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CHANGE MANAGERIN TONI AM TIEFPUNKT Toni ist Change-Managerin und berät weltweit Firmen, die mit tiefgreifenden Veränderungen klarkommen müssen. Chronisch überarbeitet, passieren ihr Fehler, sie verliert ihren Job. Bei ihren Eltern in Berlin hat sie kein richtiges Zimmer mehr und ihre einzige Freundin Bea wirft ihr die Freundschaft vor die Füße. Wer kann einem an einem solchen Tiefpunkt noch helfen? Eine gute Fee vielleicht, als persönliche Change-Managerin? MÄRCHENHAFTE WENDUNG GIBT DER SERIE EINEN GANZ EIGENEN TOUCH Tatsächlich erscheint Toni eine Frau, die sich als „Ariadne“ vorstellt, ihres Zeichens „Viertelgöttin“. Sie drückt Toni einen Wollschal in die Hand, der ihr den Zugang zu Parallelwelten ermöglichen soll, die ihr zeigen: Wie hätte das eigene Leben laufen können, wenn diese oder jene Entscheidung anders gefallen wäre? Die märchenhafte Wendung kommt überraschend, aber sie gibt der Serie schnell einen ganz eigenen Touch. Maria Schrader schafft es, die Figur der Ariadne mit etwas Augenzwinkern nicht zu gewollt wirken zu lassen. NEUE FOLGE, NEUE LEBENSUMSTÄNDE Und vor allem entführt einen die Serie mit jeder Episode in neue Lebensumstände, die sehr originell erzählt und außergewöhnlich gut produziert sind. Als erstes stürzt Toni zum Beispiel in ein Leben, in dem sie mit ihrer Freundin Bea auf Bali eine Segelschule gegründet hat. Weil sie vom Kopf her noch in ihrer alten Biografie steckt, braucht sie erstmal eine Weile, um das alles zu verstehen. DIE EIGENE IDENTITÄT VERSTEHEN WOLLEN Bald merkt Toni, dass das mit den alternativen Biografien auch nicht ganz so einfach ist. Und so wird ihre Reise durch parallele Leben mehr und mehr zu einem Versuch, die eigene Identität zu verstehen, die Familie oder die große Liebe. Und somit zu einer Feier von Wirrungen und Verirrungen im Streben nach Glück. Als leibliche Tochter einer Japanerin und eines Vaters im diplomatischen Dienst kommt sie dabei ganz schön rum, ist mal Popstar in Asien oder Juristin mit Schnösellebensstil in Berlin. Abgesehen davon, dass die Serie immer wieder unglaublich gut aussieht, versammelt sie auch einen prominent spielfreudigen Cast mit Caroline Peters, Ulrich Noethen und vor allem Malaya Stern Takeda in der Hauptrolle. GELUNGENE MISCHUNG AUS URBANER COMEDY UND EMOTIONALEM DRAMA Die Idee „Nochmal leben, aber anders“, gab es natürlich auch vorher schon: Ob bei „Lola rennt“, „Und täglich grüßt das Murmeltier“ oder in sehr ähnlicher Anlage bei Matt Haigs Bestseller „Die Mitternachtsbibliothek“. Und die verschiedenen Realitätsebenen, zwischen denen sich die Helden bewegen können, kennt man vielleicht aus dem Action-Kino als etwas schwerblütiges „Multiversum“. Dagegen wirkt „Parallel Me“ sehr frisch und zugänglich. Autorin Jana Burbach hat schon bei der Serie „Bad Banks“ gezeigt, dass sie komplexe Sachverhalte in eine gut fassbare Story packen kann. In „Parallel Me“ gelingt ihr ein ziemlich leichtfüßiger Grenzgang aus urbaner Comedy und emotionalem Drama. TRAILER „PARALLEL ME“ VON JANA BURBACH, AB 26.4. AUF PARAMOUNT +

Sie ist berühmt für ihre beeindruckenden Skulpturen aus weißen, gerissenen Papierbögen. Die Mainzer Bildhauerin Angela Glajcar hängt die einzelnen Blätter dicht hintereinander, sodass die gerissenen Räume nochmal eine eigene Form ergeben. In der Kaiserlauterer Pfalzgalerie ist ab Mitte Mai eine neue Installation aus ihrem Atelier zu sehen – ein Geschenk zum 150. Geburtstag des Museums. In einem Raum mit Lichtturm zieht die Skulptur den Blick sofort in die Höhe und unterstreicht je nach Lichteinfall die Farbigkeit von Weiß.

