
SWR2 Kultur Aktuell
Podcast de SWR
Welche Bücher sind neu, was läuft im Kino, wie sieht die Festivalsaison aus und worüber diskutieren Kulturwelt und Kulturpolitik? Im Podcast SWR Kultur Aktuell widmen wir uns täglich den Nachrichten, mit Hintergründen, Gesprächen, Kritiken und Tipps. Damit Sie nichts Wichtiges mehr verpassen! Zur Sendung in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/swr2-kultur-aktuell/12779998/
Disfruta 30 días gratis
4,99 € / mes después de la prueba.Cancela cuando quieras.
Todos los episodios
9503 episodios
Tagebücher sind keine Spiegel der Seele, sagt der Tagebuchforscher Dr. Janosch Steuwer vom NS-Dokumentationszentrum Köln. Diese Vorstellung sei veraltet. Spannend seien sie deswegen, weil sie aus den historischen Umständen ihrer Zeit entstehen und damit einen ganz anderen Blick auf die Geschichte bieten als den distanzierten der heutigen Zeit. Das Nationalsozialismus-Dokumentationszentrum Köln hat es sich zur Aufgabe gemacht, Zeugnisse und Lebensgeschichten aus der NS-Zeit zu bewahren und zu sammeln. Tagebücher als Zeitdokumente würden sich oft mit Fragen beschäftigen, die sich von der modernen Perspektive unterscheiden. „Wir blicken ja immer auf Geschichte zurück im Wissen darum, was daraus geworden ist“, so Steuwer. TAG DES TAGEBUCHS ERINNERT AN ANNE FRANK Der Welttag des Tagebuchs wird alljährlich am 12. Juni begangen, dem Geburtstag von Anne Frank (1929 - 1945). Das jüdische Mädchen bekam zu ihrem 13. Geburtstag am 12. Juni 1942 ein rot kariertes Tagebuch geschenkt. Wenige Wochen später musste ihre Familie ein Versteck im Hinterhaus der Prinsengracht 263 in Amsterdam beziehen, um sich vor dem Zugriff der Nationalsozialisten zu retten. In ihrem Tagebuch dokumentierte Anne Frank das Leben im Versteck. Am 4. August 1944 wurde das Versteck entdeckt. Anne Frank wurde im Frühjahr 1945 im KZ Bergen-Belsen ermordet.

SWR Kultur Musikredakteur Fabian Elsäßer schließt sich dem Geniekult an: Wilson habe als einer der ersten erkannt, dass Alben als Konzept funktionieren, also mehr sein können als eine bloße Aneinanderreihung von Songs. Sein Ansatz, Alben als in sich geschlossenes erzählerisches und dramaturgisches Werk zu sehen, sei sehr zukunftsträchtig gewesen, so Elsäßer. Auch dürfe Wilson als einer der ersten „Autoren-Produzenten“ gelten: als Musiker, der die Hoheit über seine Musik und seine Aufnahmen haben wollte. Dabei habe Wilson auch gemerkt, dass man ein Tonstudio mit seinen vielfältigen Möglichkeiten wie ein Musikinstrument benutzen kann, sagt Elsäßer. Wilsons besonderes Gespür für Melodien und Arrangements zeige sich in Erfolgs-Songs wie „Good Vibrations“ oder „California Girls“: mit einem ungestümen Vorwärtsdrang, hinter dem sich Komplexität und Widerspenstigkeit verberge.

