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Geschichte ereigne sich immer zweimal – das erste Mal als Tragödie, das zweite Mal als Farce, hat ein einflussreicher Philosoph mal notiert. Wäre die Frage, ob das, was in diesen Tagen in der Türkei geschieht, sich zu vorherigen militärischen Gewaltherrschaften wie eine Farce verhält. Oder doch eher tragisch ist. Die Umwandlung des Landes in eine Diktatur scheint nicht mehr sehr dystopisch. Die Schriftstellerin Sevgi Soysal würde wahrscheinlich zum Schluss kommen, dass das Geschehen tragisch zu nennen ist: Nach dem Militärputsch von 1971 in der Türkei begehrte sie gegen das Regime auf. 1975 erschien ihr letzter Roman „Vor dem Morgengrauen“. Erstmals liegt er nun auf Deutsch in der sehr guten Übersetzung von Judith Braselmann-Aslantaş vor. Emine Sevgi Özdamar schreibt in ihrem Nachwort, dass Soysal in jenen frühen siebziger Jahren wie ein Licht gewesen sei. DAS EINDRINGEN DER GEWALT „Vor dem Morgengrauen“ spielt in Adana, wo Soysal selbst nach einem Gefängnisaufenthalt zwei Monate in der Verbannung verbringen musste. Auch wenn es sich um einen vielstimmigen Roman handelt, bildet ihr Alter ego namens Oya doch das Zentrum. Oya ist eine Journalistin und lebt als Verbannte in der südlichen Metropole. Eher zufällig wird sie von ihrem Bekannten Hüseyein eingeladen, ihn zu einem Essen bei seinem Onkel Ali, einem Arbeiter, zu begleiten: Hüseyin ist Anwalt, Alis anderer Neffe Mustafa, ebenfalls zu Gast, ist Mathematiklehrer – beide sind sie politisch engagiert. Oya ist die einzige Frau, die bei den Männern sitzt. Die Ehefrauen bereiten das Essen. Plötzlich werden alle aufgeschreckt. Es klingelt, Polizisten dringen in die Wohnung ein. > Oya (…), wie sie da auf der Sofakante hockt, ist fast froh darüber, dass die Ordnung des Hauses durcheinandergeraten ist. Bis die Tür eingetreten wurde, hat sie sich so unwohl und so fehl am Platz gefühlt, dass sie über das Einkrachen der Tür fast erleichtert ist. Dass sie die einzige Frau ist, die an der Mahlzeit teilnimmt, dass Gülşah und Ziynet sich nicht dazusetzen, sondern die anderen bedienen, ärgert sie. > > > Quelle: Sevgi Soysal – Vor dem Morgengrauen Die Männer und Oya werden verhaftet. Der Vorwurf: eine anarchistische Verschwörung. Die nächsten Stunden in den Zellen und bei Verhören schildert Soysal erzählerisch raffiniert und eindringlich: Sie schweift zwischen den Figuren hin und her und in die Vergangenheit ab, lässt Ängste und Hoffnungen komplex aufscheinen, schlüpft in ihre Helden hinein. Manchmal verwischt sie die Grenzen zwischen Außen und Innen, verlässt mitten im Satz die personale Perspektive zugunsten eines Ichs, zeigt auf, wie verworren die Gefühle und Haltungen sein können, ist man erst einmal in die Fänge eines faschistischen Systems geraten: Resignation, Unverständnis, Widerstand sind ebenso virulent wie Opportunismus, Scham, Verdrängung. Eine Atmosphäre der Unruhe, des Verstricktseins, der Absurdität erfasst und verbindet alle Beteiligten, auf welcher Seite der Geschichte sie auch stehen. DIE SCHÖNHEIT DES MUTES Die dargestellte Gewalt verdeutlicht einmal mehr, auf welch misogyne Mittel Gewaltregime zu allen Zeiten zurückgreifen, wie Unterdrückung und Demütigung funktionieren. Das weist weit über die konkrete historische Situation des Romans hinaus. > In den letzten Jahren hat Oya viel von der harten Realität gesehen, doch ihr hässliches Gesicht entsetzt sie immer wieder aufs Neue. Sie weiß, dass Schönes und Hässliches untrennbar in allen Dingen vorkommt, doch als jemand, der mit Schönheit aufgewachsen und vielleicht übertrieben für sie empfänglich ist, muss sie das Hässliche einfach ausblenden. Für schöne oder edle Ziele schreckt sie vor nichts zurück, und weil sie Mut als solchen schön findet, kann sie auch mutig sein. > > > Quelle: Sevgi Soysal – Vor dem Morgengrauen Mustafa und Oya zeichnen sich durch ihren Mut angesichts von Willkür aus. Aber es ist ein gebrochener Mut. Kein Heldentum, eher eine Einsicht ins Notwendige. Und selbst das Notwendige steht immer wieder auf der Kippe. Sevgi Soysals großartiger, im Strudel der Ereignisse geschriebener Roman war 1975 in der Türkei eines der Bücher der Stunde – leider ist er das auch 50 Jahre später noch.