Eines der gleichermaßen bekannten wie kurzen Gedichte des 20. Jahrhunderts stammt von William Carlos Williams. „The Red Wheelbarrow“, deutsch „Die Rote Schubkarre“ dauert vom Autor selbst gelesen gerade einmal siebzehn Sekunden. Hier eine deutsche Übersetzung: > Die rote Schubkarre > Es hängt so viel > von / einer roten, mit Regenwasser > glasierten Schubkarre / neben den weißen > Hühnern ab. > > > Quelle: William Carlos Williams – Die rote Schubkarre VISUELLE KNALLEFFEKTE Visuell signalhaft, ähnlich wirkend wie ein warnendes Verkehrszeichen, definiert dieses Gedicht einen großen Interpretationsspielraum. Solche visuellen Knalleffekte setzt auch Ines Berwing ein. Gleich die erste der insgesamt acht Abteilungen des konsequent in Kleinschreibung verfassten Bandes „zertanzte schuhe“ heißt „der rote ballon“. Das gleichnamige Gedicht im Band klingt so: > der rote ballon / wenn ich die tür öffne, kommt / ein roter ballon. ich komme immer / > zu spät. der frühling ist meine / schuld, verdammt, er rollt / körperbetont von komma zu komma her. / wenn ich die tür öffne, kommt / fahrt in den honig oder ein roher / mann im ballon, der mich fragt / möchtest du eine singlefahrt / ich sage ihm, fahr du ruhig schwarz / und schüttle, was frühling heißt / vom balkon und schließe die tür. > > > Quelle: Ines Berwing – zertanzte schuhe VOM KONKRETEN INS VERDICHTETE Berwings Gedichte setzen Bildelemente konkret ein, werden dann aber in ihrer Deutung extrem vertrackt. Sie springen zwischen der Perspektive des lyrischen Subjekts, zwischen Sichtbarem und Introspektion, sie setzen die Redensart „schwarz fahren“ gegen die sichtbare Qualität des roten Ballons. Damit rückt die Frage näher: Ist der Ballon in diesem Gedicht tatsächlich rot? Oder sieht das Sprecher-Ich vielleicht nur rot, im Sinne der Redensart „Rotsehen“ als Pendant zu der Redensart des „Schwarzfahrens“? Öffnen und Schließen der Tür sind als Bilder eindeutig. Dagegen das Schuldsein am Frühling, der am Ende vom Balkon geschüttelt wird, sein körperbetontes Rollen von Komma zu Komma geben produktive Rätsel auf. Berwings Verse vollführen häufig die Bewegung vom Konkreten ins Verrätselte, Traumhafte, im wahrsten Sinn des Wortes Verdichtete: > noch eine übung im bewundern von tieren / ratten beherrschen den wohnblock nachts / und um die lilie in meinem zimmer / wächst welkend das glas, sprach aber niemals / über die ratten und meine lage von einst / hielt den fuß bereit für ein hüpfendes / über den müll hinwegspringendes pferdchen. > > > Quelle: Ines Berwing – zertanzte schuhe Schaurig ist dieses Gedicht, mit seinem bedrohlichen, abweisenden und unwirklichen Szenario, dessen Morbidität mit einer als Totenblume geltenden Lilie noch unterstrichen wird. Am Ende wendet es sich in der Verkleinerungsform des Pferds zu einem Pferdchen, das über den Müll hinwegspringt, ins Hellere. KALKULIERTE ZEILENSPRÜNGE Ines Berwings Gedichte folgen den Logiken des Traums. Sie nehmen eine Tradition auf, in der Montage und Collage bestimmend sind. Man kennt diese Techniken aus dem Surrealismus, aus Filmen von Luis Buñuel, aus Herta Müllers Dichtung und jüngst auch aus den Gedichten von Yevgeniy Breyger, auf dessen Zyklus „Königreich“ aus dem Band „gestohlene luft“ die Autorin verweist. Berwing wagt einiges mit „zertanzte schuhe“, vieles gelingt, seien es die Gedichte über ersehnte Mutterschaft, seien es die Gedichte, in denen durch kalkulierte Zeilensprünge sich die ohnehin schon komplexen Bedeutungsschichten noch deutlicher überlagern. Die Elemente, die sie aus den Grimmschen Märchen nimmt, von den „zertanzten schuhen“ bis zur zornigen Fee aus „Dornröschen“ werden nicht selten auf ihre Muster hin gelesen. Ines Berwings Gedichte fordern etwas von der Konzentration, die es gebraucht haben mag, sie zu schreiben und zu arrangieren – und spiegeln diese Konzentration ihren Lesern zurück.

Es gibt unzählige Begegnungen in unserem Leben. Manche werden zu Freundschaften, manche zu einer Liebe, andere vergessen wir schnell wieder. Und dann gibt es diese ganz besonderen Begegnungen mit Menschen, die bei uns einen Schalter umlegen, die unser Leben in eine andere Richtung lenken. Von diesen handelt der Podcast.

