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Die israelische Realität und der deutsche Mythos – Warum Deutschland ein anderes Israel verteidigt, als es existiert

Während sich Israel nach außen als westlich-demokratische Bastion präsentiert, verfestigt sich im Inneren ein autoritärer Block, der offen das Ende der säkularen Staatsordnung anstrebt. Gleichzeitig hält die politische Klasse Deutschlands nahezu unbeirrt an einem idealisierten Bild Israels fest. Dieses Idealbild erscheint nicht nur ritualisiert, sondern auch bewusst entkoppelt von der Realität israelischer Innenpolitik. Von Detlef Koch. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. 1. Die Weltuntergangs-Theokratie des Rabbi Ginsburg Am 22. Mai 2025 veröffentlichte die hebräische Ausgabe der israelischen Tageszeitung Haaretz einen Artikel, der – gemessen an seiner theologischen und gesellschaftspolitischen Sprengkraft – kaum übertroffen werden kann. Den Original-Text finden Sie unter diesem Link [https://archive.md/yI4Dy], eine Übersetzung finden Sie unter diesem Link [https://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/250522-Haaretz-Artikel-uebersetzung.pdf]. Im Zentrum steht eine Predigt des einflussreichen Rabbis Yitzhak Ginsburg, einem charismatischen Vordenker des messianischen Rechtsextremismus in Israel. Ginsburg entwirft in seinen Schriften und öffentlichen Ansprachen die Vision eines radikal-theokratischen Staates, der das bestehende säkular-zionistische Gemeinwesen nicht reformieren, sondern überwinden und ersetzen soll – durch eine Herrschaftsform, die sich ausschließlich auf die Halacha, das jüdische Religionsgesetz, stützt. Das Sprachbild, das Ginsburg zur Veranschaulichung dieses Ziels verwendet, ist ebenso bildstark wie verstörend. In seinem Vortrag vergleicht er den modernen Staat Israel mit einer Walnuss: Der heilige Kern – das „wahre Volk Israel“ – sei von vier unreinen „Schalen“ (Klippot) umgeben, die es mit Gewalt zu zerschlagen gelte. Diese Schalen stehen für zentrale Institutionen des säkularen Staates, also eines Staates, der Religion und Staat streng trennt: die Medien, das Rechtssystem, die Regierung und das Militär. Sie seien Ausdruck einer säkularen Ordnung, die dem göttlichen Plan widerspreche und daher beseitigt werden müsse. Am deutlichsten formuliert Ginsburg dies im Blick auf die israelische Armee. Diese sei zwar notwendig, müsse jedoch von „verdorbenen moralischen Werten“ gereinigt und in ein Instrument göttlicher Vergeltung überführt werden. Der säkulare Grundsatz der „Reinheit der Waffen“ – also das Gebot, Gewalt nur verhältnismäßig und moralisch gerechtfertigt anzuwenden – sei eine „falsche Doktrin“, die der göttlichen Ordnung zuwiderlaufe. Stattdessen fordert Ginsburg eine neue Generation von „Nussknackern“: einfache Juden, die sich nicht mehr an die Regeln der IDF binden, sondern sich dem göttlichen Willen unterwerfen und im Zweifelsfall selbst zu Vollstreckern der göttlichen Gerechtigkeit werden. Dass es sich bei diesen Ideen nicht um bloße Theorie handelt, belegt die parallele Veröffentlichung repräsentativer Umfragedaten. Einer im März 2025 erhobenen Studie zufolge befürworten 82 Prozent der jüdischen Israelis die Zwangsumsiedlung der gesamten Bevölkerung des Gazastreifens. Fast die Hälfte – 47 Prozent – stimmte der Aussage zu, es sei gerechtfertigt, bei der Eroberung feindlicher Städte alle Bewohner zu töten – eine direkte Anlehnung an das biblische Massaker in Jericho unter Josua. Diese Zahlen deuten auf eine tiefgreifende Radikalisierung breiter Teile der israelischen Gesellschaft hin – nicht nur an den Rändern, sondern im Zentrum. Ginsburgs Ideen finden nicht nur in militanten Siedlerkreisen wie der sogenannten Hilltop Youth[1] Widerhall. Sie beeinflussen auch nicht nur politische Akteure wie Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir, die hohe Ämter in der israelischen Regierung bekleiden und wiederholt Positionen vertreten haben, die sich direkt auf Ginsburgs Theologie der Vergeltung und der ethnischen Reinheit zurückführen lassen. Die „jüdische“ Bevölkerung ist von dieser „ethnischen Reinheit“ berauscht. Besonders brisant ist der Umstand, dass Ginsburg kein isolierter Außenseiter ist. Sein Lehrhaus „Od Yosef Chai“ in der Siedlung Yitzhar wurde zeitweise mit öffentlichen Mitteln gefördert, seine Publikationen erschienen mit Unterstützung staatlicher Institutionen. Obwohl er offen zur Untergrabung der israelischen Ethno-Demokratie[2] aufruft, genießt er in großen Teilen des religiösen Establishments Respekt – nicht wegen seiner Inhalte, sondern wegen seiner „konsequenten Prinzipientreue“. Diese Mischung aus Unterstützung durch offizielle Stellen, klaren Ideen und Zustimmung in der Gesellschaft macht seine Gedanken besonders gefährlich, weil sie wie berechtigt wirken. Die Vision, die Ginsburg entwirft, ist nicht nur eine theologische Abrechnung mit dem gezähmten zionistischen Projekt. Sie ist ein politisches Programm zur Ersetzung der bisherigen Ethno-Demokratie durch ein fundamentalistisches Gottesregime – inspiriert nicht zuletzt von der Islamischen Republik Iran, mit der Ginsburgs Konzept strukturelle Parallelen aufweist. Der Dritte Tempel in Jerusalem ist in dieser Vision nicht bloß ein religiöses Symbol, sondern das institutionelle Zentrum eines neuen jüdischen Gottesstaates, der das bestehende Israel ablöst – oder, in Ginsburgs Worten, „freilegt“. Diese Entwicklungen markieren eine historische Zäsur: Während sich Israel nach außen als westlich-demokratische Bastion präsentiert, verfestigt sich im Inneren ein autoritär-messianischer Block, der offen das Ende der säkularen Staatsordnung anstrebt. Ginsburg ist nicht ihr einziger Prophet – aber vielleicht ihr radikalster. 2. Wie Deutschland den israelischen Staat portraitiert – Mythen, Mantras und die Immunisierung gegen Kritik Während sich in Israel zunehmend ein autoritärer, ethno-religiöser Staatsumbau vollzieht, hält die politische Klasse Deutschlands nahezu unbeirrt an einem idealisierten Bild Israels fest. In Reden, Pressekonferenzen und offiziellen Stellungnahmen wird Israel regelmäßig als „einzige Demokratie im Nahen Osten“ gewürdigt, als „Rechtsstaat mit westlicher Wertebindung“ oder gar als „Schutzmacht gegen Antisemitismus“. Diese Zuschreibungen erscheinen nicht nur ritualisiert, sondern auch bewusst entkoppelt von der Realität israelischer Innenpolitik. Am 14. März 2025 etwa erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Premierminister Benjamin Netanjahu in Jerusalem: „Israel ist eine lebendige Demokratie und ein Staat, dessen Werte uns verbinden.“ Der Satz wurde von zahlreichen deutschen Medien aufgegriffen – nicht etwa kritisch, sondern zustimmend. Zwei Wochen zuvor hatte Außenministerin Annalena Baerbock im Bundestag Israel als „unseren engsten Partner in der Region und den einzigen Rechtsstaat“ bezeichnet – eine Formulierung, die angesichts der zeitgleich veröffentlichten Berichte über systematische Vertreibungen und Militärgewalt in Gaza keinerlei Verstörung hervorrief. Auch unter der neuen Regierung von Friedrich Merz blieb der rhetorische Grundton gleich. In einem FAZ-Interview vom 2. Mai 2025 betonte Merz: „Die Wertegemeinschaft mit Israel ist für Deutschland unverhandelbar.