist absolut verständlich, dass Selenskyj dies ablehnt. Mit der ukrainischen Verfassung hat dies jedoch nur sehr wenig zu tun und ob ein Wolodymyr Selenskyj dies nun gut oder schlecht findet, spielt dabei eigentlich auch keine Rolle. Er ist Präsident der Ukraine und nicht Präsident der USA. Verstörend an der gesamten Posse ist vielmehr die wieder einmal sehr einseitige und weltfremde Reaktion des politisch-medialen Komplexes in Deutschland. Hier träumt man offenbar immer noch vom Endsieg der Ukraine und folgt dem Baerbock-Mantra „Wir werden die Krim-Annexion nie akzeptieren“ [https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-ukraine-mittwoch-274.html]. Für solche Sprüche erhält man sicher Applaus von der bellizistischen Blase auf X und der Rüstungslobby – konstruktive Folgen für die sicherheitspolitische Lage in Europa hat eine derart bockige Verweigerung der Realitäten jedoch ganz sicher nicht. Titelbild: bella1105/shutterstock.com[http://vg04.met.vgwort.de/na/71d73ab922c449fbba752deb61cb2e3f]

„Wir müssen „kriegstauglich“ werden und uns zugleich „friedenstüchtig“ für einen gerechten Frieden einsetzen“ [https://www.rundschau-online.de/welt/karfreitagsbotschaft-militaerbischof-overbeck-fordert-kriegstauglichkeit-1007411] – das sind aktuelle Worte von Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck. Mit dieser Aussage klingt der „Mann Gottes“ wie ein Politiker. Es ist an der Zeit, dem ehrwürdigen Bischof zu schreiben. Von Marcus Klöckner. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Lieber Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck, kennen Sie das 5. Gebot? Gewiss, Sie sind ein kluger Mann und erkennen sofort, dass diese Frage nur rhetorischer Art ist. Als ranghoher Gottesdiener kennen Sie jene Gebote, die, so sagt es unser Glauben, Gott Mose persönlich auf dem Berg Sinai übermittelt hat, aus dem Effeff. „Du sollst nicht töten“, lautet das 5. Gebot. Vielleicht – ich vermag das nicht zu sagen – spüren Sie diese innere Kraft, die diesem und den anderen Geboten zugrunde liegt. Mein Eindruck ist: Es ist gut, nach jedem der Zehn Gebote einen Punkt zu setzen und möglichst lange zu schweigen. Manche Zeitgenossen haben keinen Respekt vor den Geboten, gerade wenn es um Politisches geht. Schnell zaubern sie anstelle eines Punktes ein Komma aus dem Hut. „Ja, Komma, das mag ja so sein“, sagen Sie und führen fort: „Aber!“ Sie als „Mann Gottes“ sind sicherlich gut mit der immer wieder gerne ins Feld geführten Exegese, also mit der Auslegung der alt- und neutestamentlichen Texte vertraut. Je nachdem, wie Mensch es braucht, kennt die Kreativität der vorgeblich richtigen Auslegung von Bibelstellen bisweilen keine Grenzen. Doch lassen wir das mal beiseite. Reden wir über den Krieg. Reden wir über Kriegstüchtigkeit. Reden wir über Kriegstauglichkeit. Kurzum: Reden wir über Ihre Rede, oder genauer: Ihre Karfreitagsbotschaft. Sie haben sich in eine weitreichende politische Debatte eingeschaltet. In Ihrer Botschaft zum Karfreitag haben Sie gesagt: „Wir müssen ‚kriegstauglich‘ werden und uns zugleich ‚friedenstüchtig‘ für einen gerechten Frieden einsetzen.