Andrey Gurkov ist ein ausgewiesener Fachmann für Russland, keine Frage. 1959 in Moskau geboren, in Ostberlin und Bonn groß geworden, in Moskau und Leipzig Journalistik studiert. Als Journalist setzte er sich jahrzehntelang für Verständigung ein, doch damit hat er heute abgeschlossen. Zum Auftakt, in seinen ersten Zeilen, lässt Gurkov keinen Zweifel an der Stoßrichtung seines Buchs. > Die Geografie kann man vergessen: Russland gehört nicht mehr zu Europa – und will es auch nicht. Formell, auf der Landkarte, wird die Russische Föderation bis zum Uralgebirge auch weiterhin Teil des europäischen Kontinents bleiben. Aber von einer weltanschaulichen, politischen, mentalen und selbst wirtschaftlichen Zugehörigkeit kann nach dem russischen Krieg gegen die Ukraine keine Rede mehr sein. Wir erleben eine fundamentale Entfremdung, schlimmer noch: Für meine Heimat ist Europa jetzt der Feind. Eigentlich meint genau das der in Deutschland so populär gewordene Begriff Zeitenwende. > > > Quelle: Andrey Gurkov – Für Russland ist Europa der Feind WURZELN IN DER STALINZEIT Es habe also keinen Zweck, auf Verständigung oder Versöhnung zu bauen, warnt der Journalist Gurkov. In Kapiteln wie „Eine Nation mit wirrem Weltbild“ oder „Verhasstes Amerika, verachtetes Europa“ oder „Russlands Übergröße: Fluch, Segen, Schicksal, Sackgasse“ nimmt er die Propaganda und die Weltsicht vor allem der bestimmenden Elite aufs Korn und begründet damit den endgültigen Abschied von den Träumen unter Gorbatschow. Alles Böse wurzele in der Stalinzeit, schreibt Gurkov, und er zählt auf, was dieses Böse ausmache: > Im Falle Russlands meine ich dabei vor allem Großmannssucht, militaristische Wertvorstellungen und verletzten Nationalstolz, das Kultivieren des Beleidigtseins und das Sinnen nach Revanche, imperiale Überheblichkeit und den Glauben an die eigene kulturelle Überlegenheit. Rassismus, Antisemitismus, Homophobie oder Machogebaren kamen noch hinzu. > > > Quelle: Andrey Gurkov – Für Russland ist Europa der Feind DIE SICHT EINES RENEGATEN Er habe sich „jahrzehntelang als Brückenbauer zwischen zwei Welten verstanden“, schreibt Gurkov: „meiner Heimat Russland und meiner zweiten Heimat Deutschland“. 2014, mit der „Krim-Eroberung durch Russland“, kamen ihm Zweifel an seiner bisherigen Sichtweise, mit dem 24. Februar 2022, der Invasion russischer Truppen bis nach Kiew, sei es damit vorbei. Hier schreibt also ein Renegat, ein Abtrünniger, jene Spezies, die besonders scharf und unerbittlich abrechnen mit ihrer alten Liebe und einseitiger argumentieren und handeln als andere. > Das größte Land der Welt, jahrelang aufgehetzt durch aggressive Propaganda und verführt durch Sowjetnostalgie, wird nicht aufhören, nach weiteren Territorien oder zumindest nach noch mehr Dominanz zu streben. Besonders jetzt, da die russische Gesellschaft während der Eroberung ukrainischer Gebiete Blut geleckt hat. Den Traum, ein großes, aber friedliches und liberales russisches Imperium sei möglich, habe ich definitiv ausgeträumt. > > > Quelle: Andrey Gurkov – Für Russland ist Europa der Feind FRIEDEN IN AUSSICHT? „Die russische Gesellschaft“ – wer ist das? In Gurkovs Sichtweise in erster Linie „die intellektuellen und medialen Zuarbeiter des Systems Putin“, wie es einmal heißt, oder allgemein „meine Landsleute“. Das Buch krankt - bei aller vielfach schlüssigen Argumentation – vor allem daran, dass oppositionelle Stimmen fast völlig fehlen. Ein friedliebendes Europa mit Russland ist für Andrey Gurkov ein für alle Mal erledigt. Eine schreckliche Vorstellung, eine Zukunft in einer waffenstarrenden Welt demnach. > Für Europa ist die Ukraine eine Perspektive und Russland eine Gefahr. Für die Ukraine ist Europa das Ziel, für Russland eher eine Zielscheibe. Davon sollten wir Europäer ausgehen. > > > Quelle: Andrey Gurkov – Für Russland ist Europa der Feind