“ Was genau mit diesen „Werten“ gemeint ist – und ob sie mit der Realität eines Staates vereinbar sind, in dem Minister systematisch arabische Ortschaften auslöschen wollen und Justizreformen demokratische Kontrollmechanismen aushebeln –, bleibt ungesagt. Entscheidend ist nicht die inhaltliche Substanz, sondern der symbolische Akt der zustimmenden Beschwörung. Diese politische Rhetorik bleibt nicht folgenlos. Sie prägt auch den medialen Diskurs. Leitmedien wie die FAZ, die Welt, der Tagesspiegel oder das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem bedienen die immer gleichen Narrative: Israel als „Stabilitätsanker“, als „verlässlicher Partner“, als „pluralistische Gesellschaft unter Bedrohung“. Der Verweis auf Hamas, Terror, Raketen und „unsere historische Verantwortung“ dient dabei regelmäßig als argumentative Abrissbirne gegen jede Form von struktureller oder menschenrechtlicher Kritik an israelischer Politik. Auffällig ist, wie stark die deutschen Deutungsmuster entkoppelt sind von israelischen Selbstbeschreibungen und gesellschaftlichen Realitäten. Während in Israel selbst ein mehrheitlicher Teil der sich selbst als jüdisch verstehenden Bevölkerung offen rassistische, theokratische oder von Auslöschungssehnsucht beflügelte Positionen vertritt, wird in Deutschland die Vorstellung gepflegt, Israel sei trotz „innerer Polarisierung“ ein funktionierender Rechtsstaat mit intakter Gewaltenteilung. Dabei ist längst dokumentiert, dass zentrale demokratische Prinzipien – von der Gleichheit vor dem Gesetz bis zur Meinungs- und Pressefreiheit – in den besetzten Gebieten systematisch ausgeschlossen sind und auch innerhalb der Grünen Linie zunehmend ausgehöhlt werden. Dieser Widerspruch zwischen Realitätslage und politisch-medialem Narrativ lässt sich als strategische Immunisierung[3] gegen Kritik deuten. Wer in Deutschland Israels Systemcharakter in Frage stellt, läuft Gefahr, mit Antisemitismusvorwürfen überzogen zu werden – selbst wenn die Kritik sich explizit auf völkerrechtliche, menschenrechtliche oder innerisraelische Quellen stützt. Das ist kein Zufall, sondern Teil einer politischen Kommunikationsstrategie, die spätestens mit der offiziellen Übernahme der IHRA-Definition von Antisemitismus institutionell verankert wurde. Diese Definition – inklusive ihrer umstrittenen Beispiele zur Delegitimierung Israels – wird zunehmend als De-facto-Zensurmechanismus gegen palästinasolidarische, aber auch innerjüdische kritische Stimmen genutzt. So entstehen doppelte Auslöschungen: die Auslöschung der Realität vor Ort – durch ihre Ausblendung – und die Auslöschung abweichender Stimmen im Diskursraum – durch Ausgrenzung. Der deutsche Diskurs über Israel beruht somit auf einem moralpolitischen Dogma: Kritik ist nur erlaubt, wenn sie zustimmend bleibt. Wer dieses Dogma infrage stellt, gefährdet nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern zunehmend auch seine berufliche Existenz – wie zahlreiche Fälle von ausgeladenen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, diffamierten Künstlern und geächteten Journalistinnen belegen. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass selbst zentrale jüdische Kritiker des Zionismus – von Hannah Arendt über Yeshayahu Leibowitz bis zu Judith Butler – im deutschen Diskurs systematisch ignoriert oder umgedeutet werden. Ihre Positionen gelten als randständig, obwohl sie in Israel und in der jüdischen Diaspora eine lange Tradition repräsentieren. Die Gleichsetzung von Judentum und Zionismus, von Israelkritik und Antisemitismus schafft so nicht nur ein verzerrtes Bild des jüdischen Denkens, sondern untergräbt auch die pluralistischen Grundlagen des demokratischen Diskurses. In dieser Konstellation erscheint die deutsche Reaktion auf israelische Realität nicht als Ausdruck freundschaftlicher Loyalität, sondern als aktives Mitwirken an einer politischen Fiktion. Indem deutsche Regierungsvertreter Israel ungeprüft als Demokratie affirmieren, obwohl das Land systematisch nichtjüdische Minderheiten entrechtet, verschleiern sie nicht nur die wachsenden autokratischen Tendenzen, sondern machen sich auch mitschuldig an deren Legitimierung. Das ist ein Widerspruch: Ausgerechnet das Land, das sagt, es trage wegen des Holocaust eine besondere Verantwortung, unterstützt heute einen Staat, der mit dieser Begründung Gewalt gegen andere Volksgruppen rechtfertigt. Finde den Fehler! Wer sich dieser Dynamik entziehen möchte, muss die Frage stellen, ob das gegenwärtige deutsche Israel-Narrativ nicht selbst zu einem Instrument der Realitätsverweigerung geworden ist – und wie die Wahrheit über Israel in Verbindung mit dem politischen Zionismus in Deutschland ethisch vertretbar vermittelt werden muss. 3. Wie ist der Zionismus künftig zu bewerten – und was bedeutet das für Deutschlands moralische Position? Zionismus – ein Begriff, der in der deutschen Öffentlichkeit mit Judentum und somit mit historischer Schuld, kollektiver Loyalität und der Staatsräson der Bundesrepublik verschmolzen ist – bedarf dringend einer begrifflichen und politischen Revision. Denn der politische Zionismus des 21. Jahrhunderts hat mit der Emanzipationsbewegung des späten 19. Jahrhunderts, als deren gerechtfertigten Ursprung man ihn gern versteht, nur noch wenig gemein. Was einst als jüdische Selbstschutzstrategie in einer antisemitischen Welt begann, ist heute zur ideologischen Grundlage eines Staates geworden, der sich in weiten Teilen ethnisch exklusiv, theokratisch aufgeladen und völkerrechtlich rückwärtsgewandt verhält. Es ist ein Nationalismus, der nicht auf Gleichheit, sondern auf Unterschieden, nicht auf Einbeziehung, sondern auf Ausschluss beruht – gerechtfertigt durch eine religiös-ethnische Erzählung, die für Nichtjuden im „jüdischen Staat“ strukturell keinen gleichberechtigten Platz vorsieht. Die Gleichsetzung von Zionismus und Judentum zur Antisemitismusabwehr, wie sie insbesondere in der deutschen Politik zur Doktrin geworden ist, erscheint vor diesem Hintergrund nicht nur analytisch unhaltbar, sondern moralisch verwerflich. Sie immunisiert den Zionismus gegen jede Form gerechtfertigter Kritik – auch dann, wenn diese von jüdischen Stimmen selbst geäußert wird. Ilan Pappé, Shlomo Sand, Amira Hass, Gideon Levy, Yehuda Shaul, Breaking the Silence, B’Tselem, Rabbiner der Neturei Karta, jüdische Holocaustüberlebende in den USA – sie alle geraten in Deutschland unter Verdacht, wenn sie den Zionismus kritisieren. Das ist keine Debattenkultur, das ist Dogma. Eine ethisch fundierte Bewertung des Zionismus muss sich daher zunächst von der falschen Alternative emanzipieren, die da lautet: Entweder Zionismus gleich Judentum oder Antisemitismus. Diese Schwarz-Weiß-Logik verkennt, dass Zionismus geschichtlich wie gegenwärtig nicht nur eine Schutzideologie, sondern auch eine Gewaltordnung ist. Die Nakba von 1948, die systematische Vertreibung und Enteignung Hunderttausender Palästinenser, war keine bedauerliche Begleiterscheinung, sondern eine bewusste Strategie gebietsbeanspruchender Vorherrschaft – getragen von einem Siedlerkolonialismus, der seine Rechtfertigung aus dem zionistischen Gründungsmythos bezog. Heute zeigt sich der politische Zionismus in Form eines exklusiven Souveränitätsanspruchs, der auf ethnischer Überlegenheit und theologischer Unverhandelbarkeit beruht – ein Anspruch, der durch Siedlungsexpansion, Gesetzgebung, Staatsbürgerrecht und militärische Gewalt fortdauernd durchgesetzt wird. Und nicht nur in den besetzten Gebieten: Auch innerhalb der „Grünen Linie“ werden arabische Israelis systematisch benachteiligt – rechtlich, wirtschaftlich, institutionell. Vor diesem Hintergrund ist es dringend geboten, in Deutschland zwischen Judentum und Zionismus zu differenzieren. Diese Unterscheidung ist keine terminologische Spitzfindigkeit, sondern eine demokratische Notwendigkeit. Sie erlaubt, die berechtigte Sorge um jüdisches Leben und die berechtigte Kritik an einem völkerrechtswidrigen Staatsprojekt zugleich ernst zu nehmen. Sie verhindert