“ Wissen Sie, was der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gesagt hat? „Wir müssen kriegstauglich werden“ [https://www.rnd.de/politik/fdp-vize-kubicki-muessen-notfalls-die-wehrpflicht-wieder-in-gang-setzen-LZNRYN2FNNJUJG4LZQ7HQQU72U.html], so Kubicki im Dezember 2023. Haben Sie von den Worten unseres allseits sehr geschätzten Bundesverteidigungsministers Boris Pistorius gehört? Er redet vom „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“ [https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/bundeswehr-2024/556392/kriegstuechtig/]. Wissen Sie, wer in der bundesdeutschen Politik noch so ähnlich gesprochen hat? Sie haben recht! Lassen wir es mit dem Zitieren gut sein. In der heutigen Zeit formulieren es ja viele Politiker so: Kriegstüchtigkeit, um nicht in den Krieg zu müssen. Und dann ist da auch noch die Rede von der angeblichen „Zeitenwende“, von der Sie ja auch sprechen. Was ich Ihnen damit sagen möchte: Sie klingen wie ein Politiker. Und richtig: Das ist nicht gut. Gerne würde ich einen Bischof für seine großartige Botschaft loben. Nur: Wofür sollte so ein Lob im Hinblick auf Ihre Botschaft erfolgen? Sie vertreten die Auffassung, eine gesellschaftliche Akzeptanz müsse dafür aufgebaut werden, nach der „Friedenstüchtigkeit“ und „Kriegstauglichkeit“ kein Widerspruch seien. Sie finden, dass der Gebrauch der Begriffe „kriegstüchtig“ und „kriegstauglich“ schonungslos die Bedrohungslage offenlege. Die Realität dürfe aber nicht verweigert und die Bedrohungslage ignoriert werden. Der bloße Gebrauch von Begriffen soll an dieser Stelle schonungslos etwas „offenlegen“? Meinen Sie das ernst? Die Sprache in den Medien und die Sprache der Politik (was bisweilen eine Sprache ist) sind durchsetzt von Begriffen, die darauf abzielen, die Realität zu manipulieren. Vom Morgen bis zum Abend ist die Gesellschaft durch Medien einem Dauerfeuer an propagandistisch kontaminierten Begriffen ausgesetzt, die vorgeben, die Realität zu spiegeln. In Wirklichkeit zielen diese Begriffe aber darauf ab, in den Köpfen der Adressaten jene manipulierte Vorstellung von Realität zu erzeugen, von der sie vorgeben, sie abzubilden. Wäre es doch nur so einfach, dass allein schon der vielfache Gebrauch eines Begriffes zeigt, „was ist“. Dann – ja dann – könnten Sie so sprechen, wie Sie es getan haben. Doch so einfach ist es eben nicht! Edward L. Bernays, Walter Lippmann, Siegfried Kracauer, Noam Chomsky und noch so einige kluge Leute mehr haben sich mit dem Wesen und der Sprache der Propaganda auseinandergesetzt. Anzunehmen, dass allein schon der Gebrauch eines der wohl am politisch-propagandistisch kontaminiertesten Begriffe dieser Zeit, nämlich: „Kriegstüchtigkeit“, auch nur im Ansatz etwas von einer realen Bedrohungslage zeige, kommt einem Realitätsbruch gleich. Der Begriff Kriegstüchtigkeit legt nichts offen, er verschleiert. In den Sinnenklaven der ewig Kalten Krieger, wo der Feind grundsätzlich nur in Russland sitzen kann, mag die Vorstellung von der großen Bedrohung der Wirklichkeit entsprechen. Außerhalb ist die Realität eine andere. Beim Lesen Ihrer Aussagen habe ich mich gefragt: Wie kann ein so kluger, intelligenter und gebildeter Mann Derartiges sagen? Weiß ein Bischof nicht, dass es einen Unterschied zwischen Medienrealität und realer Realität gibt? Das fällt mir schwer zu glauben. Die Realität der Medien ist allein schon auf der einfachen Ebene eine konstruierte