Er ist von allen Hängen Stuttgarts zu sehen: der Campanile der Pauluskirche, der höchste Glockenturm der Stadt. Verblüffend istauch der großzügige Innenraum der Kirche, der 800 Besucherinnen und Besuchern Platz bietet. Und damit ist er nach der Liederhalle der zweitgrößte Saal im Stuttgarter Westen. Trotz dieser Ausmaße schmiegt sich die Kirche unauffällig an die dicht bebaute Umgebung an. Ein schlichtes, zugleich selbstbewusstes Bauwerk, das der Architekt Heinz Rall entworfen hat. Fotografin Rose Hajdu hat es in all seinen originellen, einzigartigen Details erkundet. Das Besondere an der Pauluskirche sei das Licht, erklärt Hajdu: „Die Pauluskirche hat ja dieses lange, bunte Fensterband von (Maler Christian) Oehler. Und es gibt am Vormittag, wenn die Sonne reinschaut, wunderschöne Lichtspiele auf den Bänken, auf dem Boden. So wie die Sonne wandert, wandern auch die Lichtspiele.“ DIE „NORMALSTE“ UNTER DEN KIRCHEN VON HEINZ RALL Tatsächlich entfaltet sich an diesem Vormittag ein buntes Lichtspektakel auf dem Kirchenboden. Insgesamt elf Kirchen des Architekten Heinz Rall hat Rose Hajdu intensiv studiert und für ihre Ausstellung und einen Bildband fotografiert. Die Pauluskirche sei die „Normalste“ meint sie. Der Architekt habe viel experimentiert, keine Kirche gleiche der anderen. Echte Hingucker sind seine kreativen Zeltdach-Entwürfe, die sich mal bis auf den Boden ziehen oder, wie bei der Pauluskirche, gefaltet sind. „Die Pauluskirche hat eine ganz mächtige Decke, wo man einerseits denkt, sie würde einem gleich auf den Kopf fallen, weil sie so aus Beton und schwer ist“, erklärt Hajdu, „und gleichzeitig dadurch, dass so gefaltet ist, sieht sie unheimlich leicht aus. Als wäre sie aus Papier geknickt und gefaltet.“ Von unten betrachtet, gleicht die Decke einem überdimensionalen Origami-Schmetterling, den Eindruck von Schwerelosigkeit verstärken zusätzlich die ungewöhnlich zierlichen Stützpfeiler. HEINZ RALLS ARCHITEKTUR: SCHLICHT, ABER RAFFINIERT Wolfram Steinmayer hat in den 1960er-Jahren als Studienpraktikant im Architekturbüro Rall gelernt und gearbeitet. Jetzt steht er vor der imposanten Altarwand und ist noch immer begeistert: „Das ist ein Gönninger Tuff, also ein Naturstein. Da hatte ich das Glück, zusammen mit einem ausgebildeten Maurer die Altarwand hochzuziehen. Da bin ich nach vielen Jahrzehnten immer noch stolz drauf.“ Schlicht, aber dennoch raffiniert, stets mit einer besonderen Note versehen, präsentiert sich die Architektur Heinz Ralls. So bestehen die Seitenwände der Pauluskirche aus simplen Lochziegeln, die jedoch nicht brav Reihe um Reihe aufeinandergemauert wurden: Sie drehen sich in alle Richtungen, stehen quer oder senkrecht, sind schmal oder mit Löchern versehen. Ralls Handschrift beschreibt Wolfram Steinmayer so: „Er hat zu mir gesagt: Du kannst aus einer guten Architektur eine schlechte machen, indem Du ein Sammelsurium an Materialien überall einbaust. Heinz Rall war unglaublich darauf bedacht, wenig unterschiedliche Materialien zu verwenden und diese Materialien einfach ehrlich zu zeigen.“ „PAULUS HAT ZUKUNFT“ ENGAGIERT SICH FÜR DEN ERHALT Wolfram Steinmayer engagiert sich wie Julia Kleinarth im Komitee „Paulus hat Zukunft“ für den Fortbestand der Kirche. Beide kommen aus dem Quartier, beide verbindet eine lange, innige Geschichte mit der Kirche, die an den Gottesdiensten gut besucht und vor allem bei Konzerten immer voll sei. Dennoch: die Zukunft ist ungewiss. Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart hat erst einen Abriss erwogen, dann aber doch noch einmal eine dringend notwendige Sanierung der Außenpfeiler finanziert. Dadurch gibt es jetzt noch eine kleine Atempause, aber keine Entwarnung: „Momentan spricht man nicht mehr von Abriss“, so Julia Kleinarth. „Aber es ist tatsächlich so, dass diese Kirche mit Beschluss auf einer Liste der Gesamtkirche gelandet ist und dort als verzichtbar steht.“ GEMEINSCHAFTLICH UND GESELLSCHAFTLICH VIELFÄLTIG NUTZBAR Ein Konzept für die Zukunft gebe es noch nicht. Genau dafür aber streitet das Paulus-Komitee und macht schon heute deutlich, dass die Kirche für das Viertel eine Riesenchance bietet. „Deswegen fordert das Komitee, dass es einen breit aufgestellten Beteiligungsprozess geben muss an diesem Ort“, sagt Julia Kleinarth. „Weil dieser Ort in seiner baulichen Größe ein wichtiger, gemeinschaftlicher und gesellschaftlich vielfältig nutzbarer Ort ist. Heute und in Zukunft, für Kinder, für Familien, für Musiker, für sonstige Kultur und für Kinderbetreuung. Julia Kleinarth ist sich sicher: „Da ist so viel möglich, dazu braucht es aber ein Ausprobieren.“
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