die moralische Erpressung, in deren Namen palästinensische Rechte suspendiert, jüdische Dissidenten diffamiert und demokratische Diskurse unterdrückt werden. Aus dieser Neubewertung ergeben sich klare politische Konsequenzen: * 3.1. Keine automatische Gleichsetzung von Israelkritik mit Antisemitismus: Deutschland muss sich von der IHRA-Definition als politischem Kampfmittel verabschieden und stattdessen auf juristisch trennscharfe, kontextbezogene Antisemitismusdefinitionen zurückgreifen, wie sie etwa von jüdischen Organisationen wie Jewish Voice for Peace oder in der Jerusalem Declaration on Antisemitism entwickelt wurden. * 3.2. Ende der Diskurszensur in staatlichen und zivilgesellschaftlichen Räumen: Kritik an Israel und am Zionismus muss an Schulen, Universitäten, in der Kulturpolitik und in der Erinnerungskultur möglich sein – auch wenn sie radikal, provokant oder antinationalistisch formuliert ist. Nur dort, wo auch Dissens erlaubt ist, verdient eine Demokratie ihren Namen. * 3.3. Ausrichtung der deutschen Außenpolitik an Menschenrechten statt an Staatsräson: Militärische Zusammenarbeit, Rüstungsexporte und diplomatische Flankierung eines Staates, der unter permanenter Anklage wegen schwerster Menschenrechtsverbrechen steht, können nicht durch historische Schuld begründet werden – sie konterkarieren sie. * 3.4. Solidarität mit jenen Kräften, die in Israel selbst gegen Besatzung, Rassismus und Theokratie kämpfen: Der wahre Freund Israels ist nicht, wer seine Regierung bedingungslos unterstützt, sondern wer Israel darin unterstützt, eine Demokratie zu werden – auch gegen religiöse Extremisten wie Ginsburg und gegen deren parlamentarische Kollaborateure. Deutschland steht damit an einem moralischen Scheideweg. Entweder bleibt es Gefangener eines Narrativs, das den Zionismus sakralisiert und damit immunisiert – oder es wagt die politische Aufrichtigkeit, zwischen historischem Gedenken und gegenwärtiger Verantwortung zu unterscheiden; zwischen der Verteidigung jüdischen Lebens und der unbedingten Loyalität zu einem Staat, der sich zunehmend als autoritär, rassistisch und religiös-exklusiv geriert. Solange Deutschland die gewaltvolle, ethno-nationalistische Spielart des Zionismus als Ausdruck „westlicher Werte“ bestätigt, verrät es seine eigene demokratische Substanz. Glaubwürdigkeit beginnt dort, wo der Mut wächst, auch den „eigenen Freunden“ die Wahrheit zuzumuten. Ein Staat, der Menschen systematisch entrechtet, kann nicht zugleich als demokratisches Vorbild hofiert werden. Die politische und mediale Weigerung, diese Wahrheit zur Kenntnis zu nehmen, ist Ausdruck einer tiefgreifenden Legitimationskrise – nicht Israels, sondern Deutschlands. Glaubwürdigkeit in den universellen Menschenrechten beginnt dort, wo sich Täter und Opfer aus der Geschichte lernend gegenseitig im Ringen um diese Rechte ermahnen, wenn sie vom Pfad der Tugend abweichen. Ttielbild: Andy.LIU / Shutterstock ---------------------------------------- [«1] Hill Top Youth bezieht sich auf die Gewohnheit der Siedler, immer die Hügel in Palästina zuerst zu besiedeln. [«2] Eine Ethno-Demokratie ist ein Staat mit Wahlen und Parlament, bei dem aber eine Volksgruppe (hier zionistische Juden) bevorzugt wird. Andere Gruppen haben weniger Rechte. [«3] Ein Verhalten oder eine Taktik, bei der Kritik gezielt so abgewehrt wird, dass sie gar nicht mehr ernst genommen oder als unzulässig dargestellt wird – zum Beispiel, indem man Kritiker automatisch als voreingenommen oder feindlich hinstellt.

Ayer - 20 min
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SPD-Zukunftsprogramm: Schuften, bis der Arzt (zu spät) kommt

Arbeit macht glücklich und frei. Mehr davon, finden Union und SPD und holen zum Schlag gegen den Acht-Stunden-Tag aus. Drin sein sollen künftig bis zu 13 Stunden. Carpe diem – für Deinen Boss? Ach was, es geht darum, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Steht so im Koalitionsvertrag. Dumm nur, dass Soziologen, Ökonomen und Mediziner etwas anderes wissen, nämlich: Mit der Plackerei nehmen Krankheiten und Unfälle zu und die Produktivität ab. Schwamm drüber, denkt der Kanzler, und lässt die Putzfrau antanzen. Von Ralf Wurzbacher. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Manchmal wird aus heißer Luft eine heiße Schlagzeile. „Exklusiv. Die internationale Fleiß-Tabelle“, titelte vor knapp drei Wochen die Zeitung mit den vier großen Buchstaben. Der Beitrag behandelte eine „Analyse“ des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zum Umfang der hierzulande geleisteten Arbeitsstunden im Vergleich mit 26 anderen Industrienationen. Ergebnis: Die BRD rangiert an drittletzter Stelle. Die Botschaft: Die Deutschen sind faul. Die sogenannte Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Blätterwald, sämtliche namhaften Medien griffen sie auf. Nur eines erfuhr das Publikum nicht: Die ganze Aufregung entbehrt jeder Grundlage. Für die nötige Aufklärung hat die „Aktion gegen Arbeitsunrecht“ gesorgt. Dabei musste sie gar nicht lange recherchieren, um herauszufinden: Die viel zitierte Studie „existiert überhaupt nicht“ [https://arbeitsunrecht.de/die-deutschen-arbeiten-zu-wenig-angebliche-studie-des-iw-existiert-nicht-tagesschau-spiegel-korrigieren-online-berichte/]. Auf Anfrage erfuhren die Aktivisten beim IW: „Von uns kam am Sonntag nur eine Pressemeldung. In der Berichterstattung wurde daraus eine Studie. Nun ja.“ Auch das stimmt nicht. Denn es gab nicht einmal eine Pressemitteilung, sondern bloß eine „IW-Nachricht“ [https://www.iwkoeln.de/presse/iw-nachrichten/holger-schaefer-griechen-arbeiten-135-stunden-im-jahr-mehr-als-deutsche.html] vom 18. Mai mit der schneidigen Überschrift: „Arbeitszeiten: Griechen arbeiten 135 Stunden im Jahr mehr als Deutsche.“ Wenn schon die hitzegepeinigten Helenen fester ranklotzen als der deutsche Michel … Zahlensalat Jedenfalls nahmen die Dinge ihren Lauf, wie die Initiative auf ihrer Webseite schildert: „Die Nachrichtenagentur AFP machte aus der an sich belanglosen wie substanzlosen IW-Nachricht dann eine ‚Studie‘ und deutsche Leitmedien übernahmen das Gebräu offensichtlich ungeprüft – die meisten bis heute –, um eine Fleißdebatte zu entfachen, die auf längere Arbeitszeiten und einseitige Flexibilität zu Lasten von Lohnabhängigen und ihren Familien zielt.“ So funktioniert Kampagnenjournalismus. Nur fünf Tage davor hatte der Bundeskanzler das Thema beim CDU-Wirtschaftstag gesetzt: „Wir müssen in diesem Land wieder mehr und vor allem effizienter arbeiten“, polterte da Friedrich Merz (CDU). Die vermeintliche Expertise aus Köln kam da gerade recht, wenngleich sie nichts beweist. Grundlage ist ein Zahlensalat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Daten zu Voll- und Teilzeit, Überstunden, Schwarzarbeit und Selbstständigkeit vermengt und daraus einen Pro-Kopf-Wert an Arbeitspensum herleitet. Die OECD weist selbst auf die Limitierung des Materials hin, wobei gerade im Fall Deutschlands eine gewaltige Unwucht wirkt. Die hohe Teilzeitquote – am Montag vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fürs erste Quartal mit knapp 40 Prozent [https://iab.de/presseinfo/teilzeitbeschaeftigung-erreicht-neuen-hoechstwert/] beziffert – reißt den Durchschnitt nach unten. Svenja Flechtner, Juniorprofessorin für Plurale Ökonomik an der Universität Siegen, wittert Täuschung. Die Fokussierung auf ein sinkendes Stundenmittel sei „irreführend, denn sie suggeriert, dass die Deutschen fauler geworden seien und fleißiger werden müssten“, befand sie gegenüber den NachDenkSeiten und fügte hinzu: „Insgesamt arbeiteten die Deutschen vor zwei Jahren mit 55 Milliarden Stunden so viel wie nie zuvor.