Realität. Was uns in der Berichterstattung vorgesetzt wird, basiert auf einem Akt der Konstruktion. Die Berichterstattung zeigt uns einen Ausschnitt aus dem, was „da draußen“ ist – das Gesamtbild kann sie nicht zeigen. Und das wirft große Probleme im Hinblick auf die präsentierte Wahrhaftigkeit auf. Ich will hier mit Ihnen gar nicht über die Grundlagen einer kritischen Medienbetrachtung sprechen, das würde den gesetzten Rahmen sprengen. Aber ist es wirklich so schwer zu verstehen, dass beim Thema Ukraine-Krieg auch die vermeintlich „Guten“ manipulieren? Gestatten Sie mir eine Frage: Woher nehmen Sie Ihre Auffassung, dass „wir“ angeblich einer „Bedrohung“ ausgesetzt sind? Aus der „Tagesschau“? Aus dem Spiegel? Aus Medien, die über „Massenvernichtungswaffen“ im Irak „berichtet“ haben? Geradeaus gesagt: Es gibt keine Bedrohung. Die Bedrohung durch Russland gleicht einem Phantasma. Haben Sie sich jemals gefragt, warum Russland „uns“ angreifen sollte? Europa besteht aus 450 Millionen Bürgern, während in Russland etwa 150 Millionen Menschen leben. Europa – ein Gebilde aus zahlreichen Kulturen, Mentalitäten, Sprachen. Haben Sie sich jemals überlegt, wie es konkret aussehen würde, wenn Russland Europa überfallen und unter seine „Knute“ stellen wollte? Allein schon sprachpraktisch und verwaltungstechnisch wäre es geradezu ein Unding. Vom Krieg nach dem Krieg, also entfachten Partisanenkämpfen, Aufständen usw. ganz zu schweigen. Glauben Sie mir: Russland ist froh, dass es, salopp gesagt, dieses Europa nicht an der Backe hat. Oder ziehen Sie in Betracht, dass Russland Europa vernichten will, vielleicht sogar atomar? Halten Sie Russland wirklich für so böse und so dumm obendrauf, dass es die NATO atomar angreift, Millionen von Menschen tötet und sich selbst der Gefahr einer völligen Zerstörung aussetzt? Sollten Sie das bejahen, empfehle ich: Konsumieren Sie bitte keine Medien mehr. Um Ihnen ein Stück entgegenzukommen: Eine Gefahr besteht tatsächlich. Es besteht die Gefahr, dass durch eine zunehmende und sich bereits jetzt schon verselbstständigende Politik der Konfrontation und des Feindbildaufbaus irgendwann tatsächlich ein Krieg entsteht. Von Paul Watzlawick stammt das Zitat: > Je mehr eine Nation sich von Nachbarn bedroht fühlt, desto mehr wird sie sich zur Verteidigung rüsten, und desto mehr wird die Nachbarnation ihre eigene Aufrüstung für das Gebot der Stunde halten. Der längst erwartete Krieg ist dann nur noch eine Frage der Zeit. Da ist etwas dran. Und gerade deshalb ist es wichtig, dass auch Bischöfe fundamentalkritisch die Medienrealität hinterfragen. Die Realität, mit der wir es zu tun haben, entspricht nicht der Realität eines billigen Western, wo die Bösen die schwarzen Hüte und die Guten die weißen Hüte tragen. Wenn sich schon ein Kirchenvertreter zum Thema Kriegstüchtigkeit zu Wort meldet, dann weiß er hoffentlich, seit wann die CIA in der Ukraine agiert und aus welchen Gründen. Und er versteht auch, was eine dreckige Tiefenpolitik ist. Um es offen zu sagen: In den Kirchenhierarchien gibt es sicherlich gute, anständige, weitherzige Menschen, die dem Wort Gottes folgen, es nicht weltanschaulich verseucht verstehen und versuchen, zum Guten hin zu wirken. Vor diesen Kirchenmännern und -frauen habe ich großen Respekt. In