„Ich lese keine Bücher, ich werde sie schreiben.“ Das ist die übermütige Entgegnung eines Teenagers, der Tomas heißt und dem heranwachsenden Tomas Espedal zum Verwechseln ähnelt, auf die gönnerhafte Frage danach, ob er denn Hamsun [https://www.swr.de/swrkultur/literatur/knut-hamsun-hunger-104.html] gelesen habe. Die schlagfertige Replik verleitet ihn dazu, noch eins draufzusetzen: Er habe schon einen Gedichtband und den Entwurf für einen Roman verfasst. Für den Jungen aus einfachen Verhältnissen geht es darum, sich zu behaupten gegen die Welt der Saturierten, die alles schon haben. Was er will, das weiß er früh schon sehr genau. > Er hatte Lust zu leben. Lust, anders zu leben, als von ihm erwartet wurde, er hatte Lust frei zu sein. War das möglich? Nein, das wusste er nicht, aber wenn er schon an etwas gebunden sein musste, dann an etwas, das er selbst als sinnvoll empfand. Er wollte gern arbeiten, er wollte mit derselben Intensität und Selbstentäußerung arbeiten wie die anderen Arbeiter, die Fabrikarbeiter, die Industriearbeiter, die Werftarbeiter, er aber wollte mit Literatur arbeiten. > > > Quelle: Tomas Espedal – Lust. Früchte einer Arbeit. Lesefrüchte Einen „Erinnerungsroman“ nennt Tomas Espedal das Buch, in dem er davon erzählt, wie ein junger Mann zum Schriftsteller wird. Dass dieser keine Bücher liest, ist gelogen. In „Lust“ wird eine ganze Reihe von prägenden Lektüren aufgezählt: Thomas Mann [https://www.swr.de/swrkultur/literatur/thomas-mann-150-jahre-hoerspiel-neue-buecher-diskussion-musik-in-swr-kultur-100.html], Proust [https://www.swr.de/swrkultur/literatur/zum-150-geburtstag-von-marcel-proust-proust-empfehlungen-100.html], Rimbaud, Baudelaire [https://www.swr.de/swrkultur/literatur/charles-baudelaire-hg-edgar-allan-poe-heureka-der-rabe-100.html]. Das Ich, von dem hier die Rede ist und das sich manchmal zur dritten Person erweitert, ist eine aus Erinnerungssplittern zusammengesetzte Erfindung. VON DER KUNST ZERSTÖRT Der Wunsch, anders zu leben, richtet sich gegen alle Erwartungen – gegen die Schule, die dominante Mutter, die etablierte Gesellschaft. In Robert, einem schwulen, hochbegabten Jungen aus gutem Hause, findet der Unangepasste einen Gleichgesinnten. Beide fühlen sich nicht zugehörig zu ihren Familien und suchen Abstand. Doch während Robert nach unten strebt und von der Kunst zerstört wird, strebt Tomas nach oben. Espedal erzählt: „Deine Familie ist eine sehr starke Kraft, nicht nur von außen, sondern auch von innen. Du solltest Arzt oder Anwalt werden, oder was auch immer sie von mir wollten. Um mit diesen Kräften zu brechen, muss man an etwas Starkes glauben. Es muss nicht unbedingt die Wahrheit sein. Aber ich habe an ein erfülltes Leben geglaubt, in dem es viel zu rauchen und zu trinken gibt, in dem es viele Mädchen gibt und viele Reisen und in dem das Leben ein Abenteuer ist.“ FLIESSENDER ERINNERUNGSSTROM „Lust“ erzählt genau davon – betörend und intensiv. Vieles kennen Espedal-Leser aus vorherigen Büchern. Der Autor hält es mit einem Satz von Marguerite Duras: „Man muss sehr gut sein, wenn man die gleiche Geschichte immer wieder neu erzählen will, ohne zu langweilen.“ Und Espedal ist gut. Während frühere Bücher eher durch ein fragmentarisches, brüchiges, minimalistisches Erzählen geprägt waren, ist der neue Roman ein fließender, poetischer Erinnerungsstrom. In einem Studentenzimmer in Kopenhagen schreibt der Erzähler an seinem ersten Roman. Dreimal schickt der Verlag das Manuskript zurück, dreimal schreibt es der angehende Autor neu. Nicht das abenteuerliche, ausschweifende Leben führt zur Kunst, sondern radikale Selbstdisziplinierung. „Das Buch handelt auch davon, wie ich die Kunstmythen in Arbeit verwandelt habe. Heute mag ich nicht einmal mehr das Wort Kunst. Ich betrachte mich überhaupt nicht mehr als Künstler. Ich arbeite. Ich habe es geschafft, das Schreiben in einen Beruf und in eine Arbeit zu verwandeln, und darauf bin ich wirklich stolz,“ meint der Autor. Der Titel des Buches könnte passender kaum sein. Lust meint die Gier nach einem wilden und poetischen Leben. Es ist aber vor allem die Lust am Schreiben, daran, ein Schriftsteller zu sein. Diese Lust teilt sich mit, sie hat sich regelrecht eingeprägt in diese Erinnerungen. Tomas Espedal hat ein hinreißendes, rauschhaftes Buch geschrieben.