“ Zwölf Stunden malochen Die NachDenkSeiten hatten schon einmal vor einer Woche im Beitrag „Denkfaule Politiker. Knickt die Wirtschaft ein, muss der Deutsche arbeitsmüde sein“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133790] aufgezeigt, wie haltlos das Narrativ von den „arbeitsscheuen Deutschen“ ist. In Kürze: Es wird hierzulande mehr gearbeitet denn je. Es gab nie mehr Erwerbspersonen. Jährlich werden in Massen Überstunden geleistet, davon mehr als die Hälfte unbezahlt. Die Wirtschaftskraft bemisst sich an der Produktivität, den Lohnstückkosten, nicht an Arbeitszeiten. Studien belegen eine Kausalität zwischen Arbeitszeitverkürzung und höherer Produktivität bei mehr Wohlbefinden und besserer Gesundheit der Beschäftigten. Die fortschreitende Rationalisierung (Digitalisierung, KI) ersetzt sukzessive die menschliche Arbeitskraft. Bei wachsender Arbeitslosigkeit (offiziell fast drei Millionen Betroffene) wäre eigentlich eine gerechtere Verteilung von Arbeit geboten, etwa in Gestalt einer geregelten Vier-Tage-Woche. Alles egal. Die Bundesregierung verfolgt einen Plan. Sie will laut Koalitionsvertrag den Acht-Stunden-Tag kippen und durch „eine wöchentliche Höchstarbeitszeit“ [https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag2025_bf.pdf] nach dem Muster der EU-Arbeitszeitrichtlinie ersetzen. Danach darf die durchschnittliche Arbeitszeit für einen Sieben-Tage-Zeitraum die Marke von 48 Stunden einschließlich Überstunden nicht überschreiten. Ihre Begründung einer „besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ muss man Union und SPD nicht abnehmen. Tatsächlich erlaubt schon die bestehende Rechtslage „eine erhebliche Flexibilität“ [https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-arbeitstage-von-ueber-12-stunden-negative-folgen-fuer-gesundheit-und-vereinbarkeit-69376.htm], wie es in einer aktuellen Kurzstudie des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht (HSI) der Hans-Böckler-Stiftung heißt. So könne die Arbeitszeit „ohne Rechtfertigung auf bis zu zehn Stunden täglich ausgeweitet werden, wenn innerhalb von sechs Monaten ein Ausgleich erfolgt“. Außerdem bestünden zahlreiche tarifvertraglich festgelegte branchen- und tätigkeitsbezogene „Abweichungen und Ausnahmen“. Zum Beispiel sind deshalb in Krankenhäusern längere Arbeitszeiten als acht beziehungsweise zehn Stunden gang und gäbe. Zum Verbiegen flexibel Aber das reicht der Regierung nicht, so wenig wie den sie treibenden Kapitallobbyisten. Sie wollen die Menschen praktisch allzeit und nahezu unbegrenzt disponibel machen. Nach den Befunden der HSI-Forscher würde die Einführung einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit „faktisch nach Abzug der Mindestruhezeit von elf Stunden und der entsprechenden Ruhepause von 45 Minuten eine tägliche Höchstarbeitszeit von zwölf Stunden und 15 Minuten ermöglichen“. Dabei sei längst erwiesen, „dass Arbeitszeiten von mehr als acht Stunden die Gesundheit gefährden“. Langfristig komme es häufiger zu „stressbedingten Erkrankungen, sowohl zu psychischen Leiden wie vermehrtes Auftreten von Burn-out-Symptomatik, physischen und psychischen Erschöpfungszuständen, als auch zu körperlichen Erkrankungen, etwa Schlaganfälle, Diabetes und erhöhtes Krebsrisiko“. Zudem steige das Unfallrisiko ab der achten Arbeitsstunde „exponentiell“ an und seien Einsatzzeiten von über zehn Stunden „hoch riskant“. Man müsse „genau hinschauen, was mit ‚Flexibilisierung‘ gemeint ist“, bemerkte die Ökonomin Flechtner. „Für die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Freizeit ist flexible Arbeitszeiteinteilung besonders dann hilfreich, wenn man selbst beeinflussen und einteilen kann, wann Arbeitszeit erbracht wird.“ Davon sei im Koalitionsvertrag aber keine Rede. Die Abschaffung der täglichen Höchstarbeitszeit schaffe „eine andere Flexibilität, nämlich Schichten von bis zu zwölf Stunden“. Das könne für Betriebe attraktiv, „dürfte aber selten im Interesse der Beschäftigten sein“. Im Blick hat Flechtner auch die Situation von Eltern, Alleinerzieherinnen und Personen, die sich um Angehörige kümmern. Angesichts des bereits hohen Arbeitspensums von Menschen mit Betreuungs- und Pflegeverantwortung könne eine Erhöhung der Arbeitszeit „nur zulasten von Gesundheit, Kindern und Familien, partnerschaftlicher Arbeitsteilung und gesellschaftlichem Engagement gehen“. Jetzt schlägt‘s dreizehn Bezeichnend ist, dass ausgerechnet die SPD einmal mehr die Axt an eine zentrale Errungenschaft der Arbeiterklasse anlegt. Dabei schrecken deren Führer auch nicht vor grober Täuschung zurück. In der ARD sagte der designierte Generalsekretär Tim Klüssendorf am 18. Mai, es gehe um Flexibilität, die sich auch die Arbeitnehmer wünschten, um zum Beispiel „vier mal zehn Stunden zu arbeiten, dann habe ich den Freitag frei“ [https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-1467874.html]. Vorsicht Falle! Denn derlei ist schon auf Basis des geltenden Rechts möglich. Taro Tatura vom Hamburger Landesverband der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di stellte dazu in einem Gastbeitrag [https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191563.wochenarbeitszeit-massiver-angriff-auf-arbeitszeitgesetz-durch-union-und-spd.html] für neues deutschland (nd) fest: „Man will also mit Fällen, für die eine Änderung gar nicht notwendig ist, Akzeptanz für das Vorhaben schaffen.“ Tatsächlich greife die Koalition nicht den Acht-Stunden-Tag an, der sowieso keine Verbindlichkeit hat, sondern die schon heute möglichen zehn Stunden. Daraus drohten, so Tatura, demnächst bis zu 13 Stunden zu werden. Für manche Branchen wäre das natürlich attraktiv. Der Gewerkschafter macht das an Beispielen fest: So könnte im Einzelhandel künftig eine einzige Schicht eine komplette Öffnungszeit abdecken und eine Fabrik in nur zwei statt drei Schichten auf 24 Stunden kommen. Oder in der Gastronomie werde in der Hauptsaison zwei Monate lang 13 Stunden täglich geschuftet, in der Nebensaison dann zwei Monate lang 6,2 Stunden pro Tag. Am Ende stehe trotzdem ein Schnitt von 48 Stunden. Damit werde in Kombination mit der geplanten Steuerbefreiung von Mehrarbeitszuschlägen, gerade im Niedriglohnsektor, „eine über das gesunde Maß hinausgehende Ausbeutung befördert“, warnt Tatura. Auf dem Holzweg Aber selbst jene, die sich „Standortrettung“ mit sozialer Eiseskälte durch Mehrarbeit und Lohndrückerei erhoffen, sind auf dem Holzweg. „Eine Arbeitszeitderegulierung, die Erkenntnisse von Arbeitsmedizin und Arbeitsforschung ausblendet und an der sozialen Realität vorbeigeht, dürfte wirtschaftlich sogar kontraproduktiv wirken“, meint WSI-Fachfrau Amélie Sutterer-Kipping. Abseits der „fatalen Folgen“ für Arbeitnehmer stelle dies langfristig auch das Gesundheitssystem und Arbeitgeber „vor enorme Herausforderungen“. Obendrein wären weitere Rückschritte in puncto Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu befürchten. „Die Vorhersehbarkeit und Planbarkeit von Arbeitszeiten“ stellten hierbei wichtige Schlüsselfaktoren dar, und „es droht der Effekt einer weiteren Verringerung der Erwerbsarbeit gerade bei Frauen“. Feline Tecklenburg, Co-Vorstandsmitglied der Initiative „Wirtschaft ist Care“ (WiC), denkt einen Schritt weiter: „Die Annahme, dass Wohlstand auf bezahlter Arbeit beruht, ist so verkürzt wie altmodisch und führt zu dem Eindruck, soziale Tätigkeiten wären ein Luxus, der freundlicherweise von der Industrie mitfinanziert würde“, sagte sie den NachDenkSeiten. Es verhalte sich genau umgekehrt: „Nur durch die Unmengen an unbezahlt geleisteter Sorgearbeit kann in Deutschland gewirtschaftet werden.“ Das anzuerkennen, wäre angebracht, „aber nicht die arrogante Herablassung eines männlichen Millionärs, der im Zweifel noch nie viele Wochen am Bett einer Angehörigen verbracht hat und sicher nicht die eigene Wohnung putzt“, so Tecklenburg. Das ging an die Adresse des Bundeskanzlers. Endlich Klassenkampf? Und wer kümmert sich um Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) und dessen Kabinettsgenossen? „Spätestens mit diesem Vorstoß muss Schluss sein mit falscher Nachsichtigkeit der Gewerkschaften gegenüber der ehemals sozialdemokratischen SPD“, schrieb Tatura. „Ob im Betrieb, Parlament oder auf der Straße – diesen Angriff darf unsere Klasse nicht unbeantwortet lassen. Jede und jeder Abgeordnete, die oder der für diese Gesetzesänderung stimmt, ist unser Gegner.“ Man darf gespannt sein. „SPD buckelt vor kleinem Mann!“ Das wäre eine heiße Schlagzeile. Titelbild: Kittyfly/shutterstock.com[http://vg09.met.vgwort.de/na/494752d926d848898d53f2ff3feebc05]