den Kirchen gibt es aber auch Drecksäcke, die Wasser predigen und Wein saufen. Es gibt Kirchenvertreter, die in der Coronazeit Ungeimpfte wie Aussätzige behandelt haben – dass Jesus Leprakranke aufgesucht hat, haben diese Leute wohl vergessen. Und es gibt Kirchenvertreter, die sich aus Gründen lieber mit der vorherrschenden Politik gemein machen, als sie in angebrachter Schärfe zu kritisieren. Ich weiß nicht, ob Bischöfe Musik hören, darauf wetten würde ich aber – wobei man als Christ natürlich nicht wetten sollte. Wenn auch Sie also Musik hören, haben Sie vielleicht schon mal das Lied mit dem Titel „Sei wachsam“ [https://www.youtube.com/watch?v=CdBo34ycvkw] gehört. Es stammt von dem Liedermacher Reinhard Mey. Darin heißt es: > Die Scharfmacher, die immer von der Friedensmission quasseln > Und unterm Tisch schon emsig mit dem Säbel rasseln? > Der alte Glanz in ihren Augen beim großen Zapfenstreich, > Abteilung kehrt, im Gleichschritt marsch, ein Lied und heim ins Reich! > „Nie wieder soll von diesem Land Gewalt ausgehen!” > „Wir müssen Flagge zeigen, dürfen nicht beiseite stehen!” > „Rein humanitär natürlich und ganz ohne Blutvergießen!” > „Kampfeinsätze sind jetzt nicht mehr so ganz auszuschließen.” > Sie zieh’n uns immer tiefer rein, Stück für Stück, > Und seit heute früh um fünf Uhr schießen wir wieder zurück! Dieses Lied handelt von Heuchlern, Pharisäern und Manipulateuren, es handelt von Politikern und, ja, auch von Vertretern Ihrer „Zunft“, von Bischöfen. „Wenn du erst lernst zu übersetzen, was sie wirklich sagen“, singt Mey, um dann anzumerken: „Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm: Halt du sie dumm, ich halt’ sie arm!“ Wäre Ihre Karfreitagsbotschaft vom Geist dieses Liedes inspiriert gewesen: Sie wäre ein Glanzstück geworden, mit dem sicherlich auch Ihr oberster Chef – Sie wissen: oben, ganz weit oben – sehr zufrieden gewesen wäre. Stattdessen baut Ihre Ansprache auf eine politische „Realität“, in der bis heute der Krieg in der Ukraine nicht als das bezeichnet wird, was er auch ist: ein Stellvertreterkrieg. Warum klagen Sie als Kirchenvertreter nicht die unfassbaren Ausgaben im Rahmen des politischen Großprojektes Kriegstüchtigkeit an, während vor den Suppenküchen im Land die Armen in der Schlange stehen? Warum prangern Sie nicht die Beschaffung und Lieferung von Panzern, Waffen und Munition an, die – und da gibt es nichts schönzureden – zum Töten von Menschen gemacht sind? Vielleicht entgegnen Sie, diese Ausführungen seien zu einseitig, weil mit den Waffen doch Menschenleben verteidigt würden. Falls dem so ist: Hören Sie bitte mit dergleichen auf. In allen Kriegen „verteidigen“ immer alle Seiten. Manche sprechen gar bei Angriffen von „Präventivverteidigung“. Überhaupt wollen auch alle immer nur den Frieden. Und selbst die, die den Krieg anfangen, ziehen nur für den „Frieden“ in die Schlacht. Bei einer Kirche, die sich nicht ausdrücklich gegen den politischen Wahnsinn der Hoch- und Aufrüstung ausspricht, entsteht der Eindruck, dass sie lieber mit „der Macht“ schwimmt als gegen sie. Das Letzte, was wir derzeit aber brauchen, ist eine Kirche, die versucht, der Politik Stellungshilfe bei der „korrekten“ Ausformulierung des eingeschlagenen Irrwegs zu bieten. Ob „Kriegstüchtigkeit“ oder „Kriegstauglichkeit“: Beide Ausdrücke bauen auf Prämissen, die einer kritischen Betrachtung nicht standhalten. Wir Christen sind der Wahrheit verpflichtet. Das ist bisweilen nicht immer leicht. Und was wirklich „die Wahrheit“ ist, das ist leider nicht immer ganz einfach herauszufinden. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“, sagte Jesus. Die Wahrheit liegt also nach dem christlichen Glauben bei Gott. Wo die Wahrheit hingegen allenfalls nur selten liegt, ist in der Politik und den Medien und im Krieg schon gar nicht. Diese Felder sind durchtränkt von Propaganda, Manipulation, Halbwahrheiten und Lügen. Und wer der Meister der Lüge ist, das wissen wir alle. Nichts für ungut. Mit Friedensgrüßen MK Anm. d. Red.: Die gesamte Predigt von Bischof Franz-Josef Overbeck, der katholischer Militärpfarrer für die Bundeswehr ist, findet sich als PDF-Datei auf dieser Seite [https://www.bistum-essen.de/pressemenue/artikel/bischof-ruft-an-karfreitag-zum-einsatz-fuer-frieden-menschenwuerde-und-demokratie-auf].[http://vg08.met.vgwort.de/na/8d190d15f80045888301284203418eb3] Titelbild: © KMBA / Hermann-Josef Lachnit

Die Lufthansa bildet Kampfpiloten aus, die Bahn will Panzer befördern, Rheinmetall schafft Umschlagplätze für Waffen. Die innere Militarisierung der Gesellschaft ist in vollem Gange. Auf rechtsstaatlich wackeligem Terrain verbünden sich Bundeswehr und Konzerne auf der Mission Kriegsertüchtigung. Richtig geheim ist das Treiben nicht, dafür aber gemeingefährlich. Von Ralf Wurzbacher. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Preisfrage: Was braucht die Deutsche Bahn am dringendsten? Dieselloks und Flachwagen! Nun ja, beides bräuchte sie wohl mit am allerwenigsten, lebten wir in normalen Zeiten. Tatsächlich ist das deutsche Schienennetz heute noch fast zur Hälfte nicht elektrifiziert [https://www.allianz-pro-schiene.de/themen/infrastruktur/elektrifizierung-bahn/], weshalb es vor allem Oberleitungen bedürfte und, zwecks Mobilitätswende, mehr Personenwagen zur Beförderung von Pendlern und Reisenden. Aber die Zeiten sind nicht normal und die Gedankengänge vieler Politiker und sogenannter Experten sind es auch nicht. Sie meinen, Deutschland müsse sich auf einen Krieg vorbereiten und die Bahn zügig in die Lage versetzt werden, in großer Zahl schweres Kriegsgerät und Soldaten zu transportieren. Als einer der besagten Experten firmiert hierzulande die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), eine „Denkfabrik“, deren Vertreter bei ARD und ZDF häufig und gerne die Welt erklären. Schon im Juli des Vorjahres war auf der Webseite der Organisation im Beitrag „Militärische Mobilität“ [https://dgap.org/de/forschung/publikationen/militaerische-mobilitaet] zu lesen, dass die DB über viel zu wenige Flachwagen verfüge. Zitat des Autors und DGAP-Analysten Jannik Hartmann: „Aufgrund der geringen Kapazitäten ist es nahezu unmöglich, schnell eine große Zahl von Panzern von und durch Deutschland in Richtung NATO-Ostflanke zu entsenden.“ Und gegenüber dem Handelsblatt (hinter Bezahlschranke) äußerte dieser Tage derselbe Hartmann: „Für den wahrscheinlichen Fall, dass das Stromnetz angegriffen wird, braucht die DB viel mehr Dieselloks als heute.