Ob Erich Kästner staunend in den Herbsthimmel geblickt hat, bevor er sein Gedicht „September“ schrieb? Um die auf und ab tanzenden riesigen Schwärme zu beobachten, in denen die Stare sich alljährlich sammeln? Ein so begeisterndes wie beeindruckendes Naturschauspiel. > Die Stare gehen auf die Reise. > Altweibersommer weht im Wind. > Das ist ein Abschied laut und leise. > Die Karussells drehn sich im Kreise. > Und was vorüber schien, beginnt. > > > Quelle: Erich Kästner - September STARE - SYNCHRONSCHWIMMER DER LÜFTE Wie von Choreografenhand gelenkt rauscht die schwarze Wolke vorüber. In immer neuer Gestalt. Perfekt koordiniert. Synchronschwimmer der Lüfte. Der Grund, warum die kleinen Vögel in großen Schwärmen fliegen: sie schützen sich so vor Angriffen der Feinde. Sperber, Habichte, Falken. Zu treuen Freunden der nicht nur als Koordinationsweltmeister faszinierenden Stare gehören Antonia Coenen und Philipp Juranek. Beide weder Bio- noch Ornithologen, haben sich mit ihrer ganzen laienhaften Liebe dem Sturnus Vulgaris verschrieben. Ihr Buch „Unter Staren – die Entdeckung einer unterschätzten Art“ gibt lesenswerte Kunde davon. In zwanzig kurzen Kapiteln fliegen die beiden Autoren, ähnlich flink wie die von ihnen bewunderten Vögel, von Thema zu Thema, Experten zu Experten. Landen mal in Dänemark, wo ein Fotograf die „schwarze Sonne“, wie man dort den Starenschwarm nennt, in Bilderkunst verwandelt. Oder sie steuern in Owingen-Billafingen den berühmten Ornithologen Prof. Dr. Peter Berthold an, der eindringlich mahnt. Denn Stare stehen inzwischen auf der roten Liste der gefährdeten Arten. Hauptgrund: die intensive Landwirtschaft. SOGAR MOZART KÖNNEN SIE ZWITSCHERN Im nächsten Augenblick flattern die rastlosen Vogelfans schon weiter. Zu Mozart [https://www.swr.de/schwerpunkt/mini-triff/wolfgang-amadeus-mozart-einer-der-bekanntesten-komponisten-der-musikgeschichte-film-100.html]. In einem Zooladen unweit seiner Wiener Wohnung entdeckte der einen Star, der ihm wohl gelauscht hatte und nun Teile seines Klavierkonzertes Nr.17 in G-Dur pfiff. > 27. Mai 1784. Vogel Stahrl, 34 Kreuzer« So vermerkt Wolfgang Amadeus Mozart den Kauf des Vogels in seinem Notizbuch. Es war der Anfang von drei bewegten Jahren, in denen der Vogel Mozart nahezu täglich begleitete – und beim Komponieren beeinflusste. > > > Quelle: Antonia Coenen, Philipp Juranek – Unter Staren. Die Entdeckung einer unterschätzten Art Als der Vogel starb, trauerte Mozart sehr und schrieb sogar ein Gedicht für seinen gefiederten Freund. „Hier ruht ein lieber Narr, ein Vogel Staar“ heißt es darin. Womöglich spielt der Komponist darauf an, dass Stare unterschiedlichste Klänge, Motive oder auch den Gesang anderer Vögel täuschend echt nachahmen können. Darüber hinaus kann er auch noch zweistimmig trällern, mit Ober- und Unterstimme. Der Star ist aber auch in anderer Hinsicht ein gewitzter Geselle. Er badet sehr gern. Nicht nur in kühlem Nass. > Eine ungewöhnliche Art, sich sauber zu halten, ist das »Ameisenbaden«, ein Vorgang, bei dem die Vögel eine aktive Ameisenkolonie finden, dann mehrere gleichzeitig mit ihrem Schnabel aufnehmen und sie zum »Abwischen» ihres Gefieders