07 jun 2025 - 13 min
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Wahlrecht absurd: Der Umgang mit dem BSW bleibt demokratiefeindlich und unfair

Abgeordnete konkurrierender Parteien können die durch starke Indizien gestützten Forderungen des BSW zu einer seriösen Klärung des Wahlvorgangs nach den gegenwärtigen Regelungen ganz einfach aussitzen. Und anscheinend haben sie genau das vor. Dieser Zustand ist demokratiefeindlich und unfair – er sollte unabhängig von der aktuellen und fragwürdigen Entscheidung des Verfassungsgerichts dringend überprüft werden. Ein Kommentar von Tobias Riegel. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hatte wegen starker Indizien bezüglich Unregelmäßigkeiten beim Wahlvorgang und angesichts eines historisch knappen Abschneidens unterhalb der fünf Prozent vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu diversen Aspekten geklagt, wie Medien berichten [https://www.tagesschau.de/inland/wahlen/bsw-bverfg-100.html]. Im Zentrum stehe der Vorwurf an den Bundestag, keinen sogenannten Rechtsbehelf eingeführt zu haben, um bei Zweifeln an der Richtigkeit des Wahlergebnisses umgehend eine Neuauszählung der Stimmen verlangen zu können. Dieser Vorwurf ist meiner Meinung nach berechtigt und die diesbezügliche Situation muss geändert werden. Nun seien die Klagen aber vom BVerfG „als unzulässig“ verworfen worden, so die ARD. Der EU-Abgeordnete des BSW Fabio De Masi stellt zur Einordnung der Entscheidungen des BVerfG auf X fest [https://x.com/FabioDeMasi/status/1930234472185626792]: „Es ging nur um die bereits per Eilantrag abgewiesenen Sachverhalte, ob bei knappen Wahlergebnissen ein schnelleres Wahlprüfungsverfahren geschaffen werden muss und ob die Reihung auf dem Stimmzettel zulässig war.“ Medienberichte, nach denen das BSW mit seiner Wahlprüfungsbeschwerde endgültig vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert sei, seien unzutreffend. Die folgenden Passagen aus einem Artikel der „Tagesschau“ [https://www.tagesschau.de/inland/bsw-wagenknecht-scheitern-bvg-100.html] machen deutlich, wie absurd und ganz offensichtlich inakzeptabel die bestehende Situation des Wahlrechts in den vom BSW angesprochenen Punkten ist: > „Allerdings verweisen die Richterinnen und Richter in Karlsruhe darauf, dass das BSW sich ja an das ‚übliche Wahlprüfungsverfahren im Bundestag‘ wenden könne. Doch da gibt es ein Problem. Denn mehr als drei Monate nach der Wahl gibt es noch immer niemanden, der sich im Bundestag für diesen Einspruch zuständig erklärt.“ Das BSW habe sich an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung gewandt. Doch von dort komme zurück: > „Zu Ihrem Anliegen kann ich mich als Vorsitzender des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung nicht äußern. Dieser Ausschuss führt zwar die Wahlprüfung im Titel, diese obliegt aber dem vom Plenum gesondert gewählten Wahlprüfungsausschuss.“ Demokratiefeindlich und unfair Es gebe also offenbar einen – wichtigen – Unterschied zwischen dem „Ausschuss für Wahlprüfung“ und dem „Wahlprüfungsausschuss“, so der Artikel. Die Pressestelle des Bundestages würde zudem mitteilen, dass sich alle Bundestags-Ausschüsse am 21. Mai konstituiert hätten, so auch der Ausschuss für Wahlprüfung. Den Vorsitz hat Macit Karaahmetoglu von der SPD. Der wiederum verweise aber auf den Wahlprüfungsausschuss (nicht Ausschuss für Wahlprüfung!), nur der sei für die Bewertung der Einsprüche zur Bundestagswahl 2025 zuständig – und: Dieser Ausschuss müsse erst noch vom Plenum gewählt werden, so die ARD. Der Ausschuss-Vorsitzende schreibt demnach weiter: „Der Wahlprüfungsausschuss wird dann abschließend dem Plenum des Deutschen Bundestages zu jedem Einspruch eine Beschlussempfehlung vorlegen. Das Plenum wird anschließend über die Beschlussempfehlung entscheiden.“ Gänzlich inakzeptabel ist aber dieser Zustand: Laut Wahlprüfungsgesetz gibt es „keine Frist für die Beratungen und die Abgabe einer Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses an den Deutschen Bundestag“. Im Klartext heißt das: Die durch starke Indizien gestützten und darum meiner Meinung nach absolut berechtigten Forderungen des BSW nach einer seriösen Klärung des Wahlvorgangs können durch Abgeordnete konkurrierender Parteien ganz einfach ausgesessen werden. Und es sieht schwer danach aus, als würden viele der momentan im Parlament sitzenden Politiker genau das vorhaben. Das ist, da es möglicherweise nicht illegal ist, demokratiefeindlich, unfair, ehrlos und ganz einfach skandalös. Eine Überprüfung der Unregelmäßigkeiten wäre selbstverständlich ergebnisoffen: Möglicherweise würden dadurch ja auch die Sorgen der BSW-Wähler eindeutig widerlegt, dass ihre Stimmen unberechtigt unter den Tisch fallen sollen. Aber Klarheit muss geschaffen werden – und das schnell! Dass sich auch Politiker gegen eine solche seriöse Klärung sträuben, die permanent vom hohen Stellenwert der Demokratie reden, macht den Vorgang noch aufreizender. Titelbild: penofoto / Shutterstock Mehr zum Thema: BSW ficht das Wahlergebnis an [https://www.nachdenkseiten.de/?p=132001] „Chancen sind da“ – O-Töne zum BSW-Einspruch gegen Ergebnisse der Bundestagswahl [https://www.nachdenkseiten.de/?p=132197] Neuauszählung der Bundestagswahl: BSW geht in die Offensive [https://www.nachdenkseiten.de/?p=130057] Das BSW sollte die Bundestagswahl überprüfen lassen [https://www.nachdenkseiten.de/?p=129712] [https://vg01.met.vgwort.de/na/f3ade80e38904a808139d5c6f9bfb67d]

06 jun 2025 - 5 min
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Wenn im deutschen Kulturradio eine Friedensforscherin durch Weglassen auffällt, um das angesagte Wertebasis-Weltbild zu verkaufen