“ Hauptschlagader zur Front Man bekommt beim Gesagten eine Ahnung davon, wohin das ganze Geld des per Grundgesetzänderung durchgeboxten Schuldenpakets im Umfang von 500 Milliarden Euro zur Instandsetzung der maroden Infrastruktur auch und vielleicht vor allem fließt: in die Kriegsertüchtigung von Schienen, Straßen, Brücken, Tunneln, Krankenhäusern und allem, was sonst noch in Schuss zu bringen ist, damit von deutschem Boden wieder geschossen werden kann. Aber nicht jeder dürfte bemerkt haben: Die Großmobilmachung ist bereits in vollem Gange. Im Handelsblatt-Artikel „Hilferuf der Bundeswehr“ vom vergangenen Dienstag wird dankenswerterweise in aller Offenheit rapportiert, was eigentlich streng geheim ist, weil eigentlich gar nicht rechtens. Der Text zeichnet unter anderem nach, wie die Deutsche Bahn in die Kriegslogistik eingebunden wird, die Lufthansa zur Ausbildung von Kampfpiloten beiträgt, private Spediteure Waffen und schweres Gerät an die Frontlinien verfrachten sollen, Straßen, Brücken und Häfen behördlich auf Belastbarkeit geprüft werden und Rheinmetall Umschlagplätze für Waffen, Munition und Treibstoff errichtet. All das läuft unter der Devise „Hilfe“, Hilfe für die deutsche Truppe, ihren Bündnisverpflichtungen im Rahmen der neuen NATO-Strategie „New Force Model“ [https://www.bmvg.de/de/aktuelles/nato-force-model-wie-deutschland-sich-ab-2025-engagiert-5465714] erfüllen zu können. Nach den Vorgaben, festgeschrieben im zum 1. Januar in Kraft getretenen „Operationsplan Deutschland“ [https://de.wikipedia.org/wiki/Operationsplan_Deutschland], muss die BRD ab 2025 im sogenannten Bündnis- und Verteidigungsfall innerhalb von 30 Tagen 35.000 Soldaten sowie mehr als 200 Schiffe und Kampfflugzeuge in Einsatzbereitschaft versetzen. In seiner Position als dann zentrale „logistische Drehscheibe“ hätte Deutschland außerdem die Verlegung und Versorgung auch ausländischer Truppenverbände zu erledigen, die Rede ist von 800.000 Mann, und wäre damit so etwas wie die Hauptschlagader zur Front. In der Grauzone Aber: Solange der Bündnisfall nicht ausgerufen wurde, gibt es für die deutsche Armee gar keine Befugnisse und Handhabe, die über Amtshilfe im Katastrophenfall nach Artikel 35 Grundgesetz hinausgehen. Deshalb schrieb etwa die Welt am Sonntag (hinter Bezahlschranke) Ende März, die Truppe bewege sich in einer „rechtlichen Grauzone“, wenn sie schon jetzt mit Unterstützung privater und staatlicher Unternehmen Strukturen aufbaut, um für den Tag X gerüstet zu sein. Allerdings ist die scheidende und kommende Bundesregierung bereits im Begriff, die Gesetzeslage an die neuen Realitäten anzupassen. So solle der fragliche „Operationsplan Deutschland“ um „zivile Beiträge im Sinne einer ‚gesamtstaatlichen Verteidigung’“ erweitert werden, heißt es im Artikel. Wegweisend dürfte dabei das von Spitzenmilitärs und Spitzenpolitikern erarbeitete „Grünbuch ZMZ 4.0“ (Zivil-Militärische Zusammenarbeit) [https://zoes-bund.de/wp-content/uploads/2025/03/250306_Gruenbuch_ZMZ_digital.pdf] sein, das Ende Januar veröffentlicht wurde. Darin ist im Licht eines Szenarios, wonach es 2030 zwischen Russland und der NATO zur kriegerischen Auseinandersetzung kommt, detailliert skizziert, wie Militärs und Zivilgesellschaft verschmelzen, um den Herausforderungen zu begegnen. Ein Punkt betrifft die medizinische Versorgung. Kalkuliert wird