Und wieder steht ein Akteur aus der Pflanzenwelt im Zentrum des Geschehens. Nach „Der Fluch der Muskatnuss“ [https://www.swr.de/swrkultur/literatur/amitav-ghosh-der-fluch-der-muskatnuss-100.html]widmet sich der indische Romancier und Essayist Amitav Ghosh in seinem neuen Buch dem Schlafmohn und damit einer der wirkmächtigsten Pflanzen der Menschheitsgeschichte. OPIUM ALS STÜTZE DES BRITISCHEN KOLONIALREGIMES In „Rauch und Asche“ beleuchtet Ghosh die kolonialen Hintergründe der Opiumerzeugung in Indien und beschreibt, wie Großbritannien den chinesischen Markt im 18. und frühen 19. Jahrhundert illegal mit dem verderbenbringenden Handelsgut überschwemmte, um sein Handelsdefizit auszugleichen. > Es gibt möglicherweise keine Wirtschaftspolitik, die jemals erfolgreicher umgesetzt worden ist als das Opiumprogramm des britischen Empire. Genau wie geplant lösten diese Maßnahmen innerhalb weniger Jahrzehnte das Zahlungsbilanzproblem der East India Company: Anstatt dass riesige Silbermengen von England nach China flossen, bewegten sich nun massenhaft Goldbarren in die andere Richtung. > > > Quelle: Amitav Ghosh – Rauch und Asche OPIUMGELD FÜR AUFBAU VON US-INFRASTRUKTUR Nicht nur die Briten profitierten vom Opiumschmuggel. Rasch nach der Unabhängigkeitserklärung stiegen auch blutjunge US-amerikanische Kaufleute in den chinenischen Drogenhandel ein. Nach ihrer Rückkehr aus Kanton investierten diese „Brahmanen von Boston“ ihre kolossalen Gewinne in die entstehende Industrie und in die Eisenbahn. Sie gründeten und finanzierten Schulen, Bibliotheken und Krankenhäuser. > Im Wesentlichen hatte der Kolonialismus eine Machtstruktur geschaffen, der zufolge die aus Europa kommenden Eliten und ihre Verbündeten unter den europäisch stämmigen Diasporagruppen eine derart absolute Vorherrschaft genossen, dass es tugendhaften jungen Amerikanern möglich war, in fernen Ländern Verbrechen zu begehen, mit sauberen Händen in ihre Heimat zurückzukehren und sich dort als Helden für ihre Rolle beim Aufbau der amerikanischen Wirtschaft feiern zu lassen. Mit anderen Worten, sie konnten mithilfe des weltweiten Kolonialismus das verwirklichen, wonach Drogenbarone wie Lucky Luciano und Pablo Escobar sich immer gesehnt hatten: endlich »legal« zu werden. > > > Quelle: Amitav Ghosh – Rauch und Asche FOKUS AUF VERLIERER DES UNGLEICHEN „HANDELS“ Hier klingt an, wo Ghoshs Sympathien beheimatet sind. Er interessiert sich für die Verlierer dieses ungleichen, mit Waffengewalt durchgesetzten „Handels“. Für die abhängigen Bauern in Indien, für die der Mohnanbau ein katastrophales Verlustgeschäft war. Für die Verheerungen in China, das sich in zwei Opiumkriegen vergeblich gegen den Schmuggel zur Wehr setzte. Und für die langfristigen wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die bis in die Gegenwart reichen. Die sogenannte Opioid-Krise in den USA interpretiert Ghosh als trauriges „Echo" auf die Erfahrungen Chinas im 19. Jahrhundert. Millionen US-Amerikaner sind süchtig nach jahrzehntelang leichtfertig verschriebenen opioidhaltigen Schmerzmitteln, Überdosierungen – zuletzt vor allem von Fentanyl – fordern jährlich zehntausende Menschenleben. Ghosh stellt sich gegen die scheinheilige Behauptung der Drogenhändler des 19. und der Pharmaunternehmer des 21. Jahrhunderts, wonach sie lediglich eine ungedeckte Nachfrage bedienen würden. > Eine sonnenklare Tatsache ist, dass bei Opioiden nicht die Nachfrage, sondern das Angebot der verantwortliche Faktor für den steigenden Konsum ist. Wenn Opioide im Überfluss vorhanden sind, schaffen sie ihre eigene Nachfrage: Und das ist genau der Grund, warum Opium als eine eigenständige historische Kraft betrachtet werden muss. > > > Quelle: Amitav Ghosh – Rauch und Asche Lange hat Ghosh gezögert, ob er die Geschichte dieser „abscheulichen Gemeinheit“ erzählen solle, wie er unumwunden zugibt. Dieses Zaudern ist dem Text stellenweise anzumerken. Er ist weniger zwingend und kohärent als „Der Fluch der Muskatnuss“ und mit seinen zahlreichen Verweisen auf sein eigenes literarisches Œuvre bisweilen ein wenig selbstreferenziell. Aber wieder beeindruckt Ghoshs Sinn für den großen Bogen und sein Talent für mutige Parallelen. „Rauch und Asche“ ist ein schonungsloses Manifest gegen die Heuchelei und gegen das Unter-den-Teppich-Kehren der dunklen Geschichten hinter dem Siegeszug des globalen Kapitalismus.

ZWISCHEN STOIZISMUS UND STAATSKUNST Für ihn ist Marc Aurels Philosophie überraschend modern: Glück heißt bei ihm, sich selbst zu formen – und Verantwortung für andere zu übernehmen. Marc Aurel schrieb seine Selbstbetrachtungen unter Kriegsbedingungen – und fand gerade dort zu innerer Ruhe. „Er suchte nach Ausgleich inmitten der Krise“, sagt Müller. Als Philosophen-Kaiser verband er stoische Selbstdisziplin mit einem sanftmütigen Blick auf andere: Kein Rückzug ins Private, sondern ein Balanceakt zwischen Selbstfürsorge und Gemeinwohl – ein Modell, das Müller der heutigen Selbstoptimierungsliteratur entgegensetzt. GLÜCK IST EINSTELLUNGSSACHE Für Marc Aurel liege Glück nicht in Macht oder Besitz, sondern in der inneren Haltung. „Geistige Tugenden sind das Einzige, was wir kontrollieren können“, erklärt Müller. Der stoische Imperator ruft zur Selbstverantwortung auf – aber ohne Illusionen. Seine Philosophie sei kein Eskapismus, sondern ein Weg, „mit den Umständen so konstruktiv wie möglich umzugehen“ – gerade dann, wenn die Welt aus den Fugen gerät.