Ein „Friedensgutachten“ wurde gerade auf der Bundespressekonferenz vorgestellt. Gleich vier Institute vereinten ihre Sichtweisen – vielleicht durchaus ein Grund, dass Medien die Bevölkerung in Kenntnis setzen. So auch der Deutschlandfunk. Bliebe es beim Informieren, wäre das gut. Würde das Gutachten – falls berechtigt – kritisiert, umso besser. Doch hörte sich das Gespräch beim Sender Deutschlandfunk Kultur an, als würde Politunterricht vom Feinsten präsentiert. Die zu Wort kommende Expertin glänzte mit einer Methode der Meinungsmache, dem Weglassen. Ein Zwischenruf von Frank Blenz. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. „Frieden retten! Aber wie? Vorstellung des neuen Friedensgutachtens“ – Politunterricht Der öffentlich-rechtliche Spartensender Deutschlandfunk Kultur hat ein Format namens „Studio 9“. Aus diesem wurde unter dem Titel „Frieden retten! Aber wie? Vorstellung des neuen Friedensgutachtens“ am 2. Juni 2025 ein Gespräch gesendet [https://www.deutschlandfunkkultur.de]. Diese Produktion empfand ich als weiteres Beispiel unter vielen, das zum unsäglichen Säbelrasseln der bellizistischen Dauer-Mobilmachung passt. Von wegen Aufklärung, von wegen progressives, öffentlich-rechtliches Vielfalt-Kulturradio. Sturm-Radio war das. Zu Wort kam, ausführlich und geradezu freundschaftlich in schöner Atmosphäre hofiert, Nicole Deitelhoff vom Leibniz-Institut. Die Expertin in Sachen Frieden (was sich mir schließlich nicht herstellte) konnte ohne Einspruch und unbequeme Zwischenfragen ausführen, dass die Lage auf der Welt erneut und fortgesetzt schlecht sei. Das tat sie, ohne Gründe oder Ursachen des Elends zu nennen. Sie warb derweil, dass das Mittel „Waffen“, also die fortwährende Aufrüstung zur Rettung des Friedens, letztlich alternativlos sei. Die guten alten Zeiten davor seien halt vorbei, liebe Mitbürger. Friedensforscherin Deitelhoff sprach geschickt wie selbstgefällig. Sie ließ bei ihren Formulierungen über die von ihr festgestellte „Notwendigkeit“ von Aufrüstung und der Ausbildung von Wehrhaftigkeit einen wesentlichen Fakt (und weitere) schlicht weg. Wie viele der umtriebigen Kriegstrommler verschwieg sie, dass die westliche Wertegemeinschaft schon lange vor der jetzt permanent beworbenen und sich durchsetzenden Militarisierung all die Jahre hochgerüstet und aggressiv war. Sie verschwieg ferner, dass die westliche Wertegemeinschaft über all die Jahre gezündelt und weiter aufgerüstet hat. Deitelhoff pochte darauf, dass die westliche Wertegemeinschaft gut und ehrbar sei. Die USA nannte sie gar „Pfeiler der Friedensordnung“ … Andere, für die Zuhörer sicher wichtige, interessante, meinungsbildende Informationen zum Thema Frieden, die Deitelhoff und ihre Expertenkollegen der vier Institute (die zudem „führend“ sein wollen) wohl in ihren internen Unterlagen vorrätig haben, ließ sie ebenfalls unter den Tisch fallen. Kein Wort war von ihr zu hören über die andauernde NATO-Osterweiterung, über alltägliche Vertragsbrüche des Westens, über Ursachen für Krieg und Vertreibung, über die arrogante wie anmaßende US-Sanktionspolitik (Pfeiler der Friedensordnung?). Sie benannte keine Ursachen und Wirkungen der Dauerkonfrontation des Wertewestens mit Russland und anderen Staaten, die nicht Marsch, Marsch in Reih und Glied beugsam vor der „wertebasierten Ordnung“ stehen. Ordnungskrieg – ein Unwort der Extraklasse Deitelhoff verstieg sich auf eine geradezu absurde Unterscheidung, Kriege zu betiteln und zu qualifizieren. Die einen, hier Russland, führten Krieg, der dann Angriffskrieg heißt. Angriffskrieg, Angriffskrieg, Angriffskrieg. Bei den USA heißt Krieg indes Ordnungskrieg. Man stelle sich vor, die USA haben also als Großmacht das Mittel und das Recht, „Weltordnungskriege“ zu führen, bei Bedarf eben auf dem ganzen Erdball – so, wie die Geschichte bis in die Gegenwart das aufzeigt. Das sei völlig okay für die Friedensforscherin, so fühlte sich ihr Reden über den großen Spieler USA an. Nun gut, der große Freund hinterm Atlantik bekam sein Fett ein wenig weg, wegen Donald Trump. Vorher bei all seinen Vorgängern war scheinbar alles gut. Von wegen ‚die USA ziehen sich zurück‘ Weil die USA sich aus der Rüstung zurückziehen – also aus der in Europa, wie Deitelhoff behauptete („… die wollen nicht mehr“) –, entstünde ein Vakuum, erfuhr der Zuhörer. Die Europäer müssten sich nun bald auf sich selbst verlassen, lautete der Tenor. Stark werden. Mit allem Drum und Dran. Früher waren, das sei hier nochmals gesagt, die USA ein Pfeiler einer „Friedensordnung“, die sie selbst in den 2000er-Jahren mit ihren „Weltordnungskriegen“ gefährdeten. Trumps Regierung als Garant der Weltordnung zöge sich nun in der Gegenwart leider zurück, erfuhr ich von Deitelhoff. Die Expertin des Leibniz-Instituts glänzte weiter durch Weglassen und Verschweigen. Sie drehte scheinheilig auf, als sie die US-Politik kritisierte (Grönland, Panama). Die Leibniz-Chefin befand jedoch besonders die „US-Anbiederung“ in Richtung Putin für nicht gut. Sie nahm sich nicht die Zeit, über Ursachen des Ukraine-Konflikts zu sprechen, kein Wort über die Zeit um 2014, die Einflussnahme der Ordnungsmacht der wertebasierten besseren Welt. Als Friedensforscherin kam ihr gar nicht in den Sinn, dass es nun vielleicht gar nicht um Anbiederung gehe und schon gar nicht um das Gegenteil – also um die Konfrontation. Es könnte derzeit vielleicht doch ein wenig um Diplomatie, um Annäherung, um alles andere als Eskalation von Gewalt in allen Ausprägungen gehen. Wäre dem so, was wäre dagegen einzuwenden? Deitelhoff schlussfolgerte, ganz Expertin über das Motiv der Amis betreffs eines Kriegsendes in der Ukraine: > Sie wollen nur, dass der Krieg endet, um wieder Geschäfte mit Putin machen zu können. > (Quelle: DLF [https://www.deutschlandfunkkultur.de/frieden-retten-aber-wie-vorstellung-des-neuen-friedensgutachtens-100.html]) Doch – wie kann man von Rückzug und Desinteresse der Amerikaner reden und so etwas unwidersprochen (vom DLF-Personal) ins Mikrofon hauchen, obwohl in Wahrheit die USA allein in Deutschland über 70.000 Mann stationiert haben und auch in anderen europäischen Staaten die Welt mächtige, anmaßende US-Präsenz in Personenstärke und mit US-Basen Realität ist? Dass Deutschland eine US-Drehscheibe militärischen Handelns ist, dass bald neueste Waffen stationiert werden sollen, auch davon war keine Rede im Kulturradio; davon, dass die Amis weiter militärisch im Osten heftig mitmischen, auch nicht. Vielleicht steht im Friedensgutachten von 2026 oder 2027 etwas darüber drin. Möglich ist vielleicht auch, dass dereinst von Deitelhoff und Co. die künftig weiter fortgesetzte Hochrüstung (für den Frieden und nur für den Frieden), na klar, fachlich distanziert und qualifiziert als alternativlos richtig gesehen wird. Das Aufatmen der Friedensforscher, dass die Amis wohl doch nicht aus Europa verdufteten und im Besonderen Deutschland als ewige Drehscheibe ihres militärischen Handelns hegen und pflegen, höre ich jetzt schon. Bei so was atmet aber kein wirklicher Forscher für Frieden auf. Entmenschlichung des Krieges – Entmenschlichung auch ganz ohne Krieg Im Gespräch kam die These zur Sprache, dass es Frieden nur noch durch mehr Waffen gäbe. Tagein, tagaus wird das dem Bürger ja eingetrichtert. Deitelhoff sagte und warb erneut für das Rüsten (bei aller Liebe zum Dialog): > Nicht nur …, sondern auch durch Waffen … Was wir sagen wollen … Wir können uns nicht länger darauf ausruhen zu sagen, wir wollen mit den Waffen nichts zu tun haben und wir wollen stattdessen allein auf Gespräche setzen … > (Quelle: DLF [https://www.deutschlandfunkkultur.de/frieden-retten-aber-wie-vorstellung-des-neuen-friedensgutachtens-100.html]) Deitelhoff vergaß dabei, dass mehrere Jahre das Wort Dialog für Politiker der Wertebasis ein Fremdwort war. Sie klagte dann etwas über die Entmenschlichung der Kriege, über Kriegsverbrechen, über das Nichteinhalten von Konventionen. Ich staunte und protestierte am Rundfunkgerät: Der Krieg selbst ist schon entmenschlicht, den Gegner zum Feind erklären, ist entmenschlichend, Aufrüsten in dem Maße wie zurzeit ebenso. Wenn gleich vier Institute sich des gleichen Themas annehmen, sollte den Fachleuten schon ins Blickfeld geraten sein, dass gerade die Akteure aus den Kreisen der westlichen Wertegemeinschaft zunehmend auf Regeln pfeifen. Krisen und Kriege werden heraufbeschworen, Flüchtlingsströme in Kauf genommen, Grenzen abgeschottet, die Ostflanke verstärkt, Landminen-Verbotsverträge für nichtig erklärt. Wenn mehr und mehr Mittel, Ressourcen, Ideen, Personal, Bevölkerung der Militarisierung zugeführt werden, schreitet