mit täglich „bis zu 1.000“ verletzten Soldaten, weshalb Zivilisten nur noch nachrangig behandelt werden könnten. „Hybride Bedrohungslagen“ Das „Grünbuch“ präsentiert auch die Lösung, wie sich ein zivil-militärischer Schulterschluss schon lange im Vorfeld eines heißen Konflikts juristisch beibiegen ließe. Der Schlüssel dazu ist das Konzept „hybride Bedrohungslagen“ in Gestalt von „Cyberangriffen“, „Desinformationskampagnen“ und „Sabotage/Spionage“ – alles Dinge, die der Westen vor allem Russland in die Schuhe schiebt, oft bar jedes Beweises. Jedenfalls empfehlen die Autoren die „Einführung eines eigenständigen Gesetzes zur Regelung Hybrider Bedrohungen“, während sie eine Verfassungsänderung wegen hoher Hürden und schwer abzuschätzender „staatsrechtlicher Implikationen“ als „kaum praktikabel“ einstufen. Aber vorerst fehlt das erforderliche Gesetz noch, und alle Aktivitäten der inneren Mobilmachung stellen faktisch einen Verfassungsbruch dar. Ganz egal. Schließlich stelle laut Handelsblatt in den deutschen Chefetagen niemand mehr in Frage, „dass den Streitkräften geholfen werden muss“. Und deshalb macht man es einfach – aus Patriotismus vielleicht, aber mehr noch, weil Kriegsertüchtigung ein fettes Geschäft verspricht, allein mit Blick auf deutsche Rüstungsausgaben, die in den nächsten zehn Jahren in die Billionen gehen könnten. Und die Bundeswehr ist dankbar. Bei logistischem Transport von Militärgütern und -material außerhalb von Krisengebieten greife man „fast ausschließlich auf zivilgewerbliche Leistungserbringer zurück“, zitierte die Wirtschaftszeitung das Operative Führungskommando. Selbst in Krisengebieten sei man „noch zu einem erheblichen Anteil“ auf die Dienste von gewerblichen Anbietern angewiesen. DB Gewehr bei Fuß Bei den vertraulichen Verhandlungen mit Privat- und Staatsunternehmen gehe es zunächst um „erste vorbereitende Gesprächsrunden“, berichtete das Handelsblatt, vieles sei „noch ungeklärt, die Themen hochsensibel“. Beispiele: Die Lufthansa soll die Grundausbildung der Kampfjetpiloten übernehmen. Die größte deutsche Airline trainiert schon heute auf dem Flughafen Rostock-Laage Drohnenpiloten der Bundeswehr. Aktuell führt das Bundesverteidigungsministerium Verhandlungen mit mehreren Herstellern von Angriffsdrohnen mit dem Ziel, das entsprechende Kampfarsenal deutlich auszubauen. Um sie zu steuern, bedarf es zunächst einer regulären Pilotenausbildung. Nur auf dieser Basis können Absolventen einschätzen, welche Auswirkungen vom Boden gesteuerte Manöver haben. Erst Anfang März hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr auf die engen Beziehungen zur Hardthöhe verwiesen und erklärt, auch das Thema Schulungen intensivieren zu wollen. Die Konzerntochter Lufthansa Technik unterhält inzwischen eigens einen Geschäftsbereich „Defense“, der sich künftig um die Instandhaltung von Kampfflugzeugen und Hubschraubern der Armee kümmern soll. Gewehr bei Fuß steht auch die DB. Im Berliner Bahntower sei man „vorbereitet“. Selbst Panzer mit 80 Tonnen Gewicht könne man „problemlos transportieren“, heißt es dort. Seit 2023 besteht ein Vorhaltevertrag mit der Frachtsparte DB Cargo, der die Bahn-Tochter verpflichtet, auf Abruf bis zu 343 Flachwagen sowie zwei tägliche Zeitfenster für Militärtransporte zu reservieren. Das jedoch reicht den Kriegsplanern nicht. Cargo biete nicht einmal ein Viertel der Kapazitäten, die im Ernstfall nötig seien, sagte jüngst Ben Hodges, Ex-Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, dem Branchendienst RailFreight.com (hinter Bezahlschranke). Sein Mantra: „Die Russen müssen sehen, dass wir Panzer und Haubitzen schneller bewegen können als sie.