Charrière will richtig fühlbar machen, wie menschliche Eingriffe die Umwelt verändern - so hört man mal den Lärm von Containerschiffen oder Windparks, unter dem Fische leiden. Oder mal liegt man auf Kissen und sieht, wie Eislandschaften an einem vorbeiziehen - aus einer Perspektive unter Wasser. IN DER „MITTERNACHTSZONE“ LEIDEN TIERE UNTER MENSCHENGEMACHTEN LÄRM Eine Leuchtturmlampe dreht sich in dem dunklen Raum langsam um ihre eigene Achse. Ihr Licht bricht sich an den verspiegelten Wänden: Ein Meer aus unstet schimmernden Reflexionen. Dazu Vibrationen, die das eigene Bild in den vielen Spiegeln zittern lassen. Und beunruhigende Klänge. Containerschiffe, Luftdruckkanonen für die Suche nach fossilen Brennstoffen, Windparks. Menschgemachter Lärm wie er in den Tiefen der Ozeane zu hören ist. Dies ist ein wichtiges Werk des französisch-schweizerischen Künstlers Julian Charrière, das der neuen Ausstellung „Midnight Zone“ im Tinguely-Museum ihren Namen gab. „Mitternachtszone“ – so nennen Meeresforscher die Region unter tausend Metern Tiefe, wo es dunkel ist und Tiere unter dem Lärm leiden. DIE LEUCHTTURMLAMPE - EIN SYMBOL FÜR HOFFNUNG Charrière will, dass Besuchende spüren, wie sehr menschliche Eingriffe die Umwelt verändern. „Die Fische unten können sich nicht orientieren, weil der Klang, den wir verursachen, so laut ist, dass die anderen Klänge einfach gedämpft werden“, sagt Charrière. Die Leuchtturmlampe in der Installation sei dabei mehr als nur eine Lichtquelle: Sie sei ein Symbol für Hoffnung bei Stürmen und für Gefahr. Museumsdirektor Roland Wetzel sieht in Charrière einen der wichtigsten Künstler seiner Generation, der Kunst und Forschung miteinander verbindet. „Was mich an ihm besonders fasziniert, ist, dass er es versteht wissenschaftliche Problemstellungen in unserer Lebenswelt, also Ressourcenabbau oder Ausbeutung, dass er die auf eine sehr sinnliche Weise adressiert“, so Wetzel. INSTALLATIONEN, FOTO, VIDEOS ZUM ELEMENT WASSER Die Ausstellung zeigt Besuchenden auf drei Stockwerken Installationen, Skulpturen, Fotos und Videos zum Element Wasser. Mal liegt man auf Kissen und betrachtet an der Decke vorbeiziehende Eislandschaften aus der Perspektive unter Wasser. Und man hat das Gefühl zu schweben. Mal sieht man Eisberge von oben. Für seine Videoarbeiten reist Charrière an extreme Orte rund um die Welt. Für ein Video ließ er eine ferngesteuerte Kamera und eine Leuchtturmlampe gar tausend Meter tief ins Meer hinabtauchen. „Viele Krill-Garnelen, Plankton, die sammeln sich natürlich, weil da Licht ist“, erklärt er, „und dann kommen die größeren Fische“. Irgendwann habe man dann eine Abbildung von dieser ganzen Vielfalt unten, die normalerweise nicht direkt sichtbar sei, erläutert Charrière weiter. DIE AUSSTELLUNG SOLL UNS DIE AUGEN ÖFFNEN Diese Vielfalt ist bedroht, denn in der Tiefe gibt es wertvolle Mineralien für Batterien und erneuerbare Energieträger, die manche gerne abbauen würden. Tiefseebergbau könnte laut Experten irreversible Schäden auf sensible Ökosysteme verursachen. Ein Dilemma zwischen Klimaschutz und Naturzerstörung. Die Ausstellung soll uns auch die Augen für die vom Mensch verursachten Probleme öffnen, sagt Charrìere: „Die Tiefsee ist total untererforscht und trotzdem versuchen wir, dort Stoffe zu gewinnen. Der Ozean ist ein Wesen, schlussendlich.“ Ein Wesen, das geschützt werden sollte, wie er findet. Ein Plädoyer für den Schutz unbekannter Meereswelten.
Disfruta 30 días gratis
4,99 € / mes después de la prueba.Cancela cuando quieras.
Podcasts exclusivos
Sin anuncios
Podcast gratuitos
Audiolibros
20 horas / mes