doch tatsächlich eine perfide Form von Entmenschlichung voran. Weil das Zivilisatorische, all die Erkenntnisse, Errungenschaften, die Schätze unseres Menschseins zur Disposition stehen. Soll Krieg geführt werden, um den Frieden zu erlangen? Solche Gutachten gehören in den Reißwolf und nicht auf den Tisch der Bundesregierung Wer hat das „Friedensgutachten“ eigentlich erstellt? Vier – sich selbst sehr wichtig schätzende – deutsche Institute sind es, die sich, so Eigenwerbung, im Bereich Friedens- und Konfliktforschung einsetzen: das Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC), das Peace Research Institute Frankfurt – Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung (PRIF), das Institut für Entwicklung und Frieden (Inef) sowie das Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH). So also erscheint jährlich ihr Gutachten, in dem aktuelle Konfliktanalysen, Trends der internationalen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik zu lesen sein sollen. Und ja, man wolle damit der Bundesregierung Empfehlungen geben. NachDenkSeiten-Autor Bernhard Trautvetter hat in seinem Beitrag vom 4. Juni 2025 treffend beschrieben, dass das Dokument eben kein Friedensgutachten, eine Schrift für den Frieden, die Verständigung, die Abrüstung und Deeskalation ist, sondern: > Die konfliktsteigernde Orientierung des Dokuments wird noch gefährlicher – und zwar mit der Ankündigung, Europa (womit die Autoren unausgesprochen nur die NATO-Staaten Europas meinen) müsse gegebenenfalls auch gegen die USA kämpfen können. Hier das entsprechende Zitat aus dem Text: > > „Und dies muss in einer Weise geschehen, dass Europa auch ohne oder sogar gegen (!) die USA verteidigungsfähig ist.“ (S. 6) > > Die Forscher, die für vier Institute zur „Friedens- und Konfliktforschung arbeiten und die ihre Studie 2025 im offiziellen Rahmen der Bundespressekonferenz präsentierten, plädieren einerseits für das, was sie ‚regelbasierte Ordnung‘ nennen, und zugleich auch für eine militärische Kooperation mit Staaten, die nicht die demokratischen Werte der Staaten der EU und Großbritanniens teilen, die aber gleiche Interessen verfolgen (S. 39); das bedeutet, ihnen und ihren Auftraggebern in der Politik geht es nicht um Demokratie, nicht um die Werte, die im Grundgesetz festgeschrieben sind, sondern es geht ihnen vor allem um Machtinteressen bei der Aufteilung der Welt. > > (Quelle: NachDenkSeiten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=133971]) Dazu passt: DLF-Kulturradio Podium für solche Experten Unser öffentlich-rechtlicher Rundfunk ist breit aufgestellt, vielfältig und vielschichtig, möchten und dürfen all die Zuhörer berechtigt annehmen. Doch, wie die Geschichte der Frau Deitelhoff via Deutschlandfunk Kultur zeigt, ist fortwährend zu erleben, dass eine ständige Grundstimmung über den Äther schwingt, um den Bürgern den politisch vorgegebenen Mainstream, die Stoßrichtung, um es etwas militanter auszudrücken, einzuflößen. Anstatt den Schwindel aufzudecken, deckt man ihn. Stichwort „Frieden retten!“. Was bleibt dem Bürger übrig? Er sorgt für eigene Aufklärung, Recherche, macht sich einen Kopf ganz nach Albrecht Müllers Worten: Glaube wenig, hinterfrage alles, denke selbst. Fündig wurde ich bei der Zeitung junge welt. Ähnlich geartete Sätze fand ich in Mainstream-Gazetten nicht, hier schon: > Vom Etikett soll man sich nicht täuschen lassen. Unter dem alarmierenden Titel »Frieden retten!« sprechen sich deutsche Friedensforschungsinstitute für Aufrüstung und militärisches Lückenstopfen aus. Vier dieser rein dem Namen nach an weniger Kriegstaumel interessierten Institute haben am Montag in Berlin ihr aktuelles »Friedensgutachten« vorgestellt. Christopher Daase vom Leibniz-Institut für Friedens- und Konfliktforschung in Frankfurt am Main warb in der Bundespressekonferenz entschieden für eine »operative Stärkung der europäischen Verteidigung«. »Tatsächliche Verteidigungslücken« müssten geschlossen, die »europäische« Rüstungskooperation »vorangetrieben werden«. Die vier für das Gutachten verantwortlichen Institute sprächen sich für die »vorübergehende Aufnahme von Schulden« aus, um dieses Ziel zu erreichen, sagte Daase. > > (Quelle: junge welt [https://www.jungewelt.de/artikel/501212.friedensgutachten-2025-handreichung-für-kriegskurs.html]) Titelbild: Screenshot Phoenix

06 jun 2025 - 15 min
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75 Prozent der Bundesbürger für Stopp von Waffenlieferungen an Israel – Bringt das Kanzler Merz zum Umdenken?

Laut einer aktuellen repräsentativen Forsa-Umfrage sprechen sich 75 Prozent aller Bundesbürger wegen des Vorgehens in Gaza gegen weitere Waffenlieferungen nach Israel aus, darunter auch 71 Prozent der CDU-Wähler. Die NachDenkSeiten wollten vor diesem Hintergrund wissen, ob dies ein gesellschaftliches Stimmungsbild ist, das dem Kanzler bekannt ist und ihn zum Nachdenken bringt, was seine bisherige positive Haltung zu weiteren Waffentransporten nach Israel angeht. Zudem kam das Thema der völkerrechtlichen Verantwortung der Bundesregierung für das derzeit im Mittelmeer befindliche Frachtschiff HC Opal auf, welches nach aktuellem Stand einem deutschen Schifffahrtsunternehmen gehört, in Deutschland registriert ist und 23 Container mit RDX- und TNT-Sprengstoffen sowie Zündern und Raketenmotoren zum Bau von Luft-Boden-Raketen und Bomben nach Israel transportiert. Von Florian Warweg. Dieser Beitrag ist auch als Audio-Podcast verfügbar. Hintergrund: Wenn es nach den Bürgern ginge… Am 3. Juni veröffentlichte [https://www.stern.de/politik/deutschland/waffenexporte-nach-israel--die-meisten-deutschen-sind-dagegen-35774238.html] das Nachrichtenmagazin stern eine beim Meinungsforschungsinstitut Forsa in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage zu deutschen Waffenlieferungen nach Israel. Das Ergebnis ist laut stern klar: > „Wegen Israels Vorgehen in Gaza sind 75 Prozent der Deutschen dafür, Waffenlieferungen vorerst zu stoppen. Das ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag des stern. Nur 14 Prozent sind dafür, weiter Waffen aus Deutschland nach Israel zu exportieren. Elf Prozent äußern sich nicht. > > Unter den Anhängern der Parteien gibt es in der Frage der Waffenexporte keine großen Unterschiede: Alle sind mit großer Mehrheit für einen Lieferstopp. Vor allem die Wähler der Linkspartei (94 Prozent), der Grünen (78 Prozent), aber auch von AfD (77 Prozent), SPD (76 Prozent) und CDU/CSU (71 Prozent). Die Befürworter weiterer Waffenlieferungen finden sich noch am ehesten unter den Anhängern von SPD und Union. Aber auch dort sind es nur rund ein Fünftel.“ [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250606-Waffenlieferungen-Screen1.