“ Transa bleibt deutsch Hartmann von der DGAP hat eine ganze Reihe an Ratschlägen parat, etwa den, bei der angelaufenen Generalsanierung von 40 Hochleistungskorridoren solche Routen zu priorisieren, „die als Militärkorridore genutzt werden können“. Ferner sollte die Bundesregierung in Absprache mit der DB „genügend Reservelokomotiven und -Anhänger reservieren“. Am dringlichsten wäre aber das Erreichen einer Kapazität „von 1.000 Flachwagen“. Außerdem müssten Militärtransporte auf Schienen und Straßen „unabhängig von Nachtfahrverboten oder Lärmschutzzonen“ durchgeführt werden können. Laut Welt am Sonntag laufen bereits Planungen für „konvertierbare ICE-Waggons, die als ‚Bettenwagen‘ dem Rücktransport von Verwundeten dienen sollen“. Für den Transport auf der Straße setzt die Bundeswehr unter anderem auf die Speditionen Quehenberger mit Sitz in Salzburg und Transa aus Offenbach, ein Hauptauftragnehmer, wie es heißt. Einst gehörte das Unternehmen zur DB-Logistiktocher Schenker, deren Veräußerung an den dänischen Konkurrenten DSV [https://www.nachdenkseiten.de/?p=121377] kurz vor dem Abschluss steht. Man darf annehmen, dass die Bundesregierung Transa als bedeutenden Militärdienstleister nicht verlieren wollte. Also hat man wohl den Laden rechtzeitig aus der Verkaufsmasse herausgelöst und 2022 unters Dach von DB Cargo verschoben. Öffentliche Debatte – sofort! Den Zuschlag für die Einrichtung sogenannter Convoy Support Center hat sich im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung Rheinmetall gesichert. Geplant sind laut Handelsblatt auf einem „geheimen Aufmarschkorridor von Westen der Niederlande bis nach Polen im regelmäßigen Abstand Raststationen zur Versorgung von Mensch und Material“. Die Düsseldorfer Waffenschmiede macht seit Beginn des Ukraine-Kriegs ein „Mordsgeschäft“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=130139] und war lange Zeit Börsianers Liebling. Allerdings verliert die Aktie seit mehreren Tagen an Wert. Hintergrund ist ein sich abzeichnender Deal Donald Trumps mit Moskau über einen möglichen Friedensschluss mit Kiew. So etwas kommt bei Investoren schlecht an. „Die innere Militarisierung schreitet voran – leise, systematisch, tiefgreifend“, konstatiert Arno Gottschalk auf seinem X-Account [https://x.com/ArnoGottschalk/status/1914939799049322670?ref_src=twsrc%5Egoogle%7Ctwcamp%5Eserp%7Ctwgr%5Etweet]. Er sitzt für die SPD in der Bremischen Bürgerschaft und zählt zu den noch wenigen „friedensbewegten“ Sozialdemokraten im Land. „Militarisierung ist keine Zukunftsvision – sie ist Gegenwart“ und „dringt tief ins zivile Leben ein – in Unternehmen, in Verwaltungen, in den Alltag“, führt Gottschalk aus. „Es ist höchste Zeit für eine kritische öffentliche Debatte.“ Titelbild: Andreas Wolochow/shutterstock.com[http://vg06.met.vgwort.de/na/19b02831ba70457ba417255f1c238f37]
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