verwenden. Dies bringt die unglücklichen Ameisen dazu, Ameisensäure auszuscheiden, die zur Abwehr eventueller Ektoparasiten dienen könnte. > > > Quelle: Antonia Coenen, Philipp Juranek – Unter Staren. Die Entdeckung einer unterschätzten Art SPA FÜR DEN STAR – AMEISENBADEN Forscher fanden heraus, dass dieser Nutzen allerdings sehr gering sei. Sie vermuten, dass der Vogel einfach das Gefühl mag: Spa für den Star. Wohl fühlt sich auch der Leser, der sich mit auf die „Vogelreise“ begibt, die das Buch im Untertitel verheißt. Mit offenen Herzen und Sinnen begeben sich die beiden interessierten Hobbyornithologen zu ihren Gesprächspartnern: Wissenschaftlern, Naturschützern oder Künstlern. Wie luftig leichte Reportagen lesen sich die mit vielen Fotos angereicherten Kapitel, die viel Wissenswertes über den Star versammeln. Der allerdings mehr und mehr verschwindet. Die Schwärme am Firmament werden kleiner und kleiner. Derzeit gibt es in Deutschland etwa zwei Millionen Brutpaare, das sind nur noch halb so viele wie vor 20 Jahren. Darum ist dieses Buch vor allem eines – ein beschwörendes Plädoyer für das gesellige Multitalent.

Drei Paare auf einer schicken Motoryacht in philippinischen Traumgewässern. Plus ein gutaussehender Sohn. Das ist die Versuchsanordnung in Anne Freytags neuem Roman „Blaues Wunder“. Die Reise ist kein Urlaub, eher ein exquisites Assessmentcenter, denn Bootsbesitzer Walter hat Aufgaben für Ferdinand und Kilian mitgebracht. Zuhause in München arbeiten die beiden Männer in der von Walter geführten Privatbank. Jetzt geht es um innerbetriebliche Umstrukturierungen, also um Beförderungen und Geld. DREI SCHARFSINNIGE ERZÄHLERINNEN Die mitreisenden Ehefrauen heißen Rachel, Nora und Franziska. Sie sind vor allem aus dekorativen Gründen dabei. Und um ihre Männer in einem Machtkampf zu unterstützen, über den die Frauen selbst kaum etwas wissen. Trotzdem sind es die Frauen, die diese Geschichte erzählen. > Viele Frauen verfügen über eine sehr feine Beobachtungsgabe. Sie haben von klein auf gelernt, ihre Antennen zu benutzen und Räume und Menschen zu lesen. > > > Quelle: Anne Freytag im Gespräch mit SWR Kultur Eine solche Beobachtungsgabe haben auch die drei Erzählerinnen, und sie machen „Blaues Wunder“ zu einem Roman in HD. SCHOCKVERLIEBT IN DIE PHILIPPINEN Auch wenn die Philippinen in diesem Roman eher Kulisse sind, liebt Anne Freytag das Land. Vor der Pandemie war sie einmal dort und ist von Insel zu Insel gereist: „Ich habe mich schockverliebt!“ Besonders intensiv hat sie die Farben erlebt, die sie auch in „Blaues Wunder“ beschreibt. ALLE NEUEN TEXTE DER MUTTER VORLESEN Im Gespräch mit SWR Kultur erzählt Anne Freytag von ihren Arbeitsroutinen und ihrer Liebe zu möglichst detailliertem Schreiben. Es ist ihre Mutter, der sie am meisten vertraut und der sie ihre Texte daher auch als erste vorliest, berichtet sie fröhlich: > „Wenn ich etwas Trauriges schreiben wollte, und meine Mutter lächelt nur, dann weiß ich: Ich muss am Text noch was tun! Wenn sie feuchte Augen bekommt, weiß ich: Es geht in die richtige Richtung! Und wenn sie weint, dann weiß ich: Ich habe es geschafft!“ > > > Quelle: Anne Freytag im Gespräch mit SWR Kultur