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250606-Waffenlieferungen-Screen1.jpg Nur einen Tag vor der Veröffentlichung hatte die Bundesregierung auf Anfrage der Linksfraktion bekanntgegeben [https://dserver.bundestag.de/btd/21/002/2100284.pdf], dass sie bis Mitte Mai 2025 Rüstungslieferungen nach Israel (vor allem Feuerwaffen, Munition und Spezialpanzer) in Höhe von rund einer halben Milliarde Euro (485.103.796 Euro) genehmigt hat. [https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250606-Waffenlieferungen-Screen2.jpg]https://www.nachdenkseiten.de/upload/bilder/250606-Waffenlieferungen-Screen2.jpg Diese von Deutschland nach Israel gesendeten Waffen werden nachweislich in Gaza eingesetzt. Ein konkreter Fall ist die von Deutschland an Israel gelieferte mobile Panzerabwehrwaffe „Matador“ (zu Deutsch „Schlächter“). Es gibt unzähliges verifiziertes Bildmaterial, welches den Einsatz dieser extra für den Einsatz im Häuserkampf entwickelten Mehrzweckwaffe gegen zivile Ziele in Gaza zeigt (die NachDenkSeiten berichteten [https://www.nachdenkseiten.de/?p=116346]). Déjà-vu im Mittelmeer: Deutsches Frachtschiff liefert Sprengstoff für Bombenbau in Israel Bereits im Oktober 2024 hatten die NachDenkSeiten über den Fall der „MV Kathrin“ berichtet und mehrmals in der BPK dazu nachgefragt (hier [https://www.nachdenkseiten.de/?p=123861] und hier [https://www.nachdenkseiten.de/?p=121352]) Das einer deutschen Reederei in Lübeck gehörende Frachtschiff, welches tonnenweise RDX-Sprengstoff für Raketen und Bombenproduktion an Israel liefern wollte, wurde in Folge von zahlreichen Ländern, darunter auch EU-Partnern wie Malta und Portugal, mit der Begründung sanktioniert, dass man nicht wegen Komplizenschaft bei einem Völkermord angeklagt werden will. Jetzt scheint sich dieses Szenario zu wiederholen. Die „HC Opal“ [https://gard.no/vessels/51394/], ein derzeit im Mittelmeer befindliches Frachtschiff [https://www.marinetraffic.com/de/ais/details/ships/shipid:365436/mmsi:305647000/imo:9377846/vessel:HC_OPAL], welches nach aktuellem Stand einem deutschen Schifffahrtsunternehmen gehört und in Deutschland registriert ist, soll 23 Container mit RDX- und TNT-Sprengstoff sowie Zündern und Raketenmotoren zum Bau von Luft-Boden-Raketen und Bomben in Israel transportieren. Antigua und Barbuda, der Flaggenstaat des Schiffes, hat erklärt, das Schiff dürfe keine Waffen und Rüstungsgüter nach Israel bringen. Daraufhin hat die „HC Opal“ laut Aussagen des jüdisch-israelischen Journalisten und Rüstungsexperten Dr. Shir Hever gegenüber den NachDenkSeiten seine GPS-Ortung ausgeschaltet und fährt derzeit „sozusagen schwarz“ durch das Mittelmeer mit Zwischenziel Zypern. Dr. Hever, der zudem für die BDS-Bewegung als „Koordinator der Waffenembargo-Kampagne“ tätig ist, führt zur Ladung des Frachtschiffs weiter aus [https://bdsmovement.net/news/bds-movement-denounces-global-complicity-ship-believed-be-carrying-military-materiel-israel]: > „Nachdem Israel schnell seine Munitionsvorräte aufgebraucht hatte und mit einem wachsenden Waffenembargo konfrontiert ist, hat die israelische Regierung angeordnet, [https://www.calcalist.co.il/local_news/article/sy311mirz0] dass israelische Rüstungsunternehmen inländische Produktionslinien für Granaten und Bomben einrichten – dafür benötigen sie die Rohstoffe, die mit der HC Opal geliefert werden. > > Die gesamte Ladung besteht aus Rohstoffen für die Herstellung von Artilleriegeschossen und Luft-Boden-Raketen und Bomben. Eine einzige MK84-Bombe kann ein ganzes Wohnhaus zerstören und ganze palästinensische Familien auslöschen. Viele dieser Bomben explodieren nicht, und die israelischen Streitkräfte benötigen neue Zünder, um die Tödlichkeit ihrer Waffen zu erhöhen.“ Vor diesem Hintergrund ist es recht aufschlussreich, wie Regierungssprecher Stefan Kornelius in der BPK (erfolgreich) versuchte, die Fragen zum Thema nur von ihm „beantworten“ zu lassen, und die fachliche Involvierung des Verkehrsministeriums (BMDV) verneinte. Dabei ist das Verkehrsministerium, der Name lässt es schon erahnen, natürlich bei Bundesbezug zuständig für das Thema zivile Seefahrt. Bei der letzten Frage der NachDenkSeiten zur schon erwähnten „MV Kathrin“ am 23. Oktober 2024 intervenierte das BMDV proaktiv auf Grund seiner (von Kornelius verneinten) Zuständigkeit und erklärte [https://www.nachdenkseiten.de/?p=123861]: > „Ich (BMDV-Sprecher Alexandrin) kann zum flaggenrechtlichen Teil vielleicht noch etwas ergänzen. Es ist so: Wenn ein Flaggenstaat beschließt, ein Schiff nicht mehr unter seiner Flagge zu führen, dann fällt es eben auf die jeweilige Flagge zurück, in dessen Staat sich der Eigentümer des Schiffes befindet. Deswegen erfolgte hier ein Wechsel zur deutschen Flagge.“ Auszug aus dem Wortprotokoll der Regierungspressekonferenz vom 4. Juni 2025 Frage Warweg Laut einer aktuellen repräsentativen Forsa-Umfrage sprechen sich 75 Prozent der Bundesbürger wegen des Vorgehens in Gaza gegen weitere Waffenlieferungen aus, darunter 71 Prozent der CDU-Wähler. Herr Kornelius, da würde mich interessieren: Ist dem Kanzler so ein gesellschaftliches Stimmungsbild bekannt, und wenn ja, bringt ihn das zum Nachdenken, was seine bisherige Haltung zu Waffentransporten nach Israel angeht? Laut aktueller Mitteilung der Bundesregierung haben diese bis Stichtag Mitte Mai fast eine halbe Milliarde Euro in Form von Waffen, Munition und Spezialpanzern betragen. Regierungssprecher Kornelius Die Position zu Exporten nach Israel hat sich nicht verändert. Sie wissen, dass es sich um Einzelfallentscheidungen handelt und wir diese stets prüfen. Diese Entscheidung muss im Licht des kompletten Rasters der Umstände getroffen werden. Die Einzelfallentscheidung erfolgt so präzise, dass sich der Bundeskanzler das im Detail vorlegen lässt. Die öffentliche Stimmung ist sicherlich kein Entscheidungskriterium für solche sehr prinzipiellen Entscheidungen. Zusatzfrage Warweg Wenn wir gerade beim Thema Waffentransporte sind: Die HC Opal, ein derzeit im Mittelmeer befindliches Frachtschiff, welches nach aktuellem Stand einem deutschen Schifffahrtsunternehmen mit Sitz in Hamburg gehört und auch in Deutschland registriert ist, soll 23 Container mit RDX- und TNT-Sprengstoffen sowie Zündern und Raketenmotoren zum Bau von Luft-Boden-Raketen und Bomben nach Israel transportieren. Der Flaggenstaat Antigua und Barbuda hat erklärt, das Schiff dürfe keine Waffen nach Israel bringen. Daraufhin hat das Schiff seine GPS-Ortung ausgeschaltet und fährt jetzt sozusagen schwarz durch das Mittelmeer mit Zwischenziel Zypern. Vor diesem Hintergrund würde mich grundsätzlich interessieren: Welche völkerrechtliche Verantwortung trägt die Bundesregierung, wenn eine deutsche Reederei gegen den Willen des Flaggenstaates ein Schiff mit Sprengstoff und weiteren Rüstungsgütern nach Israel losschickt? Kornelius Der Vorgang ist mir nicht bekannt; deswegen kann ich daraus momentan auch keine Verantwortung ableiten. Ich kann das gerne prüfen. Zusatz Warweg Ich hätte Sie auch gar nicht gefragt, sondern im Zweifel das Auswärtige Amt und das Verkehrsministerium. Vorsitzende Buschow Kann ein anderes Haus ergänzen? – Das sieht im Moment nicht so aus. Kornelius Ich glaube, das Verkehrsministerium ist für völkerrechtliche Konsequenzen, nach denen Sie gefragt haben, der falsche Ansprechpartner. Zuruf Warweg Das überlassen Sie bitte mir. Wir hatten ja den Eindruck – – – Kornelius Ich wollte Ihnen nur helfen bei der Entscheidungsfindung auf Ihre Frage. Titelbild: Screenshot NachDenkSeiten, Bundespressekonferenz 04.06.2025 Mehr zum Thema: Vogel-Strauß-Taktik der Bundesregierung: Von Deutschland gelieferte Kriegswaffen im Einsatz gegen zivile Ziele in Gaza [https://www.nachdenkseiten.de/?p=116346] Israel tötet und verletzt derzeit laut UNICEF 100 Kinder pro Tag in Gaza – Warum schweigt die Bundesregierung? [https://www.nachdenkseiten.de/?p=131202] Historische Bundespressekonferenz: „Deutschland muss sich als Mittäter an den Reparationszahlungen für Gaza beteiligen“ [https://www.nachdenkseiten.de/?p=125587] Transport von RDX-Sprengstoff nach Israel durch deutsches Schiff sorgt international für Empörung [https://www.nachdenkseiten.de/?p=123861] [https://vg04.met.vgwort.de/na/0d1785e7860943989e7f3e16c226d4b1]

06 jun 2025 - 10 min
Soy muy de podcasts. Mientras hago la cama, mientras recojo la casa, mientras trabajo… Y en Podimo encuentro podcast que me encantan. De emprendimiento, de salid, de humor… De lo que quiera! Estoy encantada 👍
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